Kapitel 5: Zurück nach Hogwarts

Die Weihnachtstage verbrachte sie in Ruhe mit ihren Eltern.

Drei Tage vor dem Jahreswechsel und fünf vor Schulbeginn stand Kolleen mit einem großen Koffer und noch vielen kleinen Paketen am Gleis 9 ¾ und wartete auf den Zug.

Gerade hatte sie ihren Koffer in eines der Abteile gebracht und unterhielt sich mit ihrer Mutter, als sie angerempelt wurde. Ein hellblonder Junge ging an ihr vorbei, neben ihm ein großer Mann mit weißblonden langem Haar. Irgendwie kam ihr der Mann bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht zuordnen.

„Hey Kolleen, hörst du mir überhaupt zu?"

„Oh entschuldige, ich war in Gedanken. Was ist denn?"

„Ich hab gefragt, ob du nicht vielleicht schon einmal gehen solltest. Der Zug fährt in einer Minute."

„Oh…Ja das ist wohl besser. Ich schick dir eine Eule, wenn ich da bin."

Ihre Mutter nickte und umarmte sie zum Abschied. „Pass gut auf dich auf!"

Kolleen lächelte. „Ja klar, mach ich doch immer!"

Sie stieg in den Zug und setzte sich in ihr Abteil. Nur wenige Schüler fuhren jetzt schon zurück und so blieb sie alleine. Kolleen genoss die Fahrt. Die Landschaft flog an ihr vorbei und mit ihr die Nervosität.

Es war schon lange dunkel, als der Zug hielt und wie gewohnt ließ Kolleen ihre Sachen im Abteil und stieg aus.

Hogsmeade lag unter einer dicken Schneedecke, der Bahnsteig war voller Schüler und zwischen den Älteren fiel sie kaum auf.

Auf dem Weg nach Hogwarts saß sie mit drei Siebtklässler in einer Kutsche. Niemand fragte, aber sie spürte deutlich die neugierigen Blicke.

Als sie das Schloss betrat, sah sie sich etwas hilflos um. Die Schüler eilten zielstrebig in ihre Häuser, nur Kolleen hatte keine Ahnung wohin.

„Miss Anderson! Hier oben!" Sie sah nach auf und entdeckte Professor McGonagall am oberen Ende der Marmortreppe und ging dann zu ihr hinauf.

„Schön, dass sie hier sind. Wie war die Reise?"

„Gut danke."

„Das freut mich. Kommen sie ich zeige ihnen ihre Räume."

Kolleens frühere Hauslehrerin ging die Treppe hinauf und dann zwei weitere und drei Flure nach rechts. Dann blieb die plötzlich vor einer Tür stehen, öffnete sie und machte eine einladende Geste. Kolleen folgte ihr und betrat ganz offensichtlich ein Büro, wenn auch ein sehr schönes. Es hatte Holzfußboden, ein großes Fenster und natürlich einen Schreibtisch und einige Regale.

„So, das ist ihr Büro. Zu den privaten Räumen geht es hier." Professor McGonagall öffnete eine Tür auf der rechten Seite und ließ Kolleen eintreten.

Es war zwar ein recht kleines Zimmer, aber dafür umso gemütlicher. Ein großer Kamin, mit zwei riesigen roten Sesseln davor, nahm fast eine ganze Seite des Raumes ein, die andere wurde von einem Fenster dominiert, neben dem noch ein kleiner Tisch stand. Am anderen Ende entdeckte Kolleen eine weitere Tür.

„Hier ist das Wohnzimmer und dort hinten Schlaf- und Badezimmer. Ich hoffe es gefällt ihnen."

„Gefallen? Es ist großartig!"

McGonagall lächelte.

„Schön. Ich denke ihr Gepäck wird im Schlafzimmer sein. Ich lasse sie jetzt alleine, wir sehen uns dann später beim Essen."

„Ja und danke für die kleine Führung." Die ältere Professorin nickte und verließ den Raum.

Kolleen ging weiter ins Schlafzimmer und fand tatsächlich ihre Sachen vor einem riesigen Himmelbett stehen, es war bestimmt doppelt so groß wie ihr altes im Gryffindorturm.

Als sie auf die Uhr sah, stellte sie fest, dass gerade noch genug Zeit sein würde die Sachen nach Schule und Privat zu sortieren, sich umzuziehen und dann zum Essen zu gehen.

Als sie dann eine Stunde später im Bad stand und sich die Haare kämmte, fiel ihr zum ersten Mal seit sie den Zug verlassen hatte Severus wieder ein.

In den letzten Tagen war er ihr immer wieder durch den Kopf gespuckt und gerade auf der Zugfahrt war die Angst ihn zu sehen gewachsen. So wie jetzt auch, aber nun kam auch noch die Unsicherheit dazu den Schülern und Lehrern zu begegnen und so war sie mindestens so aufgeregt wie an ihrem ersten Schultag, als sie die Große Halle betrat.

Es waren noch nicht viele Schüler da und auch noch nicht alle Lehrer.

Langsam, etwas zögerlich, ging sie auf den Lehrertisch zu. Professor Dumbledore erhob sich und lächelte ihr entgegen. Sie trat zu ihm herum.

„Willkommen in Hogwarts Miss Anderson, nein eigentlich sollte ich Professor Anderson sagen. Ich bin wirklich froh sie hier zu sehen." Kolleen lächelte etwas verlegen.

„Dort hinten ist noch ein Platz frei." Er deutete auf einen Stuhl am Ende des Tisches neben Professor Flitwick.

„Ja, danke." Sie setzte sich neben den kleinen Professor und ließ ihren Blick über die Schülertische wandern. Nur langsam füllten sich die Tische. Irgendwie sah sie alles mit ganz anderen Augen, als an Halloween. Interessierter und neugierig sie alle kennen zu lernen.

Ihr Blick fiel auf den leeren Platz neben sich und in dem Moment in dem ihr bewusst wurde wer dort saß, betrat dieser Mann in schwarzen Roben die Halle. Severus kam mit schnellen Schritten auf den Lehrertisch zu, doch als er sie erkannte sah man ein kleines Zucken durch seine Bewegung gehen.

Während viele der anderen Lehrer Kolleen neugierig ausfragten, würdigte Severus sie nicht mal eines Blickes.

Später, als sie alleine in ihrem Wohnzimmer saß, machte sie sein Verhalten gleichzeitig so wütend und traurig, dass sie unbedingt Abwechslung brauchte, um sicher zu gehen, dass sie nicht gleich in die Kerker ging um Severus die Meinung zu sagen.

Also begann sie ihre Schulsachen einzuräumen. Gegen zwei war sie damit fertig und endgültig so müde, dass sie ins Bett musste, wollte sie nicht im Stehen einschlafen.

Beim Frühstück wurde es nicht besser. Severus saß wie aus Stein gehauen neben ihr.

Es waren erst wenige Schüler wieder da, die Meisten würden erst nach Neujahr kommen. Am Slytherintisch fand sie den Jungen, der sie am Vortag angerempelt hatte. Er lachte gerade höhnisch und als sie seinem Blick folgte, sah sie einen rothaarigen Jungen bei den Gryffindors der gerade eine Eule von Müsli und Marmelade befreite. Auch wenn er ihr Leid tat musste sie schmunzeln.

„Severus?"

Er hob den Kopf und blitzte sie böse an.

„Was?", fuhr er sie an.

„Ich wollte nur wissen wer der blonde Junge da am Slytherintisch ist."

„Draco Malfoy", antwortete er genervt und wendete sich wieder seinem Essen zu.

Kolleen seufzte leise und dachte sich dann, dass er ja nicht ewig so weiter machen könnte, aber dann wurde ihr wieder bewusst wie Stur er war und wie sehr er könnte und würde.

Bald darauf verließ er ohne ein Wort die Halle. Kolleen sah ihm etwas gequält nach und spürte dann eine Hand auf der Schulter, sie sah auf und blickte in Professor Dumbledores freundliche blaue Augen.

„Haben sie Zeit für ein kurzes Gespräch?"

„Ja natürlich", antwortete sie und erhob sich, um Dumbledore in sein Büro zu folgen.

Nachdem sie sich gesetzt hatten, begann er zu sprechen: „Machen sie sich nichts daraus. Er ist manchmal, wie soll ich sagen, eigenwillig." Kolleen sah ihn etwas verwirrt an. „Ich weiß gerade nicht ganz was sie meinen."

„Professor Snape. Er ist nicht gerade freundlich zu ihnen."

Sie lächelte, wenn auch etwas gequält. „Ach, das ist man ja von ihm nicht anders gewohnt."

„Nun gut, sie sollten es nur nicht zu persönlich nehmen. Aber eigentlich wollte ich sie bitten mir kurz ihr Konzept für den Unterricht mitzuteilen."

Kolleen begann zu erzählen und als sie schloss war Dumbledore sehr zufrieden und mit einem leichten Hochgefühl verließ sie das Büro des Schulleiters.

Die Tage bis Sylvester war sie hauptsächlich mit den letzten Unterrichtsvorbereitungen beschäftigt, so dass sie nicht viel von Schülern und Lehrern sah.

Am Silvesterabend trafen sich alle Lehrer im Lehrerzimmer um gemeinsam zu feiern. Als Kolleen den großen Raum betrat fühlte sie sich wie immer etwas unwohl, irgendwie hatte sie sich an das Lehrerdasein noch nicht gewöhnt, aber vielleicht lag es diesmal auch daran, dass ihr als erstes Severus ins Auge fiel der mit missmutigem Blick an der gegenüberliegenden Fensterbank lehnte.

Doch schon bald war sie so abgelenkt, dass sie ihn fast vergessen hatte. Es war wirklich noch ungewohnt ihre ganzen alten Lehrer so locker und entspannt zu erleben und eigentlich selbst dazu zugehören.

Und Professor McGonagall leicht beschwipst mit Professor Dumbledore tanzen zu sehen war wirklich zu komisch. Doch wie es bei ihr meistens bei solchen fröhlichen Abenden war, kam der Punkt wo sie Ruhe und Abstand brauchte und nach einem Tanz mit Professor Lucans, dem neuen Lehrer für Muggelkunde, setzte sie sich auf eine der Fensterbänke und beobachtete das bunte Treiben.

Nach einiger Zeit merkte sie, dass ihre Stimmung keineswegs besser wurde und so beschloss sie zu gehen.

Nachdem sie sich verabschiedet und mindestens fünfmal für das frühe gehen entschuldigt hatte schloss sie seufzend die schwere Tür des Lehrerzimmers hinter sich und machte sich zu ihrem Büro auf den Weg.

Die nächsten Tage vergingen schnell und schon war der Abend vor Unterrichtsbeginn gekommen. Kolleen hatte alles vorbereitet und doch war sie ziemlich nervös als sie die Große Halle zum Abendessen betrat und alle Schüler dort sitzen sah. Noch mehr als in der Vergangenen Woche spürte sie die neugierigen Blicke auf sich.

Bevor das Essen begann erhob sich Dumbledore.

„Liebe Schüler und Schülerinnen, wie die meisten wohl schon bemerkt haben, hat sich hier am Lehrertisch etwas verändert. Ich freue mich euch Professor Anderson als neue Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste vorstellen zu können!"

Ein höflicher Applaus erfüllte die Halle und Kolleen lächelte verlegen.

Der Abend verging schneller als ihr lieb war und schon lag sie schlaflos vor lauter Aufregung im Bett. Zuerst würde sie die Fünftklässler haben und zwar Gryffindor und Slytherin. Herrje warum ausgerechnet die? Was wäre wenn sie sich gleich am ersten Tag total blamieren würde? Noch lange hielten diese Gedanken sie wach und erst gegen drei fand sie einen unruhigen Schlaf.