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Deep silent complete

(Aragorns POV by Idril)

Starr blicke ich dem kleinen silbergrauen Boot hinterher, das unseren treuen Gefährten den Strom hinunter, zum tosenden Rauros trägt.

Gimli und Legolas, die letzten, die von unseren Gefährten übrig geblieben waren, stehen neben mir – ebenso trauernd wie ich. Doch sie spüren nicht jene Last auf ihren Schultern. Jene Last, die mit jedem Tag, den wir auf Reisen sind, immer schwerer wird. Mit jedem Tag scheint unser Auftrag immer unbezwingbarer.

Ich zweifle. Ich zweifle, ob ich das schaffen kann, ob ich überleben werde, ob ich mein Volk zum Licht führen kann. Ich zweifle, ob unsere Liebe stark genug sein wird. Du weißt das.

Mit jedem Tag sinkt meine Hoffnung. Der Auftrag wird scheitern.

Das kleine Gefährt auf dem breiten Strom ist nun nur noch als silbergrauer Fleck zu erkennen. Plötzlich jedoch trifft ein Sonnenstrahl auf Boromirs Schwert, das wir ihm zur Fuße gelegt haben, und lässt es für einen winzigen, kaum erfassbaren Augenblick hell aufgleißen. Ein Licht inmitten der Welt aus grauen Schatten der Hoffnungslosigkeit. Es sticht mir in die Augen, blendet mich für eine Sekunde.

Es ist wie das letzte Aufgleißen eines hellen Sterns, bevor er fällt und erlischt und es verwundet mich tief.

Ich bin schuld an seinem Tod.

Ich, nur ich alleine trage die Verantwortung für das, was geschah. Wäre ich rechtzeitig gekommen, hätte ich ihn noch retten können. Hätte ich das Verlangen in seinen Augen nach dem Einen früher beachtet, wie Frodo es tat, wäre alles anders gegangen.

Unsere Fahrt wird scheitern.

So, wie das Wasser tosend den Rauros hinabstürzt, werden auch wir stürzen. Ob im Kampf oder ob wir uns am Ende aus Verzweiflung selbst ein Ende geben, um nur Ruhe zu finden, das vermag ich nicht zu bestimmen. Doch ich spüre, dass der Tag nicht mehr fern ist, an dem sich das Schicksal aller entscheidet.

Welchen Sinn hat es weiterzugehen?

Gandalf fiel in Moria in den dunklen Abgrund, Boromir starb tapfer, als er seine Freunde zu schützen versuchte, Frodo und Sam sind alleine auf dem Weg in das dunkle Land, Merry und Pippin von Orks entführt. Was soll ich nun noch tun? Es ist aussichtslos.

Und auch du, mein Stern, an den ich mich klammerte in der Not, du, die du mir Hoffnung gabst, wenn ich verzweifelte, deren Andenken mich immer anspornte, auch du wirst von mir gehen.

Nichts bleibt. Die, die übrig sind von meinen Freunden, werden sterben, meine Geliebte wird von mir gehen auf immer.

Warum nicht gleich hier allem ein Ende bereiten? Warum mich nicht nach Boromir in den Rauros stürzen?

Nein. Das darf nicht sein. Denn dann werde ich niemals Frieden finden. Ewig werde ich im Zwielicht wandern, längst vergessenen Zeiten gedenken. Dir nachtrauern. DeinAnblick ist es, der mich davon abhält. Nie werde ich dich vergessen, ob hier oder in den Hallen meiner Väter, deine helle, golden schimmernde Haut in der Morgensonne, deine lange dunklen Locken, die über deine Schultern und den Rücken fließen wie ein schimmernder Wasserfall, deine Augen, in denen sich der Sternglanz spiegelt, die mir Wärme, Licht und Hoffnung geben.

Niemals. Nie könnte ich Frieden finden, ohne dich nicht noch ein letztes Mal gesehen zu haben.

Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet, Undómiel. Mein Leben wäre kalt und trostlos ohne dich, doch die Sehnsucht nach dir, wenn du einmal gegangen bist, könnte mein Herz nicht zerreißen.

Ich blicke weiter hinaus auf den tosenden Fluss, den Zwerg und den Elben neben mir.

Wunderschön ist er, wie er so in der Abendsonne gleißt, die Tausenden von kleinen Tropfen, die die Felsen hinabstürzen wie unendlich viele winzige Dolche.

Oh, wärst du jetzt hier, Arwen, könnte ich mit dir diesen Abend genießen, sehen wie die Sonne am Horizont versinkt, versinkt wie unsere Hoffnung, blutrot und doch strahlend.

Werde ich dich je wiedersehen, bevor unser Untergang gekommen ist?

Ja, untergehen werden wir. Doch bis dahin werden wir kämpfen, unsere Freiheit, unser Leben, unsere Liebe verteidigen, bis zuletzt.

Und dann, ganz am Ende, wenn auch die letzten, die Widerstand leisten, besiegt sind, dann werde ich alleine vor dem dunklen Herrscher stehen, das Schwert in der Hand, mit dem Mut der Verzweiflung. Als letzter werde ich in den Tod gehen, nachdem ich alle anderen habe fallen sehen, nachdem mein Geist längst zerrüttet ist und mein Herz zerrissen.

Und danach wird Stille herrschen um uns. Tiefe, unendliche Stille bis zum Ende der Welt.

TBC...