Disclaimer und A/N: Siehe erstes Kapitel
Alles weitere wie immer ganz unten!
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Unvollkommenheit
Von Malina
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Kapitel 3
Was uns verbindet
„Und dann noch eine Aurorin! Hier in Hogwarts! Wie können Sie das zulassen?"
Die Ruhe, die sich durch den Spaziergang am See in Snape eingestellt hat, ist wie weggeweht. Er steht im Büro von Dumbledore, und seine Stimme ist um eine Nuance lauter, als sie sein sollte. Und noch während er redet, ist da so etwas wie Scham, er fühlt sich hilflos in seinem Ärger und der nicht eingestandenen Enttäuschung, die womöglich auch noch in seinem Gesicht zu lesen ist. Er fühlt sich an die Wand gedrängt, gefangen durch die wortlose, einlullende Atmosphäre des Verständnisses, das sich wie eine warme Decke um ihn legt, wann immer er hier ist. Hier. In diesem Raum und in der Gesellschaft dieses Mannes.
Der Schulleiter sieht den Zaubertranklehrer ruhig an, und dessen Ärger wird unmerklich von der Beobachtung gedämpft, dass sein Gegenüber erschöpft aussieht.
„Sie weiß über dich Bescheid, Severus", sagt Dumbledore leise.
Snape öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, überlegt es sich aber anders und lässt sich wortlos in einen der gemütlichen Sessel fallen. Es ist eine einfache, fast Geste der Kapitulation, und Dumbledore setzt sich seufzend neben den ganz in schwarz gekleideten Mann, der in diesem Moment sein Gesicht mit den Händen bedeckt. Poppy Pomfrey hat dem Schulleiter mitgeteilt, dass der Zaubertranklehrer ihrer Meinung nach medizinische Versorgung brauche, dass er selbst dies aber anders sehe. Es wird besser sein, das jetzt nicht anzusprechen.
„Severus, es war notwendig, sie einzuweihen. Sie wird mit uns zusammen arbeiten, und auch ohne ihre aktive Teilnahme wäre es notwendig, dass sie von deinen Aktivitäten erfährt. Es ist zu gefährlich, und du weißt das. Wir können nicht riskieren, dass ein Auror etwas über deine Kontakte erfährt, ohne den Hintergrund zu kennen."
Snape nickt und winkt müde ab. „Ich sehe dazu ebenfalls keine Alternative. Dennoch hätte ich gern vorher erfahren, dass ich fortan die Ehre habe, bei den Mahlzeiten neben einer Aurorin zu sitzen. Und dieser – Verrückte, wirklich" – er verzieht angewidert das Gesicht – „ich kann nicht begreifen, was solche Leute in Hogwarts verloren haben."
Dumbledore schüttelt sacht den Kopf und sieht Snape fest an. „Ich werde gleich während unseres Treffens etwas dazu sagen – Severus, bitte lass mich ausreden. Mir ist klar, dass dir nicht wohl bei all dem ist, aber es gibt gute Gründe, Connor Boltraine hier zu haben. Er kann dem Orden von Nutzen sein. Londrea wird es euch nachher erklären."
Dumbledores Tonfall ist um eine fast unmerkliche Nuance schärfer geworden, aber Snape will die darin enthaltene Botschaft nicht hören und hakt weiter nach.
„Er wird für den Orden arbeiten? Ist das Ihr Ernst? Direktor, wir –"
„Wir sind auf jede Hilfe angewiesen, die wir bekommen können", unterbricht ihn Dumbledore ruhig, aber bestimmt. Sein Blick ruht, über seiner Brille schwebend, auf Snape, und der nickt nur leicht und beugt sich endlich dem offensichtlichen Wunsch seines Gegenübers, dieses Gespräch jetzt nicht fortzuführen.
Er würde jetzt gern aus diesem allzu bequemen Sessel aufstehen und gehen, aber Dumbledore sieht ihn immer noch an, ohne zu lächeln, und Snape kennt den Schulleiter gut genug, um zu wissen, dass da noch etwas aussteht.
„Ich weiß nicht", sagt Dumbledore schließlich, „was ich mehr bedaure – dass du mir bei der Auswahl unserer Mitglieder nicht vertraust oder dass du meinst, ich würde dir nicht vertrauen, wenn ich dich nicht immer über alles unterrichten kann."
„Das ist doch Unsinn," winkt Snape ab und spürt irgendein unangenehmes Gefühl in sich aufsteigen, „was soll das, Direktor. Es geht nicht um Vertrauen."
„Oh doch", beharrt der Schulleiter, „es geht genau darum. Und ich kann nur sagen, dass ich mich bemühe, alle Beteiligten zu informieren, wenn es an der Zeit ist."
An der Zeit, wiederholt Snape in Gedanken missmutig. Aber er unterdrückt den Impuls, die Worte seines Gegenübers zu kommentieren.
„Offen gestanden", redet Dumbledore nach einer Pause weiter, „ich befürchte immer wieder, dass du deine Bedeutung für den Orden nicht richtig einschätzt."
Snape schnaubt nur verächtlich.
„Severus... Wir sind in den vergangenen Wochen nicht dazu gekommen, miteinander zu reden. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei dir zu bedanken."
Bitte? Wofür denn?
„Du hast gute Arbeit geleistet", hört Snape Dumbledore sagen.
Ja. Natürlich. Black tot, Potter um ein Haar ebenfalls und immer noch keine Ahnung, wie er seinen Geist gegen Angriffe von außen verschließen kann. Fabelhaft.
„Es mag sein, dass nicht alle das erkannt haben", fährt der Schulleiter ruhig fort, „und ich weiß, dass die letzten Monate hart für dich waren. Aber du hast im Orden und auch hier in Hogwarts nach wie vor meine volle Unterstützung."
Snape sitzt schweigend im Sessel und starrt in den Kamin in ein verzaubertes Feuer. Eine neue Idee von Dumbledore. Aus den angeschwärzten Holzscheiten schießen vereinzelt bunte Flammen hervor, die sich hin und wieder zu Köpfen formen. An anderen Tagen giggeln die Feuergesichter vor sich hin und ziehen alberne Grimassen. Aber heute schauen sie grimmig drein und strecken dem Beobachter die Zungen heraus.
„Es ist nicht immer einfach, in jeder Situation die richtigen Entscheidungen zu treffen", redet Dumbledore weiter, offenbar ohne eine Reaktion von Snape zu erwarten und ohne dem Feuer Beachtung zu schenken. „Auch ich mache Fehler, und ich weiß das... Ich sagte es schon einmal, ich hätte dich nicht damit beauftragen sollen, Harry diese Stunden zu geben. Ich war ein Narr und habe nicht erkannt, dass die Zusammenarbeit mit Remus und Sirius schon mehr als genug für dich war."
Es ist nicht zu fassen. Dumbledore behandelt ihn wie einen Schüler, der tröstende Worte braucht. Und was schlimmer ist, er beginnt sich sogar so zu fühlen – wie ein hilfloses Kind, das eine Untat begangen hat und hofft, dass sein Gegenüber ihm seine Schuldgefühle auszureden vermag. Und Snape spürt Wut in sich aufsteigen, Wut auf den Schulleiter mit seinem Glauben, zu allem etwas sagen zu können.
Am besten wird es sein, einfach nichts darauf zu antworten. Gar nichts. Dann wird er in aller Ruhe zur Tür herausgehen und in die Kerker zurückkehren, als wäre nichts gewesen.
„Wie auch immer, es gibt keinen Grund, dir in irgendeiner Weise Schuld an den Ereignissen zu geben. Ich habe dies bereits mehreren Mitgliedern des Ordens und auch Harry deutlich gemacht. Harry war nicht berechtigt, in das Denkarium zu sehen und in deine Erinnerungen einzudringen, und du hast alles getan, was du konntest. Sirius´ Tod hat nichts mit dir zu tun."
Das ist zuviel.
Snape lässt ein unterdrücktes Zischen hören.
„Ja?", presst er ohne nachzudenken hervor und erhebt sich aus seinem Sessel. „Ist das so? Und warum halten Sie es dann für Ihre Aufgabe, das anderen vorzubeten? Bei allem Respekt, Direktor, ich wünsche, dass Sie es unterlassen, mit den Weasleys oder wem auch immer gemütliche Diskussionsabende über meine Schuld oder Unschuld abzuhalten. Ich kann wirklich darauf verzichten."
Und er dreht sich auf dem Absatz um und stürmt mit wehendem Umhang aus dem Raum des Schulleiters, ohne ihm eine Möglichkeit der Erwiderung zu geben.
Einige Stunden später appariert Snape in der Nähe des Grimmauldplatzes. Ein vertrautes, bleiernes Gefühl begleitet ihn, während er den letzten Teil des Wegs zum Hauptquartier des Phönixordens zurücklegt. Er weiß, dass er von den meisten Mitgliedern des Ordens eher geduldet als akzeptiert wird, und sicher ist er auch nach Blacks Tod nicht willkommener als zuvor. Und der Mangel an Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit. Allein die Andeutungen Dumbledores während ihres Gesprächs von vorhin wären für Snape unter normalen Umständen Anlass genug, nie wieder einen Fuß in dieses Haus zu setzen.
Aber dies sind keine normale Umstände. Und nur darum ist er jetzt hier. Er hat sich entschieden, gegen Voldemort zu kämpfen, und so verbindet ihn etwas mit den Ordensmitgliedern. Ob er will oder nicht.
Es wäre alles ein wenig leichter, wenn das Hauptquartier des Phönixordens woanders läge. Irgendwo – nur nicht in diesem Bauwerk, das sich gerade wie aus dem Nichts zwischen zwei anderen Häusern herauszwängt. Snape hätte als Hauptquartier eher das Flickenzelt Nummer Sieben in der Wüste Gobi ausgesucht als ausgerechnet das hier – diesen düsteren, abgewirtschafteten Wohnsitz der verkommenen Familie Black, die nur Dummköpfe und Größenwahnsinnige hervorgebracht hat. Ganz egal, für welche Seite sie sich entschieden haben.
Aber Dumbledore hat die Standort-Frage mit Black seinerzeit gemeinsam entschieden. Und es gab und gibt es keine wirklichen Argumente gegen diese Wahl. Sie alle haben lange vergeblich nach einem geeigneten Ort gesucht, an dem sie sich treffen können, und in gewisser Hinsicht hat Blacks Tod diesen Standort sogar sicherer gemacht.
Black, dieser blöde Hund. Er musste ja unbedingt Potter folgen. Und Kreacher, der Hauself der Blacks, ist wie vom Erdboden verschluckt, seit er seine Aufgabe mit Bravour gemeistert und seinen eigenen „Herrn" ans Messer geliefert hat. Jetzt wohnen keine gefährdeten Ordensmitglieder und keine Handlanger der dunklen Seite mehr darin; es ist ein leer stehendes, sorgfältig für den Orden eingerichtetes und mit Schutzzaubern belegtes Gebäude, das gegen die Angriffe der dunklen Seite besser gewappnet ist denn je.
Es wäre einfach nur abwegig, diesen Sitz als Hauptquartier aufzugeben. Leider.
Nur kurz schließt Snape die Augen und tritt dann auf die Tür zu. Seine Hand berührt schon die Klingel, als er inne hält und an das lärmempfindliche Portrait dieser grauenhaften Mutter von Black denkt. Also klopft er nur leise mit den Fingerknöcheln gegen die Holztür, die nach wenigen Sekunden von Bill Weasley geöffnet wird.
Der scheint jemand anderen erwartet zu haben, wohl wegen des rücksichtsvollen, vorsichtigen Klopfgeräuschs. Er schaut Snape ganz perplex an.
„Snape", murmelt er und klingt zu dessen Genugtuung irgendwie beschämt. „Kommen Sie rein."
Weasley tritt einen Schritt zurück, und sein Blick bleibt noch einen Moment lang an seinem ehemaligen Lehrer hängen, den er in seiner Erinnerung mit rücksichtsvollem Verhalten so gar nicht zusammen bringen kann. Aber Snape denkt in diesem Moment an seine eigenen Kopfschmerzen, die durch das entsetzliche Geschrei und Gekeife des Portraits nicht besser werden würden.
Er hat es sich zur Angewohnheit gemacht, zeitlich so knapp bemessen einzutreffen, dass die Versammlung schon fast begonnen hat. So spart er sich das öde Herumstehen und den überflüssigen Austausch von Höflichkeiten oder Unhöflichkeiten, je nachdem. Und auch heute ist er zeitlich gut orientiert gewesen. Die Anwesenden begrüßen Snape vertraut uneuphorisch mit einem knappen Nicken, und die Zusammenkunft beginnt drei Minuten nach seiner Ankunft.
Aber leider ist er zu früh gekommen, um Dumbledores Worte zu Blacks Tod zu verpassen. Es ist das erste Treffen des Ordens seitdem, diese Rede war abzusehen. Snape hört nicht hin, merkwürdigerweise verspürt er so etwas wie Unruhe. Und Ärger, natürlich, auf Dumbledore. Wegen vorhin, wegen jetzt, wegen... ach, wegen allem.
Wegen der Aurorin. Sie ist hier. Claire Foggs steht gut sichtbar auf der anderen Seite des Raumes und sieht ihn an. Und daneben steht – die Schwester des Verrückten. Die sieht niemanden an, eher scheint sie sich für das Kachelmuster des Fußbodens zu interessieren. Er erinnert sich richtig, Foggs ist faktisch nur unwesentlich größer als die andere Frau. Aber sie wirkt größer. Die andere hält sich nicht richtig gerade, vielleicht ist es das. Sie lehnt mit leicht gesenktem Kopf am Türrahmen, während Foggs dasteht, als müsse sie sich gegen irgendwen behaupten.
Die Schwester des Verrückten schaut jetzt hoch. Sie sieht Dumbledore an, als würde der Schulleiter eine Grabrede für ihren durchgeknallten Bruder halten. Der Verrückte ist – nirgends zu sehen. Immerhin etwas. Und Lupin ist auch nicht dabei. Warum eigentlich nicht? Es sind noch fünf Tage bis Vollmond, und Lupin hält es nicht für notwendig, zum Treffen des Ordens zu erscheinen?!
Die Rede neigt sich dem Ende entgegen. Die Schwester des Verrückten schaut wieder ins Leere und wirkt erschöpft; es fällt Snape irgendwie schwer, den Blick von dieser Frau mit ihrem ständig wechselnden Mienenspiel abzuwenden. Am Rande bemerkt er, dass sie anders aussieht als beim Frühstück, ihre langen hellbraunen Haare sind zu unzähligen Zöpfen geflochten und äußerst umständlich auf dem Hinterkopf ineinander gedreht. Sie hat es wohl nötig, denkt Snape verächtlich, offenbar ist sie noch eine von denjenigen, die beachtet werden müssen, um sich wohl zu fühlen. Aber sie trägt denselben staubigen Wollanzug wie vorhin. So gesehen noch besser, dass der Verrückte nicht dabei ist – zwei solche Anzüge in diesem Raum, und die Anwesenden kämen aus dem Husten nicht mehr heraus.
„Wir gedenken der Toten am besten, indem wir ihre Arbeit in ihrem und unseren Sinne weiterführen", hört er Dumbledore sagen, und innerlich schüttelt es ihn. Der Toten gedenken. Pah. So viele Tote, der ganze Erdball ist damit übersät, wo soll man denn anfangen und wo aufhören? Es ist so, wie es ist. Immer gewesen. Am besten, man denkt gar nicht darüber nach.
Die Anwesenden beginnen mit den üblichen Berichten über ihre Aktivitäten. Einige Berichte sind ausführlicher, andere eher knapp gehalten. Diese Treffen können entsetzlich ermüdend sein. Aber heute sind vor allem die Beiträge von Arthur und Molly Weasley nicht uninteressant. Die beiden stellen seit einiger Zeit die Schnittstellen des Ordens zur nichtmagischen Welt dar; sie versuchen, Kontakte zu verschiedenen Muggel-Institutionen und Journalisten herzustellen und sammeln Informationen über ungewöhnliche Ereignisse in der Muggelwelt.
„Jeder Blinde müsste inzwischen den Ernst der Lage erkennen", schließt Molly Weasley gerade an die Ausführungen ihres Mannes an. „Überall in den Muggel-Nachrichten wird seit ein paar Wochen von Anschlägen berichtet."
„Und es sind außergewöhnlich viele Anschläge", ergänzt Arthur Weasley. „Anschläge auf Busse, auf einzelne Personen, aber auch auf ganze Bürohäuser."
So geht das die ganze Zeit. Snape unterdrückt einen Seufzer. Arthur sagt etwas, Molly führt den Satz zuende; sie stellt eine Frage, er beantwortet sie. Die Beiträge der beiden gehen jedes Mal ineinander über, ganz zu schweigen von ihren Aufträgen, da weiß allmählich niemand mehr, wer von den beiden was macht. Es heißt auch nie „ich" oder „mein", sondern die Hälfte der Sätze fängt mit „wir" und „unser" an.
Ein perfekt eingespieltes Ehepaar. Zum Verrücktwerden.
„Und dabei haben wir noch ein neues Problem", redet Molly Weasley weiter. „Diese Anschläge haben in verschiedenen Ländern stattgefunden. Das Ganze scheint riesige Ausmaße anzunehmen, vielleicht war das auch schon früher so... wir sind uns da nicht ganz sicher –"
„– und", fährt ihr Mann fort, „wir können bislang nicht einmal nachweisen, dass die dunkle Seite die Finger im Spiel hat. Die Muggel scheinen diese Anschläge selbst durchzuführen. Sie ... sie gehen aufeinander los, aus den unterschiedlichsten Gründen. Und möglicherweise ist dies erst der Anfang –"
„Aber", platzt Alastor Moody ungeduldig dazwischen, „wenn die Muggel sich freiwillig gegenseitig an die Gurgel springen, wo liegt dann unser Problem? Wir haben sie immer in Ruhe gelassen und sie uns, warum sollten wir das ändern?"
„Das Problem", erwidert Molly Weasley sanft und redet, als stünde ein verzogenes Kind vor ihr, „besteht darin, dass unsere Gegner mit diesen Anschlägen vielleicht mehr zu tun haben, als wir sehen können. Sie sind nicht dumm, Moody."
„Nein", murmelt Snape unwillkürlich. „Das sind sie nicht."
Mrs Weasleys Kopf wendet sich ihm zu, und mit einer Mischung aus Herausforderung, Ärger und Neugier sieht sie ihn an. „Möchten Sie etwas ergänzen, Professor Snape?"
Er hebt die Schultern.
„Ich habe Ihnen ja bereits mitgeteilt, dass ich in dieser Hinsicht nicht systematisch in die Pläne des Dunklen Lords eingebunden bin. Sie beide sind die Fachleute auf diesem Gebiet. Aber Sie werden mir vermutlich zustimmen – der Dunkle Lord hat in einem seiner lichten Momente begriffen, dass es einfacher ist, die Schwächen der Muggel auszunutzen, indem er sie gegeneinander aufhetzt, statt seine Energie darauf zu verschwenden, sie alle einzeln umbringen zu lassen."
Sein Tonfall ist kalt und unbeteiligt, und im Raum kommt, wie so oft bei seinen Beiträgen, eine kaum merkliche Unruhe auf; niemand redet, aber es gibt mehr Bewegungen und Blicke untereinander. Sie sind sich nie ganz sicher, hören sie den Spion reden oder den Todesser, und das beunruhigt sie.
Er kann es ihnen nicht wirklich verdenken.
„Sie haben Recht", erwidert Molly Weasley mit einem deutlichen Widerwillen in der Stimme. „Die dunkle Seite konnte sich schon immer auf ihre Fähigkeit verlassen, Streit und Zwietracht zu säen. Nach den Informationen, die uns vorliegen, deutet alles darauf hin, dass die Muggel die Anschläge zwar selbst durchführen, aber von irgendwoher Unterstützung erhalten. Und wir denken, dass der, dessen Name nicht genannt werden darf, dafür verantwortlich ist. Es gibt dieses Phänomen, es heißt –"
„ – internationaler Terrorismus", hilft Arthur Weasley.
„Ja", nickt Mrs Weasley. „Mit diesem Stichwort versuchen die Muggel zur Zeit ihre Probleme zu erklären. Aber vermutlich werden sie seit langem von der dunklen Seite manipuliert, ohne es zu merken."
Eine kurze Pause entsteht, das von einem unbehaglichen Schweigen gefüllt wird.
„Das ist schwerwiegend", sagt Dumbledore schließlich, und viele der Anwesenden nicken wortlos.
„Das ist es", ergänzt Minerva McGonagall. „Aber wir können kaum etwas dagegen unternehmen."
Sie sagt das mit einigem Nachdruck, und zu welcher Litanei auch immer ihr Nebenmann Dedalus Diggle gerade angesetzt hat, sie bleibt ihm im Hals stecken, und er steht mit halboffenem Mund da.
Snape muss beinahe ein Lächeln unterdrücken. Die gute Minerva... Sie arbeiten als Kollegen nicht gerade in Eintracht zusammen, aber dennoch schätzt er ihre strenge, gewissenhafte und professionelle Art. Treffen des Ordens, bei denen sie nicht anwesend ist, drohen manchmal zeitlich etwas aus dem Ruder zu laufen. Bei ihr ist das undenkbar, sie übt eine wohltuend disziplinierende Wirkung auf die anderen aus.
Dumbledore nickt ihr zu. „Ich fürchte, dass Minerva Recht hat. Es übersteigt unsere Möglichkeiten. Und wir müssen uns klar machen, dass die Muggelwelt nicht der eigentliche Kriegsschauplatz ist. Der Verlauf des Krieges wird in unserer Welt entschieden werden, und wir haben die Aufgabe, uns auf das zu konzentrieren, was wir tun können."
„Aber wir können doch etwas tun!" schaltet sich noch einmal Molly Weasley mit fast verzweifeltem Tonfall ein. „Wir können zumindest einzelne Pläne verhindern. Professor Snape kann uns dabei helfen, er hat ja die Informationen, die wir brauchen."
Die Überleitung zu seinem Beitrag. Wenn auch leider die schlechteste, die er sich vorstellen konnte. Er stößt sich von der Wand ab und verschränkt die Arme vor der Brust, während alle Blicke sich auf ihn richten.
„So sinnvoll diese Idee ist, Mrs Weasley", sagt er, „ich fürchte, dass ich Ihnen weniger Informationen liefern kann, als Sie es sich wünschen werden. Zumindest in nächster Zeit."
Er macht eine kurze Pause. Das, was er jetzt sagen muss, weiß Dumbledore bereits; es ist zu bezweifeln, dass die anderen mit dem gleichen Verständnis wie der Schulleiter reagieren werden.
„Ich möchte es kurz machen. Wie Sie alle wissen, hat der Dunkle Lord im vergangenen Jahr die Zahl seiner Anhänger deutlich vergrößern können. Jetzt, da seine Rückkehr allenthalben bekannt ist, hat sich dieser Trend noch verstärkt. Es treten immer mehr Personen in die Dienste des Dunklen Lords ein. Zu den offiziellen Treffen der Todesser erscheinen Hexen und Zauberer, von denen ich es vorher niemals gedacht hätte."
Er macht eine kurze, abschätzige Handbewegung und fährt fort.
„Wie auch immer... Für Sie alle dürfte interessant sein, dass sich infolge der wachsenden Anzahl an Anhängern der Ablauf der Versammlungen ändert, die der Dunkle Lord einberuft. Bei dieser Menge an Todessern ist es weder möglich noch auch nur sinnvoll, alle auf einmal zusammen zu rufen. Also entstehen neue Strukturen. Es finden gezielte Treffen mit Personen statt, die zusammen arbeiten müssen. Außerdem gibt es immer weniger Überschneidungen bei den Aufgaben. Aus diesen Gründen bin ich immer weniger im Bilde über geplante Angriffe und Überfälle, weil dies nicht mein – vordergründiges Handlungsfeld darstellt."
Ohne hinzusehen, bemerkt er, dass Foggs und die Schwester des Verrückten bei diesen Ausführungen zappelig geworden sind.
„Der Dunkle Lord", führt Snape aus, „schätzt mich vornehmlich als Hersteller von Tränken. Wenn mir im vergangenen Jahr darüber hinaus Dienste abverlangt wurden, dann deshalb, weil, man könnte es so ausdrücken, nicht genügend qualifiziertes Personal vorhanden war. Das ist jetzt anders. Als Informant für geplante Aktivitäten werde ich darum nur noch in sehr begrenztem Umfang dienen können."
Alastor Moody springt von seinem Platz auf. „Was soll das heißen?" ruft er so laut, dass die, die neben ihm stehen, leicht zusammen zucken. „Sie sind unsere Informationsquelle für die Aktivitäten der Todesser. Sie sagen, Sie genießen das Vertrauen vom dem, dessen Name nicht genannt werden darf –"
„Vertrauen?", unterbricht Snape ihn impulsiv. „Lächerlich. Hören Sie besser hin, Moody, und denken Sie nach, bevor Sie reden. Ich habe niemals gesagt, dass der Dunkle Lord mir vertraut! Oder überhaupt irgendwem. Allein so etwas zu denken ist fast schon makaber."
„Wie auch immer!" wischt Moody Snapes Worte mit einer Handbewegung beiseite. „Sie sind der Einzige, der diese Art von Kontakten hat" – er spricht es aus, als hätte Snape eine ansteckende tödliche Krankheit – „und bequemerweise führt das dazu, dass niemand im Orden Ihre Angaben überprüfen kann!"
Snape verzieht höhnisch das Gesicht.
„Das ist bei Doppelagenten so üblich, Mr Moody", erwidert er. „Aber vielleicht sollte ich Ihnen im Namen des Ordens danken, dass Sie nicht bei Todesser-Treffen in irgendwelchen Wäldern oder halbzerfallenen Gebäuden aufgetaucht sind, um mit langen Ohren hinter den Bäumen zu hocken oder sich in Wandschränken zu verstecken."
Seine Stimme trieft jetzt vor Spott, er kann nichts dagegen tun. Und will es auch gar nicht.
„Aber, Mr Moody", fährt er fort, „Sie können gern weiter an der Überwindung der Schutzzauber arbeiten, die der Dunkle Lord verwendet. Nur zu! Oder Sie lassen sich anderswo inspirieren, die Muggel haben einfachste elektronische Abhörgeräte, wie wäre das?"
Tonks, die direkt neben Snape steht, schnippt mit dem Finger.
„Die Idee ist nicht dumm, Snape. Gar nicht dumm."
Er sieht sie irritiert an. Alle stehen angespannt da, ihm selber ist warm vor unterdrücktem Ärger, aber Tonks übergeht das einfach und fängt an, einen kleinen Vortrag über die Vorteile der Elektronik zu halten. Die Situation kommt Snape völlig absurd vor – scheinbar mühelos lenkt Tonks das Gespräch von dem Streit zwischen ihm und Moody auf eine Diskussion zu der altbekannten Frage um, ob Voldemort sich durch Muggel-Methoden täuschen lassen könnte.
Die Frage ist tatsächlich ziemlich alt, und Snape wird den Eindruck nicht los, dass Tonks das mit Absicht gemacht hat. Wie auch immer, er sieht ihren heute hellblonden Kopf an und verspürt Dankbarkeit – die allgemeine Aufmerksamkeit hat sich von ihm abgewandt, und seine innere Anspannung lässt nach. Es stört ihn kaum, dass über das Wortgefecht von Moody und ihm hinweggegangen wird, als sei das nur ein Geplänkel unter Verbündeten gewesen. Und es macht ihm überhaupt nichts aus, dass alle durcheinander zu reden beginnen, angestachelt von diesem oder jenem Argument. Er beteiligt sich nicht, das Gespräch fließt an ihm vorbei. Vielleicht sollte er sich später noch bei Tonks bedanken. Oder nein, lieber nicht. Sie hat seinen Blick kurz erwidert, es steht ohnehin zu befürchten, dass sie meint, er stehe in ihrer Schuld.
Es dauert einige Zeit, bis alle Anwesenden ihre Informationen kundgetan haben. Anschließend tritt Dumbledore einen Schritt vor, und Snape würde um seinen besten Kessel wetten, dass jetzt Foggs und die Hundebesitzerin zum Zug kommen. Und ja, natürlich. Dumbledore weiß, wie er einen ohnehin großartigen Abend perfekt machen kann.
„Ich möchte euch nun zwei neue Gesichter vorstellen, die ihr sicher auch schon bemerkt habt", beginnt er, nennt die Namen der beiden Frauen und wendet sich zunächst Foggs zu, die er als neues Mitglied des Ordens vorstellt. Snape erfährt, dass Foggs drei Klassen unter ihm war und mit ausgezeichneten Noten bestanden hat. Das Wort wird dem neuen Ordensmitglied übergeben.
Die blonde Aurorin wirkt angespannt. Schon die ganze Zeit. Sie tritt von einem Fuß auf den anderen, ihre linke Hand ist, offenbar unbewusst, zur Faust geballt, und beim Reden fuchtelt sie andauernd mit dem rechten Arm herum. Aber aufgeregt, denkt Snape, scheint sie nicht zu sein, ihr fehlt es nicht an Selbstvertrauen – sie lässt den Blick wandern und scheint den Ehrgeiz zu haben, jeden der Anwesenden direkt anzusehen.
Sie benennt kurz zwei Todesser, die derzeit auf ihrer Abschussliste stehen und fasst zusammen, was sie für den Phönixorden tun kann. In ihrer Abteilung, führt sie aus, scheinen Informationen über Todesser-Aktivitäten zu verschwinden, und offenbar gibt es im Ministerium Personen, die für die andere Seite arbeiten.
Nichts Neues, denkt Snape. Aber er muss – wenn auch widerwillig – zugeben, dass Foggs an dieser Stelle hilfreich sein kann. Falls es ihr möglich sein sollte, auch nur einen Mitarbeiter des Ministeriums als Sympathisanten Voldemorts oder gar als aktiven Todesser zu enttarnen, wäre das für den Orden ein großer Erfolg.
„Es gibt nur ein Problem", ergänzt Foggs, wedelt mit dem Zeigefinger und macht eine abrupte Kopfbewegung, wodurch ihre blonden Haare schwungvoll nach hinten fliegen. „Leider bin ich ausgerechnet in den kommenden Wochen beurlaubt. Ich habe ein Disziplinarverfahren am Hals, weil ich mich Dienstanweisungen widersetzt habe. Nichtigkeiten", schnaubt sie. „Wenn die wüssten, wie viele Vorschriften ich in den letzten Monaten missachtet habe... Aber dieses Verfahren muss ich jetzt hinter mich bringen. Und, Albus hat es noch nicht gesagt, in der Zwischenzeit bin ich in Hogwarts."
„Ja", bestätigt Dumbledore, „Claire kann uns bei der geplanten Erweiterung der Schutzzauber unserer Schule helfen. Sie wird Minerva, Severus und mich dabei unterstützen."
Wenigstens etwas, das ich vor den anderen weiß, denkt Snape schlechtgelaunt. Dumbledore hat es ihm bereits in seinem Büro gesagt. Eine Verstärkung der Schutzzauber ist ohnehin überfällig und seit einiger Zeit geplant, wobei Dumbledore den Hauptteil der Arbeit letztlich allein übernehmen muss. Dennoch ist es notwendig, dass er einige Unterstützung bekommt.
„Londrea und ihr Bruder Connor halten sich zur Zeit ebenfalls in Hogwarts auf", informiert Dumbledore jetzt die Ordensmitglieder. „Die beiden können uns helfen, aber zunächst muss sich Connor an einige Abläufe und Personen gewöhnen. Er ist daher heute persönlich nicht anwesend. Londrea, möchtest du fortfahren?"
Er zwinkert der Schwester des Verrückten zu, die nickt und einen Schritt in den Raum macht. Sie ist – entsetzlich aufgeregt. Snape sieht es, er erkennt es sofort, wenn jemand Angst hat, vor einer Gruppe von Leuten zu reden. Sie zappelt nicht herum wie Foggs; im Gegenteil steht sie auffallend still da, ihr gesamter Körper ist verspannt und in ihren hellen Augen ist unterdrückte Panik zu lesen.
„Ja, danke, Albus", beginnt sie mit gedämpfter Stimme, und Snape hört geradezu ihre Nerven flattern. „Ich bin, hm, ohne meinen Bruder hier, weil... er es nicht gewohnt ist, mit so vielen Menschen, die er nicht kennt, in einem Raum zu sein."
Damit ist er wohl nicht allein, denkt Snape schadenfroh.
„Connor ist derjenige, der hier helfen kann", fährt die Frau fort. Sie spricht so leise, dass die Anwesenden sich unwillkürlich in ihre Richtung neigen. „Er hat eine... eine Begabung. Er ist Empath."
Ein leises Murmeln erhebt sich. Sie spricht weiter.
„Connor kann die wahre Intention von Menschen erkennen. Es ist nicht möglich, ihn anzulügen oder zu hintergehen und damit durchzukommen. Allerdings, er kann keine Gedanken lesen. Es funktioniert anders."
Sie hebt die Schultern. „Ich weiß selber nicht, wie er das macht", ergänzt sie ungefragt. „Und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Empath wirklich die richtige Bezeichnung für ihn ist. Er weiß einfach, ob jemand ehrlich ist oder etwas im Schilde führt. Diese Fähigkeit hat er schon seit seiner Kindheit. Sein ... sein Gespür ist absolut zuverlässig, und dabei muss er nicht einmal in die unmittelbare Nähe des Betreffenden gelangen. Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, dass er jemanden fälschlich verdächtigt hat."
Sie macht eine Pause und sucht den Blick Dumbledores.
„Ich durfte mich persönlich von der Begabung von Connor Boltraine überzeugen", ergänzt Dumbledore nun. „Mit seinen Fähigkeiten ist es ihm möglich, Anhänger von Voldemort zu enttarnen, von deren Aktivitäten wir ansonsten nie etwas erfahren würden. Connor hat sich bereit erklärt, den Orden zu unterstützen."
„Aber ich denke", redet die Schwester des Verrückten weiter, „dass ich ihn hier vertreten werde. Er wird nicht offiziell beitreten. Kurz gesagt – ich glaube nicht, dass das Sinn macht."
„Bitte verzeihen Sie", unterbricht Snape die Frau spontan und seine tiefe seidige Stimme erfüllt den großen Raum, „aber warum meinen Sie das? Ist Ihr Bruder nicht imstande, seine Entscheidungen allein zu treffen?"
Sie erwidert seinen lauernden Blick leicht erschrocken, als hätte er sie an etwas Wichtiges erinnert, das sie vergessen hat.
„Nein... doch... nur bedingt", stottert sie. „Wenn ich ausreden darf, erkläre ich es."
Er hebt nur eine Augenbraue.
Sie faltet die Hände vor sich, um sie ruhig zu halten.
„Mein Bruder ist... anders als wir. Man könnte sagen, er hat Probleme. Im Übrigen, Sie wissen das doch schon, Sie haben Connor ja schon gesehen", setzt sie hinzu, wobei sie unversehens Snape persönlich anspricht und ihn ansieht, als würden sie sich kennen. Als hätten sie auch nur irgendetwas miteinander zu tun.
Wie unangemessen, denkt Snape und hält ihrem Blick reglos stand, bis sie wegsieht und zu den anderen gewandt weiter spricht.
Sie scheint über ihre nächsten Worte genau nachzudenken.
„Ich selber denke nicht, dass Connor ein Problem hat. Und er denkt es schon gar nicht. Aber er ... wie soll ich sagen, er lebt sein eigenes Leben. Er hat sich nicht so ... entwickelt wie andere. Er spricht nicht, jedenfalls nicht mit Worten. Und meistens ignoriert er, was um ihn herum passiert. Er kapselt sich von seiner Umwelt ab, auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde er sie gar nicht wahrnehmen. Für Menschen, die ihn nicht kennen, ist es fast unmöglich, Kontakt zu ihm herzustellen. Aber er ist nicht dumm", ergänzt sie ruhig und dehnt dabei ihre Worte, „und er ist auch nicht verrückt. Er lebt einfach in einer anderen Welt als wir."
Zufrieden stellt Snape fest, dass das Murmeln im Raum während ihrer Ausführungen lauter geworden ist. Es überrascht ihn keineswegs. In der Zaubererwelt ist die Toleranz gegenüber Nichtmagischen bekanntermaßen nicht sehr ausgeprägt; noch größer ist aber der Argwohn gegenüber Zurückgebliebenen und Krüppeln, die magische Fähigkeiten besitzen. Sie gefährden nach der Meinung Vieler den Bestand der Zauberergemeinschaft mehr, als jeder Muggel es kann.
Die Schwester des Verrückten holt tief Luft. Eine feine, senkrechte Zornesfalte erscheint auf ihrer Stirn, und Snape hört ihre Atmung zittern.
„Connor weiß, worum es geht. Ihm ist klar, dass wir uns im Krieg befinden. Er kennt die Bedrohung und weiß, dass er helfen kann. Und ich bin bereit, ihn dabei zu begleiten. Aber ich versichere euch – das ist nur ein Angebot. Eine Möglichkeit, mehr nicht. Er reißt sich nicht darum und ich auch nicht."
Ihre Stimme ist etwas sicherer geworden, der Ärger scheint ihr gut zu tun. Und noch während sie redet, lässt bei Snape das anfängliche Bedürfnis nach, diese Frau mit einigen gezielten Fragen und Bemerkungen aus dem Konzept zu bringen.
Es wäre so einfach, ihre Aufregung und die Stimmung im Raum auszunutzen und sie mitsamt ihrem Bruder vor allen Anwesenden gründlich lächerlich zu machen. Aber der Zeitpunkt ist nicht der richtige. Er ist müde, und es wäre auch zu einfach – die Situation stellt keine wirkliche Herausforderung dar, denn den meisten Ordensmitgliedern steht ohnehin eine Mischung aus Irritation, Verachtung und unguter Neugier in die Gesichter geschrieben. Und wie langweilig, jemanden bloßzustellen, der ohnehin schon schlecht da steht.
Natürlich schaltet sich in diesem Moment Dumbledore ein. Der Retter der Witwen und Waisen.
„Wir sind dir und Connor dankbar für Ihr Angebot", sagt er entschieden, „und ich bin sicher, dass eure Hilfe sehr bedeutsam für uns sein wird. Alles Weitere können wir ein anderes Mal besprechen."
Immer wieder erstaunlich, denkt Snape, wie konsequent und nachdrücklich hier gewisse Gespräche beendet werden. Und noch erstaunlicher, dass es leidlich funktioniert. Die Ordensmitglieder beugen sich meist wortlos diesem einen, ungeschriebenen Gesetz – und dieses Gesetz besagt, dass wohl diskutiert und auch gestritten, niemals aber die Zusammenarbeit und das allgemeine Vertrauen untereinander in Frage gestellt werden darf.
Ein Vertrauen, von dem gleichwohl jeder weiß, dass es gar nicht existiert.
Wenn Dumbledore nicht wäre –
Snapes Gedanken schweifen ab, er hört gar nicht mehr zu. Egal. Das Treffen geht ja gerade zuende. Er nimmt Dumbledores Stimme im Hintergrund noch wahr, aber das dürften allmählich die Abschlussworte sein. Snape betrachtet die Tapete und die Einrichtung und stellt sich vor, er sei zum ersten Mal hier und habe noch nie von jemandem gehört, der Black mit Nachnamen heißt. Dann wäre dieses Haus einfach nur groß, hässlich und heruntergekommen. Völlig uninteressant. Er würde keinen Gedanken daran verschwenden, wer in diesem Haus gelebt hat und was hier geschehen sein mag.
Alberne Gedankenspiele. Diese Bruchbude kommt in seinen Gedanken gar nicht vor. Jetzt schon gar nicht, er ist nur müde, furchtbar müde, genau genommen – es schaudert ihn bei der Vorstellung, dass es noch so weit ist bis zum Schloss, bis zu den Kerkern, bis in sein Quartier –
Und er ist schon vollständig auf den Aufbruch eingestimmt, als er wie durch einen Nebel hört, wie Dumbledore Remus Lupin erwähnt.
Es trifft Snape unvorbereitet – wie ein Regenguss aus heiterem Himmel. Und merkwürdig, vielleicht ist es die Müdigkeit, er hat den Namen Lupins wie durch eine Wand gehört und driftet in Gedanken gleich wieder weg. Aber die Stimme Dumbledores ist immer noch da. Will einfach nicht verstummen. Was redet er? Ach nein, Snape möchte es gar nicht wissen. Werwölfe, das Wort fällt schon wieder. Warum nur? Er will nicht zuhören. Es betrifft ihn nicht. Aber jetzt hört er „Wolfsbanntrank", die Worte Dumbledores rücken bedrohlich nahe – es ist ein bisschen so, als würde ihn jemand unsanft schütteln, und er sammelt sich und wendet seine Aufmerksamkeit sehr halbherzig wieder Dumbledores Ausführungen zu.
„Es ist unsere einzige Möglichkeit, sie für unsere Sache zu gewinnen", sagt der gerade. „Und wir haben keine Wahl, wir müssen es wenigstens versuchen. Remus ist schon lange dabei, die Nachricht vom Wolfsbanntrank unter den Werwölfen zu verbreiten. Und es ist an der Zeit, ihnen diesen Trank zugänglich zu machen."
Dumbledore wendet sich Snape zu, und der würde gern rückwärts aus dem Raum gehen. Aber er bleibt ruhig stehen, wohl wissend, dass jetzt nur etwas sehr Schlechtes kommen kann.
„Severus, du wird den Wolfsbanntrank herstellen. Und zwar diesmal in ausreichendem Umfang für die Aufträge, die Remus durchführen wird. Er hat schon die notwendigen Vorbereitungen für die ersten Kontakte getroffen."
Dumbledore blinzelt. Kann das sein?
„Du brichst in drei Tagen auf", sagt er. „Zusammen mit Remus."
Noch ein paar Anmerkungen...
Hm, das Update hat sich wieder mal verzögert. Mein Urlaub auch. Aber morgen geht's endlich los. Also: Wenn bis zum Sommer kein viertes Kapitel folgt, bin ich mit dem Flieger abgestürzt. *schauder*
Und hier wieder ein RIESIGES DANKESCHÖN an meine ReviewerInnen (gibt's im Fanfic-Nimmerland eigentlich auch Männer?): Ich hab mich supertoll gefreut über das Feedback und euer Lob! Schön, dass es euch bis hierher gefallen hat.
DracoMalfoy: Dahlscher Humor? *geehrtfühl* Freut mich, wenn mein Sarkasmus auf fruchtbaren Boden fällt.
sepia: Deine Frage zu den Geschehnissen auf der Krankenstation hat mich dazu inspiriert, einen Aspekt von dieser Story auszulagern und eine Kurzgeschichte aus Poppys Sicht zu schreiben. Vielen Dank!! Ich denke, dass ich die Geschichte Ende März oder so hochladen werde.
Caligo Corvus: Ich hab doch selber nen Hund! :-) Aber wie du schon sagst, bei Snape dürfte die Assoziationskette im Hinblick auf Hunde eher negativ sein ... „Entsprechende Mittel" – ich denke eher, dass Snapes Mittel subtiler Natur sind. Er foltert schließlich auch nicht seine SchülerInnen, sondern quält sie nur mit Worten und seiner Anwesenheit - think of Neville ;) ... / Kopfschmerzen ... na, mal sehen ... *geheimnisvolltu* ... für die Ordensschwestern des Leidenden St. Severus gibt's ja demnächst erstmal die Poppy-Story (s.o.).
Pe: Schön, dass dir auch die „Nebensächlichkeiten" gefallen. *freu* Ich war manchmal schon am Zweifeln deswegen, aber inzwischen denke ich, dass ich sie verantworten kann ...
Chalebh: Was, Urlaub gestrichen? Nix da, Chefin, ich bin schon weg! *ggg*
Und jetzt alle: Reviews schreiben. Bittebitte. Auch & grad die unbekannten LeserInnen, wenn sie sich überwinden können. :-)
