Tortuga
Als würde der Himmel seine Schleusen öffnen, kamen Sturzbäche von oben, als Heather und Elliott das Schiff verließen.
Nach der guten Bezahlung ließ es sich der Kapitän nicht nehmen, einen Träger für die beiden Taschen zu stellen.
Heather mußte dieses Angebot leider ablehnen, denn sie hatte keine Ahnung, wo sich ihre Freundin auf dieser gottverlassenen Insel befand.
Mitten im strömenden Regen, der Elliott und Heather sofort bis auf die Haut durchnäßt hatte, machten sie sich auf den Weg durch die Stadt in der es von zwielichtigen Gestalten nur so wimmelte.
In einem Gasthaus stellten sie sich kurz unter.
Schon als die beiden eintraten entstand eine peinlich Stille in der jeder die beiden Neuankömmlinge anstarrte.
Ohne auf die Menschen zu achten bahnte sich Heather den Weg zur Theke und zog Elliott mit sich.
Beim Wirt bestellte sie zwei Bier und erst nachdem sie einen in einem Zug geleert hatte, kehrte wieder der normale Trubel ein. Sie hatte ihre Position behauptet und die anderen Trunkenbolde würden ihr keinen Ärger machen.
„Kennen sie Luna Sparrow?" schrie sie den Wirt an, denn bei dem Lärm, der um sie herum herrschte verstand man nicht einmal sein eigenes Wort.
„Häh?" fragte er zurück und legte unterstützend seine Hand hinter das Ohr.
„Luna Sparrow? Wo finde ich sie?" schrie sie noch einmal.
„Ach die. Da geht ihr den Weg wieder zurück und biegt an der ersten Weggablung nach links ab. Ihr könnt es nicht verfehlen. Es ist das einzige Haus auf dieser Straße!" schrie der Wirt nun zurück.
Elliott, der still neben ihr saß, war von diesen Leuten eingeschüchtert worden, denn hier und da prügelten sich einige, wobei es manchmal auch Verletzte und sogar Tote gab.
„Laß uns gehen!" sagte Heather noch bevor Elliott ausgetrunken hatte.
Sie warf dem Wirt ein Silberstück zu und kämpfte sich wieder durch die Menschenmassen.
Gerade als sie an der Tür angelangt war, merkte sie, daß Elliott von zwei riesigen Typen aufgehalten wurde. Er versuchte vorbeizukommen, doch sie stellten sich ihm immer in den Weg.
Aus Unachtsamkeit wurde Elliott von hinten angestoßen und prallte gegen einen der beiden Kerle. Sie schienen nur darauf gewartet zu haben, denn sofort bekam Elliott einen Kinnhaken ab, der ihn nach hinten taumeln ließ.
Heather ließ sofort ihre Tasche fallen und kämpfte sich zum dritten Mal durch das Gedränge.
Sie tippte dem einen Kerl auf die Schulter und schlug, als er sich zu ihr umdrehte, ihm mit ihrer Faust mitten auf die Nase.
Ihre rechte Hand schmerzte danach furchtbar, doch noch immer wurde Elliott von dem anderen verprügelt. Heather stieg auf einen Tisch, nahm sich einen Krug der dort stand und zerschmetterte ihn auf dem Kopf des anderen.
Dann zog sie Elliott, der aus der Nase blutete, hinter sich her.
Sie schnappte sich ihre Tasche und ließ ihn erst vor der Schenke wieder los.
„Leg dich nie mit diesen Typen an!" herrschte sie ihn an und tupfte vorsichtig das Blut von seiner Nase mit einem Tuch ab.
„Aber ich habe doch gar nicht angefangen", beschwerte sich Elliott.
„Das nicht, aber man sollte sich nie mit Piraten anlegen. Vor allem nicht mit denen. Die gehören zu Death Jack Lang."
„Woher hast du das jetzt gewußt?" fragte er verwirrt.
„Hast du ihre Unterarme gesehen? Wohl nicht, doch sie hatten beide das eingebrannte „P" für Pirat und gleichzeitig ein „D" auf dem anderen Arm. Das ist das Zeichen von Death Jack. Halt dich am besten von ihnen fern", sagte sie und schnappte sich ihre Tasche mit der heilen Hand.
Elliott kam kaum hinter ihr her, als sie den geschützten Ort verließen, um sich wieder Wind und Wetter auszusetzen.
„Woher kennst du Luna Sparrow eigentlich? War ihr Vater nicht Jack Sparrow, der Pirat?" fragte Elliott, als sie schon eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren.
„Ist."
„Was?"
„Ihr Vater ist Jack Sparrow. Falls er noch lebt, doch vor drei Jahren tat er das noch."
„Woher kennst du sie?"
„Ich habe ihr in Port Royal einmal das Leben gerettet und nun schuldet sie mir etwas."
„Du meinst, nur weil du ihr das Leben gerettet hast wird sie dir, nach drei Jahren in denen ihr euch nicht gesehen habt, mit einem Schiff und einer Crew aushelfen?" fragte er ungläubig.
„Hmm, ja."
Sie schulterte ihre Tasche, hob ihren völlig nassen Rock etwas an, um besser gehen zu können, und legte einen schnelleren Schritt zu.
„Wir sollten vor Einbruch der Dunkelheit bei ihr sein. Tortuga kann zu dieser Zeit ziemlich ungemütlich werden."
Sie konnte nichts mehr sagen, denn in der beginnenden Dunkelheit sah sie plötzlich ein altes Backsteinhaus, auf das sie trotz des nassen Kleides schnell zu lief. Sie hämmerte gegen die Holztür und wartete.
Drinnen schien sich nichts zu bewegen. Auch Licht war keines zu sehen, doch so leicht ließ sich Heather nicht abschrecken.
Sie klopfte noch einmal, doch wieder rührte sich nichts.
Elliott wollte sie gerade bitten wieder mit ihm in die Stadt zu kommen, doch noch bevor er ein Wort herausgebracht hatte, griff sie nach der Klinke und lautlos schwang die schwere Tür auf.
Im Haus war es stockdunkel, doch unbeirrbar ging Heather langsam hinein. Fluchend stieß sie gegen einen niedrigen Tisch oder eine Kommode.
Elliott konnte kaum die eigene Hand vor Augen sehen, ging ihr jedoch hinterher.
Er tastete sich langsam an der Wand entlang, um nicht wie Heather gegen den Tisch zu stoßen, als er plötzlich Heather aufschreien hörte. Sie kämpfte mit jemandem und Elliott wollte ihr helfen, doch er sah nicht wo sie war. Er hörte nur einen keuchenden Atem und dann ein Geräusch, daß sich nach einem zerbrechenden Spiegel anhörte. Elliott lief von der Wand weg, stolperte jedoch über etwas und lag nun auf dem Boden. Gerade als er sich wieder hochraffen wollte, wurde es mit einem Schlag hell.
In einer Ecke stand eine junge Frau und hatte gerade eine Lampe angezündet.
Heather kniete über einem älteren Mann, der sich die Beule an seinem Kopf rieb, an dem Heather soeben einen Handspiegel zerbrochen hatte.
Jetzt sah sie die junge Frau, sprang auf und lief auf sie zu.
„Luna!" rief sie und sie fielen sich in die Arme.
„Heather, mein Gott. Wie lange ist das jetzt her?" fragte Luna und gemeinsam kamen sie aus der Ecke heraus.
„Zu lange."
Elliott war in der Zwischenzeit aufgestanden und auf die beiden zugekommen. „Ach Luna, darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Luna, das ist Elliott. Elliott, das ist Luna Sparrow. Tochter des berühmten Käptn Jack Sparrow...", sie brach ab.
„Oh mein Gott, Käptn Sparrow. Ich wußte nicht, daß ihr es seid..."
Sie lief zu Lunas Vater, um ihm aufzuhelfen.„Es tut mir furchtbar Leid, daß wir so einfach hier hineingeplatzt sind."
Jack gab nur ein Stöhnen von sich und rieb sich immer noch die Beule. Aus der Wunde lief ihm eine dünner Blutfaden über die Stirn.
Er nuschelte irgend etwas in seinen Bart und verschwand ohne ein weiteres Wort.
Heather sah ihm nach und verzog das Gesicht.
„Jetzt ist er wohl böse auf mich?" fragte sie Luna, doch die schien das nicht zu stören.
„Was führt dich zu mir?" fragte Luna Heather und brachte somit die Sache auf den Punkt.
„Ich...wir..."
„Nein, warte. Wo bleiben meine Manieren. Ich bin unhöflicher Mensch. Ihr solltet euch erst einmal umziehen und etwas warmes essen. Dann redet es sich viel besser, als mit nassen Sachen und einem knurrenden Magen."
Nachdem Heather und Elliott von Luna trockene Anziehsachen bekommen hatten, saßen die drei in der Küche an einem prasselnden Feuer und aßen eine warme Suppe. Auch Anamaria, Lunas Mutter, setzte sich, als sie allen aufgetan hatte, zu den dreien. Von Jack Sparrow war zu dieser Zeit noch nichts zu sehen.
„Also, was führt euch zu mir? Soll ich meine Schuld begleichen?" fragte Luna schließlich.
„Ja, ich habe eine Rechnung mit Dark Brown zu begleichen!" sagte Heather.
„Das ist ein ziemlich großer Brocken. Wie kann ich dir helfen?" fragte Luna.
„Ich brauche ein Schiff und eine Crew, die bereit ist ihr Leben zu lassen."
„Da bist du hier in Tortuga genau an der richtigen Adresse. Wir werden uns morgen darum kümmern."
Luna bemerkte den mißbilligenden Blick ihrer Mutter, ging jedoch nicht weiter darauf ein.
„Braucht ihr ein großes Schiff?" fragte Luna ihre Freundin.
„Eine Brigg oder ein Schoner würde uns schon reichen. Wir müssen schnell sein, um ihn einzuholen, doch wir müssen auch genug Kanonen haben, um uns mit ihm anzulegen", erklärte Heather ihrer Freundin ihren Wunsch.
„Wir werden sehen, was wir besorgen können! Aber jetzt sollten wir schlafen gehen, damit wir morgen früh ausgeschlafen sind!" sagte sie und zeigte den beiden ihre Betten.
Elliott schlief in einem kleinen Abstellraum, wohingegen Heather mit bei Luna schlief. Als Luna das Licht gelöscht hatte war es kurze Zeit ruhig, bevor Heather zu sprechen begann.
„Werden dir deine Eltern erlauben mitzusegeln?" fragte sie ihre Freundin.
„Hmm, genaugenommen weiß ich das gar nicht. Ich denke nicht. Hast du den Blick meiner Mutter gesehen?"
„Ja, also werden wir uns dann aus dem Haus stehlen müssen?" fragte Heather.
„Ich bin erwachsen. Sie haben mir nichts mehr zu bestimmen", sagte Luna bestimmt.
„Also werden wir uns wegschleichen müssen!" hakte Heather nach.
„Ja!" gab Luna lachend zu.
Nach einiger Zeit der Stille fragte Luna: „Wie ist es dir so ergangen? Wenn ich Elliott ansehe, dann meine ich doch ganz gut, oder?"
„Nein, Elliott ist nur mein bester Freund und nichts weiter. Ich habe ihn kennengelernt kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten. Er war Dienstbote im Haus des zukünftigen Gouverneurs und mußte eine Nachricht bei einem Schmied abgeben. Ich arbeitete zu dieser Zeit dort. Ich mußte saubermachen und so. Naja, irgendwie liefen wir uns immer wieder über den Weg, obwohl das nicht beabsichtigt war."
„Also ist er noch zu haben?" fragte Luna und lachte.
„Darauf würde ich nicht vertrauen. Er hat schon so einige Frauenherzen gebrochen."
„Kennst du eigentlich noch unser Lied?" fragte Luna plötzlich.
„Aber natürlich! Wie könnte ich das vergessen."
„Wir klauen Juwelen und plündern aus Spaß. Trinkt aus Piraten Yo ho!"
„Wir morden, entführen im ganzen Land. Trinkt aus Piraten Yo ho!"
„Wir sind schlimme Schurken, teuflisch gemein. Trinkt aus Piraten Yo ho! Yo ho, Trinkt aus Piraten yo ho!"
Sie lachten, als sie das Lied beendet hatten und kuschelten sich noch mehr in die Kissen ein. In dieser Nacht träumten beide von einem aufregenden Piratenleben auf den sieben Weltmeeren.
Am nächsten Morgen war das Wetter wieder wunderschön. Als die beiden Mädchen endlich aufstanden, stand die Sonne schon hoch am Himmel und hatte alle Regenwolken verdrängt.
Elliott war, wie er sagte, schon lange wach, doch Heather glaubte ihm nicht, denn er war schon immer ein Langschläfer gewesen und bestimmt nur realitv kurz vor ihnen aufgestanden. Anamaria hatte ihm in der Küche etwas zu essen gemacht, war dann aber, als die Mädchen erschienen, verschwunden.
Gemeinsam machten sie das Frühstück und legten den Plan für den Nachmittag fest.
Natürlich durften sie nicht so laut sprechen, so dass Anamaria und Jack nichts mitbekamen.
„Die Black Pearl habt ihr nicht zufällig noch irgendwo im Garten versteckt?" fragte Elliott.
„Nein, aber wenn wir es nach dem Plan machen, werden wir bald stolze Besitzer eines Zweimasters sein", antwortete Luna.
„Du meinst, daß es klappt, wenn du die Mannschaft suchst und wir ein Schiff kapern?" fragte Heather.
„Aber natürlich. Die „Doorway to hell" ist eine Brigg, die für unser Vorhaben am besten geeignet ist. Sie ist klein, aber sehr schnell. Sie kann es fast mit der Interceptor II aufnehmen."
„Wem gehört sie?" fragte Heather.
„Einem alten, kauzigen Pirat. Er läßt sich unten in der Schenke am Hafen immer vollaufen und ist dann für die nächsten paar Tage nicht mehr ansprechbar."
„Ist das Schiff denn auch seetüchtig?" fragte nun Elliott.
„Das werden wir wohl dann erst herausfinden!" meinte Luna gutgelaunt.
Gemeinsam verließen sie das Haus um die Mittagszeit, obwohl die Sonne unbarmherzig auf die drei niederschien.
Sie trennten sich an der Weggabelung, da Elliott und Heather das Schiff betrachten wollten und Luna eine Crew suchen mußte.
„Was hältst du von ihr?" fragte Heather Elliott, als sie ohne Luna weitergingen.
„Sie ist nett", sagte er nach einer langen Pause.
„Nett?" fragte Heather. „Einfach nur nett? Sie ist einfach wunderbar. Ohne an sich zu denken hilft sie uns einfach."
„Wahrscheinlich will sie mal wieder aus diesem gottverlassenen Nest heraus. Ich kann ihr das nicht verdenken", erwiderte Elliott und klopfte sich den Staub von seiner Hose.
Seine Sachen waren über Nacht getrocknet, doch Heathers Kleid war trotz des Feuers immer noch naß. Deshalb trug sie ein altes Kleid von Luna, das diese sowieso nicht mehr anziehen wollte.
Sie hatte sich, obwohl sie eine junge Frau war, dazu entschlossen Hosen zu tragen und hier in Tortuga fiel das keinem auf.
Heather und Elliott näherten sich langsam der „Doorway to hell".
Sie lag friedlich im Hafen und machte einen ganz guten Eindruck. Sie war frisch gestrichen worden und womöglich überdeckte die neue Farbe die Macken des alten Kahns, doch für ihren Zweck schien er noch gut genug zu sein.
Heather und Elliott machten sich langsam auf den Weg zu dem verabredeten Treffpunkt mit Luna.
Schon von Weitem sahen sie sie. Luna saß auf einem alten Faß und sah träge in die Sonne. Sie schien sich der Umgebung anzupassen und imitierte die Art der anderen Leute, die hier und dort im Schatten saßen und eine Pfeife rauchten.
„Hast du jemanden gefunden?" fragte Heather Luna, als sie bei ihr waren.
„Ja. Es sind nicht die besten, aber sie können ordentlich zupacken und fürchten den Tod nicht. Doch wir sollten ihnen besser nicht sagen, daß wir hinter Dark Brown her sind. Dann würden sicher die Hälfte gleich ins Meer springen", antwortete Luna.
„Gut, dann können wir jetzt also das Schiff klauen!" freute sich Elliott, wurde von Heather jedoch sofort zum Schweigen gebracht.
„Erstens wollen wir nicht, daß gleich jeder mitbekommt, was wir vorhaben und zweitens heißt es kapern. Man kapert ein Schiff. Was für eine Landratte!"
Sie schüttelte den Kopf und besprach mit Luna alles weitere.
Die neue Crew wartete in der Schenke und wurde bei einigen Bieren bei Laune gehalten.
Als Heather, Luna und Elliott eintraten, wurden sie sofort still.
„Das soll unsere Crew sein?" fragte Heather und ging durch die Tischreihen, um sich die Männer anzusehen.
„Was hast du ihnen erzählt, damit sie mit uns kommen?" fragte Heather Luna leise, als sie wieder neben ihr stand.
„Ich habe ihnen gesagt, daß wir einen Schatz suchen und sie einen Teil der Beute abbekommen. Es war ein guter Trick", flüsterte diese zurück und ging auf einen stämmigen Mann zu.
„Mr. Miller wird unser erster Maat. Er hatte schon auf mehreren spanischen Galeonen und Fleuten als erster Maat gedient, auf denen er viele Erfahrungen gesammelt hatte. Mr. Miller! Halten sie die Männer bereit. Bei Einbruch der Dunkelheit treffen wir uns an der Weggablung", wies sie ihn an und machte sich dann aus dem Staub.
Heather und Elliott liefen hinter ihr.
„Luna!" rief Heather. „Luna, warte doch mal. Was hast du jetzt vor?" fragte sie ihre Freundin.
„Wir holen unsere Sachen und dann geht es los!" rief sie begeistert und machte sich weiter auf den Weg nach Hause.
Die zwanzig Minuten bis zum Haus sagte niemand ein Wort. Luna war zu sehr mit dem Plan das Schiff zu kapern beschäftigt, Heather war es einfach zu warm um sich darüber Gedanken zu machen und Elliott konnte gegen die beiden Mädchen sowieso nicht anreden. Sie hatten einen Plan gefaßt und er half ihnen dabei, um die drohende Gefahr in die sich Heather begab etwas abzuwehren, obwohl er nicht aus einer Piratenfamilie stammte und auch sonst wenig Übung im Kämpfen hatte.
Zu Hause stürmte Luna sofort ins Haus und begann ihre gesamte Habe in eine Tasche zu stopfen.
Als Heather in der Tür erschien warf sie ihr ein paar Anziehsachen hin und meinte, die könne sie behalten.
Heather packte diese Sachen zu den anderen in ihre eigene Tasche.
Als Luna fertig war, durchsuchte sie das ganze Haus, bis sie endlich ihr Entermesser, ihre Muskete und einen Kompaß gefunden hatte.
Heather zog sich nun, wie Luna, auch Hosen an, denn die waren bei dem Kapern des Segelschiffe viel bequemer.
Elliott saß bereits fertig gepackt in der Küche und stopfte sich ein Brot in den Mund, als sich Heather neben ihn setzte.
„Du hättest wenigstens fragen können!" zischte sie. Lange konnte sie ihm jedoch nicht böse sein und biß an seinem Brot kräftig ab.
„Seid ihr dann soweit?" fragte Luna, als sie nach langer Zeit endlich in die Küche kam.
„Wir warten nur noch auf dich", erwiderte Heather.
Zum Glück waren Lunas Eltern zur Zeit nicht im Haus, so daß sich die drei heimlich aus dem Haus stehlen konnten. Luna hatte einen kleinen Zettel für ihre Eltern hingelegt, so dass sich diese keine Gedanken machten brauchten.
Gut gelaunt machten sie sich auf den Weg in Richtung Stadt.
Es wurde bereits dunkel, als sie an die verabredete Stelle kamen, an der schon etwa zehn Männer standen.
Mr. Miller kämpfte sich durch die Männer, als er Luna kommen sah.
„Käptn! Einige Männer sind noch abgesprungen, aber elf sind noch geblieben. Sie sind bereit bis an ihre Grenzen zu gehen."
„Gut", sagte Luna und sah sich die Männer an, „Wir machen also folgendes..."
Sie begann den Männern den Plan zu erklären.
Heather sah sie nur kurz an und redete dann leise mit Elliott, denn sie kannten den Plan schon.
„Jetzt ist sie schon Käptn!" ärgerte sich Heather kurz über Luna, doch Elliott brachte sie zum Schweigen.
„Willst du die Sache in die Hand nehmen? Sie hat sicher schon mehr Erfahrung, mit solchen Sachen."
„Jetzt verteidigst du sie auch noch!" schimpfte Heather, doch als sie merkte, dass es plötzlich still um sie herum geworden war, endete sie abrupt.
„Was glotzt ihr denn so!" herrschte sie die Männer an.
Luna ging nicht weiter darauf ein, sondern begann mit ihrem Plan.
Elliott, Luna, Heather und Mr. Miller verließen die Crew und machten sich auf den Weg zum Landungssteg, an dem die „Doorway to hell" lag.
Es war ruhig. Der Mond glitzerte auf dem dreckigen Hafenwasser verführerisch und nirgends war jemand zu sehen.
Gerade als die vier auf das Schiff gehen wollten, kamen zwei Soldaten der Royal Navy auf sie zugelaufen.
„Halt! Stehen bleiben!" riefen sie und richteten ihre Gewehre auf die vier.
„Gibt es ein Problem?" fragte Heather scheinheilig.
„Was haben sie hier zu suchen?" fragte der eine Soldat unwirsch zurück.
„Wir wollen ein Schiff kapern, damit Dark Brown verfolgen und ihm einen wertvollen Säbel abjagen!" erklärte Luna den beiden ihren Plan.
„Keine miesen Tricks!" schimpfte der eine, doch mehr konnte er nicht mehr sagen.
Wie auf Kommando zogen Luna und Mr. Miller ihre Musketen, wobei Heather sich duckte und dem einen Soldaten gegen das Schienbein trat, so dass er wimmernd zu Boden ging.
Elliott nutzte die Gelegenheit, um dem anderen Soldaten das Gewehr zu entreißen, so dass er nun wehrlos war.
Mr. Miller und Luna hielten die beiden in Schach, während Elliott und Heather auf das Segelschiff stürmten.
Heather rief Luna noch zu, dass sie sich das Schiff zuerst ansehen würde und war schon unter Deck verschwunden.
Heather tastete sich in dem dunklen Gang vorwärts. Elliott war dicht hinter ihr. Alles war ruhig, bis auf ihren Atem war nichts zu hören.
Heather stieg noch weiter in das Innere des Schiffes, um sich die Seetauglichkeit anzusehen.
„Hast du etwas gefunden?" rief Elliott ihr von weiter oben zu, als Heather gerade die letzten paar Stufen herunter sprang und in kaltem Wasser landete.
„Viel zu viel!" rief sie und kletterte schnell die Leiter wieder hinauf.
„Das Schiff ist kaum zu gebrauchen. Ein Wunder, dass es noch nicht abgesoffen ist!" schimpfte sie und machte sich mit Elliott wieder auf den Weg nach draußen.
Luna und Mr. Miller hatten die beiden Soldaten zusammengebunden auf dem Steg gelassen und waren nun an Deck gekommen.
„Was ist?" fragte Luna, als die vier sich an Deck trafen.
„Dieses Schiff ist ein Seelenverkäufer. Wir werden keine Meile weit kommen!" sagte Heather böse und sah Luna an.
„Das Schiff sah gut aus..." sie wurde durch einen Gewehrschuß unterbrochen.
Reflexartig warfen sich die vier auf den Boden und warteten das Nachladen ab.
In dieser kurzen Feuerpause liefen sie gebückt zur Reling und sahen hinüber. Ein Schiff der Royal Navy war unbemerkt auf eine halbe Meile herangekommen und die Soldaten hatten die vier Diebe sofort unter Beschuß genommen.
Jetzt sah Heather auch, warum sie soviel Aufmerksamkeit bekommen hatten. Die beiden gefesselten Soldaten hatten es geschafft sich aufzustellen und sprangen und hüpften wie wild hin und her. Das hatte die Aufmerksamkeit der Royal Navy erregt.
„Was sollen wir bloß tun?" rief Elliott den anderen während des Gefechts zu.
Sie saßen mit dem Rücken zur Reling und luden ihre Musketen. Ohne ein weiteres Wort gab Luna Elliott eine ihrer Musketen.
„Du kannst damit umgehen?" fragte Luna ihn, doch sie erwartete keine Anwort.
Wie auf Kommando drehten sich die vier um und feuerten auf die Soldaten.
„Wir müssen uns etwas ausdenken!" rief Heather Luna zu.
„Locken wir sie herüber!" sagte Luna und lief geduckte zur Landungsbrücke.
Die anderen drei folgten ihr, obwohl sie nicht genau wußten, was sie vorhatte. Die Schaluppe der Royal Navy hatte nun im Hafen angelegt und die Soldaten liefen an Land.
Die angeheuerte Crew von Luna und Heather stand unschlüssig in einiger Entfernung und wußte nicht, was sie tun sollten.
Luna brüllte quer über den Platz, dass sie ihnen helfen sollten, die Soldaten von ihrem Schiff wegzulocken und sofort zogen die Männer ihre Säbel und wehrten die Soldaten, die wie eine Welle heranbrandeten, ab.
Obwohl die Crew in der Unterzahl gewesen war, hatten sie sehr bald die Oberhand in diesem Gefecht gewonnen.
Luna hatte sich schon einen neuen Plan zurecht gelegt und sie hoffte, dass dieser klappen würde.
Gemeinsam mit ihren Freunden kämpfte sie sich zu dem Schiff der Royal Navy vor und versuchte an Deck zu kommen, doch die Soldaten leisteten erbitterten Widerstand.
Luna hatte ihr Entermesser gezogen und wehrte die Hiebe der Soldaten ab. Elliott konnte sich mehr schlecht als recht mit seiner Muskete verteidigen, denn er besaß nur diese Waffe, so daß er sich zwar verteidigen konnte, die Soldaten jedoch nur mit einem gezielten Schlag auf den Kopf oder einen Hieb in den Bauch kampfunfähig machen konnte.
Mr. Miller hatte sein Entermesser Heather gegeben, da diese auch schlecht ausgerüstet war. In der rechten Hand hielt sie ihre Muskete und in der linken Hand das Messer und kämpfte sich hinter Luna die Landungsbrücke hoch.
„Hast du...einen Plan?" rief Heather Luna völlig außer Atem zu.
Sie hatte einen Moment nicht aufgepaßt und wurde durch einen kräftigen Schlag gegen ihr Kinn zu Boden geworfen.
Der Soldat kam ihr immer näher, während sie noch damit beschäftigt war das Blut auszuspucken. Er hob den Degen und wollte gerade zustechen, als er plötzlich schlaff zusammen sank.
Hinter ihm stand Elliott mit seiner Muskete.
„Alles in Ordnung?" fragte er sie besorgt.
„Ja..." nuschelte Heather und stand wieder auf. Sie suchte das Messer und ihre Muskete, die sie bei ihrem Fall losgelassen hatte. In der Nähe von Luna lagen die beiden auf dem Boden.
„Wie war die Antwort?" fragte Heather Luna, die einen Soldaten nach dem anderen ausschaltete.
„Ein Plan? Wir nehmen einfach dieses Schiff. Es ist schon fertig zum Auslaufen. Wir brauchen nur noch lossegeln!" rief Luna gutgelaunt.
Heather schüttelte den Kopf, rief jedoch die Crew an Deck, als kein Soldat der Royal Navy mehr auf der Schaluppe war.
Als würde der Himmel seine Schleusen öffnen, kamen Sturzbäche von oben, als Heather und Elliott das Schiff verließen.
Nach der guten Bezahlung ließ es sich der Kapitän nicht nehmen, einen Träger für die beiden Taschen zu stellen.
Heather mußte dieses Angebot leider ablehnen, denn sie hatte keine Ahnung, wo sich ihre Freundin auf dieser gottverlassenen Insel befand.
Mitten im strömenden Regen, der Elliott und Heather sofort bis auf die Haut durchnäßt hatte, machten sie sich auf den Weg durch die Stadt in der es von zwielichtigen Gestalten nur so wimmelte.
In einem Gasthaus stellten sie sich kurz unter.
Schon als die beiden eintraten entstand eine peinlich Stille in der jeder die beiden Neuankömmlinge anstarrte.
Ohne auf die Menschen zu achten bahnte sich Heather den Weg zur Theke und zog Elliott mit sich.
Beim Wirt bestellte sie zwei Bier und erst nachdem sie einen in einem Zug geleert hatte, kehrte wieder der normale Trubel ein. Sie hatte ihre Position behauptet und die anderen Trunkenbolde würden ihr keinen Ärger machen.
„Kennen sie Luna Sparrow?" schrie sie den Wirt an, denn bei dem Lärm, der um sie herum herrschte verstand man nicht einmal sein eigenes Wort.
„Häh?" fragte er zurück und legte unterstützend seine Hand hinter das Ohr.
„Luna Sparrow? Wo finde ich sie?" schrie sie noch einmal.
„Ach die. Da geht ihr den Weg wieder zurück und biegt an der ersten Weggablung nach links ab. Ihr könnt es nicht verfehlen. Es ist das einzige Haus auf dieser Straße!" schrie der Wirt nun zurück.
Elliott, der still neben ihr saß, war von diesen Leuten eingeschüchtert worden, denn hier und da prügelten sich einige, wobei es manchmal auch Verletzte und sogar Tote gab.
„Laß uns gehen!" sagte Heather noch bevor Elliott ausgetrunken hatte.
Sie warf dem Wirt ein Silberstück zu und kämpfte sich wieder durch die Menschenmassen.
Gerade als sie an der Tür angelangt war, merkte sie, daß Elliott von zwei riesigen Typen aufgehalten wurde. Er versuchte vorbeizukommen, doch sie stellten sich ihm immer in den Weg.
Aus Unachtsamkeit wurde Elliott von hinten angestoßen und prallte gegen einen der beiden Kerle. Sie schienen nur darauf gewartet zu haben, denn sofort bekam Elliott einen Kinnhaken ab, der ihn nach hinten taumeln ließ.
Heather ließ sofort ihre Tasche fallen und kämpfte sich zum dritten Mal durch das Gedränge.
Sie tippte dem einen Kerl auf die Schulter und schlug, als er sich zu ihr umdrehte, ihm mit ihrer Faust mitten auf die Nase.
Ihre rechte Hand schmerzte danach furchtbar, doch noch immer wurde Elliott von dem anderen verprügelt. Heather stieg auf einen Tisch, nahm sich einen Krug der dort stand und zerschmetterte ihn auf dem Kopf des anderen.
Dann zog sie Elliott, der aus der Nase blutete, hinter sich her.
Sie schnappte sich ihre Tasche und ließ ihn erst vor der Schenke wieder los.
„Leg dich nie mit diesen Typen an!" herrschte sie ihn an und tupfte vorsichtig das Blut von seiner Nase mit einem Tuch ab.
„Aber ich habe doch gar nicht angefangen", beschwerte sich Elliott.
„Das nicht, aber man sollte sich nie mit Piraten anlegen. Vor allem nicht mit denen. Die gehören zu Death Jack Lang."
„Woher hast du das jetzt gewußt?" fragte er verwirrt.
„Hast du ihre Unterarme gesehen? Wohl nicht, doch sie hatten beide das eingebrannte „P" für Pirat und gleichzeitig ein „D" auf dem anderen Arm. Das ist das Zeichen von Death Jack. Halt dich am besten von ihnen fern", sagte sie und schnappte sich ihre Tasche mit der heilen Hand.
Elliott kam kaum hinter ihr her, als sie den geschützten Ort verließen, um sich wieder Wind und Wetter auszusetzen.
„Woher kennst du Luna Sparrow eigentlich? War ihr Vater nicht Jack Sparrow, der Pirat?" fragte Elliott, als sie schon eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren.
„Ist."
„Was?"
„Ihr Vater ist Jack Sparrow. Falls er noch lebt, doch vor drei Jahren tat er das noch."
„Woher kennst du sie?"
„Ich habe ihr in Port Royal einmal das Leben gerettet und nun schuldet sie mir etwas."
„Du meinst, nur weil du ihr das Leben gerettet hast wird sie dir, nach drei Jahren in denen ihr euch nicht gesehen habt, mit einem Schiff und einer Crew aushelfen?" fragte er ungläubig.
„Hmm, ja."
Sie schulterte ihre Tasche, hob ihren völlig nassen Rock etwas an, um besser gehen zu können, und legte einen schnelleren Schritt zu.
„Wir sollten vor Einbruch der Dunkelheit bei ihr sein. Tortuga kann zu dieser Zeit ziemlich ungemütlich werden."
Sie konnte nichts mehr sagen, denn in der beginnenden Dunkelheit sah sie plötzlich ein altes Backsteinhaus, auf das sie trotz des nassen Kleides schnell zu lief. Sie hämmerte gegen die Holztür und wartete.
Drinnen schien sich nichts zu bewegen. Auch Licht war keines zu sehen, doch so leicht ließ sich Heather nicht abschrecken.
Sie klopfte noch einmal, doch wieder rührte sich nichts.
Elliott wollte sie gerade bitten wieder mit ihm in die Stadt zu kommen, doch noch bevor er ein Wort herausgebracht hatte, griff sie nach der Klinke und lautlos schwang die schwere Tür auf.
Im Haus war es stockdunkel, doch unbeirrbar ging Heather langsam hinein. Fluchend stieß sie gegen einen niedrigen Tisch oder eine Kommode.
Elliott konnte kaum die eigene Hand vor Augen sehen, ging ihr jedoch hinterher.
Er tastete sich langsam an der Wand entlang, um nicht wie Heather gegen den Tisch zu stoßen, als er plötzlich Heather aufschreien hörte. Sie kämpfte mit jemandem und Elliott wollte ihr helfen, doch er sah nicht wo sie war. Er hörte nur einen keuchenden Atem und dann ein Geräusch, daß sich nach einem zerbrechenden Spiegel anhörte. Elliott lief von der Wand weg, stolperte jedoch über etwas und lag nun auf dem Boden. Gerade als er sich wieder hochraffen wollte, wurde es mit einem Schlag hell.
In einer Ecke stand eine junge Frau und hatte gerade eine Lampe angezündet.
Heather kniete über einem älteren Mann, der sich die Beule an seinem Kopf rieb, an dem Heather soeben einen Handspiegel zerbrochen hatte.
Jetzt sah sie die junge Frau, sprang auf und lief auf sie zu.
„Luna!" rief sie und sie fielen sich in die Arme.
„Heather, mein Gott. Wie lange ist das jetzt her?" fragte Luna und gemeinsam kamen sie aus der Ecke heraus.
„Zu lange."
Elliott war in der Zwischenzeit aufgestanden und auf die beiden zugekommen. „Ach Luna, darf ich dir meinen besten Freund vorstellen? Luna, das ist Elliott. Elliott, das ist Luna Sparrow. Tochter des berühmten Käptn Jack Sparrow...", sie brach ab.
„Oh mein Gott, Käptn Sparrow. Ich wußte nicht, daß ihr es seid..."
Sie lief zu Lunas Vater, um ihm aufzuhelfen.„Es tut mir furchtbar Leid, daß wir so einfach hier hineingeplatzt sind."
Jack gab nur ein Stöhnen von sich und rieb sich immer noch die Beule. Aus der Wunde lief ihm eine dünner Blutfaden über die Stirn.
Er nuschelte irgend etwas in seinen Bart und verschwand ohne ein weiteres Wort.
Heather sah ihm nach und verzog das Gesicht.
„Jetzt ist er wohl böse auf mich?" fragte sie Luna, doch die schien das nicht zu stören.
„Was führt dich zu mir?" fragte Luna Heather und brachte somit die Sache auf den Punkt.
„Ich...wir..."
„Nein, warte. Wo bleiben meine Manieren. Ich bin unhöflicher Mensch. Ihr solltet euch erst einmal umziehen und etwas warmes essen. Dann redet es sich viel besser, als mit nassen Sachen und einem knurrenden Magen."
Nachdem Heather und Elliott von Luna trockene Anziehsachen bekommen hatten, saßen die drei in der Küche an einem prasselnden Feuer und aßen eine warme Suppe. Auch Anamaria, Lunas Mutter, setzte sich, als sie allen aufgetan hatte, zu den dreien. Von Jack Sparrow war zu dieser Zeit noch nichts zu sehen.
„Also, was führt euch zu mir? Soll ich meine Schuld begleichen?" fragte Luna schließlich.
„Ja, ich habe eine Rechnung mit Dark Brown zu begleichen!" sagte Heather.
„Das ist ein ziemlich großer Brocken. Wie kann ich dir helfen?" fragte Luna.
„Ich brauche ein Schiff und eine Crew, die bereit ist ihr Leben zu lassen."
„Da bist du hier in Tortuga genau an der richtigen Adresse. Wir werden uns morgen darum kümmern."
Luna bemerkte den mißbilligenden Blick ihrer Mutter, ging jedoch nicht weiter darauf ein.
„Braucht ihr ein großes Schiff?" fragte Luna ihre Freundin.
„Eine Brigg oder ein Schoner würde uns schon reichen. Wir müssen schnell sein, um ihn einzuholen, doch wir müssen auch genug Kanonen haben, um uns mit ihm anzulegen", erklärte Heather ihrer Freundin ihren Wunsch.
„Wir werden sehen, was wir besorgen können! Aber jetzt sollten wir schlafen gehen, damit wir morgen früh ausgeschlafen sind!" sagte sie und zeigte den beiden ihre Betten.
Elliott schlief in einem kleinen Abstellraum, wohingegen Heather mit bei Luna schlief. Als Luna das Licht gelöscht hatte war es kurze Zeit ruhig, bevor Heather zu sprechen begann.
„Werden dir deine Eltern erlauben mitzusegeln?" fragte sie ihre Freundin.
„Hmm, genaugenommen weiß ich das gar nicht. Ich denke nicht. Hast du den Blick meiner Mutter gesehen?"
„Ja, also werden wir uns dann aus dem Haus stehlen müssen?" fragte Heather.
„Ich bin erwachsen. Sie haben mir nichts mehr zu bestimmen", sagte Luna bestimmt.
„Also werden wir uns wegschleichen müssen!" hakte Heather nach.
„Ja!" gab Luna lachend zu.
Nach einiger Zeit der Stille fragte Luna: „Wie ist es dir so ergangen? Wenn ich Elliott ansehe, dann meine ich doch ganz gut, oder?"
„Nein, Elliott ist nur mein bester Freund und nichts weiter. Ich habe ihn kennengelernt kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten. Er war Dienstbote im Haus des zukünftigen Gouverneurs und mußte eine Nachricht bei einem Schmied abgeben. Ich arbeitete zu dieser Zeit dort. Ich mußte saubermachen und so. Naja, irgendwie liefen wir uns immer wieder über den Weg, obwohl das nicht beabsichtigt war."
„Also ist er noch zu haben?" fragte Luna und lachte.
„Darauf würde ich nicht vertrauen. Er hat schon so einige Frauenherzen gebrochen."
„Kennst du eigentlich noch unser Lied?" fragte Luna plötzlich.
„Aber natürlich! Wie könnte ich das vergessen."
„Wir klauen Juwelen und plündern aus Spaß. Trinkt aus Piraten Yo ho!"
„Wir morden, entführen im ganzen Land. Trinkt aus Piraten Yo ho!"
„Wir sind schlimme Schurken, teuflisch gemein. Trinkt aus Piraten Yo ho! Yo ho, Trinkt aus Piraten yo ho!"
Sie lachten, als sie das Lied beendet hatten und kuschelten sich noch mehr in die Kissen ein. In dieser Nacht träumten beide von einem aufregenden Piratenleben auf den sieben Weltmeeren.
Am nächsten Morgen war das Wetter wieder wunderschön. Als die beiden Mädchen endlich aufstanden, stand die Sonne schon hoch am Himmel und hatte alle Regenwolken verdrängt.
Elliott war, wie er sagte, schon lange wach, doch Heather glaubte ihm nicht, denn er war schon immer ein Langschläfer gewesen und bestimmt nur realitv kurz vor ihnen aufgestanden. Anamaria hatte ihm in der Küche etwas zu essen gemacht, war dann aber, als die Mädchen erschienen, verschwunden.
Gemeinsam machten sie das Frühstück und legten den Plan für den Nachmittag fest.
Natürlich durften sie nicht so laut sprechen, so dass Anamaria und Jack nichts mitbekamen.
„Die Black Pearl habt ihr nicht zufällig noch irgendwo im Garten versteckt?" fragte Elliott.
„Nein, aber wenn wir es nach dem Plan machen, werden wir bald stolze Besitzer eines Zweimasters sein", antwortete Luna.
„Du meinst, daß es klappt, wenn du die Mannschaft suchst und wir ein Schiff kapern?" fragte Heather.
„Aber natürlich. Die „Doorway to hell" ist eine Brigg, die für unser Vorhaben am besten geeignet ist. Sie ist klein, aber sehr schnell. Sie kann es fast mit der Interceptor II aufnehmen."
„Wem gehört sie?" fragte Heather.
„Einem alten, kauzigen Pirat. Er läßt sich unten in der Schenke am Hafen immer vollaufen und ist dann für die nächsten paar Tage nicht mehr ansprechbar."
„Ist das Schiff denn auch seetüchtig?" fragte nun Elliott.
„Das werden wir wohl dann erst herausfinden!" meinte Luna gutgelaunt.
Gemeinsam verließen sie das Haus um die Mittagszeit, obwohl die Sonne unbarmherzig auf die drei niederschien.
Sie trennten sich an der Weggabelung, da Elliott und Heather das Schiff betrachten wollten und Luna eine Crew suchen mußte.
„Was hältst du von ihr?" fragte Heather Elliott, als sie ohne Luna weitergingen.
„Sie ist nett", sagte er nach einer langen Pause.
„Nett?" fragte Heather. „Einfach nur nett? Sie ist einfach wunderbar. Ohne an sich zu denken hilft sie uns einfach."
„Wahrscheinlich will sie mal wieder aus diesem gottverlassenen Nest heraus. Ich kann ihr das nicht verdenken", erwiderte Elliott und klopfte sich den Staub von seiner Hose.
Seine Sachen waren über Nacht getrocknet, doch Heathers Kleid war trotz des Feuers immer noch naß. Deshalb trug sie ein altes Kleid von Luna, das diese sowieso nicht mehr anziehen wollte.
Sie hatte sich, obwohl sie eine junge Frau war, dazu entschlossen Hosen zu tragen und hier in Tortuga fiel das keinem auf.
Heather und Elliott näherten sich langsam der „Doorway to hell".
Sie lag friedlich im Hafen und machte einen ganz guten Eindruck. Sie war frisch gestrichen worden und womöglich überdeckte die neue Farbe die Macken des alten Kahns, doch für ihren Zweck schien er noch gut genug zu sein.
Heather und Elliott machten sich langsam auf den Weg zu dem verabredeten Treffpunkt mit Luna.
Schon von Weitem sahen sie sie. Luna saß auf einem alten Faß und sah träge in die Sonne. Sie schien sich der Umgebung anzupassen und imitierte die Art der anderen Leute, die hier und dort im Schatten saßen und eine Pfeife rauchten.
„Hast du jemanden gefunden?" fragte Heather Luna, als sie bei ihr waren.
„Ja. Es sind nicht die besten, aber sie können ordentlich zupacken und fürchten den Tod nicht. Doch wir sollten ihnen besser nicht sagen, daß wir hinter Dark Brown her sind. Dann würden sicher die Hälfte gleich ins Meer springen", antwortete Luna.
„Gut, dann können wir jetzt also das Schiff klauen!" freute sich Elliott, wurde von Heather jedoch sofort zum Schweigen gebracht.
„Erstens wollen wir nicht, daß gleich jeder mitbekommt, was wir vorhaben und zweitens heißt es kapern. Man kapert ein Schiff. Was für eine Landratte!"
Sie schüttelte den Kopf und besprach mit Luna alles weitere.
Die neue Crew wartete in der Schenke und wurde bei einigen Bieren bei Laune gehalten.
Als Heather, Luna und Elliott eintraten, wurden sie sofort still.
„Das soll unsere Crew sein?" fragte Heather und ging durch die Tischreihen, um sich die Männer anzusehen.
„Was hast du ihnen erzählt, damit sie mit uns kommen?" fragte Heather Luna leise, als sie wieder neben ihr stand.
„Ich habe ihnen gesagt, daß wir einen Schatz suchen und sie einen Teil der Beute abbekommen. Es war ein guter Trick", flüsterte diese zurück und ging auf einen stämmigen Mann zu.
„Mr. Miller wird unser erster Maat. Er hatte schon auf mehreren spanischen Galeonen und Fleuten als erster Maat gedient, auf denen er viele Erfahrungen gesammelt hatte. Mr. Miller! Halten sie die Männer bereit. Bei Einbruch der Dunkelheit treffen wir uns an der Weggablung", wies sie ihn an und machte sich dann aus dem Staub.
Heather und Elliott liefen hinter ihr.
„Luna!" rief Heather. „Luna, warte doch mal. Was hast du jetzt vor?" fragte sie ihre Freundin.
„Wir holen unsere Sachen und dann geht es los!" rief sie begeistert und machte sich weiter auf den Weg nach Hause.
Die zwanzig Minuten bis zum Haus sagte niemand ein Wort. Luna war zu sehr mit dem Plan das Schiff zu kapern beschäftigt, Heather war es einfach zu warm um sich darüber Gedanken zu machen und Elliott konnte gegen die beiden Mädchen sowieso nicht anreden. Sie hatten einen Plan gefaßt und er half ihnen dabei, um die drohende Gefahr in die sich Heather begab etwas abzuwehren, obwohl er nicht aus einer Piratenfamilie stammte und auch sonst wenig Übung im Kämpfen hatte.
Zu Hause stürmte Luna sofort ins Haus und begann ihre gesamte Habe in eine Tasche zu stopfen.
Als Heather in der Tür erschien warf sie ihr ein paar Anziehsachen hin und meinte, die könne sie behalten.
Heather packte diese Sachen zu den anderen in ihre eigene Tasche.
Als Luna fertig war, durchsuchte sie das ganze Haus, bis sie endlich ihr Entermesser, ihre Muskete und einen Kompaß gefunden hatte.
Heather zog sich nun, wie Luna, auch Hosen an, denn die waren bei dem Kapern des Segelschiffe viel bequemer.
Elliott saß bereits fertig gepackt in der Küche und stopfte sich ein Brot in den Mund, als sich Heather neben ihn setzte.
„Du hättest wenigstens fragen können!" zischte sie. Lange konnte sie ihm jedoch nicht böse sein und biß an seinem Brot kräftig ab.
„Seid ihr dann soweit?" fragte Luna, als sie nach langer Zeit endlich in die Küche kam.
„Wir warten nur noch auf dich", erwiderte Heather.
Zum Glück waren Lunas Eltern zur Zeit nicht im Haus, so daß sich die drei heimlich aus dem Haus stehlen konnten. Luna hatte einen kleinen Zettel für ihre Eltern hingelegt, so dass sich diese keine Gedanken machten brauchten.
Gut gelaunt machten sie sich auf den Weg in Richtung Stadt.
Es wurde bereits dunkel, als sie an die verabredete Stelle kamen, an der schon etwa zehn Männer standen.
Mr. Miller kämpfte sich durch die Männer, als er Luna kommen sah.
„Käptn! Einige Männer sind noch abgesprungen, aber elf sind noch geblieben. Sie sind bereit bis an ihre Grenzen zu gehen."
„Gut", sagte Luna und sah sich die Männer an, „Wir machen also folgendes..."
Sie begann den Männern den Plan zu erklären.
Heather sah sie nur kurz an und redete dann leise mit Elliott, denn sie kannten den Plan schon.
„Jetzt ist sie schon Käptn!" ärgerte sich Heather kurz über Luna, doch Elliott brachte sie zum Schweigen.
„Willst du die Sache in die Hand nehmen? Sie hat sicher schon mehr Erfahrung, mit solchen Sachen."
„Jetzt verteidigst du sie auch noch!" schimpfte Heather, doch als sie merkte, dass es plötzlich still um sie herum geworden war, endete sie abrupt.
„Was glotzt ihr denn so!" herrschte sie die Männer an.
Luna ging nicht weiter darauf ein, sondern begann mit ihrem Plan.
Elliott, Luna, Heather und Mr. Miller verließen die Crew und machten sich auf den Weg zum Landungssteg, an dem die „Doorway to hell" lag.
Es war ruhig. Der Mond glitzerte auf dem dreckigen Hafenwasser verführerisch und nirgends war jemand zu sehen.
Gerade als die vier auf das Schiff gehen wollten, kamen zwei Soldaten der Royal Navy auf sie zugelaufen.
„Halt! Stehen bleiben!" riefen sie und richteten ihre Gewehre auf die vier.
„Gibt es ein Problem?" fragte Heather scheinheilig.
„Was haben sie hier zu suchen?" fragte der eine Soldat unwirsch zurück.
„Wir wollen ein Schiff kapern, damit Dark Brown verfolgen und ihm einen wertvollen Säbel abjagen!" erklärte Luna den beiden ihren Plan.
„Keine miesen Tricks!" schimpfte der eine, doch mehr konnte er nicht mehr sagen.
Wie auf Kommando zogen Luna und Mr. Miller ihre Musketen, wobei Heather sich duckte und dem einen Soldaten gegen das Schienbein trat, so dass er wimmernd zu Boden ging.
Elliott nutzte die Gelegenheit, um dem anderen Soldaten das Gewehr zu entreißen, so dass er nun wehrlos war.
Mr. Miller und Luna hielten die beiden in Schach, während Elliott und Heather auf das Segelschiff stürmten.
Heather rief Luna noch zu, dass sie sich das Schiff zuerst ansehen würde und war schon unter Deck verschwunden.
Heather tastete sich in dem dunklen Gang vorwärts. Elliott war dicht hinter ihr. Alles war ruhig, bis auf ihren Atem war nichts zu hören.
Heather stieg noch weiter in das Innere des Schiffes, um sich die Seetauglichkeit anzusehen.
„Hast du etwas gefunden?" rief Elliott ihr von weiter oben zu, als Heather gerade die letzten paar Stufen herunter sprang und in kaltem Wasser landete.
„Viel zu viel!" rief sie und kletterte schnell die Leiter wieder hinauf.
„Das Schiff ist kaum zu gebrauchen. Ein Wunder, dass es noch nicht abgesoffen ist!" schimpfte sie und machte sich mit Elliott wieder auf den Weg nach draußen.
Luna und Mr. Miller hatten die beiden Soldaten zusammengebunden auf dem Steg gelassen und waren nun an Deck gekommen.
„Was ist?" fragte Luna, als die vier sich an Deck trafen.
„Dieses Schiff ist ein Seelenverkäufer. Wir werden keine Meile weit kommen!" sagte Heather böse und sah Luna an.
„Das Schiff sah gut aus..." sie wurde durch einen Gewehrschuß unterbrochen.
Reflexartig warfen sich die vier auf den Boden und warteten das Nachladen ab.
In dieser kurzen Feuerpause liefen sie gebückt zur Reling und sahen hinüber. Ein Schiff der Royal Navy war unbemerkt auf eine halbe Meile herangekommen und die Soldaten hatten die vier Diebe sofort unter Beschuß genommen.
Jetzt sah Heather auch, warum sie soviel Aufmerksamkeit bekommen hatten. Die beiden gefesselten Soldaten hatten es geschafft sich aufzustellen und sprangen und hüpften wie wild hin und her. Das hatte die Aufmerksamkeit der Royal Navy erregt.
„Was sollen wir bloß tun?" rief Elliott den anderen während des Gefechts zu.
Sie saßen mit dem Rücken zur Reling und luden ihre Musketen. Ohne ein weiteres Wort gab Luna Elliott eine ihrer Musketen.
„Du kannst damit umgehen?" fragte Luna ihn, doch sie erwartete keine Anwort.
Wie auf Kommando drehten sich die vier um und feuerten auf die Soldaten.
„Wir müssen uns etwas ausdenken!" rief Heather Luna zu.
„Locken wir sie herüber!" sagte Luna und lief geduckte zur Landungsbrücke.
Die anderen drei folgten ihr, obwohl sie nicht genau wußten, was sie vorhatte. Die Schaluppe der Royal Navy hatte nun im Hafen angelegt und die Soldaten liefen an Land.
Die angeheuerte Crew von Luna und Heather stand unschlüssig in einiger Entfernung und wußte nicht, was sie tun sollten.
Luna brüllte quer über den Platz, dass sie ihnen helfen sollten, die Soldaten von ihrem Schiff wegzulocken und sofort zogen die Männer ihre Säbel und wehrten die Soldaten, die wie eine Welle heranbrandeten, ab.
Obwohl die Crew in der Unterzahl gewesen war, hatten sie sehr bald die Oberhand in diesem Gefecht gewonnen.
Luna hatte sich schon einen neuen Plan zurecht gelegt und sie hoffte, dass dieser klappen würde.
Gemeinsam mit ihren Freunden kämpfte sie sich zu dem Schiff der Royal Navy vor und versuchte an Deck zu kommen, doch die Soldaten leisteten erbitterten Widerstand.
Luna hatte ihr Entermesser gezogen und wehrte die Hiebe der Soldaten ab. Elliott konnte sich mehr schlecht als recht mit seiner Muskete verteidigen, denn er besaß nur diese Waffe, so daß er sich zwar verteidigen konnte, die Soldaten jedoch nur mit einem gezielten Schlag auf den Kopf oder einen Hieb in den Bauch kampfunfähig machen konnte.
Mr. Miller hatte sein Entermesser Heather gegeben, da diese auch schlecht ausgerüstet war. In der rechten Hand hielt sie ihre Muskete und in der linken Hand das Messer und kämpfte sich hinter Luna die Landungsbrücke hoch.
„Hast du...einen Plan?" rief Heather Luna völlig außer Atem zu.
Sie hatte einen Moment nicht aufgepaßt und wurde durch einen kräftigen Schlag gegen ihr Kinn zu Boden geworfen.
Der Soldat kam ihr immer näher, während sie noch damit beschäftigt war das Blut auszuspucken. Er hob den Degen und wollte gerade zustechen, als er plötzlich schlaff zusammen sank.
Hinter ihm stand Elliott mit seiner Muskete.
„Alles in Ordnung?" fragte er sie besorgt.
„Ja..." nuschelte Heather und stand wieder auf. Sie suchte das Messer und ihre Muskete, die sie bei ihrem Fall losgelassen hatte. In der Nähe von Luna lagen die beiden auf dem Boden.
„Wie war die Antwort?" fragte Heather Luna, die einen Soldaten nach dem anderen ausschaltete.
„Ein Plan? Wir nehmen einfach dieses Schiff. Es ist schon fertig zum Auslaufen. Wir brauchen nur noch lossegeln!" rief Luna gutgelaunt.
Heather schüttelte den Kopf, rief jedoch die Crew an Deck, als kein Soldat der Royal Navy mehr auf der Schaluppe war.
