Zusammenfassung: Eine Serie von Mißgeschicken bei der Jagd nach Dämonen läßt Kagome an ihren Fähigkeiten als Miko und ihren Aufenthalt im Mittelalter nach Narakus Vernichtung zweifeln. Sie ist überzeugt, ohne sie wären ihre Freunde besser dran und in einem verwzeifelten Moment spricht sie einen verhängnisvollen Wunsch aus, den das Juwel ihr erfüllt...

1. Kapitel

Kagome starrte gedankenverloren ins Feuer. Ihre Hand umschloss das Shikon no Tama, das sie um ihren Hals trug. Jedes mal wenn sie das Juwel berührte, konnte sie die Macht spüren, die von ihm ausging. Es tröstete sie. Seit einem Jahr war sie die Hüterin des Juwels der vier Seelen, und hatte somit die Nachfolge von Kikyou übernommen. Naraku war endgültig besiegt worden, Kikyou hatte ihren Frieden gefunden und einige Freunde hatten im letzten Kampf gegen Naraku ihr Leben geopfert: der Wolfsdämon Kouga, der kleine Bruder von Sango und Kikyous Schwester Kaede. Außer Kagome waren alle bei dem großen Showdown schwer verletzt worden. Doch ihre Unversehrtheit hatte einen hohen Preis verlangt: Kouga und Kaede hatten sie mit ihrem Leben beschützt und nur aus diesem Grund war sie noch am Leben. Nun fühlte sie sich für die Menschen aus Kaedes Dorf verantwortlich und hatte für sich beschlossen, das kleine Dorf vor Dämonen zu beschützen. Doch zuerst war sie in ihre Zeit zurückgekehrt, um die Schule zu beenden und seit einem Monat lebte sie nun im mittelalterlichen Japan. Ihre Freunde waren in der Zeit wieder genesen und waren bei ihr geblieben, um sie in ihrer neuen Aufgabe zu unterstützen. Fast täglich waren sie in Kämpfe mit Dämonen verwickelt, die alle ihre gierigen Hände und Krallen nach dem Shikon no Tama ausstreckten. Doch während ihre Freunde, allen voran der Halbdämon Inu Yasha, ihren Beitrag in der Beseitigung der bösen Dämonen leisteten, hatte sie in dieser Zeit keinen einzigen Dämon vernichtet. Ihre reinigenden Pfeile waren nicht mehr so mächtig wie vor dem Kampf mit Naraku, sie waren sogar noch schwächer als bei ihrem ersten Abenteuer vor vier Jahren.

Ich bin die Reinkarnation einer mächtigen Priesterin und trage das Shikon no Tama und ich bin im Kampf ein jämmerlicher Versager. Wir hatten in dieser Woche jeden Tag einen Angriff und was habe ich ausrichten können? Nichts! Sogar Shippo hat gestern einen Dämon erledigt, während ich mal wieder von Inu Yasha gerettet werden musste.

Der Eidechsendämon war ein eher schwacher Gegner gewesen, was die Sache noch schlimmer machte. Als er das Dorf angriff, hatte Kagome sich ihm in den Weg gestellt und war bereit, ihn mit ihren Pfeilen ins Jenseits zu schicken. Ab diesem Zeitpunkt war auf einmal alles für sie schief gelaufen. Der Bogen brach in ihren Händen entzwei und im nächsten Moment hatte Inu Yasha sie schon außer Gefahr gebracht, in sicherer Entfernung abgesetzt und sofort Shippo zur Hilfe geeilt, der den Dämon erst durch seine ‚Vermehrung' verwirrt und anschließend mit einer perfekten Imitation von Kagome ihn zum knochenfressenden Brunnen gelockt hatte, Inu Yasha ihn mit einem Hieb Tessaigas getötet und anschließend seine Überreste dem Brunnen überantwortet wurden. Sie war hinterher so frustriert gewesen, dass sie Inu Yasha gleich mehrere ‚Osuwari' entgegengeschleudert hatte. Verständlicherweise war der Hanyou danach ziemlich sauer gewesen und beachtete sie seitdem nicht mehr und hatte sich auf einen Baum zurückgezogen.

Was soll ich nur tun? Ich verstehe das nicht, so dämlich habe ich mich früher nie angestellt, warum läuft in letzter Zeit alles schief?
„Kagome? Ist alles in Ordnung?" Miroku saß ihr gegenüber und schaute sie aus seinen dunklen Augen mitfühlend an. „Ich glaube, ich gehe nach Hause", murmelte Kagome.

„Wann kommst du wieder?" Als sie nicht gleich antwortete, wurde er etwas unruhig. „Kagome?"

„Ich weiß es nicht. In ein paar Tagen."

„Es ist aber nicht wegen Inu Yasha, oder?"
„Warum muss es denn immer mit ihm zu tun haben, wenn ich nach Hause gehe?", fuhr sie den Mönch auf einmal ungehalten an. „Vielleicht brauche ich einfach mal eine Pause von alldem hier. Ihr kommt doch auch ohne mich zurecht, oder?" Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und machte sich auf den Weg Richtung Brunnen.

Als sie die Lichtung mit dem Brunnen erreicht hatte, wurde sie dort bereits erwartet. Dort stand, mit verschränkten Armen vor der Brust und einem finsteren Blick ihr halbdämonischer Freund. „Keine Sorge, in ein paar Tagen komme ich wieder", erklärte sie ihm recht lustlos und wollte an ihm vorbei laufen. Doch eine starke Hand umfasste ihr rechtes Handgelenk und hielt sie fest. „Kagome, was ist mit dir los? Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass du von dem Bannspruch Gebrauch gemacht hast und auch wenn ich es in der Vergangenheit meistens verdient hatte, verstehe ich nicht, was ich heute getan habe, um dich zu verärgern." Seine goldenen Augen sahen sie fragend an.

Sie lächelte müde. „Tut mir leid, es war falsch von mir. Es lag nur an mir. Ich verspreche dir, es wird nicht mehr vorkommen." Er schnaubte abfällig. „Ja, natürlich. Du hast wahrscheinlich nur auf eine Gelegenheit gewartet, von diesem verdammten Wort Gebrauch zu machen." Ihre nächste Handlung verblüffte nicht nur ihn. Kagome trat auf ihn zu, nahm die Bannkette in ihre Hände und zog einmal kräftig daran. Die Kette zersprang und die Perlen verteilten sich überall um sie herum im Gras. „Jetzt bist du endgültig frei, Inu Yasha." Er blinzelte sie verwirrt an. „Was zur Hölle sollte das denn jetzt?" Doch auf einmal war Panik in seinem Gesicht zu sehen. „Nein, Kagome, geh nicht! Was immer ich getan habe, es tut mir leid, aber geh nicht!" Kagome fand sich plötzlich in seinen Armen wieder, fest an seinen Körper gepresst. Sie entspannte sich und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Dir ist es nicht egal, wenn ich gehe?", fragte sie leise. „Natürlich ist es mir nicht egal, du Dummkopf! Wie kommst du nur auf so einen Gedanken?"

„Unsere Suche ist seit einem Jahr beendet, du brauchst mich doch nicht mehr. Und wenn du glaubst, ich würde dir das Juwel überlassen, dass du dich in einen Volldämon verwandeln kannst, kannst du lange warten. Dafür werde ich ihn dir nicht überlassen." Als er nicht sofort antwortete, befürchtete sie einen Moment lang, dass Inu Yasha sie von sich stoßen, ihr das Juwel entreißen und sie auslachen würde. Aber das war absurd. Statt dessen verstärkte er seinen Griff um sie. „Dummes Weib, ich habe dir doch versprochen, ein Hanyou zu bleiben", erwiderte er sanft. „Und jetzt sag mir, was du hast." Er sprach selten in diesem liebevollem Ton zu ihr und sie seufzte.

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe gedacht, wenn ich hier bleibe, werde ich glücklich sein, aber ich bin es nicht. Eine Versagerin bin ich, die es nicht einmal fertig bringt, einen niederen Dämon zur Strecke zu bringen.
Aber das würde er nicht verstehen.
„Ich bin nur müde und abgespannt." Er ließ sie wieder los. Enttäuschung stand in seinem Gesicht geschrieben. Enttäuschung über ihr mangelndes Vertrauen. Sein verletzter Blick brach ihr das Herz und sie berührte seine Wange. „Es liegt nicht an dir, du hast nichts falsch gemacht. Aber ich werde nie so gut wie Kikyou sein." Als sie ihre Hand wieder zurückziehen wollte, hielt er sie fest, die Augenbrauen ärgerlich zusammengezogen. „Was redest du da für einen Mist? Keiner von uns erwartet das..." Da schien er auf einmal zu verstehen. „Warum willst du auf einmal wie Kikyou sein? Du hast mir jahrelang in den Ohren gelegen, dass du nicht Kikyou bist und jetzt willst du wie sie sein?"
„Ich will nicht wie sie sein, aber ich bin doch ihre Nachfolgerin. Eine schwache Nachfolgerin." Ihr stumpfer Blick machte ihn wütend. „Du bist nicht schwach! Hör gefälligst auf, so einen Unsinn zu reden!"

„Okay, dann sag mir, wie viele Dämonen ich in der letzten Zeit erledigt habe." „Es werden schon ein paar gewesen sein, ist doch egal." So, wie sie es gedacht hatte, er verstand es nicht. „Keinen. Ich habe keinen Dämon erledigt, Inu Yasha. Ich stand nur im Weg und musste ständig von dir gerettet werden." „Das hat doch nichts zu bedeuten, das ist einfach nur Pech. Du hast doch in der Vergangenheit schon die mächtigsten Dämonen vernichtet oder uns mit deinen reinigenden Pfeilen gerettet. Also hör auf, so einen Scheiß zu reden." Aber die Furcht, dass sie ihn endgültig verlassen würde, stand noch immer in seinen Augen. „Danke, Inu Yasha. Ich weiß, du meinst es ehrlich, aber ich kann es im Moment nicht glauben. Ich muss erst mal eine Weile nachdenken."

„Na schön, aber ich komme in drei Tagen, wenn du bis dahin nicht wieder hier bist."

„Für was? Das Juwel ist vollständig, warum setzt du mich unter Druck?" Sein triumphierendes Lächeln war wie weggewischt. Diese Argument zog nicht mehr.
„Na, weil...weil...aus Gewohnheit", schnappte er beleidigt zurück. Für Kagome war die Diskussion beendet.

Warum sagst du mir nicht, dass du ebenso wenig längere Zeit ohne mich sein kannst, wie ich ohne dich? Kannst du nicht endlich los lassen? Kikyou hat doch ihren Frieden gefunden, warum zögerst du immer noch? Anscheinend bin ich für dich nicht mehr als eine Freundin.
Dieser Gedanke deprimierte sie noch mehr und ohne ein weiteres Wort sprang sie in den Brunnen und ließ einen verwirrten Halbdämon zurück.