Papierkram: Harry Potter gehört J.K. Rowling. Was ich geschrieben habe, existiert nur in Relation zu dem, was ihr gehört.
Es ist so weit. Geben wir den Rekordversuch auf (auch wenn noch mal 14 Reviews mich sehr gefreut haben. Kurzes hi an lionlakritz und Pemaroth :-)); ich will euch ja nicht warten lassen, wenn das Kapitel eh fertig ist. Hier ist es. Das letzte Kapitel.
Also, ich kann nicht für euch sprechen, aber es hat mir furchtbaren Spaß gemacht, diese Geschichte zu schreiben und kapitelweise Reviews abzustauben ;-). Noch nie ist ein Text von mir so oft gelesen worden, glaube ich. Fühlt sich gut an :-).
Mich würde sehr interessieren, wie euch das Ende gefallen hat, und auch, ob ihr mir etwas darüber schreiben könntet, wie die Geschichte sich als Ganzes gelesen hat.
Was ich als nächstes (Längeres) schreibe, weiß ich noch nicht (ich hab jetzt eh erst mal Semesterklausuren). Zurzeit liebäugele ich mit einer Geschichte über den Wiederaufbau des Ordens in OotP. Aber das kann sich alles noch ändern. Vermutlich werde ich ein oder zwei Wochen nach dem Erscheinen von Buch 6 was in meinem Profil ankündigen. Wenn ihr Fragen oder gar Wünsche habt, könnt ihr mir auch gerne mailen :-).
Und jetzt habt Spaß mit dem letzten Kapitel!
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
2. November 1981. Moodys Abschied.
„Die Zahl der Verluste in diesem Krieg ist schon lange nicht mehr schätzbar. Auf Nachfrage gab Amelia Bones, Leiterin der Aurorenzentrale an, dass die AMS allein in den letzten drei Jahren 46 Auroren verloren hat. Wir dürfen diese tapferen Männer und Frauen nicht vergessen, die elf Jahre lang für das Leben gekämpft haben, das uns der Junge, der lebt, jetzt ermöglicht." -- Alohra Fizzby, in einem Bericht des Tagespropheten.
Schmerzen.
Gott, er hatte nie gedacht, dass etwas so sehr schmerzen konnte. So sehr schmerzen, dass alles zu dumpfen Pochen verfloss. Sirius blinzelte langsam und starrte auf den Tisch. Die Stuhlkante stach in seinen Rücken. So viel war passiert.
Es war nicht einmal die Trauer, die so schmerzte. Es war die Schuld.
„Ich wiederhole mich nur ungern, Black.", zischte es aus der Richtung von Bartemius Crouchs Roben. „Beantworte die Frage!"
Sirius befeuchtete die Lippen. „Ich bin unschuldig", flüsterte er heiser zwischen geschwollenen Lippen. „Peter hat... Peter hat..." Peter hat uns verraten. Er brachte es nicht heraus, nicht noch einmal. Absolut sinnlos: Es war einfach nicht, was Crouch hören wollte.
Er wollte, dass Moody wiederkam. Crouch hatte ihn weggeschickt. Longbottom glaubte ihm nicht. Moody glaubte ihm nicht. Niemand würde ihm glauben, weil Peter zu clever gewesen war. Moody würde ihm auch nicht glauben, wenn er wieder käme, aber es wäre... tröstlich, den Alten im Rücken zu haben.
„Peter hat..."
„Die Wahrheit, Black!"
Dumbledore glaubte ihm nicht und würde ihm nie glauben. Als er Godric's Hollow erreichte, hatte Dumbledore ihn bereits als Paten ersetzt.
„Aber es war Peter..."
„Black!"
Unschuldig...
Gott, nie zuvor hatte etwas so sehr geschmerzt.
Ich habe sie umgebracht.
Das stetige Hintergrundsummen flatternder Eulen, reger Diskussionen aktueller Fälle, inakkurater Zeitungsartikel oder der Quidditchliga war verstummt.
Erklang irgendwo ein Geräusch, wirkte es deplatziert: Alice, die immer gelassene Alice mit der sicheren Zauberstabhand, der ihr Ehemann einen Arm um die Schulter gelegt hatte, schniefte ab und zu verhalten. Lydia Corday rutschte unruhig hin und her, wenn sie in Richtung von Bones' Büro schielte, und ließ ihren Stuhl quietschen. Altair Pepples, etwas grün um die Nase, lehnte mit verschränkten Armen an einer Wand und schluckte alle paar Minuten hörbar.
Alle waren da.
Aus Amelia Bones' Büro erklang kein Laut. Eine Stunde zuvor hatte die Ministerin selbst es betreten, flankiert von einem Bartemius Crouch mit zu ausdrucksloser Miene. Später war dieser Fudge von Magische Katastrophen aufgetaucht. Spätestens, als Moody die Tür zu den Hochsicherheitszellen hinter sich zuknallte und hinüber zum Büro der Chefin stapfte, musste das Gewitter ausgebrochen sein. Die Auroren hörten nichts davon. Das erste Mal in diesem Krieg hatte jemand es für nötig befunden, sie mit einem Schweigezauber auszuschließen.
Natürlich wartete noch viel Arbeit auf die sechzehn verbliebenen Auroren - stapelweise Akten, die abgeschlossen werden wollten, Zellen, die mit überführten oder halb überführten Todessern gefüllt werden mussten (die Hälfte von ihnen würde sich vermutlich auf Imperius herausreden können, aber es würde nichts desto trotz eine Befriedigung darstellen, Lucius Malfoy festzunehmen). Die dringendsten Fälle hatten sie in der Nacht erledigt, eine hysterisch weinende Bellatrix Lestrange dramatisch nieder gejagt (deren Anwalt bereits auf Freispruch plädierte), doch jetzt gerade gab es nichts zu tun. Das war eines der anderen Dinge, die nicht stimmten: Viele der Auroren in dieser Abteilung hatten noch nie einen Tag erlebt, an dem es nichts zu tun gab.
Viele von ihnen hatten in der Nacht gearbeitet, nicht geschlafen. Viele von ihnen hatten noch keine Gelegenheit gehabt, ihre Liebsten in die Arme zu schließen und still für das Ende zu danken. Ein paar von ihnen, wie Christina Rockwood mit ihrer verkniffenen Miene und der so angespannte Frank Longbottom schienen noch überhaupt nicht die Reichweite der Halloweennacht begriffen zu haben.
Aber sie alle wussten, dass es nicht so hätte enden sollen, dass etwas fehlte, und manchen war, als spukten an diesem Tag die Geister ihrer gefallenen Freunde durch die Abteilung. Ihre Abwesenheit gähnte so sehr, dass sie beinahe mit ihrem Gegenteil hätte verwechselt werden können. Hätte Benjy Fenwick mit seinem unzerstörbaren Optimismus sich noch über die Bürozellenwand hinweg die Wartezeit mit Spekulationen vertreiben können, oder Dorcas Meadowes mit ihrem schneidenden Sarkasmus am Ablageschrank gelehnt, hätte diese bedrückende Stille nie entstehen können. Würde Caradoc Dearborn noch nervös mit seinen Kragenrüschen spielen können oder einer der Prewetts die Kontrolle über seine Zunge verlieren, hätte sich die angespannte Atmosphäre bereits in einer regen Diskussion entladen. Wäre Sirius Black kein Verräter, könnten sie jetzt vielleicht sogar aufatmen.
In elf Jahren Krieg war die Welt zusammengebrochen, doch die Zentrale hatte immer zusammengehalten. Jetzt begann die Welt aufzuatmen und tat es auf Kosten der Auroren. Der Verrat war in ihrer Mitte geschehen, und zu wenige der alten Kämpfer waren verblieben, als dass sie noch den Kleber auf den offenen Wunden darstellen könnten. Es würde Jahre dauern, um wieder aufzubauen, was dieser Krieg sie gekostet hatte, und was gewesen war, war ohnehin lange tot.
Blicke schweiften zu den Zellenräumen, wo Sirius Black im Hochsicherheitsbereich auf seinen Prozess wartete. Artemis Clearwater hatte die Wache. Er musste am Genausten wissen, was während der Verhöre in den letzten Stunden vorgegangen war. Frank Longbottom, der Crouch anfangs assistiert hatte, konnte nicht viel berichten. Black hatte nicht gestanden. Als es hitzig wurde, hatte Crouch Longbottom hinausgeschickt. Hatte sogar Alastor hinausgeschickt. Ab diesem Punkt wussten sie nichts mehr, aber jeder von ihnen war dankbar, dass kein Auror die Ermittlung leitete. Besser Crouch als sie selbst. Sie hatten alle zu viel Verantwortung getragen in den letzten Jahren.
Die Blicke schweiften dann wieder zum Büro der Chefin. Die lange Zeit, die seit dem Verhör vergangen war, in der sich nichts tat, konnte nur bedeuten, dass verhärtete Fronten einen Entschluss verzögerten. Wahrscheinlich zwischen Bones und Moody, die nie einer Meinung sein konnten. Vielleicht auch zwischen Bagnold und der AMS, auf welcher Seite auch immer Fudge in dieser Angelegenheit stand, der mit Magische Katastrophen vor Ort gewesen war.
Sie alle kannten die Gründe, die einen Zauberer auf die Seite der Dunklen Künste treiben konnten. Keiner von ihnen hatte so lange gegen sie kämpfen können, um nicht die Verlockung der Macht erlebt zu haben, um nicht selbst gespürt zu haben, dass die Bande des Gesetzes eine grausame, aber unendliche Freiheit verwehrte. Keiner von ihnen hätte je gedacht, dass Sirius Black vergessen haben könnte, welche Verantwortung ein mächtiger Zauberer auf sich lud. Und doch hatte er sie verraten. Verraten, und - unwillentlich, versehentlich - den Krieg beendet. Es war die Art von Witz, die Dorcas gefallen hätte.
Dann öffnete sich die Bürotür, doch weder ihre Chefin, noch ihr Stellvertreter traten heraus. Millicent Bagnold, Cornelius Fudge und Bartemius Crouch schritten mit so getragenen Schritten aus dem Raum, als sei dies ein festlicher Anlass, oder - wieder Dorcas' überhaupt nicht witziger Humor - eine Beerdigung. Sechzehn Paare trainierter Aurorenaugen, hochqualifizierter Deuter von Körpersprache, scannten sie, als sie durch die Reihe der Bürozellen in Richtung Ausgang schritten.
Millicent Bagnolds Miene war absolut ausdruckslos, unlesbar. Ihre Roben wogten mit zufälliger Eleganz, die Arme hatte sie in einer alten Gewohnheit hinter dem Rücken verschränkt. Bagnold wirkte in ihrer zerknitterten Art weise, beruhigend kompetent und strahlte wie immer die Sicherheit aus, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, die Auroren niemals täuschte. Ihre Hand stieß die Flügeltüren in Richtung Lift etwas härter auf als üblich, doch nach zwei sehr langen Tagen überraschte das kaum.
Crouch und Fudge stellten eine viel verwertbarere Informationsquelle dar, und den meisten Auroren gefiel nicht, was sie sahen. Crouch wirkte zufrieden - bereit, in sein Büro zurückzukehren und instantan den Kampf um den Ministerposten aufzunehmen -, energiegeladen und unbesorgt. Als er die Longbottoms passierte, nickte er ihnen mit einem abwesenden Lächeln zu. Das konnte gut sein. Oder schlecht. Abhängig davon, worum es ging.
Cornelius Fudge seinerseits hatte aus Aurorenperspektive nichts Respektables an sich. Auf seinen schmalen Lippen kräuselte sich ein künstliches Lächeln, er wirkte nervös, und er beachtete keinen der Männer und Frauen, die er passierte. Schlimmer noch, er wirkte zufrieden.
Als die drei Ministeriumsangestellten den Raum verlassen hatten und die Flügeltüren sanft zurück in die Angeln fielen, richteten sich jene sechzehn Augenpaare wieder auf Amelias Bürotür. Es vergingen sehr lange Minuten, bis sie sich wieder öffneten und eine zu erschöpfte Amelia Bones hinaustrat. Ihr folgte Alastor, und zwar ein Alastor, von dem jeder Anwesende gelernt hatte, ihm nicht in den Weg zu kommen. Alastor transpiriert heute Folterflüche - oder doch etwas ähnlich Schnoddriges hätte Fabian Prewett gefrotzelt, und Ace McKinnon hätte von allen als erster gelacht, und Jepedina Potter ihre Miene unter Kontrolle zu halten versucht.
Sekunden später war er in seinem eigenen Büro verschwunden, Amelia Bones stand noch immer an derselben Stelle, und die Auroren richteten sich erwartungsvoll auf. Alices nervöse Tränen waren versiegt, doch sie knetete immer noch ein Taschentuch in ihren Händen. Nur Shacklebolt hatte seine angestrengte Ruhe nicht verloren. Altair Pepples wirkte, als wolle er sich übergeben.
Als Bones sprach, klang sie, als sei sie der ganzen Angelegenheit viel zu müde. „Black wird morgen nach Askaban überführt. Bis dahin ist der Zutritt zu seiner Zelle beschränkt. Wenn ihr ihn besuchen wollt, tut es in Askaban."
Franks Griff um Alices Schultern wurde fester, doch sein Ton blieb so ruhig wie immer. „Wann ist die Verhandlung?", fragte er und hob eine Augenbraue.
„Es gibt keine Verhandlung." Moody hatte sein Büro wieder verlassen. In der Hand hielt er eine Tasche, gefüllt mit all den Taschenspickoskopen und Detektorenzaubern, die er über die Jahre hinweg in seinem Büro gesammelt hatte - den privaten Dingen.
Amelia nickte. „Wir sind uns... einig, dass eine Verhandlung nicht nötig ist. Er ist überführt genug, also was soll's." Sie seufzte. „Wir sind wohl alle froh, wenn es still und schmerzlos vorbei ist."
Hier und da wurde schweigend und zustimmend genickt, doch Alastor Moody entfuhr nur ein Schnauben. „Einig, he?" Der alte Mann schnitt eine Grimasse, die angesichts seiner fehlenden Nase grotesk wirkte, während er sich in Bewegung setzte und auf den Ausgang zuschritt.
„Wohin willst du?", rief Corday ihm verwirrt nach und sprang so hastig von ihrem Stuhl auf, dass er umfiel.
„In meine verdammte Rente!", erwiderte Moody über die Schulter, knurrig, aber scharf, und die Türflügel schwangen stürmisch zu und pendelten in ihren Angeln aus.
„Er hat gekündigt.", fügte Amelia müde hinzu. Sie schloss kurz die Augen, im Bemühen um einen Fokus. Als sie sie öffnete, sah sie ihm nach, obwohl sie wusste, dass er nicht wiederkommen würde. Er hatte seine Drohung wahr gemacht. Seine Forderung war wahnsinnig, aber er hatte seine Drohung wahr gemacht.
Dann ließ sie den Blick über ihre Auroren schweifen, die mehr wie ein elendes Häufchen Besiegter als wie Kriegshelden wirkten. Die meisten von ihnen schienen zu betäubt zu sein, um die Geschehnisse kommentieren zu wollen. Crouch hatte recht. Eine Verhandlung würde nur Wunden öffnen, die ohnehin viel zu langsam verheilten. Bei einem so sicheren Fall konnte selbst Veritaserum nichts Neues mehr enthüllen. So würde es für sie alle leichter sein.
Sie seufzte, bevor sie in ihr Büro zurückkehrte. Es würde Jahre dauern, um das Chaos aufzuräumen, das erst Lord Voldemort und dann Sirius Black verursacht hatten.
Der Krieg mochte gewonnen sein; die Auroren waren entehrt.
Und die Helden waren tot.
Fin.
