Nachdem sie die Splitter des Kugelschreibers vollständig eingesammelt hatte ging sie zurück in ihr Quartier und schmiss sie in den Mülleimer. Immer noch verwirrt und überrumpelt von dem was Harm getan hatte setzte sie sich auf ihre Koje und starrte perplex die Wand an.

Was war das für eine vollkommen idiotische Aktion gewesen... Gestern hatte er sie noch so im Regen stehen lassen und sie Idiot war auf und davon – auf einem Flugzeugträger. Das war ja so typisch gewesen...

Und dann heute Morgen – noch nicht einmal wach gewesen war sie, als er sie überrumpelt hatte.

Und dann?

Einfach abhauen, nachdem er völlig kalt vor sie hingestanden war und ihr in einem SACHLICHEN (augenverdreh) Tonfall erklärt hatte das er sie ebenfalls liebt. Einfach umgedreht und gegangen. Was sollte man von so einer Aktion halten? Hatte er sich nur lustig über sie gemacht, wollte er mit ihr Spielen, war das alles ein Scherz und er lachte sich jetzt ins Fäustchen?

Etwas klarer im Kopf drehte sie sich um und starrte kurze Zeit auf den geöffneten Laptop der auf dem winzigen Tischchen stand.

Soll ich?

Ja, ich soll!

Sie stand auf und setzte sich an den Tisch, betätigte den Powerknopf und wartete darauf, dass der PC endlich hochgefahren wäre.

Sie klickte auf ihr Emailprogramm und begann hastig zu tippen.

To: harmon.rabbjag.mil

From: sarah.mackenziejag.mil

Subject: Zu den Vorfällen auf dem Flugzeugträger

Harm,

sag mal, was war das denn heute morgen? Einfach zu sagen du schreibst den Bericht, ohne mich auch nur mit einem Wort zu fragen, dann haust du ab, ohne wirklich etwas gesagt zu haben, das mich auch nur ein Stückchen weiterbringen könnte das alles zu verstehen.

Fakt ist, dass ich keine Ahnung habe, was das alles sollte. Gestern überstürzt sich alles und heute noch mehr. Ich komme einfach nicht hinterher. Könntest du mir das bitte mal erklären?

Mac

Sie starrte das eben geschriebene an und bevor sie es sich noch mal anders überlegen konnte drückte sie auf senden.

Wie paralysiert saß sie danach auf ihrem Stuhl und starrte auf den flimmernden Bildschirm.

Harm saß derweilen im Hubschrauber und wunderte sich über sich selbst...

Was war das bitte für eine verquere Aktion die du dir da geleistet hast? fragte er sich selbst und wusste keine Antwort darauf.

Plötzlich veränderte das Rattern der Rotorblätter sich und Harm spürte, wie sie absackten.

Mit einer vagen Vermutung, was es damit auf sich haben könnte schnallte er sich ab und machte sich auf den kurzen weg ins Cockpit.

„Hey, was ist los..." richtete er sich an den Copiloten.

„Es gibt Probleme mit den Rotorblättern, wir wissen nichts genaues, ausserdem sind wir noch nicht weit weg vom Träger. Es wäre besser zurückzufliegen und nachzuprüfen ob es gefährlich werden könnte."

„Ok, ich setze mich wieder nach hinten." Harm verschwand wieder im Frachtraum.

Lass es uns bis zum Träger schaffen... betete er in Gedanken.

Zur gleichen zeit auf der Brücke des Flugzeugträgers

„XO, wir haben hier eine Meldung des Transporthubschraubers, der vor 8 Minuten ausgecheckt hat. Sie haben Technische Probleme und kommen zurück." Teilte der Funkoffizier mit.

„Wissen wir genaueres?" Hakte der XO nach...

„Nein Sir, sie vermuten das etwas mit den Rotorblättern nicht in Ordnung ist."

„Danke, Connors. Ich sage dem Skipper Bescheid."

5 Minuten später auf der Brücke

„XO, was genau ist los?" erkundigte sich der Skipper.

„Wir haben Meldung von Technischen Problemen, die den SH-60 Sea Hawk Hubschrauber betreffen. Sie sind auf dem Rückflug hierher, dauert noch ungefähr 2 Minuten. Ich habe das Flugdeck zum Teil räumen lassen.

„Wer ist alles an bord des Hubschraubers?" zog der Skipper weitere Erkundigungen ein.

„Die Stammbesatzung, bestehend aus den beiden Piloten, dann noch ein Frachtoffizier und einer der beiden JAG Anwälte."

Nach einem kurzen Moment des Überlegens befahl der Skipper: „Geben sie Admiral Chegwidden Bescheid."

„Aye Sir."

Nach einer weiteren Minute war Chegwidden informiert worden und die Brücke wartete auf den Anflug des SH-60.

Langsam erholte sich Mac einigermaßen. Suchend blickte sie sich in ihrem Quartier um... mit einem Hauch von Angst stellte sie fest, das ihr das Atmen immer schwerer viel und sich die Wände auf sie zu zu bewegen schienen.

Mit dem Bedürfnis nach frischer Luft stand sie auf und verließ den Raum um sich auf den Weg zum Krähennest zu machen.

Als sie das Schott öffnete und hinaustrat stellte sie erstaunt fest, das das Flugdeck fast leergefegt war.

Das ist komisch fuhr es ihr durch den Kopf... Da stimmt was nicht...

Sie durchforschte in Gedanken die letzten 10 Minuten.

Anscheinend hatte sie irgendetwas nicht mitbekommen.

Besorgt geworden machte sie sich schnurstracks auf den Weg zur Brücke.

Direkt nachdem das Gespräch mit Admiral Chegwidden beendet worden war öffnete sich das Schott und Mac trat ein. Vor dem Skipper stellte sie sich Ordnungsgemäß auf.

„Sir, bitte um Erlaubnis offen sprechen zu dürfen." Bat sie.

„Erlaubnis erteilt." Kam die Antwort von dem.

„Sir, wie ich auf dem Weg gehört habe, hat der Transporthubschrauber, mit dem mein Kollege vor kurzem abgehoben ist technische Probleme und wird zurückkommen?" Ihr Gesicht war etwas blasser als sonst.

Die Konfrontation mit Harm und ihren Gefühlen würde gleich stattfinden, falls sie es sicher bis auf das Flugdeck schafften... Zumindest fast gleich.

Auf ihrem Weg hierher hatte sie das Gespräch zwischen zwei Soldaten aufgeschnappt, die kurz in der Funkzentrale vorbeigesehen hatten, als die Notmeldung eintraf.

Derweilen in der SH-60

„USS Seahawk für SH-60 bitte kommen, ich wiederhole, USS Seahawk für SH-60 bitte kommen..."

„USS Seahawk hört?"

„Wir fliegen jetzt das Deck an... Bitten um Landeerlaubnis..."

„Landeerlaubnis erteilt... Das Flugdeck ist geräumt worden... Over."

„Verstanden, bitten um Landeeinweisung..."

Harm hörte nur die hälfte des Gespräches mit an. Er schenkte ihm auch keinerlei Beachtung. Was hatte er nur wieder für einen Bockmist verzapft...

Wenn er auf der Seahawk geblieben wäre, dann müsste er jetzt auch nicht darum bangen heil auf dem Flugdeck anzukommen...

Auf dem Weg bis zur Seahawk waren sie fast jede halbe Minute abgesackt... Und das hatte absolut nichts mit eventuellen Turbulenzen auf sich gehabt.

Auf der Brücke

„Das ist richtig, sie werden gleich landen..." der Nachsatz falls sie es bis hierher schaffen hing unausgesprochen in der Luft.

Zwischenzeitlich hatten die Piloten nämlich gemeldet, das die Rotorblätter in immer kürzeren Intervallen raunzten und sie immer öfter die Kontrolle verloren.

„Danke Sir..." Murmelte Mac und stellte sich wieder ordnungsgemäß auf.

„Wegtreten." Wurde sie auch prompt entlassen.

Wie im Traum bahnte sie sich ihren Weg durch die Massen an Personal die alles auf einen möglichen Notfall vorbereiteten.

Kurz nachdem sie die Brücke verlassen hatte fing sie an zu rennen, solange, bis sie am Rande des Flugdeckes stand, verdeckt in den Schatten, das sie niemand sehen und wegbringen würde.

Ängstlich sah sie sich um und erkannte, wie der Hubschrauber schon sehr nahe am Flugdeck angekommen war und es würde nicht mehr lange dauern, bis das Landemanöver einsetzte.

Hätte sie hinterher jemand gefragt, was passiert war, sie hätte es nicht sagen können, alles war getrübt und sie hatte ihren Blick nur auf den Hubschrauber und die Landefläche konzentriert.

So zuckte sie zusammen und sog etwas die Luft ein, als der Hubschrauber nur noch ca. 7 Meter über dem deck schwebte und plötzlich durchsackte.

Unkontrolliert kippte er zur Seite, als mehrere Rotorblätter aus ihren Halterungen rissen und schlug auf dem deck auf.

Beim Aufprall splitterten die restlichen Rotorblätter und die Halterung drehte sich ohne weiter.

Die Splitterteile fegten über das Flugdeck und man konnte froh sein, dass das deck evakuiert und geräumt war.

Mac lehnte sich erschöpft und voll angst an den kalten Stahl hinter ihr und rutschte daran zu Boden, unfähig etwas dagegen zu tun.

Gleich nach dem Aufprall der SH-60 strömte das Löschteam und das Bergungsteam auf das Flugdeck um einen möglichen Brand zu verhindern und die Insassen zu bergen.

Macs Gedanken überschlugen sich...

Er kann mir das jetzt nicht antun... Nicht, wenn ich nicht klarheit habe... er kann mir das einfach nicht antun...

Da der Hubschrauber aufgehört hatte, mit Einzelteilen um sich zu schmeißen, konnte die Bergungsmannschaft ungehindert ihre arbeit tun.

Die Türen ließen sich nicht wie Normal öffnen, da sie verformt waren und sie begannen sie zu öffnen.

Keine 15 Minuten später hatten sie es geschafft und gingen auf eine erste Inspektion um nachzusehen ob alle Insassen noch am leben waren.

Das Cockpit war größtenteils verwüstet und die Piloten hatten starke äußerliche Blessuren.

Im Frachtraum waren mehrere Halteseile gerissen und die Kisten, die sie gesichert hatten, waren beim Aufprall aufgeplatzt und hatten ihren Inhalt überall verteilt.

Mitten im Chaos aus Stahlsplittern und Kartoninhalten lag Harm bewusstlos auf dem Boden, eine dicke Platzwunde am Kopf, aus der das Blut in nicht geringem Tempo herausquoll.

Die Berger befanden, dass die Piloten vorrang hatten, da sie schwerer verletzt zu sein schienen. Es dauerte 5 Minuten, bis sie sich an die Transportvorbereitungen machten.

„Ma´m, geht es ihnen nicht gut?" Ein Sanitäter kniete neben Mac auf dem Boden und sah sie besorgt an.

„Haben sie sich verletzt als der Hubschrauber abstürzte?"

Er hatte sie gleich gesehen, als er um die Ecke gehastet war um dem Bergungsteam bei der Versorgung der Insassen zu helfen, nachdem bekannt worden war, dass alle überlebt hatten... Vorerst.

„Ja, mit mir ist alles in Ordnung..." sagte sie abwesend und richtete sich auf. Mit Unglauben starrte sie auf den Hubschrauber, konnte gerade erkennen wie andere Sanitäter mit zwei Tragen über das Deck gehastet kamen um die Personen zur Krankenstation zu transportieren.

Auf der Stelle drehte sie sich um und rannte zu ihrem Quartier.

Sie wollte nicht erfahren dass er beim Absturz ums leben gekommen war... aber ebenso wenig wollte sie mit ihm sprechen, falls er ihn überlebt haben sollte...

Er ist schon öfter abgestürzt und hat es immer geschafft... redete sie sich ein und versuchte ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.

Es gelang ihr nicht.