Kapitel 3
Sie entschieden sich dafür, sich wie Harry ihrem dritten Schuljahr unter einem der Tische zu verstecken, wobei sie darauf achteten, das ganze Lokal im Blickfeld zu behalten. Glücklicherweise war das ‚Drei Besen' mitten in der Woche fast leer. Bloss an einem Tisch in der Ecke sass ein älterer Zauberer mit schäbiger, altmodisch aussehender Robe, Buckel und angegrautem Haar und hielt ein Glas mit Feuerwhisky umklammert, als wäre es das Kostbarste auf der Welt. Er schien schon leicht angetrunken zu sein und murmelte ununterbrochen mit dem Glas vor sich. Madame Rosmerta, die Eigentümerin des ‚Drei Besen', stand hinter dem Tresen und polierte an ein paar Gläsern herum, während sie immer wieder halb misstrauisch, halb bedauernd zu ihrem einzigen Kunden hinschielte.
Zuerst hatte Ron vermutet, dass dies Snape in Verkleidung war, doch Hermine und Harry hatten diese Idee bald leise murmelnd verworfen. Immerhin waren sie ganze zwanzig Minuten zu früh. Und selbst wenn sich Snape so verkleidet hätte wäre es kaum vorstellbar, dass er sich so betrinken würde, und wie der Mann dort einen Feuerwhisky nach dem anderen herunterstürzte, als wäre es nichts als Sirup.
Ron jedoch hielt an seiner Vermutung fest und sagte ihnen, dass es erstens weniger verwunderlich wäre, als dass Snape schwul war, und andererseits ein regelmässiger Kater in Folge regen Alkoholgebrauchs auch sein üblich sonniges Gemüt erklären würde. Worauf ihm Hermine flüsternd eingeschärft hatte, dass wohl ein Zaubertränkemeister noch ein Gegenmittel für einen Kater brauen könne.
Spätestens, als sie anfing ihm einige mögliche Zaubertränke, samt ihren Rezepten aufzuzählen, hatte er aufgehört ihr zu widersprechen.
Zwanzig Minuten, eine neue Flasche auf dem Tisch und eine Ermahnung Rosmertas, dass diese die letzte sei, später, war der einzige Gast in dem Lokal noch immer der alte Zauberer.
„Snape ist nie zu spät", flüsterte Harry.
„Vielleicht kommt er ja nicht", antwortete Hermine verunsichert.
„Oder er sitzt schon lange betrunken am Tisch..."
Rons geflüsterte Worte wurden vom Klingeln über der Tür unterbrochen. Sofort schnellten all ihre Köpfe hoch und erwartungsvoll blickten in sie die Richtung des Eingangs.
Ein Zauberer, Anfang dreissig mit schütterem sandbraunem Haar, spitzer Nase und eckiger Brille betrat den Raum und blickte sich nervös um, während seine Hände vor seinem Körper krampfhaft den Versuch zu machen schienen, ein Taschentuch zu erwürgten.
„Hallo, junger Mann", begrüsste ihn Rosmerta freundlich aber bestimmt.
Der Zauberer schien den Wink zu verstehen und setzte sich mit etwas zu ruckartigen Bewegungen an einen Tisch, nahe bei der Tür. „Ei...einen Kürbissaft, bitte", sagte er noch immer nervös, während er immer wieder, mit so übertriebener Mühe unauffällig zu sein, zu dem alten Zauberer schielte, dass es einem auffallen musste.
Die nächsten Minuten vergingen damit, dass der Alte sich weiter betrank und der jüngere Zauberer, je länger er zu ihm hinüber schielte, immer nervöser und unwilliger wurde.
Um viertel nach neun, kurz bevor Harry ernsthaft in Betracht zog die anderen zur Rückkehr zu bewegen, öffnete sich die Vordertür erneut und eine grossgewachsene Gestalt unter einem schwarzen Kapuzenumhang trat hinein.
Harry fühlte, wie sich die anderen sofort versteiften und auch er wurde wieder ganz aufmerksam.
Der Neuankömmling hob die Arme, schob die Kapuze zurück und enthüllte sein Gesicht.
Es war Snape.
Er war tatsächlich gekommen, was endgültig eines bewies: Severus Snape, allgemeines Ekel der Schule, war stockschwul. Harry grinste erneut breit. Der taschentuchwürgende Mann an seinem Tisch atmete erleichtert aus, als er Snape entdeckte und besah ihn mit offenem Interesse von oben bis unten.
Na ja, dachte Harry, im Vergleich zu dem Besoffenen war Snape wahrscheinlich wirklich die bessere Alternative, aber auch nur ein klein wenig.
Snape beachtete den ihn offen musternden Mann nicht mit mehr als einem bösen Verziehen seiner Lippen und lief stattdessen zu einem Tisch in einer Ecke des kleinen Raums, nicht weit von ihnen entfernt, und setzte sich dahinter. Im Gegensatz zu dem Mann vorhin war sein Rundblick im Lokal um einiges subtiler.
Madame Rosmerta näherte sich mit einem freundlichen Lächeln.
„Was für eine Überraschung, Sie hier zu sehen, Professor Snape. Darf ich Ihnen das übliche bringen?"
Snape nickte knapp und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Seine Augen waren an die gegenüberliegende Wand geheftet, doch plötzlich überkam Harry ein Gefühl, als ob er beobachtet würde. Er biss sich auf die Unterlippe. Snape konnte doch wohl ihre Anwesenheit nicht mit Okklumentik erfühlen, oder?
„Der trifft sich doch tatsächlich in aller Öffentlichkeit hier mit Malfoy oder anderen Interessenten", flüsterte Ron.
„Na und? Die werden ja wohl kaum hier gleich wild rumknutschen", antwortete Hermine, die damit beschäftigt war, eine Haarsträne, die sich an einem losen Holzsplitter am Tischbein verfangen hatte, zu befreien, ohne, dass der Tarnumhang verrutschte.
„Urgh. Hermine. Bitte. Ich übergebe mich gleich."
Harry ignorierte die Beiden und beobachtete, wie Rosmerta Snape einen Feuerwhisky brachte.
„So viel zu einem Snape, der nicht trinkt," hörte er Ron murmeln.
Der jüngere Zauberer schien immer nervöser zu werden und fasste sich schliesslich ein Herz. Mit einem Ruck, wobei er fast sein Glass Kürbissaft umstiess, stand er auf und trat neben Snapes Tisch.
„Entschuldigung."
Snape blickte ihn herablassend an und eine Augenbraue hob sich.
„Ähm, ich will dir nicht zu nahe treten, aber kann es sein, dass du der S. von der Kontaktanzeige bist? Du hast sicher meine Antwort gelesen."
Harry hielt die Luft voll Erwartung an und auch Hermine und Ron waren plötzlich stocksteif.
Snape erhob sich langsam wie in Zeitlupe, bis er, seine grössere Körperlänge nutzend, über dem jüngeren Zauberer aufragte. Sein Gesicht war bewegungslos, aber seine Augen verengten sich und glitzerten gefährlich. „Ich schlage vor, Sir, dass Sie sofort zur Tür rausgehen und nicht mehr zurückkommen", zischte er leise. Er lehnte sich etwas vor und seine Stimme wurde noch schneidender. „Und sollten Sie es jemals wieder wagen mich anzusprechen, oder auch nur sich mir zu nähern, dann können Sie froh sein, wenn Sie noch einmal die Gelegenheit erhalten zu verschwinden."
Es war absolut unmöglich Snape die Drohung nicht abzunehmen. Der junge Zauberer auf jeden Fall machte sofort einen Schritt zurück und seine Augen weiteten sich entsetzt, bevor er herumwirbelte, einige Geldstücke auf seinen Tisch warf und so schnell er konnte zur Tür hinaus eilte.
Harry blickte wieder zu Snape, doch entgegen dem, was er vermutet hatte, setzte sich der Mann nicht wieder hin. Er griff nur nach seinem Drink und stürzte ihn in einem Schluck hinunter. Dann machte auch er einige Schritte zum Eingang hin, blieb aber davor stehen und drehte sich gegen den Raum. Rosmerta musterte ihn mit einem Stirnrunzeln. „Professor, was..."
Snape hielt einen Finger vor seinen Mund. „Scht..."
Rosmerta verstummte sofort und beobachtete Snape, der sich nun mit geblähten Nasenflügeln und verengten Augen auf den Raum zu konzentrieren schien.
Harry brauchte genau eine Sekunde länger als Hermine um die richtige Schlussfolgerung aus Snapes Verhalten zu ziehen, denn noch bevor er etwas sagen könnte hörte er ihre gehauchten Worte: „Er sucht nach uns."
„Psst", zischte Ron angsterfüllt.
Wie ein Raubtier, das soeben seine Beute entdeckt hatte, spannte sich Snapes Körper an und er schien in die plötzliche Stille des Raums hinein zu horchen. Aber man musste es weder Harry noch seinen Freunden sagen, dass sie ruhig sein sollten. Die Angst hielt sie komplett im Griff und sie wagten kaum zu atmen. Snape wusste, dass sie hier waren und er war nun auf der Jagd nach ihnen.
Snape neigte seinen Kopf ein klein wenig zur Seite und wieder fragte sich Harry, ob er sie mit seinerLegilimentik aufspüren konnte. Und dann machte Snape einen Schritt von der Tür weg. Genau in ihre Richtung. Harry hoffte, dass dies bloss Zufall war, doch dann machte Snape einen zweiten Schritt und noch einen und irgendwie schien er immer sicherer zu werden, als ob er sie erspäht hätte.
Schliesslich stand er vor dem Tisch und ging einmal darum herum. „Ihr Schüler haltet mich doch nicht für so dumm, auf eine gefälschte Anzeige hereinzufallen. Ich weiss, dass jemand hier ist und wenn du auch nur noch das geringste Interesse daran hast auf Hogwarts bleiben zu können, dann zeige dich sofort."
Harry und Ron griffen gleichzeitig nach Hermines Arm, als sie eine falsche Bewegung machte, doch dabei stiess Harry mit einem Ellbogen gegen ein Tischbein und der ganze Tisch verrutschte mit einen wüsten Knarren.
Über Snapes Gesicht bereitete sich ein genüssliches, zufriedenes Grinsen und er beugte sich vor, um unter den Tisch zu greifen.
In dem Moment erklang vom anderen Ende des Raums ein lautes Klirren, gefolgt von einem Gescheppere, als wäre etwas Schweres zu Boden gefallen, und Snape schnellte hoch, seinen Zauberstab abwehrend erhoben.
Der alte Bucklige lag röchelnd, seine Hand gegen seine Brust gepresst, zwischen dem umgestürzten Stuhl und der zerbrochenen Alkoholflasche, um die sich deren Inhalt in einer ständig grösser werdenden Pfütze ausbreitete.
Harry packte die unerwartete Chance, fasste Hermines Arm fester und stiess ihren eigenen Tisch um, gerade auf Snape.
Dieser fing ihn gerade noch im letzten Moment mit einem Fluch auf den Lippen auf, bevor die Kante auf seine Zehen fallen konnte. Ron und Hermine reagierten nun auch und gemeinsam rannten sie so schnell sie konnten zum Hinterausgang.
Eilige Schritte, begleitet von wüsten Beschimpfungen Snapes, folgten ihnen sofort, bis diese von Rosmertas Stimme unterbrochen wurde.
"Professor Snape. Sie müssen helfen. Er hat einen Herzinfarkt."
Die Schritte verstummten und Snape schien einen Moment unentschlossen inne zu halten.
„Bitte Professor. Sie wissen, was zu tun ist. Er stirbt sonst..."
Snape fluchte noch einmal laut, aber dann entfernten sich seine Schritte und Harry, Ron und Hermine erreichten endlich die Tür und damit ihre Sicherheit.
„Mann, das war zu knapp!" sagte Ron, als sie wieder im Geheimgang waren, sein Gesicht noch immer rot von der Aufregung.
„Es war eine Falle. Seine Antwort und alles. Er wusste von Anfang an, dass die Kontaktanzeige gefälscht war", ergänzte Hermine.
„Denkt ihr, dass er mit Malfoy geredet hat?" fragte Ron.
Hermine schüttelte den Kopf. „Ich weiss nicht. Woher sollte er es sonst wissen. Aber ich kann es mir irgendwie nicht vorstellen, dass er mit Malfoy über so was geredet hat. Vielleicht kennt er Malfoy so gut, dass er sich sicher sein konnte, dass er es nicht war."
"Oder aber er liest im Geheimen den Quibbler und wusste, dass die Anzeige nur in einem Exemplar existierte."
„Kann ich mir nicht vorstellen", sagte Harry. „Und wer hat Malfoys Antwort geschrieben?" Irgend was an der Sache stimmte nicht, aber er kam nicht drauf was es war.
„OH MEIN GOTT!" kreischte Hermine plötzlich und zerzauste sich mit beiden Händen die Haare.
„Jetzt dreht sie komplett durch", sagte Ron, doch Hermine blickte nun panisch auf den Boden und den Gang zurück, als ob sie etwas suchen würde. „Sie ist weg. Oh Gott, sie ist weg!"
„Was ist weg?" fragte Ron.
„Meine Haarnadel. Sie ist weg!"
Ron wechselte einen verständnislosen Blick mit Harry. „Na und?"
„Wir müssen zurück und sie holen", sagte Hermine angsterfüllt.
Harry versuchte sie zu beschwichtigen. „Ist ja nur eine Haarnadel, Hermine. Ich kaufe dir eine neue."
„Ihr versteht nicht! Ich hatte sie noch, als wir unter den Tisch krochen. Ich habe sie sicher verloren, als sich meine Haare am Tischbein verfangen haben."
Harrys und Rons noch immer verständnislosen Blicke schienen sie noch mehr aufzuregen.
„Snape wird sie finden!"
„Aber das ist doch egal, ausser du hast deinen Namen darauf geschrieben", sagte Ron und dann wich plötzlich alle Farbe aus seinem Gesicht. „Das hast du doch nicht?"
„Natürlich nicht, Ron, aber wenn sogar die Muggel die Identität eines Menschen aus einem einzelnen Haar heraus bestimmen können, was kann dann wohl ein Zaubertränkemeister tun?"
Nun begriff Harry, warum sie so panisch reagiert hat. „Oh Mist."
„Muggels können das wirklich?" fragte Ron verblüfft.
„Ron, bleib beim Thema", blaffte ihn Hermine an.
„Sorry", antwortete Ron kleinlaut. „Was sollen wir aber tun? Bis wir wieder im Lokal sind, wird er es schon gefunden haben. Er wird bestimmt nachsehen und den Tisch untersuchen gehen. Snape macht keine halben Sachen, wenn er was will."
"Wir gehen erst einmal ins Schloss und warten dort auf ihn. Wenn es sein muss stehlen wir die Haarnadel zurück, bevor er etwas damit anfangen kann", sagte Harry mit mehr Entschlossenheit als er empfand.
An die Reviewer:
Eigentlich sollte man ja nicht unbedingt hier mit den Reviewern kommunizieren, aber da ich heute Abend noch etwas hochlade, werde ich kaum Platz auf der Bio-Page haben und mache es halt trotzdem hier. Also alle ‚Psst', nicht weitersagen;-)
Loki Slytherin: Danke. Wäre sicher lustig gewesen, in Snapes Büro. Ausser für Draco:-P Die Annonce mit K stand unterhalb einer von einer rüstigen, tabulosen Achzigjährigen Hexe. Diese Annonce haben sie mit McGonagall in Verbindung gebrachtJ
Mina Harker Wilhelmina Murray: Danke auch Dir. Mine kann, denke ich, auch schon mal Slytherinisch denken.
Nics: Wow, was für ein Kompliment. Danke ganzrotwerd
Astraea: Danke auch Dir.
Avenna: Da hat schon wer was zu verbergen. Wirst bald sehen was.
Aaraglas16: Ich versuch die Fic in der nächsten Woche noch fertig hoch zu laden. Geschrieben ist schon alles.
Krieger des Wahnsinns: Lol. Das wäre wohl der Schock ihres Lebens, nicht?
Mohnblümchen: Das war wohl nichts mit Snape und Malfoy beim knutschen zu zu sehen:-D
Ralina: Hihi. Obwohl man sich inzwischen mit all den slash-fics ja eigentlich hätte an den Gedanken gewöhnen müssen. Ist eben alles eine Frage der Perspektive.
