5. Endlich Freitag
Einer unspektakulär verlaufenen Sprechstunde war eine angenehm ruhige Nacht gefolgt.
Diese wurde jäh vom sprachbegabten Wecker unterbrochen. "Alarm!" schreit dieser "Alarm, Außerirdische haben Hogwarts übernommen!". Severus setzt sich ruckartig auf. "Nänänänänä!" macht der Wecker "War ein Witz!".
"Öh" schnaufte der Meister der Zaubertränke und läßt sich wieder fallen. Dann entscheidet er sich wider besseres Wissen für's Aufstehen.
Der Freitag ist leider der unangenehmste Tag der Woche. Er beginnt gleich mit einer Doppelstunde Potter-Gryffindor/Malfoy-Slytherin. Snape nimmt das als böses Omen für den ganzen Tag. Missmutig schlurft er in die Dusche und ruft: "Limone - Gingko!". Die Dusche gehorcht nicht gleich, versucht es erst mit Leberwurst und dann mit Kiwi, aber zum Schluss spurt sie doch.
Das MagiPhon ist auch heute wieder keine Enttäuschung. "Guten Morgen!" kräht die DiscHex, "Wir bringen heute einen äußerst umstrittenen Titel von Tom & the Riddles!"
Snape seift und singt:
"Eddie waited till he finished high school
He went to Voldemort, got a tattoo
He met a girl out there with a tattoo too
The future was wide open
Into the great wide open,
Under them skies of blue
Out in the great wide open,
A rebel without a clue"
Irgendwie kommt er aber heute nicht in Stimmung. Er hat noch einige unangenehme Dinge zu erledigen. Er muss zum Beispiel Grangers Mutter über das Fellyton sprechen. Dummes Sache das.
Inzwischen sitzt das Trio am Frühstückstisch. Hermione erzählt gerade über ihre Erlebnisse im Kerker. "Und dann" sagt sie gerade "stöpselte er die Gitarre aus und produzierte nebenbei eine schmerzhafte Rückkopplung. Vorher klang er aber gar nicht so schlecht." Harry schüttelt den Kopf. "Sag mal Hermione, kann es sein, dass du irgendwie Probleme mit der Wahrnehmung hast? Du hat uns jetzt allen Ernstes erzählt, dass Snape im Kerker E-Gitarre gespielt hat. Ich glaube dein Hirn ist etwas - nun ja - überreizt. Das kannst du unmöglich erlebt haben."
Ron nickt heftig und schiebt sich noch mehr Rührei in den Mund. "Du redest von Snape. Dessen einziges Hobby ist Kinderquälen und vielleicht noch Giftmischen." Hermione schmollt wieder. "War ja klar, dass ihr mir nicht glaubt. Fragt doch Malfoy, ob der was weiß." "Das fehlte noch." erwidert Harry.
Inzwischen kommt das Objekt ihres Gesprächs griesgrämig durch die große Halle geschlichen. Man sieht schon, dass heute nicht gut Kirschen essen ist.
Er schaut in ihre Richtung und verdreht kaum merklich die Augen. Dann lässt er sich auf seinen Platz fallen und winkt die Kaffeekanne heran.
"Du hattest gestern Besuch von einer Gryffindor in deiner Sprechstunde?" fragt Minerva wie beiläufig. "Warum?". Snape schaut sie verschlafen an. Worauf will sie hinaus? "Sie wollte einen Rat für ihre zukünftige Laufbahn." brummt er dann unbestimmt. "Ach ja?" "Ach ja?" äfft er sie nach. "Vielleicht konnte ich ihr ja ausnahmsweise mal einen Rat geben?" er wird ärgerlich. "Schon gut." beruhigt sie ihn "Nimm es als Kompliment. Sie hat mir anvertraut, dass du mit ihren Eltern sprechen willst. Ist das wahr?" Snape mümmelt hilflos an seinem Toast und nickt. "Ah." meint Minerva "Du solltest hingehen. Das Gebrülle durch das Fellyton ist irgendwie - niveaulos."
Hölle. Aber sie hat natürlich recht. "Ich mache das in meiner Freistunde, nach Eins." murmelt er betrübt und verflucht sich für seine Gutmütigkeit. "Ich habe dir zwei Stunden freigeschaufelt." erklärt sie lächelnd. "Keine Eile, mein Lieber." Er stöhnt leise vor sich hin.
Kurz nach dreizehn Uhr appariert er in einer kleinen Seitenstraße neben der Zahnarztpraxis in Henley on Thames. Er wirft noch einen prüfenden Blick auf seine Verkleidung, alles Muggel, schwarzer Anzug, weißes Hemd. Nun gut, er sieht ein wenig aus wie ein Mitarbeiter eines Beerdigungsinstiutes, aber das soll jetzt mal egal sein.
Er biegt um die Ecke und betritt die Praxis. An der Empfangstheke sitzt eine stark geschminkte Blondine, die gerade lautstark mit einer Freundin telefoniert. "Ja, ich sag dir doch, er hat Schluss gemacht! Einfach so! Ja!"
Snape klopft ungeduldig auf den Tisch. Die Blondine wirft ihm einen gereizten Blick zu. Snape macht eine unwillkürliche Bewegung, um seinen Zauberstab aus dem Ärmel zu holen. Die Blondine bedeutet ihm, dass er sich setzen soll. Snape stöhnt und murmelt "Blöde Muggel!". In dem Moment öffnet sich die Tür und eine weißgekleidete Dame mit extrem buschigen Haaren erscheint. "Dr. Granger?" fragt Snape höflich. Die Dame schaut ihn an und fragt zurück: "Sie sind der Professor meiner Tochter?" Snape nickt eifrig, froh endlich aus dem Vorzimmer herauszukommen.
Mrs. Granger führt ihn in ihr Behandlungszimmer und bietet ihm einen Stuhl an. "Tut mir leid für das Umfeld hier, aber wir sind beide sehr beschäftigt, nicht wahr?" Snape beäugt misstrauisch die Folterinstrumente und nickt wieder. "Madam, ich bin gekommen, um mit Ihnen über Hermione zu sprechen. Sie hatten ihr gegenüber angedeutet, dass..." beginnt er behutsam.
"Angedeutet? Ich bin fuchsteufelswild. Wissen Sie, es ist ja alles gut und schön, mein Kind ist eine Hexe und geht nach Hogwarts. Aber, dass dort Krieg herrscht, meine Güte! Wer denkt denn an sowas!".
"Um." sagt Snape, "das ist natürlich erst mal ein Schock für Eltern, die unsere Welt nicht kennen..." Mrs. Granger schaut ihn verwundert an. "Was würden Sie denn sagen, wenn es plötzlich hieße, ihre Tochter ist eine Hexe?" erwidert sie. Snape zieht den Kopf ein. "Ich wäre sehr enttäuscht, wenn es nicht so wäre." antwortet er ehrlich.
"Ach ja." murmelt Mrs. Granger. "Wissen Sie, die Nachrichten, also die Muggelnachrichten sind voll von gräßlichen Bildern über Kriegsgebiete. Ich möchte einfach nicht, dass meiner Tochter etwas passiert." Snape schaut auf eine herumliegende Zeitung, die eine Explosion auf dem Titelblatt zeigt. "Verstehe." sagt er. "Gewalt und sowas." Sie schweigen beide einen Moment. "Wissen Sie," nimmt Snape den Faden wieder auf, "Bei Zauberern ist das nicht so - blutig. Wir murmeln einen Spruch und alles ist vorbei." Mrs. Granger schaut ihn empört an. "Das ist für mich aber kein Trost." bemerkt sie. Snape zuckt mit den Schultern. "Schauen Sie, Ihre Tochter möchte gern ihrem Freund Harry zur Seite stehen. Ich meine, die Mädels haben doch auch ihren Freunden geholfen während der Landung in der Normandie. Oder beim Blitz." Triumphierend hat er seine beiden Kenntnisse der Muggelhistorie untergebracht. "Den Kindern passiert schon nichts." ergänzt er halbherzig. "Unheimlich tolle Zauberer beschützen sie." Er zwingt sich zu einem Lächeln.
Mrs. Granger läßt sich dadurch nicht beeindrucken. Im Gegenteil. Sie murmelt etwas über "Reparaturbedürftig. A7 unten und B8 oben."
"Ihre Tochter möchte gern Zaubertränke studieren. Wussten Sie das?" fragt er, um vom heiklen Kriegsthema wegzukommen. "Nein." antwortete sie. "Ist das so etwas wie Pharmazeutik?" Snape ist drauf und dran zu protestieren, überlegt es sich aber anders. "Ja. So ähnlich." antwortet er. "Wo studiert man das?" fragt Mrs. Granger scharf. "Bei einem Meister." antwortet Snape. "Lange, harte Lehrzeit. Angesehener Beruf." "Ah ja." antwortet Mrs. Granger nicht ganz überzeugt. "Wo gibts so einen Meister?" fragt sie noch schärfer. "Äh, also äh, ich zum Beispiel." stottert Snape und fühlt sich wieder einmal überrumpelt. Mrs. Granger nickt.
"Sie würden meine Tochter also unterrichten? Und Sie haben keine -- äh - Absichten?" fragt sie noch mal nach. "Um Merlins Willen! Ich bin - ich bin - nicht - an Frauen - interessiert." bringt Snape mit Mühe heraus. Der Gedanke, Miss Granger an der Backe zu haben, bringt ihn aus der Fassung. "Was denken Sie nur von uns Zauberern!" Mrs. Granger schaut ihn mit wissendem Blick an. "Man hört und liest so Einiges!". Snape bekommt rötliche Ohren. "Aber ich vertraue Ihnen." meint Mrs. Granger jovial und geht an einen kleinen Schrank. Dort holt sie zwei Gläser und eine Flasche Sherry heraus. "Trinken wir auf die blendende Zukunft meiner Tochter!" sagt sie. Snape kann nicht ablehnen und nimmt einen ordentlichen Schluck. "Schmeckt ein bisschen wie TLP." bemerkt er. "Was?" fragt Mrs. Granger. "Total leckere Plörre." antwortet Snape automatisch. Sie grinst. "So nennen wir das auch!" sagt sie begeistert. "Sie dürfen mich Jane nennen." Snape grinst zurück. "Severus." sagt er. "Servus?" "Nein, Severus, das ist mein Name!" "Sachen gibts."
Ende Kapitel 5
Der Song:
Ist natürlich "Into the great wide Open" von Tom Petty & Heartbreakers.
Ich Servus, Du Jane. Zum Glück hier keine Alternative. Aber ich denke drüber nach.
