5. Kapitel
Midoriko hatte sie in ein Dorf geführt, dass ihr völlig unbekannt war. Eigentlich war es nicht einmal ein Dorf, sondern eine kleine Reisfarm. Sechs Häuser standen in einem sechseck zusammen. Aber es war niemand zu sehen. Wahrscheinlich waren die Bauern auf den Feldern und arbeiteten. Suchend ließ Kagome ihren Blick schweifen und entdeckte in der Ferne vereinzelt kleine gebückte Gestalten. „Warum hast du mich hergebracht? Wer soll denn hier sein? Miroku?" Doch da fiel ihr Blick auf eine am Boden kauernde Gestalt. Sie kniete vor einem Grab. Diese Gestalt war ihr vertraut. Sie trug die gleiche Kleidung wie... „Inu Yasha?", hauchte sie leise und wollte zu ihm gehen. Doch auch dieses Mal hielt Midoriko sie zurück. „Hast du vergessen? Nur eine Beobachterin."
„Aber das ist Inu Yasha!"
„Und wenn es Buddah selbst wäre, du kannst nicht zu ihm gehen." Die Miko war unerbittlich.
Es kostete Kagome große Mühe, den Ruf ihres Herzens zu ignorieren. Ein Freund war in Not und sie durfte ihm nicht helfen. Hilflos ballte sie die Hände zu Fäusten und begnügte sich damit, ihn weiter zu beobachten. Aber je länger sie ihn betrachtete, umso unruhiger wurde sie. Da stimmte etwas nicht. Sein Körper wirkte so kraftlos, seine Haltung niedergeschlagen.
Ich sehe doch, wie er leidet. So kenne ich ihn gar nicht.
Seine schwarzen Haare wehten leicht im Wind.
Schwarze Haare? Es ist Tag! Und er ist ein Mensch! Aber natürlich, er hat das Shikon no Tama benutzt um ein Mensch zu werden, um mit Kikyou zusammen sein zu können.
Kikyou.
Sie verspürte abermals einen Stich in ihrem Herzen.
Doch wo war Kikyou? Wo blieb seine geliebte Kikyou, wenn es ihm offenbar schlecht ging? Er brauchte sie, selbst sie aus weiter Entfernung konnte das sehen.
Ärger brodelte in ihr auf. Inu Yasha einfach allein zu lassen!
„Kikyou ist tot", sagte Midoriko leise. Verstehen keimte ihn Kagome auf.
Das Grab, vor dem Inu Yasha kniete, war das von Kikyou!
Deshalb war sie nicht an seiner Seite.
Sie brauchte nicht einmal sein Gesicht zu sehen, um seinen großen Schmerz zu spüren. Das genügte Kagome, um alle Regeln dieser Reise zu brechen. Niemand würde sie davon abhalten, zu ihm zu gehen. Ärgerlich schüttelte sie Midorikos Hand zur Seite. „Es ist mir egal, ob ich nur beobachten darf, er braucht meine Hilfe! Und wage es ja nicht noch einmal, mich aufzuhalten!", fuhr sie die erstaunte Miko wütend an. Kagome musste sich sehr zusammenreißen, um nicht einfach kopflos zu ihrem Freund zu rennen. Shippos Reaktion hatte sie noch deutlich vor Augen. Plötzlich wurde sie unsicher. Was, wenn er sie auch zurückwies?
Das würde ich nicht ertragen.
Ein paar Meter vor ihm blieb sie unschlüssig stehen. Doch ihre Unsicherheit verflog, als sie ihn leise weinen hörte. „Inu Yasha?" Sie sprach leise und sanft, um ihn nicht zu erschrecken. Sofort hörte er auf zu weinen. Er wischte mit seinem Ärmel über sein Gesicht. „Was willst du?", fragte er und versuchte, wie immer, hart und unerschütterlich zu klingen. Doch sie hörte nur die Stimme eines Mannes, dessen Herz gebrochen war. Kagome schluckte. War sie darauf vorbereitet? Inu Yasha war immer so stark gewesen, manchmal etwas zu unsensibel und jetzt saß er wie ein kleines Häuflein Elend vor ihr?
Er drehte sich zu ihr herum. Sie wich vor seinem Blick ein paar Schritte zurück. Seine menschlichen, braunen Augen waren von Trauer getrübt, sein Gesicht eine starre Maske, das jegliche Lebendigkeit verloren hatte. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Tränen brannten ihr in den Augen, während Inu Yasha sie anstarrte und sein Gesicht immer weißer wurde. Er stand auf und kam langsam auf sie zu. „Es tut mir so leid, Inu Yasha!", brach es aus Kagome plötzlich heraus und umarmte ihn. Sie schlang ihre Arme um seinen Oberkörper und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. „Wie...wie kann...es dir leid tun? Ich...ich war nicht stark genug, um dich beschützen zu können." Er schloss seine Arme um sie. Das leichte Zittern in seiner Stimme schockierte sie. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich wieder gefangen hatte. „Red nicht so einen Unsinn, du hast mich immer beschützt, sogar als Mensch, auch wenn du damit manchmal übertrieben hast, du leichtsinniger Idiot!" Sie hörte ihn leise lachen und spürte, wie er sanft ihren Kopf streichelte. „Fang du nicht auch noch an, Kikyou."
Kagome erstarrte. Er hielt sie für Kikyou? Er hielt sie für Kikyou!
Natürlich hielt er sie für Kikyou, sie sahen sich ähnlich. „Es tut mir leid, aber ich bin nicht Kikyou", murmelte sie in sein Haori rein. „Wer solltest du sonst sein? Das ist ein Traum und...au! Was soll das?" Er ließ sie augenblicklich los, weil sie ihn gekniffen hatte. Beleidigt rieb er sich seinen linken Oberarm. „Verdammtes Weib, was soll das?", fuhr er sie an. Kagome strahlte. Das war ihr Inu Yasha. Doch sein grimmiger Ausdruck verschwand sofort, was sie etwas irritierte. Er lächelte überglücklich. „Sag mir, wie konntest du zurückkehren?"
Er glaubte immer noch, sie wäre Kikyou! Aber dieses Mal konnte sie ihm nicht böse sein. Sollte sie ihm überhaupt die Wahrheit sagen? Er wirkte so glücklich und zufrieden. „Ich habe versprochen, immer an deiner Seite zu bleiben", antwortete sie. Vorsichtig streckte er seine Hand aus und berührte ihre Wange. „Das muss ein Traum sein." Kagome schloss die Augen und legte ihre Hand auf seine.
Ja, das muss ein Traum sein. Auf diese Weise hast du mich noch nie berührt. Auch wenn du Kikyou berührst und nicht mich.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, war sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Seine braunen Augen schienen in ihre Seele blicken zu können und sie konnte nichts weiter tun, als ihn mit großen Augen anzustarren und atemlos abzuwarten, was er tun würde. Plötzlich beugte er sich zu ihr herunter und presste seine Lippen auf ihre. Völlig überrumpelt ließ sie ihn gewähren. Wie hätte sie sich auch seinen warmen, weichen Lippen entziehen wollen. Sie war enttäuscht, als er seinen Kopf hob und sie wissend ansah. „Wer bist du, Mädchen?", fragte er ruhig. Noch völlig benebelt von seinem sanften Kuss, blinzelte sie ihn verwirrt an. „W..was? W..wie?"
„Du bist nicht Kikyou, also wer bist du?", wiederholte er sanft.
Sie brauchte einige Minuten, um sich zu sammeln. „Mein Name ist Kagome."
Er lächelte wieder. „Tut mir leid, Kagome, ich wollte mich nur vergewissern." Aus Gewohnheit heraus, flammte Ärger in ihr auf und die Worte waren heraus, bevor sie es zurückhalten konnte. „Osuwari!"
Nichts geschah.
Natürlich nicht, er trug nicht die Bannkette. In seiner menschlichen Form stellte er keine Gefahr mehr dar. Statt dessen sah er sie fragend an. „Ich soll mich setzen?" Er begann zu lachen. „Ich bin doch kein Hund!" Er beruhigte sich wieder.
„Ist ja nicht zu übersehen, dass du kein Halbdämon mehr bist." Die Enttäuschung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Neugierig sah er sie an. „Woher kommst du? Niemand hier weiß über meine Vergangenheit bescheid, dass ich einmal ein Halbdämon war. Wer hat dir das gesagt?"
Sie wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte. Bis ihr das offensichtliche in den Sinn kam. „Kikyou hat mir davon erzählt."
Er nickte wissend. „Eure Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend. Bist du mit ihr verwandt?"
„In gewisser Weise."
„Komisch, wieso hat sie von dir nie gesprochen?" Dieses Mal begnügte sie sich mit einem wütenden Blick, doch ihre Wut verrauchte schnell wieder. Es war aus seiner Sicht gesehen tatsächlich eine berechtigte Frage. „Wir standen uns nicht sehr nahe", antwortete sie ausweichend. Er umfasste ihr Kinn und zwang sie, in anzusehen. „Was verschweigst du mir, Mädchen? Da ist doch etwas, das du mir nicht erzählen willst?" Midoriko hatte recht, es war ein Fehler gewesen, zu ihm zu gehen.
Aber er hat meine Hilfe gebraucht! Es geht ihm schon viel besser!
„Du willst es mir nicht verraten, auch gut."
Ein gellender Schrei schreckte beide auf. „Wer war das?"
„Einer meiner Arbeiter! Wir werden wieder angegriffen!", rief Inu Yasha und lief in eines der Häuser und kam bewaffnet mit Pfeil und Bogen wieder heraus. „Was...was willst du denn damit?", fragte Kagome erstaunt. „Den Dämon töten."
„Kannst du damit überhaupt umgehen? Gib sie mir, ich werde ihn mit einem Schuss vernichten." Sie wollte ihm die Waffen aus der Hand reißen. „Was soll das? Finger weg! Natürlich kann ich damit umgehen, ich hatte die beste Lehrerin, die es jemals gab!", fuhr er sie an. „Kikyou", murmelte Kagome.
„Richtig, und jetzt verschwinde. Du bist nur leichte Beute für ihn. Geh wieder nach Hause, Mädchen." Er drehte sich um und marschierte in die Richtung, aus der die Schreie kamen.
„Und was willst du gegen ihn ausrichten? Du hast ja nicht mal Tessaiga!"
Er blieb stehen und drehte sich langsam zu ihr um. „Woher weißt du von Tessaiga?"
„Ich...ich...Kikyou hat es mir erzählt."
„Dafür, dass ihr euch nicht sehr nahe gestanden habt, weißt du erstaunlich viel. Besonders über Dinge, die selbst Kikyou nicht wusste! Du wartest hier, ich habe noch einige Fragen an dich." Das tiefe Grollen in seiner Stimme war nicht zu überhören gewesen. Doch er war schon weg. Entsetzt beobachtete Kagome, wie Inu Yasha mit Pfeil und Bogen den großen Bärendämon angriff, der nun aus dem Wald ausbrach.
Er hat gegen ihn keine Chance! Wie will er ihn ohne Tessaiga oder seinen Klauen dieses Monster besiegen? Dieser Idiot! Ich brauche schnell ein paar Pfeile und einen Bogen.
Kagome lief in das gleiche Haus, in das auch Inu Yasha gelaufen war und fand dort tatsächlich, was sie suchte. Sie schnappte sich die Waffen und rannte raus, nur von dem Gedanken beseelt, Inu Yasha zu helfen. Doch als sie am Ort des Kampfes angelangt war, war der Dämon gerade dabei, Inu Yasha in der Luft zu zerreißen. Er war in seiner riesigen Pranke gefangen, unfähig sich zu bewegen. Entschlossen legte Kagome ihren Pfeil an und schoss. Der Pfeil schoss glühend auf den Dämon zu, traf ihn am Kopf und vernichtete ihn. Inu Yasha fiel schwer verwundet zu Boden. Wie schlimm die Verletzung wirklich waren, bemerkte sie erst, als sie bei ihm war. Sie kniete äußerst besorgt neben ihm nieder. „Inu Yasha!" Er hatte eine große klaffende Wunde am Bauch, die ihm sehr große Schmerzen bereitete. Mit großer Anstrengung öffnete er seine Augen und sah sie an. „Du bist Kikyou."
„Wir müssen dich verarzten. Kannst du aufstehen?"
„Mit einem Loch im Bauch? Verdammt, dieses Mal hat es mich voll erwischt." Er biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerzen aufzuschreien. Für Kagome war das nicht akzeptabel. „Willst du schon aufgeben? Na los, ich werde dich stützen!" Die Verzweiflung in ihrer Stimme brachte ihn zum Lächeln. „Machst du dir solche Sorgen um mich, Mädchen?"
„Hör auf mich so zu nennen, mein Name ist Kagome und ich bin kein Mädchen mehr!" Sie spürte unbändige Wut in sich aufsteigen. Warum weigerte er sich aufzustehen? Er würde sonst...sie schüttelte den Kopf, daran durfte sie nicht einmal denken.
„Nein, bist du nicht." Er zog scharf die Luft ein, als eine neue Schmerzwelle ihn überrollte.
Kagome liefen bereits Tränen über die Wangen. Inu Yasha lag im Sterben und das schlimmste daran war: er wollte sterben. Sie spürte es. „Inu Yasha, bitte. Lass mich nicht zurück. Bleib bei mir." Er lachte wieder, musste aber husten. „Bevor ich gehe, sag mir bitte, wer du wirklich bist. Woher wusstest du von Tessaiga? Du kannst es nicht von Kikyou wissen, sie wusste nichts davon. Es...es ist ein wohlgehütetes Geheimnis und ich habe nie jemanden davon erzählt." Kagome seufzte resigniert auf. „Irgendwie läuft alles falsch. Ich wollte doch nur, dass alle glücklich sind! Hätte ich bloß nie diesen verdammten Wunsch geäußert!"
„Aber ich bin glücklich", flüsterte er.
Fassungslos sah sie ihn an. „Du...du...wirst..." Sie konnte diese furchtbaren Worte nicht aussprechen und sie hatte nicht mehr die Kraft, stark für ihn zu sein. Sie gab nach und weinte bitterlich. Da spürte sie seine Hand, die sich langsam in ihre schob. „Du vergießt Tränen, wegen mir? Du kennst mich doch gar nicht, oder sind wir uns schon in einem anderen Leben begegnet?"
Sie drückte seine Hand leicht. „Ja, sind wir. Ein Leben, das ich dummerweise aufgegeben habe." Gegen ihren Willen musste sie lächeln. Was würde er nur von ihr denken?
„Erzähl mir davon." Überrascht sah sie ihn an. „Bist du sicher?"
„Ja, es lenkt mich ab."
Sie versuchte sich zu beruhigen. „Du bist ein Halbdämon und zusammen mit unseren Freunden haben wir die Splitter des Shikon no Tama gesucht und Naraku vernichtet. Er war ein böser Dämon, der dich, Sango und Miroku und Kikyou verraten und belogen hat."
„Splitter des Shikon no Tama?" Trotz seines schlechten Zustandes, brachte er es fertig, entsetzt zu klingen.
„Ja, ich habe es bei meinem ersten Besuch zerstört. Kurz nachdem wir uns das erste Mal begegnet sind." Ihr war dieser Zwischenfall, der ihr ganzes Leben verändern sollte, immer noch etwas peinlich. Deshalb erzählte sie schnell weiter. „Du...der andere Inu Yasha war am Anfang ganz schön gemein zu mir, aber mit der Zeit...habe ich..." Sie war nicht fähig weiter zu sprechen. „Du hast dich in ihn verliebt", vollendete er ihren Satz. Sie nickte nur. „Und er?"
„Ich weiß nicht. Er spricht selten über seine Gefühle."
„Was ist denn das für ein Idiot."
„Es...es hat mit Kikyou zu tun. Sie wurde von Naraku getäuscht und dann getötet, was er sich nie verziehen hast. Deshalb war sein Herz nicht frei für...ist ja auch egal." Sie verstummte. Das Gespräch war in eine Richtung gegangen, das ihr nicht behagte. Er schien es zu bemerken. „Erzähl mir von euren Abenteuern", sagte er und bohrte nicht weiter nach.
„Bist du verrückt? Hast du nichts besseres zu tun, als dir irgendwelche Geschichten anzuhören?"
„Nein. Bitte, erzähl mir, wie ihr euch das erste Mal begegnet seid."
Kagome seufzte und lächelte traurig. Wenn es sein letzter Wunsch war. Und dann begann sie ihre Geschichte zu erzählen. Nach und nach fühlte sie sich dabei besser. Doch entging ihr bei ihrem Eifer, das plötzliche erschlaffen seiner Hand, die immer noch in ihrer ruhte. „Und so habe ich das Juwel zerstört. Willst du die Geschichte noch weiter hören?" Fragend sah sie ihn an. Seine Augen waren geschlossen. „Inu Yasha?"
Er war doch sicherlich nur eingeschlafen.
„Inu Yasha?"
Leichte Panik erfasste sie und vorsichtig schüttelte sie ihn. „Inu Yasha!"
Er ist nur eingeschlafen, weil er so erschöpft ist, ich muss ihn sofort behandeln. Inu Yasha ist stark, er kann einfach nicht sterben.
Sie richtete seinen Oberkörper auf, der sofort in sich zusammensackte und gegen sie fiel. „Bitte, wach wieder auf, du bist zu schwer für mich, alleine kann ich dich nicht tragen."
Er reagierte immer noch nicht.
„Du verdammter Kerl, wach endlich auf! Du musst mir helfen!" Sie schüttelte ihn dieses Mal heftiger.
Er ist tot, flüsterte die kleine Stimme der Vernunft ihr zu, doch sie weigerte sich das zu akzeptieren. Ein letztes Mal versuchte sie mit aller Kraft ihn hochzuziehen. Das war doch Inu Yasha, wie oft hatte sie schon gedacht, er wäre tot und war quicklebendig wieder vor sie getreten.
Aber er war jetzt kein Halbdämon mehr.
Verzweifelt brach Kagome mit dem leblosen Körper ihres Freundes zusammen, presste ihn an sich und weinte.
Da spürte sie eine warme, tröstliche Hand auf ihrer Schulter und als sie hochblickte, sah sie Midoriko. „Lass uns gehen, Kagome. Hier kannst du nichts mehr tun."
„Ich kann ihn doch nicht zurücklassen! Wenn er vielleicht doch wieder aufwacht..."
„Er wird nicht wieder aufwachen. Inu Yasha ist tot."
„Das ist alles meine Schuld", schluchzte sie.
„Wir müssen alle einmal sterben."
„Aber nicht Inu Yasha!" Sie wusste, wie irrational das klang, aber verdammt...es war Inu Yasha! Der starb doch nicht so einfach!
Sie fühlte sich plötzlich sehr erschöpft. „Was...was ist mit Miroku? Vielleicht geht es ihm besser." Midorikos Schweigen gefiel ihr nicht. Kagome hob ihren tränenverschleierten Blick. „Was ist mit ihm? Wird er auch sterben?"
„Er wurde niemals geboren. Sein Großvater wurde nicht von Naraku verflucht, also sah er keine Notwendigkeit darin, Nachkommen zu zeugen."
Kagome schloss ihre Augen. Ihre ganze Welt war auf den Kopf gestellt. „Ich kann nicht glauben, dass so eine grässliche Kreatur wie Naraku, soviel guten Einfluss auf unser Leben haben kann."
„Was ist ‚gut', Kagome? Deine Freunde kennen dieses andere Leben nicht. Wie kannst du beurteilen, was für sie gut, und was schlecht ist?" Die Umgebung um sie herum verschwand und mit ihr auch Inu Yasha. Sie waren wieder von pinkfarbenem Licht umgeben. „Verstehe. Ich habe versucht, das Schicksal zu ändern, und das ist falsch."
„Nicht ganz. Es ist falsch, das vergangene ändern zu wollen, weil alles im Leben einen bestimmten Sinn hat. Natürlich liegt die Zukunft in unseren Händen, aber wenn die Zukunft einmal Vergangenheit ist, darf es nicht mehr geändert werden."
„Was nutzt mir das jetzt? Ich habe einen Fehler gemacht und jetzt ist es zu spät."
„Nein, ist es nicht." Midorikos Widerspruch verwirrte sie.
„Aber ich habe mir doch gewünscht...und dann bin ich hier gelandet...ist die Zukunft jetzt nicht Vergangenheit?"
„Nein, was du gesehen hast, war die Gegenwart, nicht die Zukunft. Außerdem war es nicht dein Herzenswunsch."
Kagome stockte der Atem. „Was...was willst du damit sagen?"
„Dies sollte nur eine Lektion für dich sein. Damit du wieder zu dir selbst findest. Du warst so verwirrt und hast geglaubt auf diesem Wege dein Problem lösen zu können. Das Juwel sollte nicht für selbstsüchtige Zwecke eingesetzt werden, du hast gesehen, welche fatalen Folgen das haben kann. Du bist jetzt die Hüterin des Juwels. Achte darauf und vor allem, welcher Wunsch damit erfüllt werden soll. Das ist keine leichte Aufgabe, an der schon viele gescheitert sind. Aber ich bin zuversichtlich, dass du diese Aufgabe meistern wirst."
Kagome blinzelte mehrere Male, bevor sie begriff, was Midoriko gerade gesagt hatte. „Soll das heißen, Shippo erinnert sich an mich, Sango hat diesen blöden Prinzen niemals geheiratet, sondern Miroku und Inu Yasha...lebt?" Sie würde gleich platzen vor Freude.
„Ja, und jetzt kehre zurück." Midoriko löste sich wieder auf. „Ach, und dein Hanyoufreund wurde von meinem Bannkreis getroffen. Du musst ihn wieder davon erlösen", setzte Midoriko amüsiert hinzu.
„Was meinst du? Er ist doch nicht verletzt?", fragte Kagome besorgt.
„Nein, er schläft tief und fest."
„Und wie soll ich ihn wecken?"
„Folge deinem Herzen."
