Kapitel 9: Schilde und Tränke

Der nächste Tag begann ungewöhnlich sonnig für die Jahreszeit und als Severus am späten Vormittag sich auf den Weg nach Hogsmeade machte, knirschte der Schnee unter seinen Füßen.

Als er aus dem Wald schließlich auf die helle Hauptstraße kam, war sie beinahe leer, bis auf eine Person die in der Nähe der „Drei Besen" stand.

Severus ging weiter, er wollte zur Apotheke die ein Stück hinter dem Pub lag. Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem Jungen an der Hand kam aus dem Pub.

Als der Junge die Frau ein paar Meter weit weg sah, lief er zu ihr und sprang ihr freudig rufend auf den Arm.

Mit einem leichten Schreck erkannte Severus Kolleen, er ging noch ein paar Meter weiter um das Ganze genauer zu sehen.

Kolleen nahm dem Mann lächelnd das Baby ab, nachdem sie den Älteren wieder abgesetzt hatte.

„Kümmerst du dich um die beiden? Ich muss noch etwas erledigen."

Kolleen nickte. „Keine Angst, so schnell gebe ich die beiden hier nicht wieder her."

„Na das dachte ich mir. Sehen wir uns dann heute Abend?"

„Ja, gerne. Ich mach hier eine kleine Sightseeing-Tour."

„Gut mach das. Tschüß ihr beiden Monster." Er verabschiedete sich von den Kindern und drückte Kolleen einen Kuss auf die Stirn.

Severus sah dem ganzen etwas verwirrt zu. Wer zum Teufel war das nur und wessen Kinder waren das?

Der Junge hatte tiefschwarze Haare und war um die sechs Jahre. Das Kind auf Kolleens Arm schien ein Mädchen zu sein, es war noch sehr jung, vielleicht ein Jahr alt.

Waren es etwa Kolleens Kinder? Aber der Junge war sicherlich nicht jünger als fünf oder sechs, dass würde……., war das denn möglich? Nein……! Er verdrängte den Gedanken aus seinem Kopf, zumindest versuchte er es.

Doch selbst als er ein paar Stunden später bei sich im Büro stand und einen Trank braute, ließ ihn diese Möglichkeit nicht los.

Was wäre denn wenn….? Vielleicht würde das auch ihr plötzliches Verschwinden erklären.

Wie auch immer, fragen würde er sie sicherlich nicht, denn sollte es so sein, hätte sie auch schon längst etwas sagen können.

Er seufzte und nahm den Kessel vom Feuer. So in Gedanken wie er war, hatte das keinen Sinn.

Kolleen kam erst spät wieder nach Hogwarts. Der Tag mit den Kindern hatte wirklich gut getan. Es war mal etwas anderes gewesen, als sich dauernd mit Severus zu streiten. Abgesehen von Draco Malfoy kam sie zwar auch mit allen Schülern gut zurecht, aber es war eben doch Arbeit und die Ruhe an diesem Tag hatte sehr gut getan.

In ihrem Büro war es kühl. Kolleen entzündete den Kamin und die Kerzen und setzte sich an ihren Schreibtisch.

Nun lag ein Stapel Aufsätze vor ihr, die noch dringend bis zum nächsten Tag korrigiert werden mussten. Kolleen seufzte, griff nach der Feder und nahm die erste Rolle Pergament. Nur langsam wärmte sich der Raum auf.

Als sie schließlich feststellte, dass sie häufiger ins Feuer starrte, als den gerade vor ihr liegenden Aufsatz zu lesen, beschloss sie ins Bett zu gehen und den Rest am nächsten Morgen zu machen.

Sie löschte die Kerzen und ließ den Kamin brennen, um am nächsten Morgen nicht zu erfrieren.

Der Wecker rasselte Kolleen unfreundlich und viel zu früh aus dem Schlaf. Nachdem sie ihn ausgeschaltet hatte, drehte sie sich grummelnd noch einmal um. Sie brauchte fast eine halbe Stunde um aufzustehen und nachdem sie schnell geduscht hatte, war ihr klar, dass das Frühstück für sie ausfallen würde.

Mit noch nassen Haaren setzte sie sich an den Schreibtisch und korrigierte die Aufsätze. Viel zu schnell verging die Zeit und eine halbe Minute vor acht kramte Kolleen ihre Sachen zusammen und ging nach nebenan in den Klassenraum. Die Schüler waren alle schon da, bis auf einen, aber darüber wunderte sie sich nicht weiter.

„Weiß jemand wo Mr. Malfoy ist?", wollte Kolleen von der Klasse wissen. Nur allgemeines Kopfschütteln.

„Gut. Ich habe eure Aufsätze fertig und ich muss sagen, dass zwar ein paar gut geworden sind, allerdings bei der Mehrzahl sich nicht viel Mühe gegeben wurde. Ich hatte gedacht Vampire würdet ihr interessant finden, aber scheinbar ist dem nicht so. Leider muss ich euch mitteilen, dass euch das nicht viel nützt, weil es trotzdem in der nächsten Arbeit dran kommen wird."

Einige Schüler stöhnten auf.

„Tja, das habt ihr euch selbst zuzuschreiben. Macht gleich anständig Hausaufgaben und dann passiert das nicht. Heute wollen wir uns aber mit etwas anderem beschäftigen."

Hermine Granger meldete sich.

„Ja, Miss Granger?"

„Professor, können wir keine Fragen mehr zu dem Thema stellen?"

„Sicherlich, in der Stunde vor der Arbeit. Außerdem war ihr Aufsatz mal wieder mit Abstand der ausführlichste. Ich würde mir keine Sorgen um Fragen machen, wenn ich sie wäre."

Hermine nickte zwar, schien aber nicht sonderlich überzeugt.

„Nun zum Thema der nächsten Stunden", begann Kolleen. „Wir werden einige Schutz- und Schildzauber besprechen und üben. Mir ist sehr wichtig, dass ihr bei allem gut zuhört. Einmal da es sehr wichtige Zauber sind, die euch im Zweifelsfall das Leben retten können und zum anderen, weil sie nicht einfach sind und ich keine Unfälle möchte. Schlagt also im Buch Seite 278 auf und lest die nächste beiden Seiten."

Tuscheln und das Rascheln von Büchern erfüllte den Raum. Kolleen wusste, dass es kein einfaches und auch etwas gewagtes Thema war. Aber es war gerade in der aktuellen Zeit etwas, was wirklich wichtig war und nicht warten konnte.

Die restliche Stunde sprachen sie über die verschiedenen Arten von Schildzaubern und übten schon mal im „trockenen" die Zaubersprüche.

Kolleen wusste zwar, dass Harry Potter den Patronus-Zauber beherrschte, aber sie ließ ihn ihn mit Absicht nicht vorführen. Die anderen Schüler würden ihn auch lernen wollen und es gab sicherlich einige die es in ihrem ganzen Leben nicht schaffen würden.

Kurz vor Ende der Stunde kam Draco Malfoy ganz entspannt in den Raum spaziert und setzte sich auf seinen Platz. Kolleen ignorierte ihn.

„Ihr habt keine Hausaufgaben, außer die Sprüche zu lernen. Übt sie auch laut, damit die Aussprache stimmt."

Die Schüler packten ihre Sachen und machten sich auf den Weg zur Tür.

„Mr. Malfoy! Bleiben sie bitte kurz hier."

Draco verdrehte die Augen und schlenderte zum Pult. Kolleen wartete, bis alle anderen gegangen waren.

„Warum waren sie zu spät?"

„Verschlafen", antwortete Draco gelangweilt.

„Ich weiß sie halten meinen Unterricht für furchtbar überflüssig, aber selbst sie könnten die nächsten Stunden etwas lernen. Ich erwarte in Zukunft pünktliche Anwesenheit in meinem Unterricht! 20 Punkte von Slytherin. Sie können gehen."

Draco zischte etwas vor sich hin und verließ den Klassenraum. Kolleen seufzte, der war wirklich hoffnungslos.

Der Unterricht in den nächsten Tagen verlief sehr gut. Mit allen drei Klassen ab der Fünften nahm sie Schildzauber durch, da es alle vorherigen Lehrer nicht getan hatten. Dem Großteil der Schüler schien es zu gefallen und sie lernte schnell.

Nach einem Tag mit vollen acht Stunden Unterricht am Stück, saß Kolleen müde und erschöpft am Hohen Tisch in der Großen Halle. Severus war noch nicht da, was ihr eine entspannte Mahlzeit bescherte. Auch wenn er sie weitestgehend ignorierte zurzeit, war doch eine konstante Spannung zwischen ihnen, die einfach kein ruhiges Essen zuließ.

„Professor Anderson?"

Kolleen drehte sich um. Madame Pomfrey stand neben ihr und lächelte sie an.

„Ja?"

„Könnte ich sie kurz sprechen."

„Natürlich." Kolleen stand auf und folgte der Krankenschwester aus der Großen Halle.

„Also es ist so", begann Poppy auf dem Weg nach oben in den Krankenflügel. „Eigentlich braut Professor Snape mir die Heiltränke, aber da er zurzeit sagen wir sehr viel arbeit hat, möchte ich ihn damit nicht noch zusätzlich belasten. Und da sie das auch können, wollte ich sie fragen, ob sie ihm diese Arbeit abnehmen könnten."

„Ja natürlich, kein Problem."

„Vielen Dank. Da bin ich sehr erleichtert. Es ist ja auch nicht so, als wären es Unmengen."

„Ich mach das gerne, das ist wirklich kein Problem."

„Oh…da wäre noch eine Sache…..Am besten sagen sie Professor Snape nichts davon."

Kolleen grinste schief. Ja, sie konnte sich vorstellen wie sehr Severus das gegen den Strich gehen würde. Sie tat das auch sicherlich nicht seinetwegen, sondern mehr um Madame Pomfrey einen gefallen zu tun.

„Hätte ich auch so nicht gemacht. Haben sie jetzt schon etwas für mich?"

Madame Pomfrey nickte und reichte ihr, als sie auf der Krankenstation angekommen waren, eine kurze Liste.

„Wenn sie noch Zutaten brauchen, fragen sie mich einfach."

„Okay. Bis morgen Abend sollten die Tränke fertig sein, soweit sie sie nicht schneller brauchen."

„Nein, das ist wunderbar."

„Gut. Einen schönen Abend noch!" Kolleen lächelte die Krankenschwester kurz an und verließ dann das Zimmer.

Gleich nachdem sie ihr Büro betreten hatte, fiel ihr der Stapel Arbeit auf ihrem Schreibtisch ins Auge. Sie beschloss, dass die Tränke bis zum nächsten Tag warten müssten.

Mit vier Flaschen auf dem Arm machte Kolleen sich am nächsten Abend auf den Weg zu Madame Pomfrey. Sie hatte den Weg schon beinahe geschafft, als Severus sie beinahe umrannte.

„Kannst du nicht aufpassen?", fuhr sie ihn an.

„Mach du doch deine Augen auf." Sein Blick fiel auf die Flaschen, seine Augen verengten sich ein Stück.

„Wo willst du hin?"

„Geht dich das irgendetwas an?"

„Wenn du meine Arbeit machst, geht es mich etwas an!"

„Ja? Gut, ich will zu Madame Pomfrey. Sie hat mich gebeten die Tränke zu brauen, damit du das nicht machen brauchst."

Kolleen fiel auf, dass er, wie so oft in den letzten Wochen, blass und müde aussah.

„Oh wie gütig. Und als nächstes machst du dann meinen Unterricht um mich zu entlasten oder wie? Ich denke ich kann selbst gut einschätzen wann es zu viel ist. Danke sehr!"

Er rauschte an ihr vorbei und war um die nächste Ecke verschwunden.

Ob sie sich jemals wieder normal unterhalten könnten? Aber zurzeit sah es nicht so aus, dabei machte Kolleen sich langsam wirklich Sorgen. Severus sah von Tag zu Tag schlechter aus. Beim Essen aß er fast nichts und oft schien er nicht viel geschlafen zuhaben. Die Gründe dafür konnte sie sich nur zu gut vorstellen. Und trotz der ganzen Streitereien war er ihr noch immer zu wichtig, als das ihr das egal sein könnte.

Seufzend ging sie weiter, um die Tränke bei Madame Pomfrey abzugeben.