Papierkram: Die Welt von Harry Potter gehört nach wie vor J.K. Rowling. Mir gehört nur das, womit ich die Lücken zwischen den Canon-Fakten gefüllt habe.
Wie immer vielen Dank für eure Reviews:-). Dracolein - ja, ich erkenne deinen Punkt mit Sirius. Aber vergiss nicht, dass er von zwei Dritteln aller bisher gesprochenen Folterflüche getroffen wurde :gg:. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass er so oft in St. Mungo war wie jeder andere Auror. theophanu und hbt3 -- danke schön! Ich bin gespannt, was ihr vom Rest der Geschichte haltet :-).
Erlaubt mir, euch darauf hinzuweisen, dass ich ein kleines Mors Ante Infamiam-Spin Off hochgeladen habe. „Ihr anderer Sohn" befasst sich mit Jepedinas Beziehung zu Sirius und erzählt u.a., wie Sirius ein Auror wurde.
Sorry dafür, dass dieses Kapitel so kurz ist. Das nächste wird wieder länger. Ich wünsch euch viel Spaß beim Lesen und verspreche für das nächste Kapitel viel Dorcas Meadowes, Sirius und James...
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
Juli 1981. Die Gesetze schweigen.
„Sind 15 Auroren genug, fragen Sie? Und ich antworte Ihnen, ja, sie sind genug. Mit einem Alastor Moody, frage ich zurück, mit einer Dorcas Meadowes und einem Sirius Black - wie können 15 nicht genug sein?" -- Alohra Fizzby, in einem Bericht des Tagespropheten.
„Was ist es jetzt schon wieder?"
Mehr blieb nicht zu sagen, wirklich nicht. Lily hatte Alice und Albus erst gar keine Zeit gegeben, sich mit schonenden Worten um den Punkt herumzureden, und die Worte ausgesprochen, kaum dass sie sich gesetzt hatte.
Es konnte nichts Gutes sein. Wenn Albus sie und James bat, sich mit ihm in der Aurorenzentrale zu treffen (sie opferten beide ihre Mittagspause; ein Treffen in Hogwarts wäre zeitlich unmöglich), wenn Alice Longbottom dazu stieß, einen Stapel Akten in der Hand, und sie in einen verlassenen Briefingraum führte, dann konnte es nichts Gutes sein.
Lily rechnete mit allem. Sie rechnete damit, dass Voldemort einen Weg gefunden hatte, ihre Familie anzugreifen, bevor der Fidelius-Zauber bereit war, oder mit der Eröffnung, dass die Prophezeiung eindeutig Harry meinte und nicht Neville. Und sie wollte es geradeheraus wissen. James' Hand lag eiskalt in der ihren und sagte ihr, dass sie damit nicht allein war.
„Es ist nicht so einfach, Lily", erwiderte Albus sanft, und sie konnte sich gerade davor zügeln, eine Grimasse zu schneiden. Während ihrer Arbeit für den Orden des Phönix hatte sie gelernt, den Schulleiter wie einen zweiten Vater zu lieben, aber jetzt hatte sie keine Geduld für seine ewige Ruhe. „Wir haben neue Informationen, von denen ihr sofort in Kenntnis gesetzt werden müsst."
Dann setzt uns doch verdammt noch mal in Kenntnis, wollte Lily zurückschnappen, doch sie konnte sich beherrschen. Neben ihr setzte James sich zurecht, gelassen, viel zu gelassen. Die Fassade täuschte niemanden - James rechnete mit dem Schlimmsten, und er hatte sich damit abgefunden. „Also gut", sagte er leise. „Was ist es diesmal?"
Zu Lilys Entsetzen warfen sich Alice und der Professor einen raschen Blick zu. Beide schienen sich unwohl in ihrer Haut zu fühlen, und das konnte, konnte einfach nichts Gutes bedeuten. Bei keinem ihrer früheren Gespräche hatte Albus gezögert, und einige dieser Gespräche waren schlimm genug gewesen.
Alice räusperte sich schließlich. Sie setzte sich sichtlich unbehaglich in ihrem Stuhl zurecht, während sie ein paar Blätter in der Aktenmappe vor ihr sortierte. „In der Zentrale sind Berichte eingegangen...", begann sie sehr leise. „Von unseren Spionen. Es gibt Hinweise..." Sie runzelte die Stirn und setzte neu an. Diesmal sah sie zu ihnen auf. „Wir wissen, dass sich Ihr-wisst-schon-wer mit euch beschäftigt. Er beobachtet euch. Er weiß, was ihr macht..."
James hob ungeduldig die Augenbrauen. „Und? Das ist nichts Neues, oder nicht? Entschuldigt, wenn wir deshalb nicht mehr in ‚Ohs' und ‚Ahs' ausbrechen."
Lily nickte bekräftigend. „Ich stimme zu. Das war nach allem, was passiert ist, zu erwarten, oder nicht?"
Albus seufzte leicht. „Es ist nicht so einfach, Lily, James. Alice hat mich informiert, sobald sie ihre Schlussfolgerungen gezogen hatte, und mich sogleich alarmiert. Unser Spion hat dieselben Vermutungen schon vor einiger Zeit geäußert, und nun, wo sie bestätigt wurden..." Er schüttelte traurig den Kopf.
„Wo was bestätigt wurde?", hakte James scharf nach.
Alice presste die Lippen aufeinander, während sie in ihre Akten sah. Sie wirkte plötzlich sehr alt. „Der Dunkle Lord hat intime Informationen über euer Leben, James. Er weiß Dinge über euch, die er nicht wissen dürfte. Es besteht kein Zweifel daran, dass er mit jemandem Kontakt hält, der euch sehr nahe steht. Insbesondere James nahe steht."
Nun spürte die Irin doch, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Damit hatte sie, von allen Dingen, nicht gerechnet. Damit konnte sie überhaupt nicht gerechnet haben. Und James auch nicht - er schnaubte etwas amüsiert. „Das ist doch Unsinn. Jeder in unserem Freundeskreis ist entweder schon ewig außer Lande oder sowieso Ordensmitglied..." Und wir haben den Spion, fügte Lily in Gedanken hinzu. Evan Rosier war der Spion, oder nicht? Sie schluckte.
„Ich will dir eine Frage stellen, James", unterbrach ihn Albus. Der Schulleiter hatte sich nicht gesetzt und sah jetzt traurig auf James hinab. „Bist du ein Animagus?"
„Ob ich ... was?"
Lily spürte, dass sie die Luft anhielt. Das konnte nicht... Niemand wusste, dass... Es war völlig unmöglich. Im Augenwinkel sah sie James' Mundwinkel nervös zucken. Wer weiß von James' Animagusfähigkeiten? Der Gedanke schoss ihr sehr plötzlich durch den Kopf. Man konnte unmöglich nicht verstehen, was die Frage bedeutete.
Einige Sekunden lang starrte James Albus nur fassungslos an, doch bevor das Schweigen sich ausdehnen konnte, hob Alice die Augenbrauen. „Es ist nicht so, als hätten wir vor, dich zu melden", bemerkte sie beiläufig. Sie schien plötzlich sehr damit beschäftigt, eine Notiz in ihrer Akte zu korrigieren. „Davon stand nie was im Bericht."
Lily hätte fast geschnaubt. Sie bezweifelte, dass James auch nur einen Gedanken daran verschwendet hatte. Auch wenn es zweifellos später gekommen wäre.
„Wer weiß davon, dass du dich in einen Hirsch verwandeln kannst, James?", fragte Albus leise. „Lord Voldemort weiß es, und jemand hat es ihm gesagt."
James schluckte; er schien all seine Selbstkontrolle zu benötigen, sich zu fangen. „Lily", sagte er heiser. „Meine Mutter. Benjy Fenwick, seit einem Ordenseinsatz. Sirius. Peter. Remus. Sonst niemand."
Sirius. Peter. Remus. Die Namen wiederholten sich in Lilys Kopf. Erinnerungen an sieben Jahre Schulzeit und an vier gemeinsame Jahre im Orden und im Krieg drängten sich hoch. Remus und Peter hatte sie schon in Hogwarts gut gekannt... Sirius lernte man notgedrungen kennen, wenn man mit James ausging, und er hatte ihr sogar einmal das Leben gerettet, in Hogsmeade. Völlig unmöglich. Absolut unmöglich.
Der Griff der Hand James' war schlaff geworden; er schien völlig vergessen zu haben, dass sie in ihrer lag. Hinter seiner Stirn arbeitete es auf eine Weise, wie sie jeden überrascht hätte, der James nur von Quidditch und Streichen kannte. Lily zweifelte nicht daran, dass er gerade jede Gehirnzelle aufbot, die er zur Verfügung hatte. Er versuchte das Problem zu lösen, aber Lily sah ehrlich nicht, was für eine Lösung es geben könnte. Alice und Albus warteten geduldig.
Einer unserer Freunde ist ein Verräter. Der Gedanke war viel zu lächerlich, um akzeptabel zu sein - zu lächerlich, und viel zu beängstigend.
Lily schreckte auf, als James sich regte. Bevor er Albus aufforderte, weiter zu sprechen, hörte sie ihn als einzige, ganz leise zwischen zusammengepressten Zähnen, düster hauchen: „Oh, Remus, verdammt..."
„Alastor, wir müssen die Dienstpläne noch mal durchgehen, Corday hat Black für ihr Team angefordert, aber ich wollte Black eigentlich ein eigenes... Alastor?"
Amelia verstummte, als sie bemerkte, dass Moody bei ihrem Eintreten kaum aufgesehen hatte, geschweige denn zuhörte. Mit hochgezogenen Augenbrauen schloss sie die Tür zu seinem Büro hinter sich und stemmte die Hände in die Hüften. „Also gut. Was ist es diesmal?"
Manchmal verlor sie einfach die Geduld, und wenn es um Moody ging, kam sie sich schon immer engelsgeduldig vor. Früher hätte sie Jepedina manchmal am Liebsten für die wahnwitzige Idee zerrissen, nicht nur zwei Stellvertreter zu ernennen, sondern auch noch die gegensätzlichsten Figuren, die sie auftreiben konnte.
Früher hatte sie aber auch zumindest intellektuell verstanden, dass eine rege Kontroverse zu besseren Entscheidungen verhelfen konnte. Heute wollte sie einfach nur noch ihre Zentrale leiten. Effizient, sauber und möglichst ohne Komplikationen. Wenn sie Alastor ansah, der stumpf in ein Glas Orangensaft starrte (Amelia hielt nichts von Alkohol für Auroren, aber manchmal glaubte sie, dem Mann könne ein Bier nur gut tun) und langsam mit einem Finger auf die Tischplatte vor sich tippte, tief in Gedanken versunken, wusste sie, dass Komplikationen warteten.
Ihre Augenbrauen wanderten noch ein Stück weiter in die Höhe. Alastor musste es bemerkt haben, denn er knurrte plötzlich los. „Ich war eben bei Crouch oben. Neurotischer Bastard. Hat schon wieder eine Verhandlung abgesagt."
„Wablatschki", stellte sie wissend fest und seufzte. Sie hatte hierfür keine Geduld mehr. Und keine Zeit. Nicht mit fünfzehn Auroren und einer ungezählten Anzahl Todessern. Und seit ein anonymer Tipp über Barty Crouch Junior eingegangen war... Sie wollte nicht wissen, was der Chef tun würde, wenn er herausfand, dass sie gegen seinen Sohn ermittelten! „Und wenn schon, Moody", fuhr sie müde fort. „Er ist so sicher ein Todesser wie Du-weißt-schon-wer. Mit seiner Akte könnte er dreimal wiedergeboren werden und immer noch in Askaban sitzen."
„Das ist nicht der Punkt!", fauchte Alastor und hieb wütend auf den Tisch. Sie wusste, dass dieser ‚leise' Zorn viel schlimmer enden konnte als eine seiner Explosionen. Sehr viel schlimmer. „Unser Ministerium verkommt zu einer reinen Farce! Bagnold hat die Kontrolle verloren, wenn du mich fragst, sonst würde sie Crouch endlich auf die Finger klopfen."
„Farce würde ich es nicht nennen", erwiderte sie geduldig. „Die zweifelhaften Fälle bekommen alle ihre Verhandlung. Der Zauberergamot ist genauso überlastet wie wir. Das sind immerhin Leute mit noch anderen Aufgaben." Zum Beispiel Dumbledore, fügte sie in Gedanken ärgerlich hinzu. „Herrje, das Ergebnis bleibt doch so oder so dasselbe."
„Der Zweck heiligt die Mittel, ja?" Alastor schnaubte. „Es ist nicht richtig. Wusstest du, dass er Mulciber seine Verhandlung gegeben hat?"
„Sicher." Amelia zuckte mit den Schultern. Erst jetzt merkte sie, dass sie noch immer an der Tür stand, und während sie weitersprach, ließ sie sich ihm gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtischs nieder und legte das Pergament mit den Dienstplänen auf den Tisch. „Der gesamte Mulciber-Fall war prestigelastig. Gib der Presse jede Chance, ihn weiter auszuschlachten, wenn du mich fragst. Lass sie Black zum Held machen und gib ihnen ein paar Fotos von Mulciber in Ketten. Die Öffentlichkeit braucht das."
Der alte Auror stieß einen unartikulierten Laut der Ablehnung aus. „Das ist nicht der Sinn dieses Ministeriums!", schnappte er. Sie verdrehte die Augen.
„Und die Aufgabe der Auroren ist nicht das Verurteilen der Todesser", erwiderte sie knapp.
„Vielleicht sollte es unsere Aufgabe werden", grollte er zurück. „wenn der Zauberergamot dabei versagt."
„Mach dich nicht lächerl..." Ihre Worte versiegten, als die Aurorin die Härte in seinen Augen bemerkte. Sie konnte nur eins bedeuten: dass er bereits gehandelt hatte. Scharf fuhr sie fort. „Was hast du getan, Alastor?" Sie durfte nicht vergessen, was der Mann vor ihr für eine Waffe darstellte, wenn er nur wollte. Alastor Moody konnte nicht nur Todesser jagen - in der Vergangenheit hatte er es mehr als einmal geschafft, das Ministerium nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Niemand als sie sollte das besser wissen - manchmal drohte sie Bagnold mit ihm.
Amelia wollte nicht wissen, wohin es führen würde, wenn Moody bei Bartemius Crouch auf Granit biss. Und wenn sie mittendrin war.
„Ihn zusammengestaucht habe ich!", gab Alastor wütend zurück. „Ihm gesagt, wohin seine verdammte Zwangsneurose das Ministerium führen wird! Verhandlungen absagen! So etwas hat es in meiner gesamten Karriere noch nicht gegeben, und glaub mir, Bones, diese Karriere ist länger als die der meisten anderen in diesem verfluchten Laden! Du willst wissen, was ich ihm gesagt habe, he? Ich hab ihm gesagt, dass er einen verdammten Auroren verliert, wenn er so weiter macht, und dass er noch sehen wird, ob sein Wahnsinn ihn nicht seine Karriere kostet! Noch einmal, habe ich ihm gesagt, und er wird sehen, wie er mit einem Ministerium fertig wird, in dem ich nicht mehr arbeite!"
Die Leiterin der Zentrale spürte, dass sie starrte. Und dass das Blut aus ihrem Gesicht rann. „Das kann nicht dein Ernst sein", hauchte sie. „Alastor, das ist Erpressung."
„Unsinn." Die Hand zur Faust geballt, sah Alastor sie an. „Das ist nicht besser oder schlechter als das, was Crouch tut, he? Es ist mein verdammtes Recht, mir meinen Arbeitgeber auszusuchen. Ich bevorzuge einen, der sich an das Gesetz hält!"
Das wird er nicht tun. Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie tief ein- und ausatmete. Nichts als eine leere Drohung. Der Alastor, den ich kenne, lebt für die Jagd von Todessern. Gleichzeitig wusste sie aber ganz genau, wie Bartemius Crouch auf diese Worte reagieren würde. Sobald er sich erholt hatte.
„Wenn du das tust", sagte Amelia leise und eindringlich. „bist du mitschuldig, wenn wir den Krieg verlieren."
Alastor schnaubte humorlos und erwiderte ihren Blick fast gelassen. „Falsch, Bones. Schuld ist dann Crouch allein."
Die Aurorin wusste, dass auch ein weiteres Durchatmen ihr nicht ihre Gelassenheit zurückgeben würde. Zum ersten Mal wurde ihr wirklich klar, in was für eine Schlammschlacht sich dieser Krieg verwandelt hatte - und dass sie ihn in den Korridoren des Ministeriums selbst austrugen.
Tbc...
