Flora war mächtig stolz auf alle ihre Kinder. Bis auf Saudi Arabien setzten sich alle für ein sicheres, verbrecherfreies London ein. Wörthersee schlug manchmal ein wenig über die Stränge, doch das war eben ihre Katzenart, und keiner konnte ihr so recht böse sein. Speziell Henry schmolz dahin, wenn sie ihm einen üblen Streich spielte (wie zum Beispiel seine Hosen vor versammelter Mannschaft herunterzuziehen), er wütend war und sie dann schuldbewußt lächelnd ihren dunklen Schopf an seinem Arm rieb und sich bei ihm entschuldigte. Er war mindestens seit dem Moment in das Mädchen verliebt, als sie ihm in den ersten Weihnachtsferien, die die beiden Familien zusammen verbracht hatten, die langen Haare abgeschnitten hatte, während er schlief. Natürlich wollte Wörthersee nichts von ihm wissen, er biß sich fast die Zähne an ihr aus, aber sie wies ihn immer zurück.
Saudi Arabien, auf seine Weise, trug ebenso zu einer besseren Welt bei.
Er sah verdammt gut aus.
Und außerdem wollte er Lehrer werden, die jungen Gemüter erziehen, ihnen gute Grundsätze einprägen und sie ein Stück auf ihrem Lebensweg begleiten. Schon in seinem ersten Schuljahr hatte er erkannt, daß die Lehrerin für Zaubertränke, so nett sie auch war, ihm nichts beibringen konnte. Zaubertränke waren einfach seine Welt, er verstand die Philosophie dahinter, konnte sich Rezepte ohne Mühe merken, wußte alle für die Zubereitung eines Trankes nötigen Vorgänge auswendig, sobald er die Zutaten an der Tafel stehen sah, erfand am laufenden Band neue Rezepte (sein bestes bisher war ein Trank, der bei Jungen einen Dauerständer auslöste, was von Henry und ihm oft für unschuldige Scherzchen ausgenutzt wurde) und verbesserte alte, sodaß sie noch effektiver wurden. Er verdiente sich schon sehr früh ein hübsches Taschengeld, indem er Madam Pomfreys Medizinbestand regelmäßig aufstockte.
Nach seinem Abschluß mit Bravour studierte er an der Hohen Akademie der Zauberkünste, Abteilung Chemie, Biologie und Physik, verkürzte sein Studium auf drei Jahre und bewarb sich dann für den gerade eben vakant gewordenen Posten als Zaubertrankmeister in Hogwarts. Mit seinen 21 Jahren war er somit der jüngste Lehrer der Fakultät, nichtsdestotrotz war er hoch angesehen aufgrund seiner Fertigkeiten, und an Respekt bei seinen Schülern mangelte es ihm auch nicht, da er bei vielen älteren noch als der Schrecken von Hogwarts bekannt war. Er favorisierte sein eigenes Haus, da es bei einem Bösewicht so sein mußte, obwohl er die Schüler aus Hufflepuff sehr gern hatte, denn sie liebten die Natur genauso wie er und seine Familie. Jedoch zeigte er dies niemals, immerhin hatte er einen Ruf zu verlieren.
Flora in der Zwischenzeit hatte einen der Prinzen von England kennengelernt. Er war etwas jünger als sie, hatte eher große Ohren und zwei verwaiste Kinder, da seine adlige Frau dahingeschieden war. Als weiterer Pluspunkt auf seiner Seite stand definitiv seine Affinität zu Schottenröcken, die er, wie Flora bald herausfand, nach alter schottischer Tradition trug.
Nachdem der Vater des Prinzen zum König gekrönt wurde, da die alte Königin ebenfalls das Zeitliche gesegnet hatte, war es kein Problem, daß sie ihren Prinzen schon bald heiratete. Jedermann in England fand die Idee, daß eine bürgerliche Frau, die fünf fremde Kinder großgezogen hatte, sich nun um zwei Sprößlinge ihrer hoheitlichen Familie kümmern würde, sehr gut. In manch einem Pub wurde kräftig gefeiert, als die Hochzeit vonstatten ging, und viele (besonders die, die schon ein paar Bier zu viel getrunken hatten) redeten davon, als hätten sie höchstpersönlich diese Heirat in die Wege geleitet. Flora, die ihrem Mann und ihren zwei neuesten Kindern von den Superkräften ihrer anderen fünf erzählte, freute sich besonders auf lange Theorienabende mit denselben, in denen sie kartenspielend planten, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Manchmal stießen ihr Schwager mit seiner Frau Susan, eine blonde Deutsche aus Leipzig, und ihren Kindern Amanda, Cole, Sarah und Benjamin zu ihnen und schmiedeten Pläne, zusammen mit ihnen die Weltherrschaft an sich zu reißen, um sie dann nach gelungener Übernahme vom Bösewicht Snape vergiften zu lassen.
Außerdem war Kentucky immer wieder hilfreich, wenn es darum ging, schnell von Punkt A zu Punkt B zu kommen, und Arthur und Elizabeth (sowie die anderen vier kleinen Hoheiten) liebten es, auf seinem Rücken durch die Wolken zu reiten. Bald wurde Flora selbst schwanger und gebar Zwillinge, die sie und ihr Mann einvernehmlich Scotland und Ireland nannten.
Severin in der Zwischenzeit beging sein erstes Jahr als Lehrer. Wenn er durch die Gänge streifte, wußte er, daß sich alle Mädchen nach ihm umdrehten, und wie vor ein paar Jahren war heimlich die gesamte Damenwelt Hogwarts (einschließlich Mrs. Norris und Tusnelda, die sich eifersüchtige Kämpfe lieferten) in ihn verschossen. Alle Mädchen fürchteten sich vor ihm, doch so manch ein Tagebuch war voll von seinem Namen in roten und rosa Herzchen. Er beschloß, daß er gleich zu Anfang ein Exempel statuieren mußte und sich
1. einen Lieblingsschüler und
2. einen Haßschüler aussuchen mußte.
Vorzugsweise aus der ersten Klassenstufe, damit beide in den Genuß von sieben Jahren einer besonders aufmerksamen Behandlung kommen konnten. Seinen Lieblingsschüler hatte er schon im Sommer gefunden, denn das Liebesprodukt des ehemaligen Slytherin Draco Malfoy und der dem Weasleyclan zugehörigen Ginny wurde in diesem Jahr eingeschult, und es durfte erwartet werden, daß er in Slytherin landete. So war es auch. Sein Name war Gerard Malfoy, er hatte das rote Haar der Weasleys, die grauen Augen seines Vaters und wußte von Severins Plan. Wie seine Mutter hatte er es nämlich faustdick hinter den Ohren und hatte solange gelauscht, bis er alles herausgefunden hatte. Sein bester Freund war sein Cousin Harry, der Rons und Hermines fünftes Kind war. Er landete in Gryffindor, hatte braune Locken und himmelblaue Augen und sollte der beste Quidditch-Treiber werden, der jemals die Schule besucht hatte. Seine älteren Geschwister Percy, Alan und Keira die Zwillinge und Albus waren ebenfalls in Gryffindor.
Ein geeignetes Opfer für seinen Unmut hatte Severin auch bald gefunden. Er hatte zwar nichts persönlich gegen das Mädchen, und sie wäre auch sonst niemals unangenehm aufgefallen, doch ihr Nachname war einfach zu perfekt, um wahr zu sein. Man konnte ihn so richtig schön ausspucken, was dem ganzen viel mehr Kraft und Eleganz verlieh. Natalie Potter war die Tochter des berühmten Harry Potter, der Lord Voldemort zweimal besiegt hatte. Ihre drei älteren Geschwister waren nicht in Hogwarts, da sie Squibs waren. Bei ihrem jüngeren Bruder würde es sich in drei Jahren herausstellen, ob er ein Zauberer war oder nicht. Natalie war eher schüchtern, keine besondere Leuchte in der Schule (speziell in Zaubertränke) und keiner wußte, warum sie ausgerechnet in Ravenclaw gelandet war. Severin tat sie manchmal ein bißchen leid, weil er wußte, daß die Hälfte ihrer Zaubertränke etwas geworden wären, wenn er sie nicht auf dem Kieker hätte. Ein ausgespiehenes „Potter!", wenn sie es am wenigsten vermutete, brachte sie immer wieder dazu, rechtzeitig etwas umzustoßen oder eine Zutat zum falschen Zeitpunkt hinzuzufügen. Von allen Frauen auf Hogwarts war sie die einzige, die weit davon entfernt war, sich an der Oberfläche vor ihm zu fürchten und heimlich zu wünschen, er möge sie in seine starken Arme schließen. Nein, sie hatte einen abgrundtiefen Horror vor ihm und träumte regelmäßig, er würde sie in seinen Keller locken, sie fesseln und knebeln und dann bei lebendigem Leibe auffressen.
