Papierkram: Harry Potter, das zugehörige Universum und alles andere, was ihr wiedererkennt, gehört J.K. Rowling. Ich spiele nur in ihrem Sandkasten.
Wah! 106 Reviews, Leute! Das ist... das ist... naja, das freut mich ;-). Meint ihr, wir schaffen noch mal so viel?... :-). Also mal schauen... Katharina-B - geplant hatte ich so eine Szene nicht, aber ich denke mal drüber nach, wo und wie sie reinpassen würde. Und ja, der Satz ist korrekt, aber mir war nicht bewusst, dass die Satzstellung scheinbar bissi zu alt ist, um noch benutzbar zu sein. Imperiatus - Mad-Eye wird laut GoF erst nach 1981 Mad-Eye. Schade eigentlich. Und nein, ich verrate nicht, wie viele Auroren am Ende übrig sind ;-). Marry Me - Danke für das längste Review, das ich bisher bekommen habe :-). Wie meinst du das mit der Severus-Szene? Padfoot's Mate - oh, danke :-). PadBlack - ha! Jemandem hat die Prewett-Taktik gefallen. Cool :gg:.
Für das nächste Kapitel verspreche ich euch erneut alle Rumtreiber. Und jetzt geht es weiter mit Ace und Sirius...
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
Oktober 1980. Eulenpost.
„In diesem Monat übernimmt die Aurorenzentrale 7 Rekruten als vollwertige Auroren. Die Lohnliste der Zentrale umfasst somit 24 Auroren im aktiven Dienst." -- Amelia Bones, Abteilung für Magische Strafverfolgung, Monatsbericht.
Ace hatte von süßem Wein und langen Beinen geträumt. Aus solchen Träumen konnte ihn normalerweise nichts wecken.
Verschlafen starrte er an die Decke, horchte instinktiv. Wie immer hatte er am Vorabend die dicken, dunkelgrünen Vorhänge vor seinem einzigen Fenster zugezogen. Sie hielten das Mondlicht fern. Doch das Licht reichte aus, um ihn die schattigen Konturen der Dachschräge erkennen zu lassen.
Ihn empfingen die vertrauten Geräusche des Hauses, das seit seiner frühsten Kindheit sein Zuhause war. Strengte er sich an, konnte er das leise Rascheln der beiden Eulen in ihrem Verschlag hören, die ihre nächtliche Beute vertilgten. Irgendwo miaute träge eine Katze. Das Schnarchen seines Vaters drang sogar bis in sein kleines Zimmer unter dem Dach vor, und unter ihm knarrte nach einer Minute kurz ein uraltes Bett, als Marlene sich im Schlaf drehte. Ace lächelte fast. Kein Grund zur Sorge.
Und dann erneut. Was ihn geweckt hatte. Ace schauderte, als das vertraute Prickeln in seinen Nacken stach. Der äußerste Schildzauber, der sich in einer Meile Entfernung um das kleine Waldhaus zog, auf den er und sein Vater tagelange Arbeit verwand hatten, brach lautlos zusammen. Sekunden später fühlte er kaltes Holz unter seinen baren Füßen, hatte sich unwillkürlich aufgesetzt.
Sekunden später kämpfte er mit seinen Roben, packte den Zauberstab auf seinem Nachttisch und rannte auf den Flur. „Mum! Dad! Marlene!"
Seine Stimme klang nicht panisch, aber er hielt kaum inne, um im Vorbeigehen einmal kräftig gegen die Tür seiner Schwester zu hämmern, als er schon mit großen Schritten zwei Stufen auf einmal nahm und in die Küche hetzte.
„Was ist denn los...", erklang Marlene irgendwo verschlafen. Sie war erst kurz nach Mitternacht von einer Spätschicht in St. Mungo heimgekehrt. Dann polterte Poseidon McKinnon: „Ace!"
„Wir werden angegriffen", teilte der Auror seiner Familie knapp mit, während er eilig eine Schublade durchwühlte, bis er die Karte fand. Sie hatten sie erst zwei Monate zuvor angefertigt. Seine Mutter hatte protestiert, Ace darauf bestanden. Niemand verletzt meine Familie, wiederholte er im Geiste grimmig seine Worte von damals, während er sie auf dem Tisch ausbreitete.
Er nahm sich keine Zeit, seine Eltern anzusehen, während er mit routinierten Griffen an die Arbeit ging. „Mum, geh zum Kamin und ruf das Ministerium. Wir müssen sofort..." Verschwinden, hatte er sagen wollen, doch dann war da wieder dieses Prickeln, und seine Augen wurden groß.
„Das war ein Anti-Apparationszauber.", stellte Marlene ruhig fest. Sie hatte es auch gespürt, stand nun hinter ihrer Mutter, die die Hände vor den Mund geschlagen hatte, und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. Jetzt klang sie nicht mehr verschlafen. „Wir nehmen das Flohnetzwerk. Komm, Mum."
Ace warf ihr einen dankbaren Blick zu, bevor sie ins Wohnzimmer verschwanden, und sie erwiderte ihn mit einem liebevollen Lächeln. Dann wandte er sich wieder der Karte zu, die das Gelände um ihr Haus überwachte. Der alte Muggel, der eine Meile entfernt in einer Wildhüterhütte lebte, war nirgends zu sehen. Ace fluchte leise. Wahrscheinlich schon tot.
Rasch konzentrierte er sich auf sechs andere Punkte, die den äußeren Schildring jetzt hinter sich ließen und jeden Moment auf den zweiten stoßen würden. Die Karte konnte keinen der Sechs identifizieren, doch Ace machte sich keine Illusionen, dass sie die unterschiedlichen Lagen des Zaubers innerhalb weniger Minuten gebrochen haben würden. Und er hatte bereits gewusst, was Marlene ihm sagen würde, als sie die Küche verließ.
Ein Kopf mit wirrem Haar erschien in der Tür. „Wir sind vom Flohnetzwerk abgeschnitten", rief sie atemlos.
„Okay..." Aces Gedanken rasten, und er umfasste seinen Zauberstab fester. Oh, wie er seinen alten Mentor verstand. Das war es, was die Longbottoms so viele Jahre hatten verhindern wollen... Ace hatten nie zu den Auroren gehört, die manchmal unter dem Stress dieses Berufes zusammenzubrechen drohten, hatte sich stets in der Sicherheit gewiegt, dass es richtig war, was er tat, und dass alles gut enden würde. Doch jetzt... Seine Familie in Gefahr... Oh Gott, Mum... Marlene...
Sie waren so gut wie tot.
Frank und Alice haben es auch überlebt... Und die Potters.
Er zwang sich, tief durchzuatmen, und seine Hände zitterten nicht mehr.
„Ich würde sagen, wir haben noch fünf Minuten, bevor sie hier sind", urteilte er kritisch und tippte stirnrunzelnd die Karte an. Der zweite Schild antwortete mit tiefem, sanftem Vibrieren. Bisher fummelten sie wohl nur vorsichtig daran herum. „Vielleicht etwas mehr. Wir haben nicht viel Zeit. Sie kommen vom Strand, also könnt ihr es vielleicht nach Curden Gates schaffen. Irgendwo müssen diese verdammten Apparationsschilde ja auslaufen."
Während er sprach, hatte Marlene von irgendwoher einen Mantel geholt und hüllte ihre Mutter vorsichtig darin ein. Die alte Frau hatte noch immer kein Wort gesprochen. Poseidon jedoch ging mit entschlossener Miene umher, während Ace sprach, und zündete wütende Schildzauber auf jede Tür und jedes Fenster in seiner Reichweite. Ace ließ ihn gewähren; er bezweifelte, dass es helfen würde, doch Poseidon McKinnon war ein Mann der Tat, und jede Ablenkung konnte nur nützlich sein.
Er keuchte auf, als der entfernte Schild unter einem Bruchfluch erzitterte. „Worauf wartet ihr noch?", fuhr er seine Familie an. „Lauft!"
Marlene warf ihm einen ängstlichen Blick zu. Dann begann sie ihre Mutter zur Hintertür zu führen. „Komm, Mum... Wir müssen uns beeilen... Ach, Mist!", fluchte sie und hob ihren Zauberstab. „Enervate!"
Sofort wurden die Schritte der alten Dame fester, und Ace presste besorgt die Lippen aufeinander. Die Auroren setzten den Stärkungszauber ein, um bewusstlose Kameraden wiederzubeleben... einer so alten Frau konnte er nicht gut tun. Doch Marlene war eine Heilerin, und sie würde wissen, was sie tat. Und wenn dies kein Zeitpunkt für verzweifelte Maßnahmen war, wusste er keinen. Ihnen darf nichts passieren.
Poseidon hielt inne, als sie die Küche verließen. Er stützte sich mit schweren Armen auf den Küchentisch. „Ich bleibe bei dir", sagte er fest, den Zauberstab in der geballten Faust. Ace hatte nicht erklären müssen, was er vorhatte. Zeit kaufen. Poseidon McKinnon war ein Mann der Tat, und er war klug.
„Sei nicht verrückt, Dad", wehrte Ace ab und ließ seinen Blick hektisch zwischen Mann und Karte schweifen. Noch hielt der Zauber... noch... Sie verloren Zeit. „Hier geht es nicht um falsches Heldentum. Hier geht es darum, möglichst viele Leben zu retten, und dafür bin ich ausgebildet. Also geh."
Er sah seinem Vater fest in die Augen, und Poseidon zögerte, zitterte. Und dann traf ein weiterer Fluch den Zauberschild, der ebenso erschauderte wie die Männer, die ihn gesprochen hatten, wankte, und auseinanderbrach. Ace fluchte und warf seinem Vater einen flammenden Blick zu. „Geh, verdammte Scheiße!"
Endlich nickte Poseidon. Angst lag in seinen Augen, als er die Karte ergriff, wissend, dass sie in den Händen der Todesser auf jeden Fall ihren Tod bedeuten würde, und verschwand. Sekunden später war die Küche leer, und Ace beugte sich erschöpft über den Küchentisch, gab sich Zeit, durchzuatmen und sich zu beruhigen, und die Konzentration der Auroren war wieder da.
Verlier nie die Kontrolle, hörte er Frank Longbottoms raue Stimme in seinem Kopf, als er mit schnellen Schritten durch das Haus ging und den Zaubern seines Vaters weitere Schutzzauber hinzufügte, immer wieder die Anti-Apparationsschilde abtastete und wusste, dass er nicht die Zeit hatte, sie zu brechen. Lydia Corday hätte es vielleicht geschafft, oder der junge Potter. Er nicht. Ace war schon immer ein miserabler Fluchbrecher gewesen.
Wenn du einmal einen Vorteil hast, setze ihn maximal ein, dozierte sein alter Mentor mit seiner ewigen Ernsthaftigkeit in seinem Kopf, und Ace hätte beinahe geschnaubt, während er einen bösartigen altschottischen Abwehrfluch auf die Vordertür sprach. Magerer Vorteil. Nur noch Minuten, und dann würden sie hier sein. Keine Zeit, nachzudenken. Agieren, nicht reagieren.
Dann konnte er sie hören. Die Mistkerle kamen im Rudel und versuchten nicht einmal, leise zu sein. Sie waren sich ihrer Sache sicher, und dass sie Recht hatten, ließ Ace Stoßgebete losschicken. Er hatte nie so enden wollen. Im Feld, ja, aber nicht in seinem eigenen Heim.
Seine Augen verengten sich, als er hörte, wie sich jemand an der Tür zu schaffen machte. Vorsichtig zog er sich zurück, den langen Flur hinab, bis er sein Ende erreichte, der Vordertür direkt gegenüber, bereit, einen Fluch auf den ersten von ihnen zu jagen und in der Küche zu seiner Rechten in Deckung zu gehen. Ein gedämpfter Schrei ließ ein fieses Grinsen in seinem Gesicht aufblitzen. Das war der altschottische, urteilte er befriedigt. Ace hatte schon immer mit allen Waffen gekämpft.
Sorgsam ging er in Duellposition. Seine Muskeln spannten sich. Dann knarrte die Tür in den Angeln. Der Kampf begann.
„Imperio!", schrie Ace, legte alle Kraft in den Zauber, und schon spürte er es, hatte es, den ersten von ihnen getroffen, überwältigt, umfasst. Instinktiv wischte er mit dem Zauberstab, sobald er die Kontrolle hatte, und jagte den Todesser auf seine Kameraden. Mondlicht fiel durch die Tür, auf die Silhouette eines menschlichen Knäuels, jemand schrie, als der unbekannte Todesser einen Schrumpfzauber auf seine Kameraden sprach. Die Taktik bewehrte sich; der einfache Spruch überforderte den beherrschten Zauberer nicht, und jemand ging zu Boden.
Ace hörte das „Stupor!" nur halb, warf sich schon beiseite, bevor er die Kontrolle über sein nun gelähmtes Opfer verlor, und rollte sich in der Küche ab, während polternde Fußschritte im Gang erklangen. Er schluckte, wusste, dass er nicht überleben konnte, dass seine Aufgabe darin bestand, Zeit zu gewinnen... Oh Gott, hoffentlich töten sie mich, betete er. Hoffentlich töten sie mich. Ich will nicht wie Potter und Thomas enden. Und irgendwann reden sie alle...
Er stieß sich an einem Küchenschrank ab, Geschirr klirrte, und er kam in einer vertrauten Hocke hoch - rechtzeitig, um einen Lähmzauber des vordersten Todessers abzublocken. „Everbero!", zischte er, war schon wieder in Bewegung, doch die Küche ließ ihm keinen Raum für größere Ausweichmanöver.
Niemals, niemals lass dich in die Ecke drängen, sagte der Geist eines Frank Longbottom im Geist eines Unterrichtszimmers.
Zu spät, kommentierte Ace innerlich sarkastisch und kam rechtzeitig unter dem Tisch hervor, um zu sehen, wie der Todesser an die Wand im Flur geschleudert wurde. Seine Kapuze löste sich - es war Wilkes. Dieser Bastard.
In letzter Sekunde wich er einem roten Lichtblitz aus, rollte sich erneut unter den Tisch, und ein Knochenbrecherfluch traf die Tischplatte und ließ jahrhundertealte Eiche in tausende antike Splitter zerspringen. Ace kniff die Augen zusammen, rollte sich ab, kam hoch, und mit einem so kontrollierten Wink seines Zauberstabs war ein Schild um ihn errichtet, blockte einen Lähmzauber ab.
Hier stimmt etwas nicht, dachte er panisch. Er war wieder oben und schleuderte einen Stuhl in Richtung Tür. Es müssten sechs sein. Wo sind die anderen drei?
In dem Moment, als ihm die Erkenntnis dämmerte, war es bereits zu spät. Ein schmerzverzerrter, entfernter, gellender Schrei durchbrach den Kampflärm. Cruciatus. Marlene.
Aces Kopf fuhr herum, und er hatte noch Zeit zu erkennen, dass seine Unaufmerksamkeit ihn das Leben gekostet hatte, als sein Schild kollabierte und ein Stoßzauber ihn gegen die Spüle krachen ließ. Verdammt...
Irgendwann reden sie alle.
Ace McKinnon hörte noch die Beschwörung des Todesfluchs, und er starb dankbar dafür.
Der fünfzehnte Oktober kam erneut. Früher am Tag hatte Bones zum ersten Mal die Abschlussrede gehalten, und sieben Rekruten hatten die Hände ihrer zukünftigen Mentoren geschüttelt (Corday übernahm protestlos für Ace; Fletchley wäre sein erster Rekrut geworden). Die Klasse über ihnen feierte gerade in etwas größerem Rahmen, und zu Recht: Fünf von zehn hatten das Mentorenjahr überlebt. Christina Rockwood. Altair Pepples. Artemis Clearwater. Lucia Sarinelli - er hatte gewusst, dass sie es schaffen würde - und er selbst, Sirius Black.
Zu diesem außerordentlichen Ereignis hatte man sogar Familie eingeladen. Sirius hatte einen kurzen Blick in den Festsaal werfen können, bevor die Eule ihn fand. Er hatte kurz Altairs etwas überforderten alten Vater die Hand geschüttelt und grinsend einen Blick auf Lucia geworfen, die zwischen Alice Longbottom und ihren strahlenden Eltern vor Stolz fast platzte. Christina hatte ihre sämtlichen sechs jüngere Geschwister auf einmal in die Arme zu schließen versucht. Und er hatte plötzlich schmerzlich Jepedina vermisst.
Sirius hatte die unvertraute Schleiereule einen Moment lang irritiert angesehen, als sie sich auf seiner Schulter niederließ und ungeduldig flatterte. Dann hatte er das Pergament von ihrem Bein entfernt, Dumbledores Siegel erkannt und sich vorsichtshalber in den Garderoberaum zurückgezogen, während er las.
Selbstverständlich hatte er nicht damit gerechnet, an diesem Tag, dem vielleicht wichtigsten in seinem Leben, auch nur ein Wort von den Blacks zu hören - ein Heuler hätte vielleicht noch im Bereich des Möglichen gelegen. Und sicherlich hätte er mit dem gerechnet, einen Brief von Dumbledore, über Regulus zu erhalten. Sirius wunderte sich nicht, dass der Schulleiter wie gewöhnlich früher Bescheid wusste als jeder andere. Er war dankbar, dass es auf diese Weise geschah. Hätte Jepedina noch gelebt, wäre es natürlich etwas anderes gewesen, aber er wusste nicht, wie er reagiert hätte, wenn er es später in der Zentrale von Bones erfahren hätte.
Für die Auroren stellte es nur eine weitere geschlossene Akte dar. Vor einer Stunde hätte er noch geglaubt, dass es ihm nicht anders gehen würde und kein Umstand in dieser Welt etwas daran ändern konnte. Oh, wie hatte er sich getäuscht. Plötzlich vermisste er seine Freunde, Remus und Peter vor allem, die ihrem kleinen Pack immer Herz und Seele gegeben hatten. Sie hätten sich nie so sehr verschätzt. Sie hätten nie diesen blanken Unglauben gefühlt, wenn sie an seiner Stelle gewesen wären und diesen Brief erhalten hätten. Er hatte sich so sehr verschätzt, dass er nicht einmal trauern konnte, und Leere in seiner Brust und seine Ungläubigkeit beschämten ihn.
Der junge Auror atmete tief durch, während er aus einem hohen Fenster in die Illusion eines strahlenden Nachthimmels sah, in dem er sogar den Hundsstern, seinen Namensvetter ausmachen konnte. Etwas verstaubte Erinnerungen an Astronomieunterricht stiegen in ihm auf, als er mit Blicken Canis Major nachzog, den Blick schweifen ließ... Doch die Leute vom Wetterbüro ließen die Sterne in dieser Nacht nicht hell genug strahlen, als dass das Sternbild des Löwen, Regulus sichtbar wäre. Aber da war Orion... und Andromeda konnte er am Rand seines Blickfelds entdecken. Sirius schnitt eine Grimasse. Als rebellierender Teenager hatte er Astronomie hassen gelernt; wenn er in den Himmel sah, hatte er immer das Gefühl, als starre seine Familie ihn an. Sie waren alle da oben - selbst Regulus, wenn auch heute nicht zu sehen - und er hatte es immer fair gefunden, dass sein Stern am Hellsten von allen strahlte.
Sein Blick schweifte in die Vergangenheit, vor die Zeit, in der sich die Brücken zwischen ihm und seinen Eltern nicht mehr überqueren ließen, in die Zeit einer Kindheit, in der das Alter ihn und seinen Bruder noch nicht getrennt hatte, in dem die kindliche Bellatrix sich für Schminke und Jungs, aber wirklich nicht für die Dunklen Künste interessierte. Er erinnerte sich an den Grimmauldplatz, alt und muffig, aber merkwürdig vertraut - ein Gefühl, das er später mit seinem Schlafsaal im Gryffindorturm zu verbinden lernte... seine Mutter, so stolz auf ihn, immer nur stolz, weil sie für Zuneigung keine Worte kannte, und später so wütend... Nein, Gedanken an seine Familie mussten sich immer nach Sekunden verdüstern, wohin er sie auch lenkte.
Seit er fünfzehn war, hatte Sirius darum gerungen, alles abzuschütteln, was ihn mit dem fürnehmen und gar alten Haus der Blacks verband, und wenn er heute an sich hinabsah, musste er beinahe überrascht feststellen, dass es an keinem Abend zuvor besser geglückt war. Schwarze Roben mit schweren Silberornamenten wiesen ihn nun auch offiziell als Auroren aus. Sirius hatte schon lange in den Spiegel gesehen und gewusst, dass die Jugend aus seinen Augen verschwunden war, und dass eine Härte in seinen Zügen lag, wie sie nur mit den Hexen und Zauberern der Zentrale verbunden werden konnte. Die Unbeschwertheit und Lebensfreude waren noch da, wurden regelmäßig durch den Anblick seiner Freunde wiedererweckt, außer natürlich heute Abend, am Tag seines Lebens, dank des unsäglichen Briefs...
„Junge." Eine heisere Stimme riss ihn aus den Grübeleien. Er erkannte sie, warf dennoch aus reiner Gewohnheit einen prüfenden Blick über die Schulter, bevor er sich wieder an den Fensterrahmen lehnte und den buchstäblich familiären Nachthimmel ansah.
Moody, heute in schweren dunkelblauen Roben, rügte ihn jedoch nicht, weil er es zugelassen hatte, dass jemand diesen Raum betrat, ohne dass er auch nur den Zauberstab zog (mitten im Ministerium drohte schwerlich ein Angriff, aber Moody lebte nach Prinzipien). Der alte Mann strich sich lediglich eine graue Strähne aus der Stirn - sein Haar wurde jetzt mit jedem Einsatz heller - und kam schweigend neben ihm zum Stehen. Es überraschte Sirius, in seinen Augen zu lesen, dass er den Anblick des Sternenhimmels wirklich zu genießen schien. Erst nach ein paar Augenblicken des Schweigens sprach er weiter.
„Albus hat dir diesen Brief geschickt, he? Er wollte bis nach dem Fest warten, aber ich hab ihn gesagt, dass du es dann bloß von Amelia erfährst. Oder von Longbottom - grandiose Ermittlerin, Longbottom." Moody musterte ihn prüfend. „Wusste nicht, dass dir so viel an dem Burschen lag."
Sirius zuckte mit den Schultern. „Tat es nicht. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen. Ich bin nur... überrascht. Ich meine, er war immer feige... Feiger kleiner Bastard." Er verzog die Lippen. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so endet."
Ein weiterer Augenblick verging im Schweigen. „Feigheit ist nicht der schlechteste aller Gründe. Es gibt schlechtere, weit schlechtere. Wenn du mich fragst, ist jeder Grund schlechter, den diese verdammten Todesser haben."
Sirius lächelte schwach. „Habt ihr den Rest von ihm schon gefunden?"
Doch Moody schüttelte nur den Kopf. „Interessiert uns auch nicht. Der Kopf reicht schließlich völlig aus, um ihn zu identifizieren, he?"
Der junge Auror nickte unbehaglich; dann suchte er sich eine bequemere Position an der Wand, während er weiter nach draußen sah, obwohl es wirklich nichts Neues zu sehen gab, und das Schweigen sich dehnte. Lange war es her, dass er sich in der Gegenwart seines Mentors unwohl gefühlt hatte. Er konnte sich nicht genau erinnern, wann das Gefühl verschwunden war, aber bereits nach wenigen Wochen hatte er so selbstverständlich Alastor Moody im Rücken gespürt, als sei der andere nichts als eine natürliche Verlängerung seines Körpers.
Dennoch sah er überrascht auf, als Moodys Hand sich schwer auf seine Schulter legte. „Es ist immer schwer, Junge", brummte der Auror nur und tätschelte unbeholfen seine Schulter. „Aber in diesem Krieg sterben so viele - lass dir von einem mehr oder weniger nicht die Laune verderben."
Sirius schüttelte leicht den Kopf, grinste schwach. Sein Mentor mochte einer der großartigsten Kämpfer seiner Zeit sein, und einer der gnadenlosesten Lehrer, aber an seinem Umgang mit anderen Menschen musste er eindeutig noch arbeiten.
Moody schien jedoch beschlossen zu haben, dass seine Bemühungen ausgereicht hatten, denn schließlich wandte er sich um. „Komm mit", forderte er ihn auf und schritt bereits los.
Sirius schloss automatisch zu ihm auf, während Moody die Tür zu einem Seitenausgang öffnete, wurde ganz natürlich zum Schatten seines Mentors, bevor er weitersprach. „Wohin gehen wir?"
„In mein Büro", erwiderte Moody. Er hielt sich nicht damit auf, Licht in dem dämmrigen Seitengang zu entzünden, denn er wandte sich bereits einer engen Treppe zu, die Sirius bereits kannte, von der er aber wusste, dass sie offiziell gar nicht existierte. „Wir müssen reden."
„Okay..." Sirius nahm gelassen zwei Stufen auf einmal, um mit dem flinken alten Mann Schritt zu halten. „Und worüber?"
Moodys Griff auf seiner Schulter verhärtete sich. „Über die interessanten Aufgaben im Orden des Phönix."
Wenigstens tat es gut zu wissen, dass man keine Familie brauchte, um Vertrauen zu bekommen.
Tbc...
