Rückwärts in die Dunkelheit
Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?
- die letzten Worte eines Sterbenden.
14. Kapitel
Toujours pur - Stets rein
Teil 5
"Komm', bitterer Regen,
und wasche aus meinem Herzen
das traurigste aller Worte:
Zuhause."
- unbekannt
"Ihr kennt ihn?"
Regulus' geschockte, ungläubige Stimme drang wie aus weiter Ferne zu Sirius herüber.
Niemand antwortete.
Sirius zwang sich, die Schwindelanfälle zu ignorieren, die er verspürte, dadurch, dass er die letzten Stufen heruntergestürzt war. Mit den Folgen des Cruciatusfluches war einfach nicht spaßen. Und doch hatte er all' seine bisherigen Sorgen vergessen, als er in die Arme des Mannes flog; von ihm beschützend aufgefangen wurde, wie um die tatsächliche Gefahr, die von ihm ausging, in die Illusion der Harmlosigkeit zu hüllen.
Entsetzt hatte er zusehen müssen, wie der Fremde seine weite Kapuze aus dem Gesicht schob und er in ihm den Vampir aus dem Verbotenen Wald erkannt hatte. Sirius' Gedanken purzelten seitdem panisch durcheinander, so unkontrolliert, dass er keinen einzigen zu fassen bekam. Sein Puls raste und sein Herz klopfte so laut und schnell, dass es in seinen Ohren dröhnte. Er spürte den festen Griff um seinen rechten Arm, spürte die langen, spitzen Fingernägel, die sich durch den Stoff des Ärmels in seine Haut gruben und merkte, wie der Druck sich verstärkte, von eiskalter Brutalität erfüllt wurde, als er sich loszureißen versuchte.
Vyperus zog ihn zu sich heran, so dass er nun mit dem Rücken an dessen Oberkörper gepresst wurde; wie ein lebendes Schutzschild wurde er benutzt, obgleich weder von James, noch von Regulus eine Gefahr ausging.
Der Vampir steckte die Zauberstäbe der beiden weg und umschloss nun auch Sirius' anderen Arm, da dieser sich zu wehren versuchte.
"Muss ich etwa deinen Freund töten, um zu erreichen, dass du endlich kapitulierst?", hörte Sirius von hinten die dunkle Stimme Vyperus'; melodiös, scheinbar sanft, aber unendlich lauernd. Der gelangweilte Unterton schien niemals zu verschwinden, als ob der Vampir bereits alles kannte und an der Endlichkeit nichts Faszinierendes mehr entdecken konnte. Der kalte Atem streifte seinen Nacken, so dass der Junge unwillkürlich fröstelte.
"Lass' Sirius endlich los!", rief James augenblicklich, der sich offenbar von dem ersten Schock erholt hatte. Vollkommen bleich und mit vor Panik weit aufgerissenen Augen starrte er zu Sirius und Vyperus; er stand noch immer auf der drittletzten Stufe der Treppe und schien es nicht zu wagen, sich zu bewegen.
Auch Regulus, der etwa sechs Meter entfernt von dem Vampir und seinem Gefangenen auf dem breiten, düsteren Flur im Erdgeschoss stand, zeigte neben der Angst deutlichen Respekt und schien wie erstarrt.
Grüne Fackeln tauchte sie alle in schummriges Licht ein; in der momentanen Stille konnte man das Knistern hören.
Sirius hatte bereits gesehen, dass Vyperus auch ohne Zauberstab Magie anwenden konnte und zweifelte keine Sekunde daran, dass dieser mit seiner Hand nur auf James deuten und die zwei unheilvollen Worte des tödlichen Fluchs zu murmeln brauchte, um den Jungen ins Jenseits zu befördern.
Und so hielt er inne, blieb reglos stehen, während seine Brust sich so schnell hob und senkte, dass sein hektisches Atmen fast seine ganze Konzentration einnahm.
"W-was willst du überhaupt hier?", traute er sich nun mit heiserer Stimme zu fragen.
Zeit schinden. Ablenken.
Obwohl er Vyperus' Gesicht nicht sehen konnte, war er davon überzeugt, dass er sein gefährlich-belustigtes Lächeln zur Schau trug.
"Ich bin auf der Suche nach etwas, das mir gehört", antwortete der Vampir mit düsterem Spott. "Umso erfreulicher für mich, dass ich mir diesen Ausflug nun versüßen kann." Er lachte kurz und leise; wieder spürte Sirius seinen eiskalten Atem.
Vyperus ließ seinen rechten Arm los, seine Hand wanderte langsam über Sirius' Schulter und Schlüsselbein, bis sich seine Fingerspitzen auf die Pulsschlagader am Hals legten. Der Griff um seinen linken Oberarm wurde mittlerweile so stark, dass der Junge merkte, wie etwas Warmes den Ärmelstoff durchtränkte -- Blut.
Sirius hielt die Luft an und suchte panischen Blickkontakt zu James. Atemlos verharrte er und wartete ab, was als nächstes geschehen würde. Irgendwie fühlte er sich viel hilfloser als bei ihrem Treffen im Verbotenen Wald. Mochte sein, dass es daran lag, dass der Vampir sich nun viel selbstsicherer fühlte; dies mochte mit Remus zu tun haben, dem Werwolf, vor dem der Blutsauger Achtung gehabt hatte, aber das würde dem Gryffindor vielleicht erst später auffallen.
Plötzlich spürte Sirius einen Stich an seinem Hals und keuchte auf; der Vampir hatte mit dem spitzen Fingernagel seines Zeigefingers quer über seine Halsschlagader geritzt, so dass rotes Blut hervorquoll.
"Fass' ihn nicht an!", rief James; Verzweiflung schwang in seiner sich überschlagenden Stimme mit, während er völlig hilflos zu seinem Kumpel hinüberstierte. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. "Wo sind überhaupt eure Eltern?"
"Keine Ahnung", lautete die wenig hilfreiche, geflüsterte Antwort des entsetzten, völlig erblassten Regulus.
Sirius nahm all' das nur nebensächlich war. Völlig hypnotisiert merkte er, wie die unterkühlten Fingerspitzen des Vampirs sanft über seinen Hals strichen, über die rote Spur, die sein Blut auf seiner dünnen Haut zog, und eine unangenehme Gänsehaut hinterließ. Er sog scharf die Luft ein.
Bedächtig zog Vyperus seine Hand zurück; Sirius konnte sein Blut auf dessen Fingerkuppen sehen, und er wagte es, die Bewegung zu verfolgen, indem er leicht hinter sich schaute. So konnte er halb in das Gesicht des Untoten sehen.
Vyperus lächelte teuflisch; seine langen und spitzen Eckzähne blitzten auf, während er behutsam Sirius' Blut von seinen Fingern leckte. Kurz danach funkelte es in seinen schwarzen, kalten Augen auf, hell und gefährlich.
Es war die pure Gier.
Sirius riss erschrocken die Augen auf. Würde er jetzt etwa...?
Vyperus sah ihn direkt an, höhnisch und herablassend. "Dein Blut schmeckt süß, mein Junge."
James fluchte im Hintergrund.
"Mach' doch endlich was!", stieß Regulus zu diesem gewandt hervor. "Wo bleibt dein verdammter Gryffindormut?"
James schnaubte. "Und wo bleibt deine hinterhältige Slytherintücke?"
"Noch einmal wirrst du mir nicht entkommen", flüsterte der Vampir inzwischen Sirius zu. Er hatte seinen Kopf zu ihm hinunter gebeugt und sein kühler Atem kitzelte den Jungen am Ohr.
"W-was suchen Sie denn eigentlich?", fragte Regulus plötzlich und schaffte es, beinahe belanglos zu klingen.
Vyperus' Kopf ruckte wieder hoch und er sah zu dem Slytherin herüber. "Was bezweckst du mit deiner Frage?"
Regulus sah nervös zurück und fuhr mit der Zungenspitze über seine Lippen. "Nun, vielleicht können wir Ihnen behilflich sein."
Kurze, angespannte Stille senkte sich über den düsteren Flur, dann lachte Vyperus erneut; es war kein echtes Lachen, zu sehr waren Hohn und Kälte darin verwoben. "Und im Gegenzug erwartest du, dass ich euch drei Bengel laufen lasse, ja?"
Sirius sah seinen Bruder fahrig an. Hoffentlich sagte er jetzt das Richtige.
"Nun..." Regulus trat unruhig von einem Fuß aufs andere und senkte den Kopf. Er atmete tief ein und aus und als er wieder hochschaute, war sein Gesicht von einer Maske der Ausdruckslosigkeit umhüllt. Auf einmal wirkte er ruhig. Seine blassen, feinen Züge spiegelten keine Gefühle wider und in seinen schwarzen Augen reflektierte sich nur das dunkelgrüne Fackellicht.
Aber Sirius kannte seinen Bruder und wusste, wie nervös er gerade war. Gerade diese Abstumpfung war der Beweis dafür; dieser Hauch an Gleichgültigkeit, der auch bei Regulus aufkam, wenn er kaum noch einen Ausweg fand und einfach alles auf eine riskante Karte setzte. Doch ihr Vater versuchte sie zu lehren, dass in gefährlichen Situationen berechnende Emotionslosigkeit das Wichtigste war; wahrscheinlich versuchte er, diese weisen Worte zu befolgen.
"Zumindest könnten Sie uns sagen, was Sie suchen und wir helfen Ihnen, es zu finden." Regulus ließ damit offen, ob der Vampir sie danach nicht doch noch tötete. Ihr Blut trank.
Und das war klug so, das begriff Sirius sofort.
Vyperus hatte sicherlich keinen Grund, sich helfen zu lassen und wäre somit nicht auf einen Handel eingegangen. Er war alleine hier in dieser Villa aufgekreuzt, also hatte er damit gerechnet, das, was er suchte, auch alleine zu finden.
So aber könnte er die Hilfe der Jungen dennoch annehmen und sie hinterher immer noch als Beute bekommen. Das Begehrte zu finden würde ihm wohl mit ihnen leichter fallen, als erhofft.
Allerdings, und das war der springende Punkt, hätten sie damit Zeit gewonnen. Wertvolle Zeit, um Chancen, ihr Leben zu retten, wahrzunehmen.
Ein paar Augenblicke verstrichen, als Vyperus schließlich auf Regulus' Vorschlag reagierte. "Nun gut, denn. Machen wir es so." Endlich ließ er Sirius los.
Dieser wich sofort zur Seite und wollte Abstand gewinnen, als der Vampir eine Bewegung machte, so schnell, dass der Schwarzhaarige sie gar nicht wahrnehmen konnte, und plötzlich vor ihm stand.
Vyperus fing Sirius' Handgelenk und lächelte kühl. "Du bleibst bei mir. Noch einmal falle ich nicht auf euch herein."
- . -
Vyperus befahl Regulus zur Treppe zu gehen und stieß ihn grob zu James, so dass der Slytherin fast über die erste Stufe gestolpert wäre.
James sah mit Unbehagen, dass der Vampir Sirius nicht losließ, sondern im Gegenteil dessen Handgelenk fest umklammert hielt und den von den Strapazen mit Mr Black noch immer müden Jungen nahezu wie einen wertvollen Schatz im Auge behielt.
Einmal Blut geleckt, ließen Vampire sicherlich nur selten von ihrer Beute ab. Und vielleicht lag es auch daran, dass durch und durch magisches Blut in Sirius floss, oder vielleicht war es einfach nur Pech, dass gerade er es war, der gestürzt und von Vyperus aufgefangen war, oder, so argwöhnte James, es gab noch einen weiteren Grund.
Denn ihm gefielen die Blicke des Vampirs nicht, die er Sirius zuwarf. Sie waren zwar listig, trotz der kalten Leere, aber oftmals blitzte es Dunkles, nahezu Sehnsüchtiges auf, wenn er den Jungen ansah.
Das machte James Sorgen.
Sie mussten die Treppen bis nach ganz oben gehen. Sobald einer von ihnen langsamer wurde, stieß Vyperus ihn grob an, um Verzögerungen zu vermeiden.
James fragte sich, wo dieser Kreacher war, wenn denn schon Mr und Mrs Black nicht da waren. Allerdings hätte ihnen dieser Hauself wohl kaum helfen können.
Außerdem war ihm etwas aufgefallen. Der Vampir trug einen auffälligen Ring am rechten Daumen. Es war ein silberner, großer Ring mit einem Siegel: es bestand aus einem mit einer Rose verzierten Dolch, um den sich eine Schlange wand. Doch er hatte keine Zeit zum Nachdenken, viel zu gefährlich war ihre Lage, viel zu angespannt die Atmosphäre.
Auf der obersten Etage angekommen, befahl Vyperus, stehen zu bleiben. Nur eine Fackel brannte; ansonsten schien der Mond durch die Fenster und tauchte sie in silbriges, mysteriöses Licht.
"Und jetzt?", fragte James atemlos.
Vyperus lächelte kalt. "Führt mich zum Raum des Ostens."
Der Gryffindor blinzelte verwirrt. ´Wohin?´
Sirius und Regulus hingegen schienen zu wissen, wohin er wollte, denn sie warfen sich rasche, unruhige Blicke zu.
"Das geht aber nicht", sagte Sirius schließlich. Er stand neben Vyperus und obwohl er von ihm am Handgelenk festgehalten wurde, hatte er den größtmöglichsten Abstand zwischen ihnen eingenommen, der möglich war.
Vyperus hob seine Augenbrauen. "Und warum nicht?", erkundigte er sich; Sarkasmus erfüllte seine Stimme, als er fortfuhr. "Und komm' jetzt nicht mit der Ausrede, dass der Raum nur von denen mit Blackblut in den Adern betreten werden kann."
Sirius verengte die Augen. "Und wenn doch?", fragte er provozierend.
Vyperus warf ihn einen vernichtenden Blick zu. "Weil ich dann dein Blut trinken und den Zauber somit wirkungslos machen könnte", zischte er; offenbar hielt sich seine Geduld sehr in Grenzen.
Regulus seufzte. "Der Raum ist dort hinten." Er deutete nach vorne auf eine nackte Wand, Sein sonst so ordentlich zurückgekämmtes Haar fiel ihm in die Stirn. Die Ähnlichkeit zu Sirius wirkte dadurch noch viel größer als sonst. "Was suchen Sie denn da?"
Vyperus hatte James schon nach vorne geschubst, worauf dieser gegen Regulus prallte. Stolpernd gingen sie zur Wand, gefolgt von dem Mann, der Sirius vor sich herschob und die Frage ignorierte.
Die schwarze Wand schimmerte im Mondlicht. Regulus flüsterte "Silberschlange" und wie aus dem Nichts erschien eine dunkle Eichenholztür. Der Slytherin öffnete sie, trat in den düsteren Raum ein und Vyperus sprach von draußen den Zauberspruch, der die Fackeln darin entzündete. Regulus drehte sich wieder um und stellte sich in den Türrahmen, so dass James den Blick hinein verwehrt wurde.
Forschend sah der Junge den Vampir an. "Ich oder Sirius müssen die Schutzzauber deaktivieren, damit Sie und Potter eintreten können", schnarrte er.
Vyperus nickte knapp, dann ließ er Sirius los und zog Regulus zu sich heran. Schnell gab der dem Jungen dessen Zauberstab in die Hand, umschloss aber das Handgelenk, damit er mitführen konnte. Die andere Hand krallte er in dessen Haare, um den Kopf nach hinten zu reißen.
"Keine Dummheiten oder ich beiße augenblicklich zu", warnte Vyperus.
James hatte erneut blinzeln müssen, da der Untote oftmals so schnelle Bewegungen ausführen konnte, dass er sie nicht wahrnahm.
Gehorsam sprach Regulus die Deaktivierungszauber aus und kaum hatte er das getan, entriss Vyperus ihm den Zauberstab und stieß ihn in den Raum herein.
James und Sirius widerfuhr dasselbe, ehe der Blutsauger ihnen folgte und die Tür wie von Geisterhand zufiel.
Mit einem lauten, unheimlichen Klicken fiel sie ins Schloss; es schien, als echote das Geräusch immer und immer wieder, bis es allmählich verstummte, bis es verklang ins Nirgendwo.
James sah sich neugierig um. Die silbrigen Fackeln spendeten ausreichend Licht und offenbarten einen großen, rautenförmigen Raum mit schwarzen Wänden. Sowohl auf dem Boden, als auch auf der Decke waren Bilder eingefliest, Bilder von großen, königlichen Schlangen und Drachen und sogar Einhörnern. Letztere hätten als Geschöpfe der Unschuld fehl am Platz gewirkt, wenn sie hier nicht als Beute dargestellt worden wären. Als Fang der anderen, denn sie wurden gejagt, unbarmherzig, und wurden letztendlich auch erobert.
James schnaubte leise und ließ seinen Blick weiterschweifen. An der Wand gegenüber der Tür war ein großes, rundes Fenster eingefasst, durch das man die Sterne am Horizont und einen Teil des Mondes ausmachen konnte. Vorhänge hingen offen an den Seiten. Ein ausgestopfter Zentaur thronte an einer anderen Wand. Gegenüber stand ein hohes, schmales Regal mit Büchern. In der Mitte befand sich ein runder, schwarzer, hoher Tisch, auf dem zwei Denkarien standen, die hell und beinahe arglos schimmerten; das Silbrigweiße der Gedankenfäden wurde betont durch das Fackellicht, das sich in dem Glas der Behälter verfing.
"Wo ist denn der Geheimraum?", wollte Vyperus mit abwesender Stimme wissen; sein Blick war besonnen auf die beiden Denkarien gerichtet und schien sich darin zu verlieren.
"Es gibt keinen Geheimraum", antwortete Sirius ausdruckslos. Er stand neben James und folgte den Blick des Vampirs.
Vyperus wandte seinen Kopf zu den blassen Jungen mit den dunklen Schatten unter den Augen, die der Müdigkeit Ausdruck verschafften.
Und plötzlich schnellte Vyperus' Arm hervor und riss Sirius am Hemd gepackt zu sich, so dass der Junge sich mit den Händen an ihn abstützen musste, um nicht gegen ihn zu prallen.
James war zusammengezuckt und starrte den Vampir mit aufgerissenen Augen an. Hoffentlich biss er jetzt nicht zu. Diesbezüglich war er zu unberechenbar und der Gryffindor konnte ihn absolut nicht einschätzen. Das machte ihn hilflos und verzweifelt. Wütend.
Sie mussten es irgendwie schaffen, aus diesem Raum zu flüchten und Vyperus hier einzusperren. Doch was würde es ihnen nützen? Der Vampir könnte schlichtweg Zauber anwenden, um die Tür zu öffnen.
Oder einer von den beiden anderen Jungs müsste die Schutzflüche wieder aktivieren. Vielleicht zeigten sie ja noch im nachhinein Wirkung, wenn man den Raum schon betreten hatte. Aber dafür müsste er selbst aus dem Zimmer raus und sie müssten vorher an die Zauberstäbe gelangen.
Ganz gleich, was James auch einfiel, alles schien unmöglich. Was war es nur gewesen, dass sie beim letzten Zusammentreffen hatte entkommen lassen?
´Glück. Einfach nur Glück.´ Der fremde Junge, das Chaos, Remus und letztendlich Peter, dessen Zauber schließlich gewirkt hatte. Aber das hatte alles unzweifelhaft mit Glück zusammen gehangen.
Vyperus hatte Sirius nun am Kragen gepackt und funkelte ihn an. "Erzähl' mir keine Lügen", zischte er bedrohlich.
Sirius zappelte keuchend herum und versuchte sich zu befreien, doch Vyperus schleuderte ihn kurzerhand zur Seite.
Entsetzt sah James, wie sein bester Freund quer durch den halben Raum flog, hart an die Wand prallte und mit einem schmerzhaften Wimmern zu Boden rutschte.
Völlig paralysiert nahm er wahr, wie etwas Dunkles auf der schwarzen Wand aufglänzte, genau dort, wo Sirius mit dem Hinterkopf aufgeschlagen war.
Der Junge selbst saß rundweg benommen auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt, um Halt zu finden, und die Beine ausgestreckt. Mit seiner rechten Hand tastete er abwesend seinen Hinterkopf ab, während sein bleiches Gesicht vor Schmerz verzogen war.
Als Sirius die Hand zurückzog, klebte Blut an seinen Fingerspitzen. Hastig sah er mit Schrecken zu Vyperus und verschloss sie rasch zur Faust, offenbar in der Hoffnung, den Vampir nicht zu sich zu locken.
Doch es war bereits zu spät. Der Mann glitt zu Sirius und schien, als würde er schweben, und es lächelte ihn katzenhaft an.
"A-also, hier gibt es einen Geheimraum", sagte Regulus schnell, wie, um Vyperus abzulenken.
Doch dieser ging bereits vor Sirius in die Hocke.
Sirius starrte ihn panisch an, sein Blick schien wie benebelt, aber er versuchte, wegzurutschen. Vyperus jedoch platzierte seine Hände links und rechts neben dem Kopf des Jungen an die Wand und kesselte ihn somit ein.
"Haben Sie nicht gehört?", rief James nervös. "Es gibt hier einen Geheimraum!" Er hoffte inständig, dass der Mann endlich von seinem Kumpel abließ.
Sirius war ohnehin schon blasser, als normal. Das Blut aus der tiefen Kratzspur an seinem Hals war getrocknet. Sein Haar klebte ihm schweißnass und wirr auf der Stirn und sein Hemd war leicht zerrissen. Er zitterte etwas.
Vyperus nahm Sirius' Gesicht in seine Hände, worauf der Junge fröstelte, um ihn zu sich heranzuziehen. Dann tastete auch er nach der Wunde und hatte Blut an den Fingerspitzen, als er die Hand zurückzog. Seine andere Hand lag noch immer auf Sirius' Wange.
"N-nicht", wisperte Sirius heiser; es klang flehend.
James merkte besorgt, dass er darum kämpfte, die Augen offen zu halten; der Aufprall hatte ihn sicherlich zu sehr mitgenommen.
"Der... der Geheimraum...", warf James wieder laut und aufgewühlt ein. Er dachte krampfhaft über all' die Dinge nach, die er über Vampire gelesen hatte; doch ihm fiel nichts ein, was jetzt hätte hilfreich sein können, einfach, weil es inmitten einer Nacht kaum etwas gab, womit man sie hätte besiegen können. Die einzige Schwäche, die sie hatten, war ihre Sucht nach Blut.
Und dies war ein Nachteil von vielen, den die Jungen demgegenüber aufzuweisen hatten: dieses kostbare Lebenselixier floss zu Genüge durch ihre Adern.
Vyperus, der sich genüsslich das Blut von den Fingern leckte, stand grazil wieder auf. Er drehte sich zu James und Regulus um; ersterer schauderte, als er diese Gier in den dunklen, kalten Augen aufflattern sah.
"Nun, los, offenbart mit den Geheimraum", befahl er beflissentlich.
- . -
Sirius registrierte, wie James augenblicklich zu ihm eilte, neben ihm in die Hocke ging und ihn besorgt etwas fragte.
"Alles in Ordnung?"
Er nickte benommen mit dem Kopf, verfolgte aber das Geschehen in der Mitte des Raumes.
Sirius sah durch halbgeschlossenen Augen, wie Regulus langsam zum Regal ging und die Bücher beiseite schob, um etwas dahinter in die Hand zu nehmen.
Und er wusste, was.
Ein aus schlichtem, hellgrauen Stein gehauenen Drudenfuß. Ein geometrisches Symbol, auch Pentagramm genannt. Ein Symbol, das vor Jahrtausenden von Jahren im frühen Mittelalter in der Schwarzen Magie benutzt wurde, um den Teufel zu beschwören, als man noch an ihn glaubte. Oder ihn zu bannen, je nach dem, wie es einem beliebte...
Doch da Zauberer und Hexen nie wirklich viel mit den Religionen zu hatten, mutmaßte man, dass man statt des Teufels auch irgendeine Dunkle Macht nennen konnte, die einst wirklich existiert hatte und einfach nur eine Gestalt angenommen hatte, die man als den Teufel bezeichnete.
Seine Eltern benutzten es in einer anderen Funktion. Er war der Schlüssel zum Geheimraum.
Regulus brachte den Drudenfuß zu Vyperus, welcher den Slytherin auffordernd anschaute.
"Das... das Blut eines Blacks muss in sechs Tropfen auf den Drudenfuß fallen", gab Regulus leicht unsicher zur Auskunft. Er bemühte sich zwar, sein Gesicht verschlossen zu halten, doch die Aufregung war ihm abzulesen.
"Fein. Stell' es auf den Tisch."
Regulus tat, was ihm geheißen wurde, und kaum hatte er den Befehl ausgeführt, packte Vyperus seine Hand und strich mit einem kleinen, silbernen Doch, den er gezückt haben musste (Sirius hatte es nicht mitbekommen) über dessen Handinnenfläche.
Regulus keuchte auf, als Vyperus mit seiner Hand bereits die von dem Jungen zur Faust zusammenballte und so fest drückte, während er sie über den Drudenfuß hielt, dass dunkelrote Bluttropfen aus der Wunde entwichen und herunterfielen.
"Bei Merlin", flüsterte James fiebrig.
Sirius sah atemlos dabei zu. Er versuchte sich auf die Anzahl der Tropfen zu konzentrieren, schaffte es aber nicht. Ihm schwindelte zu sehr und an seinem Hinterkopf pochte es dermaßen, dass es ihm fast das Bewusstsein raubte. Seine Lider fühlten sich bleischwer an und es war nicht einfach, die Augen am Zufallen zu hindern. Die Schwärze, die sich wohlig aufgetan hatte, um ihn mit sich zu führen, verdrängte er nur mit großer Mühe.
Als Vyperus Regulus' Hand wegzog und er ihn losließ, waren offenbar die sechs Bluttropfen heruntergefallen; hatten sich einen Weg gebahnt zum Drudenfuß und dessen Mitte mit der ihrer Röte berührt.
Plötzlich flatterten die schwarzen Vorhänge auf, als ob Wind durch das Fenster wehen würde, aber das konnte nicht sein, da es geschlossen war. Ein unscheinbares Flüstern hallte durch den Raum, undeutlich, einem Blätterrascheln gleich, und kaum zu erfassen.
"Ich brauche meinen Zauberstab, um den Zauber zu sprechen", klang die Stimme seines jüngeren Bruders zu ihm herüber.
Vyperus nickte, zog ihn hervor und drückte ihn Regulus in die Hand, hielt dessen Arm fest, führte die Bewegungen mit aus, damit dieser sich nicht losreißen und womöglich wehren konnte.
Dann sprach der Slytherin die uralten Losungsworte auf Latein. "Si non invenio hoc, tum manere debeo, usque me inventum est."
Sirius wusste, was es bedeutete. Wenn ich es nicht finde, dann muss ich warten, bis es mich gefunden hat.
Es war ein Spruch, der nichts mit dem Geheimraum direkt zu tun hatte; ein Black musste ihn nur aufsagen, damit er sich ihm offenbarte. Doch eigentlich war der Spruch an den Drudenfuß gebunden. Und das, bevor Sirius' Eltern ihn bekommen hatten. Niemand wusste, was der Zauber genau bedeuten sollte, denn zu viele Jahrtausende waren über das Land gezogen, seit man damals noch gewusst hatte, wofür man ihn verwendete. Vielleicht war ja damit jene Dunkle Macht gemeint, die es zu beschwören oder zu bannen galt und die im Grunde verborgen blieb, da sie es war, die einen fand...
Kaum hatte Regulus die Worte ausgesprochen und den Drudenfuß sechsmal in der Mitte angetippt, wurde ihm sein Zauberstab auch schon entrissen.
"W-was passiert hier?", wisperte James wie vom Donner gerührt.
Die Vorhänge wirbelten immer stärker auf, plötzlich war der pfeifende Wund zu hören, obwohl er nicht durch das geschlossene Zimmer dringen konnte, das Flüstern, hallend, kalt und lauernd, wurde stärker und hin und wieder glaubte Sirius zu verstehen, was gesagt wurde.
Der Tod. Er kommt und geht.
Das Leben beginnt.
Ich fühle Hass.
Es zerrt an mir.
Und doch ist es mein Lebenselixier.
Er kümmerte sich nicht darum, denn jedes Mal schienen die Stimmen dies zu sagen, wenn der Geheimraum geöffnet wurde. Doch auch das schien wieder eher an den Drudenfuß gebunden zu sein, denn an den Geheimraum.
Ein sanftes Beben durchrüttelte ohne Vorwarnung das Zimmer, dann war alles still. Das Flüstern hatte aufgehört, der illusionäre Wind war verschwunden, die Vorhänge standen still.
"Sehr eindrucksvoll", schnarrte Vyperus spöttisch, während er Regulus gefährlich anglitzerte. "Und nun?"
Dieser zeigte auf den Boden vor dem runden Fenster. "Dort ist die Tür."
Er ging dort hin, langsam, und Sirius sah aus den Augenwinkeln, wie James sich erhob und ihm folgte, offenbar aus Neugierde.
Sirius wusste, dass die noch unsichtbare Tür im Boden eingefasst war. Eines der gejagten Einhörner wurde an der Stelle in den Bildern gerade von einem Drachen angegriffen; dessen Horn musste man mit berühren, um zu erreichen, dass die Falltür sich zeigte und öffnen ließ.
Sein Bruder tat dies, und die Öffnung erschien.
Vyperus lächelte zufrieden. Er öffnete die Falltür und schubste Regulus in den unterirdischen Raum hinein. Dann drehte er sich zu Sirius und James um. "Ihr wartet hier, und die Seele dieses Jungen hängt von eurem Benehmen ab", warnte er gehässig.
James lugte in den Raum hinein, drehte sich dann aber wieder zu Sirius um, als auch Vyperus die kleine, schiefe Leiter hinuntergestiegen war und die Falltür über sich geschlossen hatte.
"Und nun?", fragte er ihn hastig. "Wir müssen uns schleunigst was einfallen lassen! Was sucht er überhaupt? Wie hat er es geschafft, das Haus zu betreten? Und wo sind eure Eltern?"
Sirius schwindelte leicht, als die vielen, hektischen Fragen auf ihn einpurzelten, aber er versuchte sich zu konzentrieren, um Antworten zu geben. "Mom und Dad sind bestimmt weggegangen. Vyperus wird wohl irgendwelche vampirischen Tricks benutzt haben, um ihr reinzukommen... das Haus ist mit schwarzen Flüchen umgeben. Ein Wesen von Dunkler Magie wird sie wohl zu deaktivieren wissen..." Das Sprechen fiel ihm schwer, zu sehr erdrückten ihn die Kopfschmerzen, die Schwindel und der scheinbare Nebel, der sich aufgemacht hatte, um ihn aus dem Inneren heraus einzuhüllen.
James war auf einmal wieder bei ihm. "Vyperus ist ein blutsüchtiger Irrer", flüsterte er nervös. "Wir müssen hier weg!"
"Wie?" Sirius sah seinen Freund verzweifelt an. "Er hat Regulus als Geisel."
James stieß frustriert seinen Atem aus und nickte leicht. "Einer von uns kann schnell rausgehen und Kreacher sagen, er soll Hilfe holen!"
"Und wenn er gleich sofort wiederkommt? Dann beisst er sofort zu. Wir wissen nicht, wo Kreacher ist." Sirius hielt dies für keine gute Idee. Solange der Vampir auch nur einen von ihnen stets als Geisel hatte, durften sie nichts riskieren. Vyperus konnte sich schneller bewegen, als sie. Und er konnte Zauber ausüben, ohne einen Zauberstab zu benutzen. Sie waren ihm völlig unterlegen...
James stieß verdrießt seine geballte Faust gegen die Wand. "Ach, verdammt..." Seine dunklen Augen waren starr in die Leere gerichtet; sie glänzten, so viele Gefühle spiegelten sich in ihnen wieder. Aufruhr, Wut, Angst, Verzweiflung...
James' Idee hätten sie eh nicht in die Tat umsetzen können. Die Falltür öffnete sich bereits wieder und ein erbleichter Regulus floh hinaus; seine Lippe war aufgeplatzt und blutete und auf seiner Stirn klaffte eine Platzwunde.
Gefolgt wurde er von Vyperus, der gemächlich die Leiter empor glitt und ein Lächeln auf den Lippen hatte, das Sirius nicht gefiel. Es war schwer zu deuten, aber eine Art von unberechenbarer Kälte schwang darin mit, das furchterregend war.
Kaum hatte der Vampir den normalen Boden des Raumes betreten, fiel die Falltür zu und verschwand spurlos, so, als hätte sie es nie gegeben.
Regulus wollte Abstand gewinnen, aber Vyperus war achtsam und hielt ihn fest.
"Was hast du mit ihm gemacht?", fuhr Sirius in mit schwacher, aber erzürnter Stimme auf; vielleicht waren es die Instinkte, die man als älterer Bruder hatte, wenn dem Jüngeren etwas widerfuhr.
Vyperus ging erst gar nicht darauf ein. Stattdessen hielt er nun eine Kette hoch, so dass sie im Fackellicht besser zu betrachten war und sah sehr triumphierend aus.
Sirius kannte diese Kette, hatte sie einmal gesehen, wusste aber nicht, woher seine Eltern sie hatten und was sie bedeutete.
Sie war silbern und schlicht, aber ein Anhänger hing daran, ein roter Rubin in der Form eines langen, scharfen Drachenzahnes, der nun hell aufblitzte, so dass Sirius die Augen zusammenkneifen musste, um nicht geblendet zu werden.
"Was ist das für eine Kette?", fragte James angespannt.
Vyperus' Blick irrte direkt in das Funkeln des Anhängers hinein, so, dass dessen rote Reflexionen sich in seinen schwarzen, leeren Augen widerspiegelten und sie aufleuchten ließen.
"Das, mein Junge, ist der Schlüssel zu einer anderen Welt", antwortete er mit dunkler, begieriger Stimme.
Sirius runzelte die Stirn. Was war das denn jetzt schon wieder für ein Gelabere...
"Ja, nee, ist klar", spottete James und fing sich einen bösen Blick des Vampirs ein, der sich endlich vom Anblick der Kette losreißen konnte. Wie nebenbei ließ er sie in die linke Tasche seines Umhanges gleiten und funkelte den Gryffindor an. "Davon verstehst du nichts, Sterblicher", entgegnete er abwertend.
Dann sah er Sirius an. "Dein Bruder konnte mir nicht sagen, woher die Kette stammt. Sag' du es mir." Er glitt elegant zu ihm herüber, so schnell, dass kein Wimpernschlag verging, und der Junge fühlte sich plötzlich am Hemd gepackt und hochgerissen.
Er befand sich auf einmal Auge in Auge mit dem Feind und konnte den Boden nicht mehr unter seinen Füßen spüren. Er zappelte und versuchte noch, die Unruhe nieder zu drängen, ehe sie ihn vollends beherrschte.
"Ich weiß es auch nicht", keuchte er.
"Und das soll ich dir glauben?", zischte Vyperus.
"Ich weiß es wirklich nicht!" Es war die Wahrheit, doch Sirius wusste nicht, wie er das dem Vampir klarmachen sollte. Natürlich, dieser hatte auch keinen Grund, ihm zu glauben.
Und plötzlich merkte er, wie jemand Vyperus von hinten mit voller Wucht rammte, der Vampir nach vorne stolperte und mit Sirius unsanft gegen die Wand landete, eine aufgeregte Jungenstimme, die Sirius als die von James erkannte, mehrere Male den Ganzklammerfluch ausprobierte (offensichtlich hatte er ihm die Zauberstäbe aus der Robentasche gezogen), Regulus gleichzeitig den Blutsauger zur Seite riss, direkt in James' Richtung, damit der Zauber endlich wirkte und er selbst von seinem Bruder mit zur Tür gerissen wurde.
"Bloß weg hier!", rief Regulus, öffnete die Tür und rannte hinaus, Sirius mit sich zerrend.
Dieser wandte sich hektisch um und sah, wie James ihnen hastig folgte. "LOOOOS, WEG HIER! ER IST DIREKT HINTER UUUUNS!", brüllte dieser und holte sie beide ein. Seine Zauber hatten wohl nicht wirklich gewirkt, vielleicht hatte er auch in all' dem Trubel nur Regulus' Zauberstab zu fassen bekommen, so dass seine Flüche kaum oder keine Wirkung fanden.
"AAAHHHHHH!"
Sie rannten über den Flur um ihr Leben, als plötzlich etwas über ihnen flatterte und Vyperus auf einmal vor ihnen auf dem Boden landete, die Arme ausstreckte und den nächstbesten, den er zu fassen bekam, zu sich riss.
Es war Sirius.
Nur einen Bruchteil der Sekunde später hatte Vyperus einen Fluch auf James und Regulus gehetzt, der sie in ihren Bewegungen erfrieren ließ.
Dann schleuderte er Sirius zur Wand, presste ihn dagegen und sah ihn aus ärgerlich blitzenden Augen an. "Habe ich nicht gesagt, dass ihr eure kleinen, dämlichen Tricks vergessen könnt?", fragte er mit scheinheiligem Interesse, doch er klang zu lauernd und zu sarkastisch.
Sirius, der bei der ganzen Aktion fast das Bewusstsein verloren hätte, als der Schmerz in seinem Kopf nahezu zu explodieren schien und die Schwindel einem Strudel glichen, die ihn immer tiefer zogen, keuchte. "W-was hast du jetzt vor?", erkundigte er sich gepresst.
Vyperus lächelte teuflisch und senkte seinen Kopf.
Sirius erstarrte und bekam nicht mit, wie sogar sein Herz vor Schreck einen Aussetzer machte und das schnelle Schlagen in seinen Ohren kurz verstummte, als er die kalten Lippen auf seinem Hals spürte.
"N-nicht, was tust du da!", stieß er dann angsterfüllt hervor. Er versuchte, den Vampir von sich wegzudrücken, aber der andere war einfach stärker.
"Ich hole mir das, was mir zusteht", antwortete Vyperus hinterhältig. "Dein Blut ist süß..."
"N-nein, nicht..." Sirius Abwehrversuche wurden immer verzweifelter. Er klang schon beinahe hysterisch, als er fortfuhr. "Gibt es nicht noch irgendetwas anderes, was du haben willst? Ich-- AAAHHHHHH!" Er schrie panisch auf, als er plötzlich etwas an seinem Hals spürte, einem Nadelstich gleich, doch es endete in einem unterdrückten Gurgeln, als Vyperus ihm seine Hand auf den Mund presste und ihn wieder anstarrte.
Hatte er ihn gebissen? Nein, so schnell ging das nicht...
"Erzähl' mir, wie deine Eltern an die Kette gekommen seid", sagte Vyperus kalt.
Sirius atmete heftig durch die Nase. Er blinzelte, da er nicht damit gerechnet hatte, dass der Blutsauger so plötzlich auf seinen Vorschlag einging.
Umso verzweifelter war er, als er erkennen musste, dass seine Antwort den Vampir nicht zufrieden stellen würde.
Vyperus nahm seine Hand weg und sah Sirius auffordernd an.
"Ich... ich weiß es wirklich nicht", stieß der Junge bebend hervor. Er zitterte, ohne dass er es verhindern konnte. Wie sehr wünschte er sich, dies wäre ein Albtraum...
Vyperus' Augen verengten sich. Dann ließ er ihn unerwartet los und schritt zu James. Er riss den erstarrten Gryffindor zu sich und funkelte Sirius heimtückisch an. "Will es dir wirklich nicht einfallen oder muss ich erst deinen Freund beißen, damit du endlich kooperierst?"
Sirius erschrak. "Nein!", rief er aus und stieß sich von der Wand ab, taumelte hysterisch zu James und Vyperus und versuchte seinen Freund aus den Klauen des Mannes zu ziehen. "Ich weiß es wirklich nicht. Ehrlich! Ich schwöre... ich schwöre bei allem, was mir heilig ist!"
Seine Stimme überschlug sich und er starrte Vyperus flehend aus großen Augen an. Oh, verdammt, wie sollten sie aus dieser Misere nur wieder rauskommen.
Vyperus lächelte spöttisch. "Das dürfte sicherlich nicht gerade viel sein, hm", fragte er rhetorisch.
Und ehe Sirius es auch nur realisieren konnte, stand der Vampir wieder vor ihm, hielt ihn an die Wand gedrückt und drückte die rechte Hand an seine Kehle, so dass er Schwierigkeiten hatte, zu atmen.
Auch wenn er nur kurz bei James gewesen war, so hatte der Untote ihm nur allzu deutlich gemacht, dass dieser die Spielregeln bestimmte.
"Na gut, Kleiner, ich glaube dir sogar", sagte er sanft; doch diese Tonart täuschte nur, denn der lauernd Ausdruck in seinen Augen sprach etwas anderes aus. "Dann verlange ich von dir, es herauszufinden. Es ist mir gleich wie, aber fordere die Informationen von deinen Eltern ein... Ich werde sie mir spätestens in der nächsten Vollmondnacht holen." In seinen pechschwarzen Pupillen glomm es listig auf. "Und ich werde dich schon finden, keine Sorge."
Sirius starrte ihn ungläubig an und vergaß für einen Moment, dass ihm die Kehle zugedrückt wurde. Sollte das etwa heißen, dass im nächsten Monat dieser blutrünstige Vampir auftauchen und von ihm Informationen haben wollte, die seine Eltern ihn ohnehin niemals geben würden? Das konnte doch alles nicht wahr sein. Das hieße allerdings auch, dass er nicht sterben würde. Zumindest nicht in dieser Nacht...
Der Griff um seinen Hals lockerte sich wieder.
"Sie... Sie sind verrückt", stieß er hervor, noch ehe er darüber nachgedacht hatte.
Doch Vyperus lächelte nur abwesend. "Ich will wissen, woher deine Eltern diese Kette haben und ob sie wissen, worum es sich hierbei handelt..." Er hob seine Hand und berührte damit Sirius' Hals.
Der Junge erschauderte, als der Vampir mit seinen Fingern vorsichtig über dessen Halsschlagader fuhr.
Vyperus verfolgte seine eigene Bewegung, starrte unablässig auf des Jungen Hals, während neben der Kälte wieder dunkler Hohn aufglitzerte. "Vielleicht überlege ich mir sogar, auf dein Blut zu verzichten... denn das deines Bruders ist genauso süß."
Sirius blieb misstrauisch. Wenn der Vampir wollte, würde er ihn ohnehin beißen, auch, nachdem er ihm die Informationen gegeben hatte, sollte er welche herausbekommen.
"Wusstest du, dass reinmagisches Blut besser schmeckt, als das von Halb- und Schlammblütlern?" Vyperus' Lächeln, welches seine Augen nicht erreichte, verstärkte sich im Ausdruck der Verachtung. "Es wundert mich nicht. Das Lebenselixier von Reinblütlern ist nun mal einfach wertvoller."
Sirius sagte nichts, zu sehr wartete er wie gelähmt die nächsten Reaktionen des Vampirs ab.
Vyperus' kalte Hand wanderte weiter hinauf, glitt über Sirius' Gesicht und strich ihm dann in einer sanften Geste die Haare aus der Stirn. "Ich spüre die Dunkle Magie, die dich erst vor Kurzem erfasst haben muss", sagte er melancholisch, sehnsüchtig. Das Mondlicht, welches durch die Fenster im Flur drang, reflektierte sich in den schwarzen Augen und machte sie silbrig. "Der Schwarze Zauber, den ich noch auf dir fühle, muss von einem besonders fähigen Zauberer eingesetzt worden sein." Er lächelte flüchtig. "Ich liebe die Dunklen Künste..." Seine Stimme verklang, verlor sich in die nachfolgende Stille und nur noch Sirius' viel zu schnelles Atmen war zu hören.
Sirius leuchtete so einiges ein, warum gerade er in dieser Nacht der Anziehendste von den drei Jungen für den Blutsauger gewesen war. Wenn dieser Dunkle Magie mochte und sie bei dem Gryffindor durch den Cruciatusfluch noch zu spüren war, so war dies kein Wunder.
"Nun, mein Junge..." Beiläufig machte er mit seiner freien Hand eine Bewegung; im nächsten Moment waren James und Regulus von dem Erstarrungsfluch befreit. Sie fielen von der plötzlichen Entstarrung zu Boden, rappelten sich aber schnell wieder auf. Vyperus riss Sirius nun zu sich und schubste ihn zu den anderen beiden in die Mitte des Ganges.
Benommen stolperte der Schwarzhaarige nach hinten und prallte gegen James. Es war ein beruhigendes Gefühl, dessen Körperwärme im Rücken zu spüren, verriet es doch, dass dieser, im Gegensatz zum Vampir, mit Leben erfüllt war.
Vyperus sah lüstern in die Runde, schaute abwechselnd Regulus und James an, langsam und gefährlich, dem Blick einer Raubkatze gleich, die sich jeden Augenblick auf ihre Beute stürzen wollte, wissend, dass ihre Opfer ihr nicht mehr entkommen konnten.
"Sagt mir, ihr zwei, wessen Blut soll ich zuerst trinken?"
Seine schleppende, belustigte Stimme erfüllte den Flur und schien bei jedem der Jungen ein Zusammenfahren auszulösen. In Vyperus' kalten Augen funkelte es bedrohlich und gierig auf, während er langsam näher kam.
A/N:
Jaja, Sirius' Bluuuuuuuuut... mjaammmm -irre guck-
Hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Das mit der Kette wird wohl im nächsten Kapitel bereits verraten. Und es wird auch irgendwann später einmal verraten, warum Vyperus sich nicht zumindest auf zwei oder einen der Jungen bereits am Anfang stürzt, um deren Blut zu trinken und stattdessen alle drei (aus seiner Sicht zunächst) am Leben lässt, obgleich auch z.B. nur Regulus oder nur Sirius ihm hätte helfen können.
Danke, danke, danke für eure vielen, superlieben Reviews, wah, ich freue mich jedes Mal! :-)
Soooh. Viel Spaß beim Lesen, ich hoffe, es gefällt euch.
Piratische Piratengrüße, pirat.
