A/N: Lang hat's gedauert, und ich entschuldige mich dafür, daß ich euch so lang warten hab lassen mit dem neuen Kapitel. Eigentlich ist dies hier nur ein „Zwischending", aber ich dachte mir, es ist vorerst einmal besser als garnix ;-).

Beta: die liebe Persephone Lupin – vielen Dank für deine unersetzliche Hilfe! Ein spezielles Dankeschön geht in diesem Kapitel auch an lilith11, die mir über eine gröbere Blockadehürde hinweggeholfen hat.

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Ambivalenz

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Die nächsten Tage waren vor allem davon geprägt, dass Snape dem Brauen der von Madam Pomfrey erbetenen Tränke nachkam, um deren Krankenapotheke zumindest wieder mit dem Allernötigsten auszustatten. Die allmorgendlichen Bemühungen der Heilerin zeigten letztendlich Wirkung, und während sein Körper langsam seine frühere Stärke zurückerlangte, wurde auch sein Umgang mit den Krücken zusehends routinierter. Seine Motivation, sich der Öffentlichkeit zu zeigen, war zwar noch immer verhältnismäßig begrenzt, aber Kingsley hatte ihn schließlich davon überzeugt, dass er sich doch von Zeit zu Zeit zumindest zum Mittagessen in die Große Halle begeben möge. Und nachdem er den vierten Tag in Folge unter aller Augen quer durch die Halle in Richtung des Lehrertisches gehumpelt war – möglichst bedacht darauf, auf sein Gesicht einen stoischen Ausdruck zu pflastern – hatte er festgestellt, dass die Blicke in seine Richtung und das sie begleitende Getuschel immer weniger wurden und sich schließlich auf dem Level einpendelten, den sein Auftreten ohnehin seit jeher verursacht hatte.

Ein wenig gedankenverloren griff der Tränkemeister nach einem Messer und begann, die schon in dünne Streifen geschnittene Bergamotteschale zu feinen Würfelchen zu zerhacken. Derartige arbeitsintensive Routinetätigkeiten mochten andere Menschen aufreiben und langweilen – er jedoch empfand sie als ausgesprochen beruhigend für Nerven und Gemüt. Zutaten für Zaubertränke durften nur in Ausnahmefällen mit Magie behandelt werden, da viele von ihnen sonst ihre Wirkung einbüßen würden, und er genoss diese Handarbeit, die er üblicherweise in selbstauferlegter Einsamkeit erledigte. Während im Hintergrund leise die Klänge von Ravels Bolero ertönten, schoben seine langen Finger flink die Würfelchen auf ein kleines Häufchen zusammen und beförderten dieses anschließend mit dem Messer in einen kleinen Topf, der auf dem Arbeitstisch über einer kleinen Flamme stand. Der Auftakt zu einer neuen Kreation, dachte er, und ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen.

Er lehnte sich ein wenig nach hinten und streckte die Hand nach seinem Zauberstab aus, den er auf dem Beistelltisch hinter sich bereitgelegt hatte. Nachdem er vor einigen Tagen darüber lamentiert hatte, dass er unmöglich effizient arbeiten könne, wenn er sich kontinuierlich an zwei Krücken klammern musste, hatte der ressourcenreiche Kingsley kurzerhand einen Sessel in eine bequeme Stehhilfe auf Rädern verwandelt. Dass ihm diese praktische Idee nicht schon viel früher in den Sinn gekommen war, dachte Snape, während er den Löffel verhexte, sodass dieser begann, mit langsam kreisenden Bewegungen die Flüssigkeit im Topf umzurühren. Er rollte ein wenig auf die Seite und griff nach der zweiten Bergamottefrucht, um diese ebenfalls zu tranchieren, und die Schale für das Einkochen vorzubereiten.

Der kleine Kessel blubberte leise vor sich hin, und der fruchtige Duft, der von dessen Inhalt verströmt wurde, erinnerte Snape schließlich an die Tatsache, dass er besser das Mittagessen nicht versäumen sollte. Nicht, dass er sich nicht auch noch später eine Kleinigkeit aus der Küche servieren lassen konnte, aber er schätzte die gewohnte mittägliche Konversation mit Kingsley und wollte diesen nicht vergebens warten lassen. Und da er für den Weg zur Großen Halle nun etwas mehr Zeit einkalkulieren musste, war es ohnehin schon höchste Zeit aufzubrechen. Nachdem er sich noch ein letztes Mal vergewissert hatte, dass die Sicherheitszauber um Feuer und Kessel stabil waren, und dass auch der Löffel ohne seine Aufsicht beständig umrühren würde, griff er nach den Krücken und erhob sich, um sich auf den Weg zu machen.

Leise seufzend quälte er sich die lange Treppe von den Kerkern ins Erdgeschoss hinauf – nicht undankbar darüber, dass der Unterricht noch nicht beendet war und ihm somit zumindest neugierige Augen erspart blieben, als er am oberen Ende des Stiegenlaufs schließlich ungraziös über den Krücken hing – völlig erschöpft und schnaufend wie ein verendender Niffler. Vor zwei Tagen hatte er angesichts dieser doch eher prekären Problematik in einem unbeobachteten Moment sogar versucht, an sich selbst einen Schwebezauber anzuwenden – mit dem höchst unerfreulichen Resultat, dass er das Gleichgewicht verlor und all seine Körperbeherrschung aufwenden musste, um nicht die Treppe rückwärts wieder hinunterzufallen. Diese konstante körperliche Ertüchtigung würde ihm also nicht erspart bleiben, dachte er zähneknirschend. Nun, er hasste fliegen und ähnlichen Klamauk ohnehin…

Ein ohrenbetäubendes Getöse in einem der Klassenzimmer ließ ihn auf seinem Weg durch den Korridor zur Großen Halle innehalten. Der Slytherin runzelte missbilligend die Stirn ob des Tumults auf der anderen Seite der Klassenzimmertür. Die Schüler waren außer Rand und Band und offensichtlich unbeaufsichtigt, dachte er ein wenig verwundert, während sich seine Hand der Türklinke näherte.

Pandämonium breitete sich vor Snapes Augen aus, als er die Tür öffnete. Er warf einen ungläubigen Blick in das Klassenzimmer und zuckte unwillkürlich zusammen, als ein kleines rotes Sofakissen an seinem Gesicht vorbeisegelte und nur um Haaresbreite seine Nasenspitze verfehlte. Die Luft schien voll von kreuz und quer durch die Gegend schwebenden und fliegenden, verschiedenfarbigen Kissen und Polstern.

„Was in Merlins Namen ist denn hier los?"

Die Schärfe seiner Stimme garantierte die sofortige volle Aufmerksamkeit der Schüler, der Lärm ebbte ab, und die schwebenden Kissen blieben in der Luft stehen, um dann nach und nach langsam zu Boden zu tröpfeln.

„Was…? Ah, Professor Snape!"

Kingsley stand in der hinteren Ecke des Klassenzimmers, ein kleines grünes Polster in der Hand, und vor ihm ein Schüler mit gezücktem Zauberstab. „Setzt euch bitte, Kinder. Du auch, Kilian", bedeutete er seinem kleinen Schützling, der sich sogleich auf den Weg zu seinem Tisch machte und gemeinsam mit seinen Kameraden wieder Platz nahm.

„Professor Snape", sagte Kingsley freundlich und ging dem Slytherin entgegen, der ein wenig überrumpelt in der Tür stand. „Was verschafft uns die Ehre?"

„Ich war der irregeleiteten Annahme, dass die Schüler hier ohne Aufsicht wären", antwortete Snape mit seidiger Stimme, während er innerlich fieberhaft nach einem Ausweg aus der peinlichen Situation suchte. „Angesichts des herrschenden Tumults, der über den gesamten Korridor zu hören war", fügte er hinzu.

„Ah, ja", nickte Kingsley. „Meine Zweitklässler waren heute so brav, da habe ich ihnen ein wenig Spaß zur Belohnung erlaubt. Und eine Auffrischung der Schwebezauber war auch wieder einmal nötig", fügte er hinzu. „Stimmt's, Kinder?"

Angesichts des Gesichtsausdrucks des Tränkemeisters, der unter „Stoffwiederholung" etwas völlig anderes verstand, wagten es nur ein paar besonders Mutige zustimmend zu nicken, und wohl nicht nur zu Snapes Erleichterung wurde die Situation vom Läuten der Schulglocke aufgelöst, die das Ende der Stunde verkündete.

„Nein, ich wünsche keinen Kommentar zu meinen Unterrichtsmethoden", sagte Kingsley leise und mit warnendem Unterton in der Stimme, während er hinter sich und Snape die Tür schloss, und noch bevor der Slytherin die bissige Bemerkung von seiner Zunge rollen lassen konnte, die sich aufdrängte, nachdem der letzte Schüler aus dem Klassenzimmer geschlüpft war. „Es ist allerdings erfreulich, dass du dich schon wieder in deinem Element zu fühlen scheinst", fügte er zwinkernd hinzu, als sie sich in Richtung der Großen Halle aufmachten.

Snape kräuselte einen Mundwinkel. „Es hatte sich angeboten", antwortete er lapidar, während sie sich den Weg durch die zum Mittagessen strömenden Schülergruppen bahnten.

„Du verdammter...!"

„Autsch! Laß mich in Ruhe!"

„Aaaaahhh!"

Na warte!"

„Was ist denn hier los?" fragte Snape angesichts des Geschreis, das vom Ende des Ganges zu kommen schien. Der großgewachsene Kingsley reckte den Kopf in die Höhe.

„Eine Rauferei", stellte er fest. „Da vorne." Der Ravenclaw beschleunigte seine Schritte zu dem Getöse hin, um das sich schon ein kleiner Auflauf gebildet hatte. Snape versuchte mühsam, mit ihm Schritt zu halten, während die Schüler vor ihnen zur Seite gingen und den Blick auf zwei sich am Boden wälzende Gestalten freigaben. Einige besonders übermütige Zuschauer feuerten die beiden sogar an. Kingsley zückte kurzerhand seinen Zauberstab, und mit einem kurzen Schwenker desselben waren die beiden getrennt und fanden sich keuchend auf dem Boden sitzend wieder. Snape erkannte die Kampfhähne als Slytherins und verengte die Augen.

„Fünf Punkte von Gryffindor für das Anfeuern", sagte er mit seidiger Stimme und fixierte die vorlauten Schüler mit einem Blick, der diese zum Verstummen brachte. „Und weitere fünf von Ravenclaw für dasselbe Vergehen." Den entrüsteten Blick Kingsleys ignorierte er.

„Stehen Sie auf und kommen Sie mit", zischte er, verärgert darüber, dass sich seine Schüler hier balgten wie die Gossenjungen. Die beiden Delinquenten warfen einander giftige Blicke zu und folgten ihrem Hauslehrer, der sie kurzerhand in das nächste leere Klassenzimmer wies.

„So", sagte Snape, nachdem er die beiden angewiesen hatte, die Tür zu schließen und zum nächsten Tisch gehumpelt war, um sich anzulehnen. „Was sollte das werden, meine Herren?"

Die beiden standen mit noch immer kampfeslustig vorgebeugten Oberkörpern vor ihm, und Snape fiel es schwer, einen angemessen strengen Gesichtsausdruck an den Tag zu legen. Er hatte sofort die Ursache für den Streit erkannt – schon in dem Moment, als Kingsley die beiden getrennt hatte. Des einen Eltern waren Todesser und nun in Askaban, während der andere einer politisch liberal denkenden Familie entstammte. Er seufzte innerlich. Es würde Generationen brauchen, bis manche Wunden verheilt sein würden.

„Verschwenden Sie Ihre überschüssigen Energien das nächste Mal an die anderen Häuser", sagte er. „Und jetzt gehen Sie essen."

Die beiden Schüler leisteten der Aufforderung anstandslos und ohne weitere Regung Folge, und Snape wartete, bis sie zur Tür hinaus waren. Als er selbst hinter ihnen das Klassenzimmer verließ, wartete Kingsley vor der Tür auf ihn.

„Und?" fragte dieser mit hochgezogener Augenbraue und schloss die Tür zum Klassenzimmer.

„Eine Situation, die zu erwarten war", antwortete der Tränkemeister. „Der eine ist der Sohn eines verurteilten Todessers..."

„...an dem nun Rache geübt wird", stellte Kingsley fest.

„Albus hatte recht", seufzte der Slytherin. „Dieses Problem wird sich nicht so schnell lösen lassen."

Kingsley nickte als sie sich zum Gehen wandten. „Ich befürchte sogar, dass es überhaupt nicht zu lösen ist – zumindest nicht, solange die Wunden noch bluten. In meiner ersten Stunde heute hatte ich eine ähnliche Situation zwischen zwei Slytherin-Schülerinnen."

„Das werden wohl keine Einzelfälle bleiben", sagte Snape, während sie langsam den Korridor entlang gingen, wo sie nur mehr einige vereinzelte Nachzügler auf ihrem Weg zum Mittagessen überholten. Die Situation um sein Haus und seine eigene Machtlosigkeit schmerzten ihn innerlich.

„Soweit ich mich an meine eigene Schulzeit erinnern kann, waren es besonders die Slytherins, die zusammenhielten."

Ein Mundwinkel des Slytherin kräuselte sich in ein sarkastisches Lächeln. „Was eine Notwendigkeit hier an der Schule zu sein scheint. Immerhin gibt es drei andere Häuser, die Slytherins als ihre Feinde betrachten."

„Ein Umstand, dem Slytherin seit jeher wohl auch nicht gerade diplomatisch begegnet ist, nicht wahr?" bemerkte Kingsley mit einem Lächeln auf den Lippen. „Wie auch immer, dieser Zusammenhalt scheint ernsthaft gestört zu sein."

Du sprichst ein wahres Wort gelassen aus, dachte Snape und nickte. „Gerade jetzt, wo ebendiese Einigkeit so besonders wichtig wäre", seufzte er.

„Nun, du bist ihr Hauslehrer – kannst du da nicht einschreiten?"

Snape stieß ein bitteres Lachen aus. „Du stellst dir die Sache leider ein wenig zu blauäugig vor, Kingsley. Wenn man seitens seines Elternhauses in eine gewisse Richtung erzogen wurde, kann man sich nicht so einfach von all dem lösen. Zu den schmerzlichen Erkenntnissen kommt man erst später – glaub mir, ich spreche aus Erfahrung."

Kingsley bedachte den Tränkemeister mit einem nachdenklichen Seitenblick, während dieser die Lippen zusammenpresste und die Steinplatten fixierte, die langsam unter seinen unregelmäßigen Schritten vorbeizogen.

Snape seufzte. „Sie würden sich wohl nicht einmal von mir etwas sagen lassen. Ganz im Gegenteil – ich nehme an, dass die Schüler aus Todesserfamilien ihre Umwelt dafür verantwortlich machen, dass sie ihre Eltern verloren haben. Die Frage nach Tätern und Opfern ist hier ein wenig ambivalent", fügte er leise hinzu. Jetzt einmal völlig losgelöst von der Tatsache, daß man als Ex-Todesser ohnehin einen schweren Stand in ihrer Gunst haben dürfte, dachte er, während sie die Große Halle betraten, in der schon die allgemeine Nahrungsaufnahme das Geschehen beherrschte.

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Vielen Dank für eure lieben Kommentare! Ich muß ja gestehen, daß ich immer ganz aus dem Häuschen bin, wenn mir der nette Bot von FFnet sagt, daß ich ein neues Review gekriegt hab.:o)

Allerdings habe ich erfahren, daß FFnet irgendwie nicht so begeistert von den individuellen Review-Antworten sein dürfte, und somit muß ich die leider ein bisserl „verknappen" (ganz weglassen möchte ich sie nicht, denn zumindest bedanken möchte ich mich auf jeden Fall bei all den lieben Menschen, die den Review-Button drücken und mir ein paar Worte schenken). Ich hoffe, das ist akzeptabel für euch!

lilith11: Ja, die lieben Kinderlein sind ja nun hoffentlich soweit „rehabilitiert", hehe. Danke für deine Hilfe mit dem vermaledeiten Dialog, gell! (umarm)

Kkrml: (lach) Dankeschön!

Mariacharly: Ah, ich hab mich eh schon an den neuen Namen gewöhnt, hehe. Vielen Dank für ein wieder einmal wunderbares Review!

Malina: hehe, danke auch dir!

Mirija: Dankeschön, ich freu mich, daß es dir gefallen hat!

Katharina-B: Ja, das mit dem Author Alert, das is ja eh nur halb so wild, hehe. ;-) Dankeschön!

leynia: Severus scherzt doch nicht, der is todernst! ;-) Danke dir vielmals!

Honigdrache: hihi... Dankeschön für Review und Krokusse! ;-)

Morla: ahja, keine Sorge – Severus wird sich schon einfinden. Danke auch dir!

Ermione: Vielen Dank für ein weiteres liebes Review! Zu der Kingsley-Sache: im Grunde genommen hast du recht. Ich bin einfach von Kingsleys menschenfreundlicher Persönlichkeit ausgegangen, die sich auch im Unterricht widerspiegeln dürfte. Dennoch ist das sicherlich eine Passage, über die man diskutieren kann.

Persephone Lupin: Ich hab direkt ein schlechtes Gewissen, wenn ich jetzt zugeben muß, daß ich es irgendwie genossen habe, diese „Zusammenstoß-Szene" zu schreiben – eben weil's ein bisserl skurril gewirkt hat, wenn er sich zuerst „lautlos" macht und dann rennt er in eine Schülerin rein, weil sie ihn nicht hört ;-). Dankeschön!

Karin: Vielen lieben Dank auch dir!

Ginny: Soviel des Lobes macht mich noch immer verlegen – dankeschön! (reknuddel)