Rückwärts in die Dunkelheit

Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?

- die letzten Worte eines Sterbenden.


14. Kapitel

Toujours pur - Stets rein

Teil 7


"Komm', bitterer Regen,
und wasche aus meinem Herzen
das traurigste aller Worte:
Zuhause."

- unbekannt

Einen Tag später.

Die Bibliothek der Familie Black war umfangreich. Der Raum war sehr groß; der schwarze Teppich schluckte die Laute seiner Schritte. Kunstvolle Wandteppiche hingen an allen vier Wänden, sie erzählten in vielen Bildern die Geschichte der britischen Zaubererwelt. Mit silbernen Farben hoben sich diese meisterhaften Stickereien von dem dunklen Hintergrund ab. Kronleuchter hingen in Ketten von der Decke herab und tauchten die Bibliothek in helles, grünsilbriges Licht. An der Innenseite des Eingangs prangte, Salazar zu Ehren, sein großes Wappen. Hohe, breite Regale standen im Raum und bildeten symmetrische, schmale Gänge. Sie waren gefüllt mit Büchern jeglicher Art. Zu jedem Thema gab es ein Buch, nicht nur zur Schwarzen Magie.

Bücher, von denen James noch nie zuvor gehört hatte.

´Die Welt beherrschen in zehn Tagen´, ´Und es gibt sie doch! Hundert mögliche Fluchtwege aus Askaban´, ´Das ultimative Handbuch der Diebe und Gauner´, ´Wie manipuliere ich das Ministerium´ oder ´Nichts ist unmöglich – Tipps und Tricks zum erfolgreichen Einbruch bei Gringotts´ - die skurrilsten Bücher gab es hier.

James staunte nicht schlecht. Ob die Blacks wohl deswegen so unverschämt reich waren?

Er grinste geisterhaft, während er an den Regalen entlang schlenderte, bis er in die Abteilung gekommen war, die er angestrebt hatte: Vampire, Werwölfe und andere Geschöpfe der Nacht.

Wenn Vyperus wieder auftauchen wollte, wäre es besser, sie würden mehr über ihm und seinesgleichen wissen, als dem Vampir lieb sein konnte. So hatte James sich vorgenommen, ein wenig in der Bibliothek der Blacks zu recherchieren.

Sirius hatte ihm – und später auch Regulus – erzählt, dass der Vampir wiederzukommen gedachte, um alles über die Kette herauszufinden.

James war perplex gewesen. Was musste das für eine wertvolle Kette sein, dass selbst Geschöpfe der Ewigkeit sich für sie interessierten?

Er hatte nicht nachvollziehen können, dass Sirius es seinem Bruder ebenfalls erzählt hatte, bis dieser sich angeboten hatte, Mr Black unauffällig ein wenig über die Kette auszufragen. Das wäre perfekt, denn bei Sirius würde er sofort Argwohn schöpfen, einfach, weil dieser eine Menge Unsinn baute. Bei Regulus hingegen würde es nicht ganz so arg auffallen und er würde vielleicht ein paar Informationen bekommen.

James war sich aber klar, dass sie in einem Monat nicht wirklich viel über die Kette herausgefunden haben würden – Mr Black würde ihnen kaum etwas verraten. Was würde Vyperus dann tun? Sirius umbringen? Ihm sein Blut aussaugen? Oder würde er das ohnehin tun?

In einem Monat hätte die Schule soeben wieder angefangen. Sirius wäre in Durmstrang – und somit allein. War das nicht viel zu gefährlich? Sollten sie es seinen Eltern nicht lieber sagen, was der Vampir gedroht hatte? Dann würden sie sicher mit den Informationen rausrücken.

James entschied, sich mit Sirius noch einmal darüber zu unterhalten. Es war wichtig. Mit einem Vampir war nicht zu spaßen. Und mit Vyperus schon gar nicht.

Sirius war bei seinem Vater. Er wollte mit ihm reden und ihn versuchen zu überreden, ihn nicht nach Durmstrang zu schicken. Denn auch wenn dies reine Zeitverschwendung war, musste er den Schein wahren. Mr Black würde Verdacht schöpfen, wenn Sirius sich widerstandslos nach Durmstrang schicken lassen würde und womöglich noch ihren Plan herausbekommen. Um dies zu verhindern, spielte Sirius weiterhin den rebellischen Jungen, der partout in Hogwarts bei seinem besten Kumpel bleiben wollte.

Hoffentlich verlief alles so, wie sie es geplant hatten. Hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich.

James konnte sich eine Schulzeit ohne Sirius nicht vorstellen. Nicht auszudenken, wenn er in Durmstrang bleiben müsste. Hogwarts wäre trostlos ohne Sirius. Und einsam.

James schüttelte schnell mit dem Kopf, versuchend, diese hässlichen Gedanken loszuwerden.

Neinneinnein! Ihr Plan würde schon aufgehen. Er war perfekt, wie konnte da also etwas schief gehen?

James begann sich auf die Bücherreihen in den Regalen zu konzentrieren.

´Werwölfe und wie man sie zähmt´, las er. ´Zuchtgenetik Band V: Kreuzung von Vampiren und Werwölfen´.

James schauderte. So eine Kreuzung muss echt abartig sein, dachte er.

Dann fand er ein Buch, was er eventuell gebrauchen könnte: Das große Buch der Vampire. Geschichte. Symbole. Abwehrmechanismen.

Er zog das Buch heraus; es war ein schwerer, in weinrotes Leder gebundener Wälzer. Es wirkte abgegriffen, die Seiten oft benutzt.

James ging damit zu einem der Lesetische aus schwarzem Elfenbein ans Fenster an der Südwand. Da es kurz nach Mittag war, schien die Sonne direkt hinein und vergoldete den Sitzplatz.

James schlug das Buch auf, stützte sein Kinn in seine linke Hand und begann mit der anderen zu blättern.

Einleitung

Vampiren wird nachgesagt, sie seien Einzelgänger. Je älter sie werden, umso häufiger bestätigt es sich. Junge Vampire allerdings suchen Gesellschaft. Noch an ihr Menschenleben gewöhnt, wünschen sie sich Freunde, Gleichgesinnte, allein, weil es in der Natur des Menschen liegt, nach Gefährten zu suchen. Und schließlich waren Vampire auch einmal Menschen.

Es ist interessant zu sehen, dass Vampire sich in einer Hierarchie unterordnen. In jedem Land gibt es eine Art von Vampirstaat. Ein Vampir herrscht dynastisch über das ganze Land; ihm sind alle untergeordnet. Ihr Reich bauen sie sich in der Unterwelt aus, Schlupfwinkel aller kriminellen Geschöpfe. Da Vampire das Blut von anderen stehlen, sind sie vom Ministerium gesetzlich als Diebe eingestuft.

In den südlichen und östlichen Regionen dieser Erde gibt es oftmals Bandenkriege, da ein Vampir allein es bisher nie geschafft hat, länger als drei Monate über die Vampire im jeweiligen Land zu herrschen. Zu den gefestigteren Dynastien gehören Großbritannien, Norwegen, Dänemark und Finnland.

James blätterte weiter, las mal hier und da etwas, bis er zum sechsten Kapitel gelangte.

Die berühmtesten Vampire, Kapitel VI.

Er überflog die Namen, bis er bei Stoyân III. stutzig wurde. Stoyân war kein britischer Name und doch wurde er unter England aufgelistet, als einziger mit ausländischem Namen.

Stoyân III., auch bekannt als Stoyân, Der Flinke wurde im Jahre 1476 in Celje (Slovenjia) geboren. Er war der vierte Sohn eines Adligen. Auffallend an ihm waren seine verschieden gefärbten Augen: das linke war grün, das rechte blau. Bei einer Reise durch das Land wurde seine Kutsche überfallen; sein Todesdatum wurde auf den 18.März 1494 festgesetzt, obwohl seine Leiche niemals gefunden worden war. Als zwei Jahre später Freunde ihn auf einem königlichen Ball wiedererkannt haben wollten, wurde der Fall noch einmal überarbeitet. Von Stoyân fehlte jede Spur; er wurde weiterhin für tot erklärt. Bis zwei Jahrhunderte später, um 1680 herum, in England von einem ausländischen Vampir die Rede war, der die Herrschaft der Unterwelt an sich zu reißen versuchte. Sein Merkmal waren seine Augen; eines war grün, das andere war blau. In Vampirkreisen nannte er sich Stoyân, Der Flinke. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts herrschte er in der britischen Unterwelt wie ein Tyrann. 1752, 1799, 1804 und 1865 gab es Kämpfe unter den Vampiren um ihren Thron, die Stoyân alle für sich gewinnen konnte. Vom Zaubereiministerium gesucht, konnte er niemals ausfindig gemacht werden. Seinem Namen alle Ehre machend, war er schneller und flinker als sein eigener Schatten. 1889 gab es jedoch einen neuen Einschnitt in seiner Dynastie. Quellen zufolge war ein neuer Vampir mit dem Namen Serpentys aufgetaucht, der, ohne ihm offen den Thron streitig zu machen, in vielen Dingen überlegen schien. Stoyân forderte ihn heraus; zwei Parteien sollten sich unter den Vampiren gebildet haben, die einander befehdeten. Stoyâns Anhänger versuchten, ihr Terrain zu verteidigen, wohingegen jene des fremden Vampirs angriffen. Stoyân gewann; er verlangte von seinem Widersacher einen Eid, ihm zu dienen bis in alle Ewigkeit. Seither arbeitet Serpentys für Stoyân, erledigt Aufträge in dessen Namen und sichert für ihn seine Herrschaft in der Unterwelt. Stoyân herrscht auch heute noch unanfechtbar in der Unterwelt. (Siehe auch: Serpentys, Seite 453.)

James blätterte ein wenig zurück, zur Seite vierhundertdreiundfünfzig.

Serpentys, Der Dunkle, taucht namentlich zum ersten Mal 1889 auf. Es ist kaum etwas über ihn bekannt. 1889 kam er nach London und begann dem damals in der Unterwelt herrschenden Vampir Stoyân, Dem Flinken, seinen Thron streitig zu machen. Da Serpentys ihn den Quellen zufolge öffentlich herausgefordert hatte, kam es zu einem Kampf zwischen ihnen und ihren Anhängern, den Serpentys verlor. Er musste Stoyân einen Eid schwören, ihm treu und loyal zu dienen. Serpentys lebt auch heute noch in England, um Stoyân beiseite zu stehen. Böse Zungen sagen ihm nach, dass er nach wie vor nach dem Thron dürste und er den Eid jederzeit zu brechen gewillt sei. Den Beinamen Der Dunkle trägt er nicht nur wegen seiner schwarzen Haare und Augen, sondern auch wegen seiner Seele. Dunkel soll sie sein, finster, wie eine mondlose Nacht. Der einzige Hinweis auf seine Herkunft ist ein silberner Ring, den er immer bei sich trägt: das Siegel besteht aus einem mit einer Rose verzierten Dolch, um den sich eine Schlange windet.

Eine Zeichnung erfolgte und James kippte fast vom Stuhl.

Er starrte ungläubig auf die Abbildung; die Erinnerung war längst in seinem Kopf aufgeblitzt.

Ein Siegelring mit einem rosenverzierten Dolch, um den sich eine Schlange wand.

James wusste genau, wo er den Ring gesehen hatte. Den Gedanken fand er so entgeisternd, dass er es nicht glauben konnte.

Aber seine Erinnerung trog ihn nicht. Er wusste es noch genau.

Er und Sirius hatten sich mit Hilfe eines Vielsafttrankes in die Slytherin-Jungen Evan Rosier und Thomas Mulciber verwandelt und Snapes Privatsachen im Schlafsaal durchsucht. Sie hatten das getan, weil sie Beweise finden wollten, dass Snivellus der Sohn Der Schlange war, jenes Diebes und Mörders, der schon in zahlreiche, abenteuerliche Beutezüge verwickelt gewesen war und zudem in Zusammenarbeit mit dem Schwarzmagier Voldemort stand. Der letzte, große Coup Der Schlange schien die Entwendung der vier magischen Juwelen im Wert von einer Million Galleonen zu sein. Sie trugen eine Zauberkraft, die bisher noch nicht analysiert werden konnte. Der Tagesprophet hatte geschrieben, dass eine Legende besagte, dass die Juwelen zu besitzen bedeuten würde, über die Quelle der Macht zu verfügen, aus der die Kraft des Gleichgewichtes zwischen Licht und Dunkelheit geschöpft werde. Sobald jemand die Magie der Edelsteine beeinflusste, vermochte dieser die Harmonie zwischen Gut und Böse zu zerstören. Das Tagesblatt hatte auch behauptet, dass Die Schlange die Juwelen eventuell im Auftrag von Voldemort gestohlen hätte.

James hatte den Ring in der Kommode von Snape gefunden und sich das Siegel genauestens eingeprägt.

Damit er es wieder erkennen konnte.

So wie jetzt.

Gedanken stürzten auf ihn ein. Fragen, viel zu viele.

Er versuchte, das innere Durcheinander zu ordnen.

Der Vampir trug einen Ring mit demselben Siegel, wie Snapes Ring in dessen Kommode. Entweder war es ein Duplikat – oder, was James eher vermutete, es handelte sich hierbei um ein und denselben Ring. Wie war Snape also an den Ring gekommen? War es ein Familienerbstück?

James wagte kaum, den Gedanken zu Ende zu denken. Hieß das etwa, dass Snape in familiärer Bindung zu dem Vampir Serpentys stand?

Fassungslosigkeit durchströmte ihn, wie flüssige Lava. Ein Kribbeln lief ihm den Rücken herunter.

War Snape der Sohn eines Vampirs? War Snape ein Halbvampir?

Ein Vampir konnte er nicht sein; Snape vertrug das Sonnenlicht. Dafür war er auffällig blass und wirkte manchmal wie eine Fledermaus. Aber Snape war doch der Sohn Der Schlange! War Die Schlange etwa ein Vampir?

James dachte weiter nach.

Auf einmal machte so vieles Sinn. So viele Puzzleteile fügten sich zu einem Bild zusammen, das durch und durch passte.

Er fuhr sich fiebrig mit der Hand durch die Haare und wippte mit dem Stuhl aufgeregt hin und her; mit den Fingern trommelte er hektisch auf die Tischplatte.

Der Schlange wurde so oft nachgesagt, dass sie sich schneller bewegen konnte, als dass ein menschlicher Sinn es registrieren konnte. So oft war sie scheinbar auf unerklärliche Art und Weise irgendwo ein- und wieder ausgebrochen. Sie war flink, gewitzt und unauffindbar.

Auch Vampire bewegten sich schneller, als ihre eigenen Schatten.

Und hörte sich Serpentys nicht an wie Serpentius? War es eine Ableitung von ´serpens, serpentis´, was soviel, wie ´Schlange´ bedeutete?

Er hatte dunkle Haare und dunkle Augen. So, wie Snape.

Bei Merlin!

Das musste es sein. Das musste es einfach sein!

Serpentys und Die Schlange waren ein- und dieselbe Person. Und Snape war der Sohn dieses Vampirs.

Längst ging James' Atem vor Aufregung schneller.

Immer und immer wieder durchschoss ihn der gleiche Gedanke.

Snape war ein Halbvampir. Snape war ein Halbvampir. Snape war ein Halbvampir.

--

Zur selben Zeit hatte Sirius vor dem Büro seines Vaters darauf gewartet, dass er hineingerufen wurde. Er hatte vorhin schon angeklopft und gefragt, ob er Zeit für ihn hätte und sein Vater hatte ihm gesagt, er solle draußen warten. Er war in einem Gespräch mit dem stellvertretenden Zaubereiminister Thurstan Nott gewesen, dessen Kopf im Kaminfeuer geschwebt hatte.

Nott war ein Schwarzmagier aus einer alten, reinblütigen Familie, wie Sirius wusste, und der das Ministerium mit seinem Vater zusammen zu ihren Gunsten beeinflusste.

Sirius wusste, dass es sich nicht gehörte, aber er lauschte mit Hilfe eines Zaubers, der den Anti-Abhörzauber, der über seines Vaters Büro lag, umging. Diesen Trick hatte er – erstaunlicherweise – von Bellatrix, als sie in den letzten Ferien zusammen zwei Tage verbringen mussten.

„Ich will alles über diesen Vyperus wissen!", befahl sein Vater den stellvertretenden Minister mit harter Stimme.

„Aber Mr Black", fing Nott beschwichtigend an, „woher soll ich Informationen über einen Vampir herbekommen? Er ist nicht der einzige Vampir in England und der Name ´Vyperus´ sagt mir überaus nichts."

Sirius hörte seinen Vater schnauben.

„Dann befehlen Sie einem Ihrer Mitarbeiter in den Vampirakten nachzuschlagen. Irgendwo wird schon etwas zu finden sein! Ich habe mich schon erkundigt und bin auf einige interessante Spuren gestoßen, das genügt mir aber nicht!"

Nott seufzte ergeben. „Also gut, also gut. Ich werde es weiterleiten, Mr Black."

„Das will ich auch hoffen", knurrte Mr Black kalt.

„Darf ich fragen, was Sie mit diesem Vampir zu schaffen haben?"

Kurzes Schweigen.

Dann: „Ich bin auf der Suche nach etwas, was mir gehört", antwortete sein Vater im bestimmten, selbstsicheren Tonfall.

Welch' Ironie, dass es dieselben Worte waren, die Vyperus benutzt hatte.

„Und der Vampir hat es sich widerrechtlich zu Eigen gemacht", fügte er kühl hinzu. „Nun ja, Mr Nott... ich melde mich in drei Tagen wieder bei Ihnen. Einen schönen Tag noch."

Dann wurde es still.

Schließlich öffnete sich die Tür des Büros wie von Geisterhand und seines Vaters angenehme, dunkle Stimme ertönte.

„Du kannst reinkommen, Sirius."

Er trat ein, schloss die Tür und blieb ein wenig unschlüssig stehen.

Hoffentlich merkte sein Vater nichts.

Mr Black saß hinter seinem großen, schwarzen Schreibtisch. Links und rechts standen hohe Regale, vollgestopft mit Büchern und magischen Artefakten. Hinter dem Schreibtisch war ein großes Fenster, das einen Blick auf den großen, sonnenbeschienenen Garten gab, umsäumt mit hohen, schlanken Bäumen.

Der Schreibtisch war voll mit beschrifteten Pergamentrollen und Zeitungen; in der rechten Ecke an der Fensterwand hing eine große Stange, auf dem ein schwarzer Falke mit stahlgrauen Augen saß.

„Du wolltest mich sprechen, mein Junge?", eröffnete Mr Black das Gespräch und sah Sirius aus seinen dunklen Augen an. Wie so oft lag ein warmer, aufrichtiger Ausdruck in ihnen.

Sirius nickte und trat näher. Ein Sessel stand vor dem Schreibtisch und er setzte sich ungefragt hin.

„Ich wollte mit dir über Durmstrang reden, Dad", fing er mit ruhiger Stimme an.

Mr Black lehnte sich in seinen Sessel zurück und maß Sirius mit amüsiertem Blick. „Ja...?"

Sirius fuhr etwas nervös mit seiner Zunge über die Lippen, legte die Hände in seinen Schoß und hatte die Wörter vergessen, die er sich zurecht gelegt hatte. Aber das machte nichts, er würde einfach darauf los reden.

„Ich möchte nicht dorthin", fing er an. „Ich will in Hogwarts bleiben, denn dort fühle ich mich wohl. Willst du mich etwa irgendwo hin schicken, wo es mir nicht gefällt?"

Sein Vater sah ihn durchdringend an. Dann seufzte er ergeben. „Du warst doch noch nie in Durmstrang, Sirius", entgegnete er sanft. „Du kannst also gar nicht wissen, ob es dir dort gefällt, oder nicht."

Sirius biss sich auf die Unterlippe. „Aber... aber Sibirien ist so weit weg von England!"

Sein Vater schien unbeeindruckt. „Während der Schulzeit hast du uns ohnehin selten geschrieben. Und wenn Ferien sind, lässt du dich zum Zaubererdorf in der Nähe von Durmstrang bringen, von wo du aus mit Floopulver zu uns reisen kannst."

Er starrte seinen Vater an. „Und was machst du, wenn es mir dort nicht gefällt?"

Mr Black lächelte. "Dann wirst du zusehen müssen, dass es dir dort gefällt, mein Junge."

Sirius ballte die Fäuste, verengte die Augen zu Schlitzen. „Das ist unfair, verdammt!"

Mr Blacks Miene wurde merklich kühler. „Werde nicht frech", warnte er schlicht, aber bedrohlich.

Sirius dachte nicht daran, der Forderung nachzukommen. „Niemand aus unserer Familie musste jemals nach Durmstrang! Warum also ich?"

„Weil du in Gryffindor gelandet bist", sagte Mr Black geduldig. „Weil du dich mit Leuten angefreundet hast, die unter unserem Stand sind."

Sirius schnaubte. Diese Ruhe seines Vaters regte ihn auf. „Andromeda ist auch in Gryffindor! Und Onkel Alphard hat sie dennoch in Hogwarts gelassen! Sie hat auch Freunde, die keine Reinblüter sind! Und er lässt sie gewähren! Warum kannst du es denn nicht?"Er redete sich in Rage; er hatte im Augenblick sogar den Plan vergessen, so erzürnt war er über die Ungerechtigkeit und über seines Vaters Gelassenheit.

„Du bringst mein Leben durcheinander, du willst mir Dinge verbieten, nur, weil es dir Spaß macht! Und du weißt ganz genau, dass es mir in Durmstrang nicht gefallen wird, deswegen willst du mich dorthin schicken!"

Er fixierte seinen Vater mit wütenden Blicken. „Und alles nur, weil ich nicht in Slytherin gelandet bin? Aber soll ich dir mal was sagen? Ich hätte dorthin gehen können. Aber ich habe verzichtet! Ich habe diesem scheiß Hut gesagt, dass ich nicht nach scheiß Slytherin will! Genauso wenig, wie ich dieses scheiß Familienerbe antreten will, und ich werde es auch nicht tun! Regulus kann es machen! Deswegen nützt es dir rein gar nichts, mich nach Durmstrang zu schicken! Du machst es, wenn überhaupt, nur noch schlimmer für dich, weil ich mich dann erst recht vor diesen dämlichen Verpflichtungen drücken werde!"

Er konnte sich nicht mehr auf dem Stuhl halten und sprang auf. Er wusste, dass er schon längst gewisse Grenzen überschritten hatte, aber momentan war es ihm gleich. Im Augenblick existierte nur sein Zorn, alles andere war unwichtig; an Folgen dachte er nicht. Impulsiv, wie er manchmal war, sprach er aus, was er dachte.

„Ich hasse dich und Mom, weil ihr versucht, aus mir etwas machen zu wollen, was ich nicht bin und niemals sein werde! Und ich hasse dich, weil du mich von Hogwarts nehmen willst! Wenn du das tust, werde ich in den Ferien überhaupt nicht mehr nach Hause kommen! Dann siehst du mich erst wieder, wenn ich volljährig bin, denn dann werde ich dir sagen, dass du mich mal kreuzweise kannst und ich werde diesem Haus den Rücken kehren!"

Sein Vater sagte noch immer nichts, noch tat er etwas, um Sirius' Ausbruch Einhalt zu gebieten. Regungslos saß er in seinem Sessel und beobachtete seinen Sohn mit unleserlichen Blicken. Er verriet nicht, was er dachte, schon gar nicht, was er fühlte.

Sirius holte soeben tief Luft. Mit funkelnden Augen stierte er seinen Vater an. „So, ich schätze, jetzt lässt du mich erst recht nicht mehr in Hogwarts bleiben. Und weißt du auch warum? Weil du ein verdammtes Arschloch bist!"

Und plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, riss der Zornesnebel, und ihm wurde klar, was er da soeben gesagt hatte. Sein Verstand hatte sich so abrupt eingeschaltet und seine wild gewordenen Emotionen zurückgedrängt, dass ihm schwindelte.

Sirius' Augen weiteten sich und er sog entsetzt die Luft ein.

Sein Vater hatte seine rechte Augenbraue hochgezogen.

„Sieh an, sieh an", meinte er, ziemlich gelassen. „Und ich hatte gehofft, dich wenigstens ein bisschen erzogen zu haben."

Sirius starrte seinen Vater an. Bei Salazar, warum hatte er so austicken müssen?

Er wartete ab. Seine Muskeln waren angespannt und er wusste, sobald sein Vater den Zauberstab zog, war er verloren.

„Du wirst nach Durmstrang gehen und du wirst in allen Ferien nach Hause kommen", sagte Mr Black geflissentlich, so, als hätte es Sirius' Wutausbruch nie gegeben. Die dunklen Augen suchten die seines Sohnes. „Du wirst dich benehmen und du wirst deinen Verpflichtungen als zukünftiger Erbe des Hauses Blacks nachgehen. Solange ich lebe, werde ich dafür sorgen, dass du es tust, Sirius. Du kannst dich niemals von deinem Namen lösen; selbst durch deinen Tod nicht."

Sirius war noch immer wie erstarrt. Die nüchterne Stimme seines Vaters ließ ihn innerlich fiebern. Was hatte er vor? Konnte er nicht einfach seinen Zauberstab ziehen, den Cruciatusfluch aussprechen und es somit hinter sich bringen?

Je länger sein Vater damit wartete, umso nervöser wurde der Junge.

„Was hast du jetzt vor?", fragte er ihn atemlos.

Mr Black bedachte Sirius mit aufmerksamen, lauernden Blicken. „Was glaubst du denn, was ich vorhabe?"

Sirius stieß seinen Atem aus. „Du hast mal gesagt, dass es unhöflich sei, auf Fragen mit Gegenfragen zu antworten."

Er hatte ohnehin nichts mehr zu verlieren; der Cruciatus stand ihm so oder so bevor, also konnte er sich solche Sprüche erlauben. Gleichgültigkeit war ein willkommener Begleiter in Situationen wie diesen. Und Sirius verspürte Gleichgültigkeit.

Er fing an zu lachen.

Er lachte immer, wenn er wusste, dass er verloren hatte und er nichts mehr zu verlieren hatte, und dass es keinen Ausweg mehr gab. Keinen einzigen.

Sein Vater runzelte missbilligend die Stirn. „Ich wüsste nicht, was es da zu lachen gibt, Sirius."

Sirius hörte langsam damit auf. „Ja, ich auch nicht", murmelte er matt.

Sein Vater schaute ihn prüfend an. „Warum eigentlich Potter, mein Junge?"

Sirius blinzelte. „Was?"

Mr Black wiederholte seine Frage nicht und Sirius verdrängte seine Verwirrung und begann, über eine Antwort nachzudenken.

„Na, er ist cool, Dad."

„Cool?"Sein Vater gab sich erst gar nicht die Mühe, seine Abfälligkeit zu verbergen. „Und wie seid ihr Freunde geworden? Ich hörte, ihr habt euch anfänglich überhaupt nicht leiden können. Habt euch immer gestritten, duelliert und geprügelt."Er sagte es nicht, aber sein Unterton verriet, was zwischen diesen Zeilen stand:

Warum hat es denn nicht so bleiben können?

Sirius war noch immer erstaunt, dass sein Vater sich plötzlich für seine Freundschaft mit James interessierte. Er wusste eigentlich gar nicht so genau, warum sie aufgehört hatten, einander zu befehden. Die ganzen Abenteuer, die sie zusammen erlebt hatten, hatten sie wohl für immer zusammen geschweißt. Aber davon konnte er seinem Vater schlecht erzählen. Schon gar nicht, weil er dann Vyperus hätte erwähnen müssen. Die Hölle würde ausbrechen, wenn sein Vater erfuhr, dass er diesen diebischen Vampir schon längst gekannt hatte. Und Remus als Werwolf konnte er ebenso wenig erwähnen. Sein Vater würde es melden und dafür sorgen, dass Remus von der Schule flog; nach Meinung der Reinblüter waren Werwölfe Blutsfeinde.

„Wir... wir haben gewisse Sachen zusammen durchmachen müssen", wich Sirius also aus. „Irgendwie haben wir uns mit der Zeit zusammen gerauft."

„Sehr bedauerlich", murmelte Mr Black.

Sirius erkannte einen Hoffnungsschimmer in dieser momentanen Situation. Er wusste auch nicht warum, aber irgendwie glaubte er plötzlich, seinen Vater vielleicht mit logischen Argumenten zu überzeugen, ihn in Hogwarts zu lassen.

„Schau, Dad, was ist so schlimm an James? Er ist weder Halb- noch Schlammblut. Er ist einer von diesen Neu-Reinblütern. Er hat was auf dem Kasten. Wir hängen doch nur miteinander ab. Das beeinflusst doch gar nicht, dass ich später mal das Familienerbe annehmen soll."

Ein überraschter Blick traf ihn. „Du meinst, du würdest mir versprechen wollen, ein würdiger Erbe der Familie Black zu sein, nur damit du in Hogwarts bleiben kannst?"

Sirius' Bewegungen froren ein. Das hatte er damit nicht sagen wollen.

Ein Versprechen? Ein Versprechen zwischen zwei Zauberern galt als unwiderruflich. Es wäre ein magisches Versprechen, an das er sich zu halten hätte.

Ein Versprechen, der Erbe zu sein, den seine Eltern in ihm sehen wollten, im Gegenzug dafür, in Hogwarts bleiben zu dürfen?

Dieser Gedanke war Sirius noch nie gekommen und es schreckte ihn auch erst nach einigen Augenblicken ab. Damit würde er sein Leben in festgeschriebene, vorherbestimmte Bahnen lenken. Damit würde er nie von den Fesseln der Familie loskommen. Der reinblüterischen Ideale. Der großen Verantwortung. Der Intrigen und Listen. Der Schwarzen Magie.

War Hogwarts das wert? Oder – und darum ging es doch – James?

Sirius war froh, dass er sich auf ihren Plan stützen konnte. So musste er sich selbst keine Antwort auf diese Frage geben. Denn darauf wollte er keine Antwort geben. Er wollte nicht darüber nachdenken; er gestand es sich nicht ein, aber er fürchtete sich vor einer Antwort, die ihm nicht gefiel.

So konnte er ablehnen, insgeheim sich sagend, dass er nach drei Monaten ohnehin von Durmstrang fliegen würde und wieder nach Hogwarts zurückkehren könnte. Ohne irgendwem irgendetwas versprechen zu müssen.

„Nein, das habe ich nicht damit gemeint."

Sein Vater nickte bedächtig. Irgendetwas glomm in seinen schwarzen Augen auf; es war nicht das Tageslicht. Ein schemenhafter Ausdruck, vielleicht Enttäuschung. Es war so schnell wieder verschwunden, dass Sirius es nicht hatte deuten können.

„Du wirst nach Durmstrang gehen, Sirius", meinte er einfach. „Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass du auf den richtigen Pfad gelenkt wirst."Er seufzte leise. „Ich mache es nicht, weil es mir Spaß macht, Sirius. Ich will einfach nur das Beste für dich. Für dich. Und für unsere Familie. Große Verantwortung zu tragen, heißt, große Opfer zu bringen, wenn es sein muss. Ich trage die Verantwortung dafür, dass du, als mein erstgeborener Sohn, das Erbe nach meinem Tod antrittst, und in Hogwarts scheinst du nicht den richtigen Umgang zu haben, der dich auf diesem Weg gewissenhaft begleiten kann. Deswegen schicke ich dich nach Durmstrang, obwohl ich dabei riskiere, dass du mich dafür hasst."

Sirius schloss kurz die Augen. Irgendwie klang sein Vater so bestimmt, dass er kurz zweifelte, jemals von dieser Schule wieder fortzukommen. Aber das würde er schon. Er musste.

„Wenn du das Beste für mich willst, warum willst du mir ein Leben aufzwingen, das ich nicht führen will? Das mich unglücklich machen wird?"

„Es wird dich nicht unglücklich machen, Sirius", widersprach ihm sein Vater mild. „Es wird dich stolz machen. Du bist ein Black. Schäme dich deines Namen wegen nicht. Trage ihn mit Würde."

Sirius unterdrückte seine sich wieder aufkeimende Wut. Warum verstand sein Vater ihn nicht? Wollte er es nicht? Konnte er es nicht? Was war so schwer daran, zu kapieren, dass ein Name gar nichts zu bedeuten hatte? Das es nur ein Name war, der gar nichts über die Person aussagte?

Verzweiflung kam zur Wut hinzu, stärker, als alles andere, und ließ ihn innerlich hilflos in der Luft schweben. Sie trug ihn irgendwo hin. Sirius erkannte nicht, wohin. Er sah nur, dass es dort dunkel war. Verzweiflung kannte kein Licht. Nur Hoffnungslosigkeit. Ein Synonym für Finsternis.

„Freust du dich denn nicht, dass ich einen ehrlichen Freund gefunden habe? Einen, dem es egal ist, welchen Namen ich trage und welches Blut in mir fließt, sondern der nur nach dem schaut, wie ich bin?", fragte Sirius seinen Vater; etwas Bitteres hatte sich in seine Stimme geschlichen, ohne, dass er es hätte verhindern können. Es stach hervor, verfing sich in der Luft und hallte noch lange in seinen Ohren nach.

Sein Vater sah ihn lange an. Ernst und aufrichtig; alle Kälte, jegliche Autorität war für diesen Moment verschwunden. Die Wärme, die sonst immer in seinen Augen zu finden war, war wieder entfacht worden. „Natürlich freue ich mich für dich, Sirius", antwortete er mit sachter, rauer Stimme.

„Und warum willst mir dann diese Freundschaft zu ihm verbieten?", fuhr Sirius auf, noch ehe sein Vater fortfahren konnte. Verzweiflung kontrollierte ihn, die er zum Ausdruck brachte, ohne dass es ihm bewusst war.

„Weil ich dich vor einem tiefen Fall bewahren möchte, Sirius", sagte Mr Black ehrlich. Ein flüchtiges Lächeln umspielte seine schmalen Lippen, in das eine gewisse Traurigkeit verwoben war. „Freundschaft schwächt, mein Sohn. Sie macht dich verletzlich. Sie macht dich erpressbar. Beende sie besser, solange du noch dazu befähigt bist. Solange du noch kannst."

„Aber was ist ein Leben schon wert, wenn man keine Freunde hat?"Sirius klang tonlos.

Er wusste, er würde lieber ein Leben mit, als ohne Freundschaft leben. James würde er niemals mehr missen wollen. Oder? Natürlich brachte es auch Probleme mit sich. Eine Menge Probleme, sogar. Schwierigkeiten, die er ohne James niemals gehabt hätte.

Das Lächeln seines Vaters verstärkte sich; es erreichte seine Augen und erhellte sie, ließ sie aufglitzern, wie Tautropfen im Morgenlicht. „Freunde findest du in der Familie. Dort findest du Freundschaft und Zusammenhalt. Denn dort findest du dasselbe Blut, das auch in deinen Adern fließt. Niemand wird sein eigenes Blut verraten; nur deiner Familie kannst du vertrauen."

Sirius schwieg. Er dachte schon längst nicht mehr an die möglichen Folgen seines vorhergegangen Zornesausbruch, an den Cruciatus, der ihm eigentlich bevorstand. Alles, woran er dachte, waren diese Worte.

Sie riefen Zweifel in ihm hoch, Zweifel, die ihm schon so oft gekommen waren und die ihm wohl noch lange Zeit kommen werden. Bis... bis er irgendwann gelernt hatte, mit etwas so Wertvollem, wie Freundschaft, umzugehen.

--

James saß noch immer in der Bibliothek, als Sirius am Nachmittag bei ihm aufkreuzte.

„Du hast dir vielleicht Zeit gelassen, Kumpel", meinte er und sah von den Vampirbüchern auf. Sein Gesicht glühte. „Du ahnst nicht, was ich herausgefunden habe?"

Sirius ließ sich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen, lehnte sich zurück und legte seine Beine auf die Tischplatte. „Was denn?"

James horchte kurz auf, als er diesen hohlen Unterton in Sirius' Stimme heraushörte und er fixierte ihn aufmerksam.

Sirius wirkte normal.

Das einzige, was anders war, waren die leisen Schatten in seinen Augen.

„Wie war es bei deinem Dad?", fragte James. Irgendetwas zog sich in seinem Magen zusammen. Hatte Sirius wieder den Cruciatus erleiden müssen?

„Ganz- ganz gut", antwortete Sirius neutral.

James war das Stocken nicht entgangen. „Hat er irgendwas gewittert?"

Sirius lächelte flüchtig; trotz der Mattheit glitt es hinauf zu seinen Augen und versuchte, die Schatten zu verdrängen. „Nee, glaub' nicht. Ich bin ausgetickt. Aber Dad ist ruhig geblieben."Er atmete schwer aus; frustriert. „Es ist nichts zu machen. Ich muss Durmstrang."

James nickte langsam. Er hatte nichts anderes erwartet. „Soll ich auch noch mal mit deinem Vater reden?"

Sirius überlegte. „Du musst eh demnächst gehen. Ich schätze, ein, zwei Tage werden sie dich hier noch erdulden, dann musst du gehen. Du kannst es ja mal versuchen, wenn du dich von ihm verabschiedest. Damit alles glaubhaft wird und er kein Misstrauen schöpft."

„Alles klar, das mache ich dann." James feixte. „Mir kann er ja zum Glück nichts antun."

Sirius zog eine Grimasse. „So schlimm ist er nicht."

James zweifelte. Mr Black war für ihn ein intriganter Schwarzmagier der allerschlimmsten Sorte. Es musste so sein, wenn sogar blutrünstige, wahnssinnige Vampire hier einbrachen, um irgendwelche Artefakte zu stehlen.

„Und sag' lieber nichts, okay?", fügte Sirius etwas grob hinzu. „Ich läster' auch nicht über deine Eltern in ihren unschuldigen, blütenweißen Westen ab."

James wollte auffahren, als er etwas in Sirius' Augen aufglitzern sah. Er merkte, dass das Gespräch mit dessen Vater wohl recht ernst und schwierig gewesen war und schluckte seine Erwiderung runter. Außerdem wollte er seinem Kumpel ohnehin etwas ganz anderes erzählen.

Die Neuigkeiten, die er hatte, waren schließlich von erster Klasse. Zu brisant, um sie noch länger zu verschweigen. James erzählte Sirius, was er gelesen hatte. Die Worte sprudelten aus ihm hervor, er zeigte in hastigen Bewegungen Sirius die Textstellen und als er geendet hatte, musste er dringend nach Luft schnappen, weil er mehr geredet, denn geatmet hatte.

Sirius starrte auf den aufgeschlagenen Wälzer Das große Buch der Vampire. Nur langsam schaffte er es, seinen Blick davon abzuwenden; wie in Zeitlupe suchte er James' Augen.

James konnte jede Sekunde fühlen, jede einzelne, die sich in ihm einbrannte.

Pure Fassungslosigkeit beherrschte Sirius.

„Snape ist ein Halbvampir?", flüsterte er entgeistert.

James nickte heftig. „Ja. Er muss. Alles deutet darauf hin!"

Sirius starrte ihn noch immer an. „Das glaube ich einfach nicht."

James winkte ab. „Musst du aber. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Snape diesen Ring einfach nur gefunden hat."

„Das wäre ein zu großer Zufall, als das Zufall sein könnte, was", meinte Sirius, schwach grinsend. Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Heilige Scheiße, wenn das stimmt, dann..."

Er beendete den Satz nicht, wusste offenbar nicht, was er sagen wollte. Ihm schienen die Worte zu fehlen.

James beobachtete ihn. „Weißt du, es würde vieles erklären, dass dieser Serpentys und Die Schlange ein- und dieselbe Person ist. Wenn das wahr ist, und es kann nichts anderes sein, als wahr, dann..."

„Dann lasse niemanden wissen, dass wir es herausgefunden haben", schloss Sirius den Satz mit rauer Stimme.

James stockte beunruhigt. Seine Augen weiteten sich. Dieser Gedanke war ihm noch nicht gekommen. „Du meinst--?"

Sirius nickte lahm. „Glaubst du, Die Schlange wäre erfreut, zu wissen, dass jemand ihr dunkles Geheimnis herausgefunden hat? Ein Vampir. Das Minsterium würde sich die Finger wund lecken, um diese Information zu bekommen. Oder die Auroren."

James fühlte sich unwohl. Er begann, unruhig auf seinem Stuhl herum zu rutschen. „Meinst du, ich sollte es meinen Eltern sagen?"

Sirius sah ihn perplex an. „Was? Warum das denn?"

James runzelte die Stirn. „Na, sie sind Auroren."

Sirius schwieg, stierte ihn aber eindringlich an. „Weißt du, ich finde, es wäre besser, wenn wir dieses kleine Geheimnis erst einmal für uns behalten", meinte er schließlich.

„Aber Die Schlange wird niemals wissen, dass wir es herausgefunden haben. Der Vampir kennt uns noch nicht einmal", hielt James schroff dagegen. „Mir ist schon klar, dass er uns killen wird, wüsste er, dass wir es wissen. Aber er ahnt ja nichts."

„Wenn du es deinen Eltern sagst, werden sie es ihren Bossen weitersagen, nicht wahr?", fragte Sirius rhetorisch. „Serpentys wird davon doch Wind bekommen und alle aus dem Weg schaffen, die davon wissen."

James fröstelte kurz, aber er ignorierte es. „Du redest so, als hätte er überall seine Spione. Mom und Dad würden es als Geheiminformation weitergeben. Folglich dürfte es dann nur die Aurorenabteilung wissen."

Sirius schob seine Unterlippe zwischen die Zähne und dachte offenbar nach. Seine Augen waren halbgeschlossen. „Ich finde, du solltest es trotzdem nicht deinen Eltern erzählen. Die Sache mit Vyperus hast du ihnen doch auch nicht erzählt."

„Aber das mit Vyperus ist doch was ganz anderes", protestierte James. „Davon müssen sie ja auch nichts wissen. Aber hiermit bietet sich eine Gelegenheit an, diesen Serpentys dingfest zu machen!"

Sirius lachte auf. „Er ist ein Vampir, James. Vampire lassen sich nicht so einfach überführen."

„Aber Die Schlange wird denken, dass noch niemand das Geheimnis weiß. Die Auroren wären im Vorteil. Und wie gesagt, Sirius – der Vampir kann nicht wissen, dass wir die Wahrheit über ihn herausgefunden haben. Er kennt uns noch nicht einmal."

Sirius blinzelte kurz. Dann schwang er seine Beine plötzlich von der Tischplatte, kippte seinen Stuhl in die normale Position und lehnte sich ein wenig über die Tischplatte zu James.

Er wirkte auf einmal sehr angespannt. Sein Blick flackerte und irgendetwas blitzte darin aus, was James alarmierte.

„Ist dir eigentlich noch nie aufgefallen", fing Sirius heiser an, „dass der Name ´Vyperus´ ebenfalls von der Bezeichnung ´Schlange´ abgeleitet werden kann?"


A/N:

Als Entschädigung dafür, dass ihr so lange auf den Teil sechs hattet warten müssen, ging es jetzt etwas schneller weiter.

Ich habe fünf Stunden in einer Nacht durchgeschrieben, dafür bekomme ich doch hoffentlich ein paar eurer Meinungen? :)

Das nächste Kapitel wird -- endlich, -grins- -- Kapitel fünfzehn sein. Eventuell mit ein paar Flashbacks, aber generell wird es dann mit dem dritten Schuljahr der Jungs weitergehen.

Zu Durmstrang gab es ja viele Bemerkungen von euch – lasst euch überraschen :)

Und wieder mal grooooooooooooooßen DANK an meine lieben, lieben, Reviewer, ihr seid die besten Schätze auf Erden -strahl-

Und danke auch, dass ihr Geduld mit mir habt, wenn es manchmal so lange mit 'nem Update dauert, wie beim letzten Mal.