Beta: Vilyana
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It's the fear
(Aragorns POV by Eowyn)
Schnell schreiten wir durch die Gänge auf dem Weg zum Amon Hen. Unsere Fackeln können die drückende Dunkelheit kaum vertreiben. Eine alte, schwere, böse Dunkelheit, die in den Ecken lauert und wartet, schon seit Jahrhunderten.
Ich gehe voran, voran als der Führer der Waldläufer, der Thronerbe Gondors. Und ich zeige keine Angst, wie wir alle.
Eine Lüge.
Wir alle haben Angst, riesige Angst, die wir nicht zeigen. Wie könnten wir auch? Die Furcht hält unsere Herzen umklammert. Die Furcht vor der Dunkelheit, vor den Schatten, vor dem Vergessen.
Wir alle sahen das Skelett vor der Tür. Ein Mann, den weder Orks noch das Feuer oder das Eis oder andere Gewalt der Natur bezwingen konnten. Nein... es war die Furcht.
Was könnte stärker sein als sie, die alle zu bezwingen vermag, wie stark sie auch sein mögen. Die Hoffnung, das Licht?
Das glaubte ich einst, ich, in all meiner Naivität und Gutgläubigkeit. An diesem Ort sind die Schatten zu groß, als dass Licht sie durchdringen könnte, genauso steht es mit der Furcht.
Welch Wahnsinn trieb mich an diesen Ort? Welch Irrglaube brachte mich dazu, meinen Gefährten zu erlauben mir zu folgen? Habe ich sie nicht alle mit mir ins Verderben geführt?
Wie konnte ich nur hoffen, die Toten würden mir folgen? Die Toten, die Vergessenen, die Verfluchten und Verbannten! Glaubte ich tatsächlich, ich könnte stärker sein als der Tod selbst, nur weil ich Isildurs Erbe bin?
Ihr Valar, welch Irrsinn! Welcher Wahnsinn ritt mich?
Es war die Furcht.
Die Furcht vor der Dunkelheit, die in mir wuchs. Vor einer Dunkelheit, noch größer und schrecklicher als der Tod.
Und nun treibt sie uns alle immer weiter voran, immer tiefer in die Schatten.
Weise Menschen sagten einmal, die Liebe sei größer als der Tod und alles Leid. Doch ist sie auch größer als die Furcht? Ich weiß nicht, ob ich auf diese Frage eine Antwort erfahren will.
Unsere Schritte hallen laut an den Wänden wieder und doch scheint es still. Am liebsten würde ich laut aufschreien, nur um die Stille zu durchschneiden, doch sie ist stärker als ich und älter. Wie die Schatten, wie die Furcht.
Diese Gänge, diese Schatten, sie alle zeugen nur vom Vergangenen und Verlorenen. Überbleibsel aus Zeitaltern, an die sich nur noch die Alten und Weisen meines Volkes erinnern.
Auch die Schatten fürchten sich, fürchten sich vor dem vergessen werden, fürchten sich, in dem grauen Strom der Zeit vollends zu versinken.
So ist es mit allem Verlorenen. Es besteht, bis sich niemand mehr daran erinnert, um es aufrecht zu erhalten.
Du wirst gehen. Ich spüre es in der Luft, im Wasser, im Feuer. Die Sterne trauern um dich, Arwen. Wir beide haben Angst. Die Angst verbindet uns. Angst vor der Dunkelheit, die in uns wächst, Angst vor der Leere, Angst davor, dass unsere Liebe, die noch so strahlend scheint, ebenfalls versinkt und zu einem Schatten wird, bis sie vergessen ist und versunken.
Da ist es, das Ende des Tunnels. Dort steht der Stein von Erech, erhebt sich stolz und schwarz auf dem Hügel. Hier rief Isildur die Toten und noch immer lauern sie in den Bergen.
Ein Schatten liegt über diesem Ort, eine düstere Wolke der Angst, die in all der Zeit niemals verging.
Doch plötzlich dreht der Wind. Als ich hochblicke, sehe ich ein Loch in den Wolken und hindurch scheint sanft das Licht der Sterne.
Du kehrst zurück. Ein neues Leuchten tritt in meine Augen, als die plötzliche Gewissheit mich überkommt. Du bist zurückgekehrt, du wirst nicht gehen. Noch nicht. Ich werde dich wiedersehen.
Ich klammere mich an diese plötzliche Hoffnung wie ein Schiffbrüchiger im Meer an ein treibendes Holzstück.
Ja, es gibt noch Hoffnung. Für einen Moment verblasst der Schatten.
Ein Licht scheint in mir zu leuchten wie tausend Sterne und meine Gedanken sind wieder klar und mein Mut groß. Ich sehe mein Ziel wieder, ich sehe das Licht am Ende des dunklen Tunnels.
Noch ist nicht alles verloren.
Hell und klar schallt das Horn hinauf in die Berge und durchbricht die Stille und die Schatten. Die Furcht muss weichen. Ich weiß nun, dass ich mich geirrt habe. Sie ist stark, die Angst, und sie vermag eines Menschen Herz zu verfinstern, sie führt Verrat, Unglück und Elend herbei, doch wir vermögen sie zu bezwingen.
Noch sind die Toten nicht vergessen. Es gibt uns und wir gedenken ihrer. Unsere Gedanken machen sie lebendig.
Ihr Toten, ich rufe euch zum Stein von Erech, denn ich bin Isildurs Erbe! Ihr Toten, ich rufe euch euren Eid zu erfüllen!
TBC...
