Kapitel 15: Konfuse Zeit danach

Kolleen ließ die Bücher auf ihren Schreibtisch fallen und setzte sich auf den Stuhl. Die Begegnung eben war ihr so unangenehm gewesen….es schüttelte sie leicht allein bei dem Gedanken.

Kaum hatte sie sich überwunden endlich wieder mit der Arbeit anzufangen, als es an ihrer Tür klopfte.

„Ja!", rief Kolleen den Unbekannten herein.

Professor McGonagall betrat ihr Büro.

„Guten Tag, Professor Anderson. Ich hoffe ich störe nicht."

„Nein, gar nicht. Setzten sie sich doch." Kolleen lächelte sie höflich an.

Die Stellvertretende Schulleiterin setzte sich auf den Stuhl vor Kolleens Schreibtisch.

„Ich habe eine Frage an sie…."

„Ja? Worum geht es denn?"

„Madame Pomfrey geht es nicht gut und sie bräuchte gerade in der Nachtschicht Unterstützung, damit sie durchschlafen kann. Es wäre nicht für lange, nur drei vier Tage."

Kolleen lächelte. „Ja, kein Problem. Solange keine allzu schweren Patienten zu behandeln sind."

„Nein, laut Madame Pomfreys Aussage sollte nicht viel zu tun sein."

„Gut. Gleich heute Abend?"

„Ja, am besten."

„Gut, ich bin dann um acht da."

„Vielen Dank." McGonagall stand auf. „Dann machen sie sich noch einen schönen Tag."

„Danke, ihnen auch."

Kolleens frühere Hauslehrerin verließ das Büro.

Auch wenn sie gleich zugestimmt hatte, war Kolleen nicht allzu begeistert von der Sache. Das einzig gute war wohl, dass sie auf jeden Fall einen grossteil ihrer Arbeit so schon vor dem Ferienende fertig haben würde.

Den restlichen Tag versuchte sie möglichst entspannt zu verbringen und doch nicht zu viel zum nachdenken zu kommen.

Um kurz nach halb acht verließ sie mit einer dicken Tasche ihr Büro und ging zunächst nach unten in die Küche, um sie etwas zu essen mit zunehmen, und dann nach oben in den Krankenflügel. Beim Essen in der Großen Halle war sie den ganzen Tag nicht gewesen, aus Angst Severus noch einmal zu treffen.

Im Krankenflügel angekommen wurde sie freudig von Madame Pomfrey begrüßt.

„Es ist so nett, dass sie mir aushelfen, dann werde ich diese blöde Grippe hoffentlich endlich los. Aus irgendeinem Grund wirken die Tränke auch nicht ganz so wie sie sollten."

Kolleen lächelte sie an. „Das ist kein Problem. Es sind ja Ferien."

„Wenigstens etwas. Es sind auch nur zwei Patienten da und beide haben auch „nur" eine Grippe. Sie sollten also nachts nicht viel zu tun haben. Natürlich können sie sich auch schlafen legen. Ich zeige ihnen eben das Zimmer."

Die Krankenschwester führte sie in das kleine Zimmer in dem ein Tisch, ein Bett und eine Menge Regale voller Tränke standen.

„So, hier drüben stehen die Tränke gegen Husten und verstopfte Nasen, aber eigentlich sollten die beiden nichts mehr brauchen. Haben sie noch fragen?"

„Nein, danke. Ich schätze ich bin bestens informiert. Danke."

„Gut….sehr gut. Ja…ich…."

Kolleen unterbrach sie. „Es ist alles in Ordnung, Madame Pomfrey. Gehen sie ruhig ins Bett und werden gesund."

„Ja, sie haben Recht. Wenn etwas ist dann können sie mich wecken."

„Ja, wenn ich es nicht schaffe mach ich das. Und nun machen sie sich keine Sorgen."

Madame Pomfrey nickte und verließ das Zimmer. Kolleen setzte sich an den Tisch und packte ihr riesiges Essenspacket aus, gegen das sie sich mal wieder nicht hatte wehren können, weil die Hauselfen ihr so viel in die Hände gedrückt hatten.

Nach einem ausführlichen Abendessen, machte Kolleen sich daran ihre Arbeitsmaterialien auf dem kleinen Tisch auszubreiten, was ihr nur mit mühe gelang.

Es war keine sonderlich lange Zeit mehr bis zum Schuljahresende oder besser bis zu den Prüfungen, aber es schien ihr die Arbeitsintensivste Zeit. Sie musste sich wirklich ganz genau überlegen welches Thema sie wann durchnahm. Nebenbei mussten noch die Prüfungen vorbereitet, alles wiederholt und dann noch die letzten normalen Arbeiten geschrieben und korrigiert werden. Dieser Gedankengang verursachte bei Kolleen ein sehr mulmiges Gefühl von Panik in ihrem Magen.

Es vergingen sicherlich zwei Stunden in denen sie nur dabei war die groben Unterrichtspläne für die Klassen festzulegen, wobei nichts ausgearbeitet war und sie nur wusste, was sie noch behandeln wollte, aber noch lange nicht wie. Seufzend legte sie die Feder nieder und sah über den Haufen an Pergamentrollen und Büchern. Nachdem die große Teetasse aus dem Gewirr befreit und in ihrer Hand war, lehnte Kolleen sich zurück und gönnte sich eine kleine Denkpause.

Es kostete etwas Überwindung sich wieder an die Arbeit zu machen, doch schon nach kurzer Zeit war sie wieder konzentriert bei der Sache. Gerade als sie einen, wie sie fand, besonders cleveren Gedanken aufschrieb, klopfte es an der Tür. Noch im Schreiben bat sie die Person vor der Tür mit einem „Ja?" herein.

Ihr freundliches Lächeln, welches sie in Erwartung eines Schülers auf den Lippen trug, gefror abrupt, als sie sah wer da wirklich geklopft hatte.

„Hi. Was ist denn?" Kolleen bemühte sich möglichst neutral zu klingen.

Severus war offensichtlich im ersten Moment etwas verwirrt, fing sich aber schnell wieder.

„Hallo. Ist Madame Pomfrey nicht da?"

„Nein. Sie ist krank und schläft. Ich bin ihre Vertretung."

„Ja gut, ich kann die Tränke auch dir geben."

„Welche Tränke?"

„Grippemittel und noch ein paar Sachen, steht aber alles auf den Flaschen."

„Gut….ja…danke. Kannst du sie…ja wohin?" Kolleen sah sich ratlos um. „Stell sie doch da ins Regal."

Severus nickte und verstaute die sechs Flaschen auf einem der unteren Regalböden. Er wendete sich wieder zur Tür.

„Eine ruhige Nacht dann noch."

Kolleen war, von dem was sie tat, selbst überrascht. „Severus….warte…Ich meine…. hast du nicht noch etwas Zeit?"

Langsam drehte er sich wieder zu ihr, eine Augenbraue zu einem fragenden Blick nach oben gezogen. „Ich dachte eher, dass du viel zu tun hast."

„Ja, eigentlich schon. Das kann auch etwas warten. Setz dich doch…" Kolleen deutete auf den leeren Stuhl neben dem überfüllten Tisch.

Severus zögerte kurz und folgte erst dann ihrer Aufforderung. Er sah über den Tisch zu ihr hinüber.

„Du hast viel zu tun wie?"

„Ja, etwas. Aber bei dir wird es schließlich nicht weniger sein oder?"

„Ich habe das alles aber schon ein paar Mal öfter gemacht."

„Ach...ich denke das wird schon klappen, hoffentlich." Kolleen wich seinem Blick aus. Warum musste er sie nur so unsicher machen? Sie wusste doch, dass sie es schaffen würde, eigentlich zumindest.

Um Severus Mund zuckte ein Grinsen. „Daran habe ich gar nicht gezweifelt. Nachdem was du gestern erzählt hast läuft es doch gut."

„Hm ja. Es ist ganz okay." Kolleen wusste nicht recht was sie sagen sollte und vor allem nicht welche Gehirnwindung sie dazu gebracht hatte, ihn vom gehen abzuhalten.

„Man gewöhnt sich sehr schnell daran und im Juni ist auch alles wieder vorbei."

„Was? Woran gewöhnt man sich?" Dass Kolleen in Gedanken gerade in der vorherigen Nacht gewesen war und deshalb nicht zugehört hatte, ließ sich vielleicht höchstens an einem roten Schimmer auf ihren Wangen erkennen.

„An die viele Arbeit gewöhnt man sich", erklärte Severus zum zweiten Mal.

„Vielleicht hast du Recht…."

Severus nickte und erhob sich. „Ich geh jetzt trotzdem wieder an die Arbeit."

„Ja….ja mach das."

Kolleen wollte ihn unbedingt noch fragen. Schon den ganzen Tag hatte sie darüber nachgegrübelt, ob sie mit ihm darüber reden sollte oder es einfach totschweigen. Wirklich entschieden hatte sie sich noch nicht, aber ein Verrückter Zug hatte gerade die Oberhand gewonnen.

Severus hatte schon die Türklinge in der Hand und wollte sie gerade öffnen, als Kolleen zu sprechen begann: „Severus!"

Er hielt inne und drehte sich zu ihr um. „Ja?"

„Was war das gestern?"

Sie war beinah erschrocken, dass sie das wirklich gefragt hatte und nun hätte sie sich am liebsten die Ohren zu gehalten.

Severus Gesicht verlor kurz die Fassung und fing sich dann wieder. „Das was wir daraus machen."

Ohne ein weiteres Wort schloss er die Tür hinter sich und ging.