Sodala, ein neues Kapitel gibt's… und diesmal sind endlich die Kinderchen da… Habt ihr sie denn wirklich vermisst? ;-)
Eine kleine Anmerkung vorweg: Es existiert nun auch zu Kapitel 8 eine Illustration – ein Bild mit dem Titel „Severus and Kingsley" zu der Szene, in der die beiden unter dem Ahornbaum sitzen und plaudern. Zu meiner Galerie kommt man über den „homepage"-Link auf meiner Profilseite. Außerdem hab ich das neue Bild auch unter der Adresse www(punkt)xiaogui(punkt)tk gelagert – und über Kommentare freue ich mich natürlich… ;-)
Beta: meine liebste Persephone Lupin, die sich trotz Familie und Vollzeitbeschäftigung noch immer Zeit nimmt, mir meine Fehlerchen herauszupicken… Danke!
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Semesterbeginn
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Die ersten Sonnenstrahlen, die sich frech durch das kleine Fenster in sein Schlafgemach stahlen, kitzelten Snapes Nase und brachten ihn dazu, widerwillig die Augen zu öffnen. Er hätte durchaus noch einige Minuten weiterschlummern können, dachte er bei sich, als er die goldenen Lichtreflexe an der gewölbten Steindecke betrachtete. Das eigenartige Gefühl, das er jedes Jahr zu Semesterbeginn hatte, wurde an diesem Morgen zunehmend von einem ihm bisher unbekannten überlagert – hatte er bisher jährlich einfach das Ende der Ferien bedauert, und dass er neben seiner Lehrverpflichtung nicht mehr ausreichend Zeit für seine eigenen Forschungen finden würde, so fühlte er an diesem Morgen ein seltsames Brennen in seiner Brustgegend. Er war nervös. Angewidert verzog er das Gesicht, als er dieses Gefühl realisierte. So weit war es also schon gekommen – er hatte tatsächlich Angst vor Kindern. Wie erbärmlich…
Seufzend schlug er die Bettdecke zurück, und just in dem Moment vernahm er ein Klopfen an der Tür im Vorraum. Innerlich fluchend zog er die Decke wieder über seine Brust und überlegte, wie er diese prekäre Situation nun bewältigen sollte. Obwohl – die einzige Person, die sich für den Morgen angekündigt hatte…
„Severus?" vernahm er Madam Pomfreys Stimme nach einem weiteren – diesmal energischerem – Klopfen.
Snape tastete nach seinem Zauberstab, den er am Abend wohlweislich auf dem Nachttisch bereitgelegt hatte. Nachdem er sich mühsam im Bett aufgerichtet hatte, sprach er einen leisen Spruch, und ein knarrendes Geräusch ließ das Öffnen der Tür erkennen.
„Komm herein, Poppy", knurrte er ein wenig säuerlich. „Ich hoffe, du störst dich nicht daran, dass ich noch im Bett liege."
„Guten Morgen, Severus", lächelte ihn die Heilerin an, als sie ins Zimmer trat. „Genau deswegen bin ich hier – um dir ein wenig zur Hand zu gehen. Hast du gut geschlafen?"
„Erstaunlicherweise…" brummte der Tränkemeister.
„Es ist doch viel besser in den eigenen vier Wänden, nicht wahr?" sagte Madam Pomfrey sanft und half ihm, sich an die Bettkante zu setzen. „Rollstuhl oder Krücken?"
Der Slytherin schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander. Was für Entscheidungen in aller Herrgottsfrüh, dachte er sarkastisch.
„Krücken…"
Die Handhabung der klobigen Holzdinger stellte sich als ähnlich enervierend wie am Vortag heraus. Mit Hilfe Madam Pomfreys schaffte er es mehr schlecht als recht ins Badezimmer, und das Zähneputzen erforderte keinerlei gesonderte Aufmerksamkeit mehr, nachdem sein ermüdeter Arm seine Hand ohnehin im erforderlichen Rhythmus zittern ließ. Die Heilerin ging Snape bei seiner Morgentoilette mit dezenter Geduld zur Hand, während in dem Slytherin der verzweifelte Gedanke aufkeimte, ob er denn überhaupt in absehbarer Zukunft wieder fähig sein würde, eigenständig für seine Grundbedürfnisse Sorge tragen zu können. Nachdem Madam Pomfrey ihm in eine bequeme Haus-Robe geholfen und ihn in seinen Polstersessel gesetzt hatte, begann sie mit der Massage seiner durch die kurze Anstrengung schon überbeanspruchten Glieder. Snape seufzte leise.
„Heute ist Semesterbeginn…" begann er.
Madam Pomfrey blickte von ihrer Tätigkeit auf. „…was dich noch nicht weiter zu kümmern hat, Severus", sagte sie, seinen linken Oberschenkel knetend. „Ich lasse dich in frühestens drei Wochen wieder arbeiten. Du brauchst noch Zeit, um wieder völlig zu Kräften zu kommen und dich an deine geänderten Lebensumstände zu gewöhnen. Ich gehe einmal davon aus, dass du nicht im Rollstuhl unterrichten möchtest, oder?"
Snape zuckte innerlich zusammen. „Nein", antwortete er knapp. Aber der Gedanke an das abendliche Fest und die vielen Stiegen der Schule brachte seine Eingeweide einmal mehr dazu, sich zu verkrampfen. Ohne sich irgendwelchen unerfüllbaren Illusionen hinzugeben – Krücken standen zumindest für heute Abend außer Diskussion, dachte er bitter. Heute Abend würde sich die gesamte versammelte Schülerschaft an seinem Rollstuhl und der Tatsache, dass er nicht einmal mehr fähig war, aufrecht stehen zu können, ergötzen. Der Gedanke daran verursachte ihm beinahe Übelkeit.
„Außerdem wird es dir gut tun, wenn du dich noch eine Weile erholen und dich deinen eigenen Interessen widmen kannst", sagte Madam Pomfrey hinter ihm mit sanfter Stimme, während sie seine Schultergelenke mit einem Heilzauber behandelte. „Ich benötige ohnehin einige frische Tränke von dir, um die Vorräte der Krankenstation wieder aufzustocken."
…nachdem er selbst tatkräftig mitgeholfen hatte, ebendiese Vorräte zu leeren, dachte der Slytherin und verzog das Gesicht.
„Ich mache mich heute noch an die Arbeit", sagte er, während er kurz in Gedanken durchspielte, wie er die notwendigen Tätigkeiten im Sitzen würde durchführen können. „Wir wollen ja gerüstet sein für die Opfer der ersten Flugstunde, nicht wahr?"
Madam Pomfrey grinste und klopfte ihm auf die Schulter. „Es hat keine Eile, Severus, du hast drei lange Wochen dafür Zeit. So…" sagte sie, während sie zum Kamin ging. „Was möchtest du frühstücken?"
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Nachdem Snape mit der Heilerin ein leichtes Frühstück – bestehend aus Kaffee, Marmeladesemmel und einem leichten Stärkungstrank („Für die Muskeln, Severus!") – geteilt hatte, komplimentierte er sie wieder aus seiner Wohnung und machte sich daran, verschiedene Listen der benötigten Tränke und deren Zutaten zusammenzustellen. Das Stärkungsgebräu setzte er unter die Kategorie „Geschmack überarbeitungsbedürftig". Gerade als er die zweite Rolle Pergament mit den Namen diverser Kräuter und Heilpflanzen vollgeschrieben hatte und leise fluchend die Schreibtischschublade nach einem neuen Tintenfässchen durchwühlte, klopfte es an der Wohnungstür. Snape erkannte das leichte, rhythmische Klopfen Dumbledores und schwenkte den Zauberstab, um die Tür zu öffnen.
„Severus", begrüßte ihn der Schulleiter fröhlich. „Wie schön, dich wieder auf zu sehen."
„Guten Morgen, Albus", brummte Snape, bevor er ein frisches Fässchen Tinte herbei-accio-te, welches er schließlich auf dem Regal hinter sich entdeckt hatte. „Was verschafft mir die Ehre?"
Dumbledore lächelte. „Nachdem du offensichtlich ohnehin schon wieder ganz der Alte bist, erspare ich mir die Frage nach deinem Befinden."
„Danke", knurrte der Slytherin. „Nimm doch bitte Platz, Albus. Ich bin gleich soweit." Er angelte nach den Krücken, die am Schreibtischrand lehnten und seufzte leise.
Der Schulleiter machte eine abwehrende Handbewegung, die Snape in seiner Bewegung innehalten ließ. „Nein, Severus, mach dir bitte keine Umstände. Ich kann bedauerlicherweise ohnehin nicht lange bleiben. Du weißt, wie es zu Semesterbeginn zugeht", fügte er seufzend hinzu.
Snape nickte. „Ich nehme an, die Schüler werden zur gewohnten Zeit eintreffen?"
„Ja", antwortete der Schulleiter. „Und es freut mich, dass du zum Fest heute Abend erscheinen wirst."
Snapes Gesicht spiegelte nur mäßigen Enthusiasmus wider. „Als Hauslehrer ist es wohl meine Pflicht, nicht wahr?"
„Vor allem ist es wichtig, dass du dich den Schülern deines Hauses zeigst und ihnen damit Rückhalt gibst", antwortete Dumbledore. „Die nächste Zeit wird schwierig werden für sie."
Snape nickte seufzend und verzog das Gesicht. „Poppy hat mir von den Racheaktionen gegen Slytherins erzählt."
„Es waren nur sehr vereinzelte Vorkommnisse, ja, aber wir dürfen diesen Funken auf keinen Fall auf die Schülerschaft überspringen lassen", meinte der alte Zauberer. „Die Erwachsenen sind kriegsmüde, aber die Kinder sind es wohl noch nicht."
„Ich bin mir dessen bewusst, Albus..."
Ein energisches Klopfen aus dem Vorraum unterbrach das Gespräch der beiden Männer. Heute geben sie sich die Türklinke in die Hand. So viele Besucher wie an diesem einen Tag hatte er wohl das gesamte vergangene Jahr nicht gehabt, dachte Snape und verzog sarkastisch einen Mundwinkel.
„Ich sehe nach, wer es ist, Severus", sagte Dumbledore. „Ich muss dich nun ohnehin wieder verlassen, so leid es mir tut."
Einige Augenblicke später war der Schulleiter gegangen und Kingsley stand in der Tür. Er hatte ein vollgefülltes Tablett in der Hand, das er am Esstisch abstellte.
„Ich dachte mir, ich bringe das Mittagessen herunter", lächelte er den Tränkemeister an, „um dir die Mühen zu ersparen, in die Große Halle hinauf zu kommen."
„Danke, Kingsley, das ist sehr aufmerksam von dir", antwortete Snape. „Ich bin nicht sehr hungrig…"
„Ach was, Severus… Mit dem Essen kommt der Appetit."
„Warum habe ich nur zeitweilig das Gefühl, dass aus dir meine selige Großmutter spricht…?" entgegnete der Tränkemeister und hob eine Augenbraue.
Kingsley lachte und hielt Snape seinen Arm hin, um ihm aufstehen zu helfen. Nachdem sich der Slytherin zu Tisch niedergelassen und Kingsley die Krücken verstaut hatte, stieß Snape einen leisen Seufzer der Frustration aus.
„Es geht doch schon ganz gut, Severus", sagte der Ravenclaw, während er ebenfalls Platz nahm.
Snape stieß ein gedämpftes, bitteres Lachen aus. „Die Tatsache, dass ich nicht einmal fähig bin, ohne Hilfe von meinem Schreibtisch aufzustehen, würde ich wohl nicht gerade als gut betiteln."
„Severus…" sagte Kingsley mit ernster Miene. „Was erwartest du? Es wird schon werden mit der Zeit – bald wirst du wieder ganz der Alte sein."
„Minus eines Beins."
Der Ravenclaw biss sich auf die Unterlippe und blickte Snape in die Augen. „Was ist wirklich los, Severus? Was beschäftigt dich?"
Eventuell, dass ich Angst vor Kindern habe? Angst vor verdammten Bälgern, die mir nicht einmal bis zur Brust reichen? Vorausgesetzt natürlich, dass ich aufrecht stehen könnte…
Snape hielt Kingsleys Blick ohne zu blinzeln stand. „Nichts", entgegnete er. „Das Essen wird kalt."
Kingsley seufzte resignierend und begann, die Speisen auf die beiden Teller zu verteilen.
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Ein weiterer Kelch…, seufzte Snape innerlich, während er seine Robe zurechtzupfte, die durch das Hineinsetzen in den Rollstuhl verrutscht war. Er hatte den Nachmittag mit Lesen und Listenschreiben verbracht und vor allem damit, seine Gedanken vom bevorstehenden Willkommensfest abzulenken. Die Tatsache allerdings, dass er eine halbe Ewigkeit und alle seine Kraftreserven gebraucht hatte, nur um auf die Toilette zu gelangen, hatte nicht gerade geholfen, seine im Keller befindliche Stimmung zu heben. Und als ihn Kingsley schließlich kurz nach Sonnenuntergang aufsuchte, um ihm bei den letzten Vorbereitungen zu helfen, hätte er ihn beinahe böse angefahren. Er atmete tief durch, als Kingsley von hinten sanft seine Schulter drückte.
„Wollen wir?" fragte der Ravenclaw mit einem aufmunternden Lächeln auf dem Gesicht.
Snape nickte, einen leisen Seufzer ausstoßend. Nun denn..., dachte er.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach oben durch die langen Treppen und Gänge der Schule, durch die schon vereinzelte, entfernte Kinderstimmen schallten. Offensichtlich waren die Kutschen soeben eingetroffen. Snape fragte sich gerade in Gedanken, wer denn nun nach Hagrids Tod die Erstklässler über den See fahren würde, als er hinter einer Biegung einige ihm nur allzu bekannte Stimmen vernahm. Er deutete Kingsley mit der Hand anzuhalten, was dieser mit einem fragenden Blick quittierte. Der Tränkemeister schüttelte nur leicht den Kopf und lauschte mit gerunzelter Stirn, die Augen verengt.
„...könnte einen Hippogreif verdrücken!"
„Also wirklich, Ron, kannst du denn an nichts anderes als an Essen denken?"
„Ey, Schokofrösche halten nicht den ganzen Tag über an!"
„Die Menge, die du vertilgt hast, sollte eher für eine ganze Woche reichen. Und wenn du nicht so lange mit deinen Verehrerinnen herumgetrödelt hättest, wären wir zumindest schon einmal in der Großen Halle."
„Ach komm, Hermine…"
„Ich frage mich, wie es dieses Jahr im Unterricht wird..."
Snapes Gesichtsausdruck verfinsterte sich weiter, als er die Stimme Potters erkannte.
„Jaaa, das letzte Jahr. Endlich!"
Und die endgültig letzte Gelegenheit, in deinen roten Schädel ein wenig Wissen hineinzubefördern, Weasley, dachte Snape.
„Das meinte ich nicht, Ron. Ich meinte... na ja... es sind einige Professoren gestorben..."
„Oh... ja."
„Hat eigentlich irgendjemand gehört, was mit dem alten Snape ist?"
Der Slytherin konnte nicht verhindern, dass er bei der Nennung seines Namens unmerklich zusammenzuckte.
„Nichts Konkretes. Ich habe mitgehört, als Dad zu Mum sagte, er wäre in der letzten Schlacht verletzt worden."
„Lebt er noch?"
„Darauf kannst du Gift nehmen, Hermine, Unkraut vergeht nicht."
„Harry hat Recht. Der schleimige Idiot hat es sich noch immer richten können, wie es ihm gepasst hat. Der hat sich noch immer überall rausgewunden. Daß er nicht zu deiner Ehrung gekommen ist, Harry, das war wirklich ein starkes Stück."
„Vielleicht trauert er doch noch seinem alten Meister hinterher..."
Kingsleys Hand griff nach Snapes Schulter, fast so als wollte er verhindern, dass der Slytherin aus dem Rollstuhl aufsprang. Snapes Herz klopfte ihm bis zum Hals und er atmete schwer, als er versuchte, seine Gefühle im Zaum zu halten. Wäre es ihm möglich gewesen, er hätte diese unmöglichen Fratzen auf dermaßen kleine Häufchen reduziert, dass sie sich gewünscht hätten, nie geboren worden zu sein. So aber schloss er nur verbittert die Augen und senkte den Kopf.
„P... P... Professor... Snape!"
„Sie... Merlin!"
Der Tränkemeister blickte auf und fixierte drei Paar schreckgeweiteter Gryffindor-Augen, seine Miene versteinert und die Augen verengt. Bange Sekunden verstrichen, bis sich die Augen der drei Schüler von seinem eisigen Blick losrissen und wie in Zeitlupe seinen Körper hinabstreiften. Als sie schließlich an seiner nicht mehr vorhandenen Gliedmaße angelangt waren und die Ausbeulung, durch die sich deren Überrest unter der Robe abzeichnete, mit offenen Mündern angafften, drehte sich beinahe sein Magen um vor Zorn und Scham.
„Zur Zeit Ihrer Ehrung, Mister Potter, war ich wohl indisponiert", zischte er im gefährlichsten Tonfall, den er zustandebrachte. „Und jetzt gehen Sie mir aus den Augen."
Das Trio jedoch rührte sich nicht und blieb weiterhin wie versteinert vor ihm stehen; ihre bebenden Lippen versuchten offensichtlich entschuldigende Worte zu formen, die sie doch nicht hervorstammeln konnten.
„Haben Sie mich nicht verstanden?" fragte Snape, seine eisige Stimme nur mehr ein kaum hörbares Hauchen. „Sie können doch gehen...?"
Ein Ruck ging durch die drei Schüler, sie klappten die Münder wieder zu, drehten auf dem Absatz um und flohen um die Ecke außer Sicht. Die Zeit schien stillzustehen, als der Tränkemeister langsam die Arme hob und das Gesicht in seinen Händen vergrub.
„Merlin..." flüsterte er.
Er spürte Kingsleys Hand auf seiner Schulter. „Severus..."
„Nein, Kingsley", unterbrach ihn Snape und hob abwehrend die Hand. „Bitte erspar es mir – ich weiß, was du sagen willst. Lass uns zusehen, dass wir in die Große Halle kommen, denn wenn wir nun vielleicht auch noch auf Longbottom stoßen sollten, kann ich für nichts mehr garantieren."
Schließlich erreichten sie die Große Halle, aus der schon das Lachen fröhlicher Kinderstimmen drang. Kingsley schob den Rollstuhl über die Schwelle der großen Eingangstür und binnen Sekunden war auch das letzte Augenpaar der Anwesenden auf den Zaubertränkeprofessor und den Junglehrer gerichtet. Die Gespräche erstarben, um nach einigen Augenblicken erschütterter Stille vereinzeltem verhaltenen Gemurmel und Gewisper Platz zu machen. Mit versteinerter und bemüht unlesbarer Miene ließ Snape seinen Blick über die Reihen der Schüler streifen. Offensichtlich war sein Schicksal tatsächlich nicht allgemein bekannt gemacht worden, denn die Hufflepuffs und Ravenclaws starrten ihn allesamt mit verständnislosen Blicken an. Am Gryffindortisch hatte die Nachricht offenkundig schon die Runde gemacht, denn die Schüler zeigten weniger erstaunte, als vielmehr betretene Gesichter.
„Professor Snape", vernahm er zu seiner Linken und wendete seinen Blick schließlich dem Tisch seines eigenen Hauses zu. Die Mienen seiner Slytherins spiegelten die innere Zerrissenheit des Hauses wider, einige Schüler senkten betreten den Kopf, während andere wiederum offenes Entsetzen zeigten. Draco Malfoy war derjenige, der gesprochen hatte; auf seiner Brust prangte die goldene Plakette des Schulsprechers. Snape verengte die Augen und nickte seinen Schülern zum Gruß zu. Es würde tatsächlich noch eine Weile dauern bis die Geschehnisse der vergangenen Jahre aufgearbeitet waren – vor allem in seinem eigenen Haus, dachte er. Nicht nur, dass Slytherin der Paria unter den Häusern der Schule war, das Haus in sich war noch dazu gespalten in Täter und Opfer...
„Professor Snape, Professor Shacklebolt!"
Die Stimme des Schulleiters riss Snape aus seinen Gedanken. Dumbledore kam ihnen entgegen und begleitete sie zum Tisch, wo Kingsley den Rollstuhl an den vorgesehenen unbestuhlten Platz schob und neben dem Tränkemeister Platz nahm. Als Snape einen leisen Seufzer der Erleichterung ausstieß, schenkte ihm Kingsley ein aufmunterndes Lächeln.
„Nun wissen sie es", sagte er leise, „und du hast das erst einmal überstanden."
„Hm", brummte Snape unbestimmt, während er seinen Kolleginnen und Kollegen beiderseits in stummem Gruß zunickte. Diejenigen unter ihnen, die ihn heute das erste Mal wiedersahen, gaben sich offensichtlich die größte Mühe, auf ihren Gesichtern ein mehr oder weniger verlegenes Lächeln zu zeigen. Fast automatisch kräuselte sich der Mundwinkel des Slytherin, als er ihre Unsicherheit realisierte.
Nachdem Minerva McGonagall die Halle betreten hatte – eine Gruppe wohlbekannt erschreckt dreinschauender Erstklässler im Schlepptau – begann der Sprechende Hut traditionsgemäß mit seinem alljährlichen Lied zum Beginn des neuen Schuljahres. Während der Hut von Neubeginn und Zusammenhalt sang, ließ Snape seine Blicke über die versammelte Schülerschaft streifen. Einige überraschte er noch dabei, wie sie ihn verstohlen beobachteten, nur um dann schnell wie ertappte Sünder ihre Blicke zu senken. Harry Potter jedoch hielt seinem Blick stand, und Snape bemerkte, dass er ihm nicht in die Augen sah, sondern auf seine ...Stirn. Ein höhnisches Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Tränkemeisters, als er die Ironie der Situation realisierte, und auch Potter lächelte. Nun waren sie wohl ebenfalls als ebenbürtig gezeichnet. Interessant...
Die Neuzugänge zu Slytherin waren diesmal tatsächlich geringer, was die Hauslehrerin von Gryffindor veranlasste, Snape wissend zuzuzwinkern, als sie den Sprechenden Hut wegtrug. Als schließlich der Schulleiter aufstand, um seine alljährliche Rede zu halten, verstummte das Gemurmel in der Halle und alle Augen richteten sich wieder auf den Tisch der Lehrer.
„Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts!" begrüßte Dumbledore Schülerschaft und Professoren gleichermaßen. „Wie der Sprechende Hut dankenswerterweise schon ausgeführt hat, und wie Sie alle ohnehin schon wissen – dieses Jahr unterscheidet sich von den vorangegangenen. Wir haben einen großen Sieg gefeiert..."
Aufbrandender Jubel unterbrach die Rede des Schulleiters – das lauteste Zentrum am Tisch der Gryffindors, wo sich die Schüler förmlich damit überschlugen, Harry Potter durch Umarmen und Schulterklopfen ihre Anerkennung zu zeigen.
„Aber..." Dumbledore hob die Hand und versuchte, das Getöse zu übertönen, das nur langsam wieder erstarb. „Aber – so erfreulich der Sieg auch ist, es wurden auch schmerzliche Wunden geschlagen, und viele von uns haben bedauerliche, persönliche Verluste erlitten", fügte er mit ernster Miene hinzu, und Snape konnte nicht verhindern, dass ein Schatten über sein Gesicht huschte.
„Auch der Lehrkörper von Hogwarts ist von diesen Verlusten betroffen", fuhr Dumbledore fort, „und Sie werden einige Veränderungen in unserer Mitte feststellen. In tiefer Trauer gebe ich das Ableben unserer Professoren Flitwick und Hagrid bekannt. Neue Hauslehrerin von Ravenclaw wird Professor Vector, und Hagrids Aufgabenbereich wird von nun an von Professor Grubbly-Plank ausgefüllt werden. In zwei Wochen werden wir gemeinsam in einer kleinen Feierlichkeit der Opfer gedenken, die Hogwarts erbringen musste. Als Professor für Zauberkunst dürfen wir ein neues Gesicht in unserer Runde begrüßen – den verdienten Auror Kingsley Shacklebolt!" Er wendete sich Kingsley zu, der kurz aufstand und sich dem ein wenig verhaltenen Applaus stellte.
„Das Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste befindet sich zur Zeit in einer Überarbeitung des Lehrplans und wird bis auf weiteres ausgesetzt", sprach Dumbledore weiter und drehte sich dann zu Snape um, dessen Gesicht sich verfinsterte. „Professor Snape wurde in der letzten Schlacht schwer verwundet und befindet sich zur Zeit noch in Rekonvaleszenz. Die Stunden für Zaubertränke werden in der Zwischenzeit von Professor Sprout übernommen bis Professor Snape wieder selbst unterrichten kann."
Die weitere Rede des Schulleiters registrierte Snape nur mehr am Rande, genauso wie die Schüler, die ihm nun wieder verstohlene Blicke zuwarfen und sich wohl redlich bemühten, ihr verräterisches Mienenspiel nicht allzu offen zu zeigen.
Das Erscheinen der Speisen sorgte allerdings schließlich dafür, dass sich die Aufmerksamkeit aller auf das Festessen richtete und niemand mehr bemerkte, wie der Tränkemeister für einen kurzen Moment seine Maske fallen ließ und schwer atmend die Augen schloss.
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Anmerkungen: Nicht, dass ich da jetzt vielleicht missverstanden werde – ich wollte die Kinder (bzw. in dem Fall natürlich schon „Jugendliche" in der 7. Klasse) keineswegs als „negativ" oder „böse" darstellen. Aber wir wissen wohl alle, wie schnell man manchmal impulsive, unbedachte Äußerungen abfeuert, und damit andere Menschen ungewollt verletzt – vor allem, wenn diese eh schon labil oder unsicher sind.
Nr. 2: ich habe absichtlich den originalen Namen der lieben Prof. Wilhelmina Grubbly-Plank ihrer deutschen Übersetzung Rauhe-Pritsche vorgezogen. Ich denke einmal, die Gründe liegen auf der Hand (hab selten einen dermaßen bescheuerten Namen gelesen ;-)). Außerdem hatte ich in irgendeinem der vorangegangenen Kapitel schon einmal (unbewusst) ihren englischen Namen verwendet, und nachdem sich da niemand beschwert hat… hehe…
Honigdrache: Hey, jetzt is kein Schnee mehr da… (auf graubraunen Gatsch auf der Straße lug und dämonisch kicher)… ;-)) Tut mir leid, dass es zur Zeit mit den Updates ein wenig dauert!
darkshadowydancer: Dankeschön! Ja, dieser Satz über Quantität und Qualität ist nicht unweise und vielseitig verwendbar… hehe…
leynia: Oh, so ein langes Review, vielen Dank:)… Ja, ich bleibe Severus-fixiert, nachdem die Geschichte ja ausschließlich aus seinem Blickwinkel geschrieben wird. Aber Harry und Draco werden wohl vorkommen – ich sag das jetzt mit Vorbehalt, weil ich mich von meinem geplanten Plot ein wenig entfernt habe und ich mir zu gewissen Details noch Gedanken machen muß.
Mina Harker: Dankedanke! Ja, der Anfang ist einmal getan im „sich den Schüleraugen stellen"… hehe
Lilith11: Das Zusammentreffen war vorerst nur einmal ein bisserl „oberflächlich"… aber der Anfang ist einmal gemacht. Vielen Dank für das Adden zum C2:)
Mariacharly: Vielen Dank für dein langes und liebes Review! Ja, im Endeffekt ist das doch wirklich so mit den meisten dieser Ehrungen (also „militärspezifische", meine ich). Ich muß auch immer ein wenig bitter lächeln, wenn Orden etc. posthum verliehen werden – das is ja eigentlich genauso zynisch.
Mrs. Sarah Snape: Wow, das erste Review und dann für mich? Oohh… (sich fürchterlich geehrt fühl :)). Vielen Dank für dein Lob:)
Rosifer: Hehe, es geht ihm besser, aber vollständig wiederhergestellt ist er nicht. LOL, ja das mit den kürbissaftschlürfenden Lullis… manchmal kann ich einfach meine vorlaute Klappe nicht halten :D… Aber nachdem ich Snape schon in einer meiner Kurzgeschichten zum Bierliebhaber gemacht habe, fand ich das nur passend hier… Ich kann ihn mir einfach nicht mit Kürbissaft vorstellen, und Alternativen wie Mineralwasser? Bäh:D
Morla- SyalNaomi FaryTale: Also an deinem Namen verzweifel ich immer wieder… hihihi… vielen Dank für dein Review:)
Katharina-B: Es liegt eventuell daran, dass du mich gar nicht auf Author Alert hast – also zumindest stehst du nicht in meiner Liste, hihihi! Es freut mich sehr, dass dir die Details gefallen, das ist nämlich auch meine eigene große Vorliebe (also generell bei FFs ;-)). Hehe…
Vielen Dank euch allen für eure lieben Reviews, ihr macht mich jedes Mal glücklich…:)
Bitte sagt es aber auch einmal, wenn euch etwas nicht zusagen sollte, gell!
