Rückwärts in die Dunkelheit
Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?
- die letzten Worte eines Sterbenden.
19. Kapitel
Legenden
„In jeder Legende,
mag sie noch so phantastisch sein,
steckt ein Körnchen Wahrheit.
Und gelegentlich
nehmen wir einen Schimmer davon wahr."
(- Bram Stoker)
Es war Anfang Dezember und Sirius war aufgewühlt, denn er war immer noch hier auf Durmstrang und nichts deutete darauf hin, dass er rausgeworfen werden würde. Aber das war nicht das Einzige, was ihn zutiefst beunruhigte. Da war noch etwas anderes. Ein Gefühl, das langsam, jedoch scheinbar unaufhaltsam in ihm aufloderte und irgendwann eine Flamme entfachte. Eine warme, angenehme Flamme.
Er begann, sich in Durmstrang wohl zu fühlen.
Es war absurd. Grotesk. Schier unmöglich. Aber so sehr er auch versuchte, es zu leugnen, er konnte es nicht länger ignorieren. Trotz der Folterflüche, trotz der strikten Regeln, der stolzen Reinblüter um ihn herum... er begann, sich hier in der Schule aus Eis einzuleben.
Denn eines war definitiv anders: er war nur ein Reinblüter von vielen.
Jeder einzelne stammte aus einer alten, reinblütigen Zaubererfamilie, hauptsächlich aus Osteuropa, und so trat er selbst damit gar nicht hervor, wie in England. Wie in Hogwarts.
Dort war allen von Anfang an klar gewesen: er war ein Black, der Erstgeborene, der Erbe. Alle Blicke waren dort auf ihn gerichtet, jeder erwartete, dass er in die Fußstapfen seines Vaters treten würde, sie alle wussten, welch überaus wichtige, machtvolle, einflussreiche Position er innehaben würde, wenn er das täte. So viel Druck und Verantwortung, denen er zu entfliehen versuchte und es doch nicht schaffte, so sehr er dagegen auch rebellierte. Letzten Endes würde er sich entweder für oder gegen seine Familie stellen und nur eines war klar: der Schritt, ganz gleich, in welche Richtung, würde ihm schwer fallen. Er mochte leicht behaupten, er würde dem Haus seiner Eltern den Rücken kehren, aber insgeheim wusste Sirius, dass es nicht einfach werden würde. So sehr er seine Familie für ihr Verhalten auch verachtete, sie war immer noch seine Familie und er konnte nicht abstreiten, dass er nie aufgehört hatte zu hoffen, die Akzeptanz seiner Eltern zu erringen – als das, was er war: ihr Sohn, ganz egal, wie er sich nun benahm.
Er war ein dreizehnjähriger Junge, der Anerkennung bei seiner Familie suchte, auch wenn er es nie offen zugeben würde. Und gerade, weil er wusste, dass er sie nicht bekommen würde, obgleich er darauf hoffte, tat er alles, um sie zu erzürnen. Vielleicht wollte er damit Aufmerksamkeit gewinnen.
Wie auch immer... hier in Durmstrang war es plötzlich nicht mehr wichtig, dass er ein Black war. Hier konnte er diese Tatsache vergessen. Die meisten interessierten sich nicht für England und somit auch nicht dafür, wer von den englischen Reinblütern wie viel Macht besaß. Hier war nur wichtig, dass reines Blut in seinen Adern floss und da es das tat und er niemals etwas dagegen tun könnte, merkte er schnell, wie angenehm es war, nicht ständig als Black betrachtet zu werden. Als ein wichtiger Erbe oder ein außer Rand und Band geratener Rebell.
Hier gab es sogar Schüler alten, königlichen Bluts. David Bruce zum Beispiel. Er war ein Nachfahre des Robert I, König von Schottland von 1306-1329 aus dem reinblütigen Hause Bruce. Oder Yamina Jalal; sie war eine Prinzessin aus dem Orient. All das war hier im fernen Durmstrang jedoch irrelevant.
In Hogwarts konnte man sofort einen reinblütigen Namen mit einer Person oder Familie assoziieren, da die meisten Schüler aus Großbritannien kamen. Nach Durmstrang aber kamen nicht nur osteuropäische Schüler, sondern auch viele von anderen Kontinenten und mit Namen konnte dann niemand großartig etwas anfangen. Aber jeder wusste, dass hier nur Reinblüter aufgenommen wurden. Das war, was zählte. Hier ging niemand nach Namen. Hier ging jeder nach dem Blut.
Und Sirius genoss, dass er nicht ständig unter Beobachtung stand, die einen erwartend, dass er endlich wieder zur Vernunft kam und sich den reinblüterischen, Black'schen Idealen zuwandte, die anderen damit rechnend, dass er der ewige Rebell bleiben würde. Hier nahmen sie mit einem Achselzucken, mal mit einem höhnischen Grinsen, zwar auch mal mit feindlichen Blicken sein Unruhestiften zur Kenntnis, aber da er die durch seine Streiche verloren gegangenen Punkte des Hauses beim Quidditch wieder hereinholte, nahm es ihm keiner übel.
Es war diese Welt, die in Durmstrang vorherrschte, die Sirius gefiel. Dadurch, dass es hier keine Halbblüter und Mugglestämmige gab, gab es auch keine Streitereien und Kämpfe; paradoxerweise war der Rassismus, der in Hogwarts auf beiden Seiten herrschte – Abneigung gegen Nicht-Reinblüter und Abneigung gegen Reinblüter – hier somit nicht vorhanden. Diese Welt war zwar schwarzmagisch, aber Sirius war mit Dunkler Zauberei aufgewachsen; es befremdete ihn nicht. Und er wusste... den Folterflüchen konnte er locker aus dem Weg gehen, indem er mit den Scherzen aufhörte oder sie einfach nur ein wenig harmloser gestaltete. Denn selbst hier drückten die Professoren hin und wieder mal ein Auge zu, wenn ein Streich besonders originell und gewitzt war.
Die Veränderung in Sirius geschah nur langsam und so merkte er anfänglich nicht, wie seine finsteren Blicke allmählich seltener, sein Lächeln ehrlicher und sein Lachen unbekümmerter wurde. Erst jetzt, Anfang Dezember, nach drei Monaten Schulzeit, war ihm klar geworden, wie er sich befreiter fühlte, fernab von diesen Ketten, die ihn immer banden und immer binden würden, weil er den Namen Black trug. Völlig gleich, wie er sich verhielt.
Er kam mit Alan ganz gut zurecht; dieser war immer für lustige Streiche zu haben und mit David trainierte er fast jeden Tag Quidditch. Mit Mina... oder Kisic, wie er sie nannte, mochte durch den Kodex, an den sie sich eisern hielt, so eine Art Waffenstillstand herrschen, der lediglich durch hitzige Wortgefechte gebrochen wurde, welche manchmal in ungestümen Duellen endeten. Jene Nacht, in der sie einander ihre Erlebnisse mit den Vampiren erzählt und über Stoyân in der Bibliothek recherchiert hatten, in der sie sich für diese Nacht verbündet hatten, da sie einst das gleiche Leid hatten ertragen mussten, und ihr Wissen über Vampire für beide von Interesse war, schien Sirius manchmal so fern und unwirklich, dass er sich fragte, ob er sie jemand wirklich erlebt hatte.
Aber das hatte er, auch wenn sich daran in Bezug zu Kisic nichts geändert hatte. Sie waren einander feindlich gesinnt und wenn das Mädchen nicht so diszipliniert wäre, würden wohl jeden Tag Flüche durch das Haus des Falken geschleudert werden.
Sirius hatte mittlerweile herausgefunden, dass es tatsächlich eine Verbindung zwischen all den Gebissenen, Beinahe-Gebissenen und Vampiren gab. Er glaubte zu wissen, woran er es erkennen konnte, denn ihm war nun bewusst aufgefallen, dass er sich immer an Schnee erinnert fühlte, wenn er Kisic zu nahe kam.
Schnee war nicht das, was er mit Vampiren assoziierte, denn das war Blut, Brutalität und Dunkelheit. Aber man konnte auch Kälte damit verbinden. Und Unschuld. Denn jeder, der zum Vampir wurde, war unschuldig daran. Wer konnte schon etwas dafür, wenn er gebissen wurde. Oder auch beinahe. Die Ewigkeit suchte sich ihre Opfer willkürlich aus.
Sirius hatte von der Nacht-und-Nebel-Aktion von James, Remus, Peter und Regulus erfahren. Sie hatten ihm geschrieben und ihm alles berichtet. Ihre Vermutung, dass Vyperus und Mrs Snape ein Verhältnis und sie beide einen gemeinsamen Sohn hatten, stimmte also. Und der Vampir würde hier nicht aufkreuzen, um von Sirius Informationen zu verlangen, die er nicht in Erfahrung bringen konnte.
Er wollte gerne wissen, was das für ein Torbogen war, zu dem die geheimnisvolle Kette der Schlüssel war. Was sich dahinter verbarg. Wieso Vyperus das magische Artefakt besitzen wollte und einen Krieg gegen Stoyân dadurch riskierte.
Er saß soeben in der Bibliothek und suchte nach etwas, was ihm vielleicht Hinweise auf diese Kette geben konnte. Er suchte nach Abbildungen oder Erzählungen, aber er fand einfach nichts. Er saß schon seit jenem nächtlichen Treffen mit Kisic daran.
„Sag mal, nach was suchst du eigentlich?", hörte er eine Stimme direkt neben sich und er schaute auf.
Alan stand dort, zwei Bücher in der Hand und schaute neugierig in das aufgeschlagene Buch über magische Artefakte, das Sirius am Tisch in der hintersten Ecke der riesigen Bibliothek las.
Er seufzte. „Ach, nach einer Kette", sagte er. Das konnte er ja ruhig sagen, solange er nicht das wirklich Interessante preisgab.
„Ah ja", machte Alan und setzte sich ihm gegenüber. „Jetzt bin ich im Bilde." Er grinste sarkastisch, aber in seinen blassblauen Augen funkelte es fröhlich. Die strohblonden Haare waren wie immer ordentlich zurückgekämmt.
Sirius hatte die Kette, so, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte, auf ein Pergament gezeichnet, dass er neben sich liegen hatte. Zu spät fiel es ihm ein, denn Alan hatte es bereits gesichtet.
Er sah auf die Zeichnung.
Sirius hatte die Kette noch genau vor Augen gehabt. Sie war silbern und schlicht. Ein Anhänger hing daran, ein roter Rubin in der Form eines langen, scharfen Drachenzahnes.
„Ach, die Pharaonenkette", sagte Alan nur gleichgültig, dann schlug er eines seiner beiden Bücher auf und blätterte darin. „Warum brauchst du denn Informationen darüber?"
Sirius starrte ihn perplex an. „Die Pharaonenkette?", wiederholte er verblüfft.
Alan sah kurz auf. Unbekümmert, wie eh und je. „Eh, ja. Danach scheinst du doch zu suchen, oder etwa nicht?"
„Uhm... ich wusste nicht, dass sie sich so nennt."
Aber Alan nickte. „So nennt sie sich." Er las wieder in seinem Buch, fuhr mit dem Zeigefinger das Inhaltsverzeichnis entlang, bis er stoppte und kurz darauf eine bestimmte Seite aufschlug. Der Blondschopf tat, als sei die Pharaonenkette überaus bekannt, als wüsste jeder über sie Bescheid.
Sirius war fassungslos. Da suchte und suchte er und offenbar kannte sich sein Schulkamerad, mit dem er noch dazu das Zimmer teilte, bestens damit aus. „Woher weißt du das?", fragte er und seine Stimme hatte an Lautstärke zugenommen. „Und vor allem... was weißt du noch?"
Alan sah wieder auf, nun ein wenig die Stirn runzelnd.
Sie saßen an einem Tisch, der direkt an einem Fenster stand. Der Schnee glitzerte im Halbdunkeln, denn es war bereits dämmrig draußen. Sanfte Schneeflocken fielen lautlos herab.
Die Bibliothek war recht gut besucht, weil viele bis zu den Weihnachtsferien aufwändige Hausarbeiten abgeben mussten. Die beiden Jungen saßen an einem Zweiertisch; die Tische neben ihnen waren besetzt, aber niemand achtete auf sie; jeder war zu beschäftigt damit, Aufsätze zu schreiben, zu lesen oder sich flüsternd mit Mitschülern auszutauschen.
„Mein Vater ist Herausgeber der La Voz de Galycia. Da wurde mal ausführlich von der Kette berichtet", erzählte Alan leichthin, er klang sogar ein wenig gelangweilt. „Sie gilt als verschollen."
Sirius saß wie auf heißen Kohlen. Gebannt hing er an Alans Lippen und ließ ihn kein einziges Mal aus den Augen. „Ja und?", drängte er ihn, als Alan verstummte. „Los, erzähl mir mehr! Was weißt du noch?"
Alan hob lässig eine Augenbraue und bedachte Sirius mit einem langen Blick. Dann grinste er spöttisch. „Sirius, du benimmst dich wie ein Junkie."
Dieser schnaubte. Er überlegte, ob er Alan verhexen sollte, damit er es ihm sofort erzählte, aber dieser fing von selbst wieder damit an.
„Es heißt, vor vielen, vielen Jahrzehnten, lange vor Christi Geburt, herrschte einst ein Zauberer in jenem Land am Nil, in dem die Schlangengöttin Uto angebetet worden war. Er war glorreich und voller Ruhm. Er regierte gewissenhaft und soll tugendhaft gehandelt haben. Beim Volk war er sehr beliebt." Alan sah Sirius versonnen an, so, als schaue er durch den Jungen hindurch, ehe er fortfuhr.
„Der König war eines Tages in den Besitz einer Kette gekommen, eines magischen Schmuckstücks, das einzigartig in seiner Art war. Ein roter Rubinstein, in der Form eines langem, spitzen Drachenzahnes, der so hell zu funkeln vermochte, dass man das Augenlicht zu verlieren drohte, wenn man es sich zu lange betrachtete. Der Herrscher schien zu wissen, welche Fähigkeiten die Kette in sich barg, denn er hatte einen Torbogen errichten lassen, der in eine Welt zu führen schien, die sich dahinter versteckte. Die Kette war der Schlüssel dafür. Hin und wieder, so heißt es, legte sich der Pharao die Kette um und ging durch den Torbogen hindurch. Er kehrte immer wieder von dort zurück, und jedes Mal schienen seine magischen Fähigkeiten gewachsen zu sein. Den Torbogen konnte er nur mit Hilfe dieser Kette betreten und auch wieder verlassen, ohne dass ihm etwas widerfuhr. Denn jene, die gegen Gesetze verstießen und die Todesstrafe erhielten, schickte er ebenfalls durch den Torbogen, ohne dass sie die Kette trugen. Man kann annehmen, dass sie starben. Oder dass ihnen Schlimmeres erfuhr, dass sie dort in dieser Welt hinter dem Torbogen umherirren, seelengepeinigt, und keinen Weg zurück finden, da dies nur mit der Kette möglich ist."
Alan schob nachdenklich seine Unterlippe zischen die Zähne und schien in weite Ferne zu blicken. „Sein Königreich hatte er dadurch in unermesslichen Reichtum geführt und es zu politischer und militärischer Macht gebracht. Aber... aber wo Licht war, gab es auch Dunkelheit. Angeblich war der Herrscher so kalt wie die Nacht geworden, machtbesessen, wahnsinnig und ohne Gefühle. Im Volk erzählte man sich, die Welt hinter dem Torbogen habe ihm die Seele genommen. Als Preis für die Magie und die große Macht. Was aus dem Pharao wurde, ist nicht bekannt; eine Pyramide, die ihm als traditionelle Grabstätte hatte dienen sollen, ist nie gefunden worden."
Alan lächelte schwach. „Und so, wie sich des Königs Spur in den Sand der Wüsten verloren hatte, verhält es sich mit der Kette. Irgendwann haben die Menschen begonnen, diese Erzählungen als Märchen abzutun. Als Legende aus einer längst vergessenen, alten Welt."
Er hob die Schultern, lehnte sich zurück und schob sich sein Buch zu. Unbewusst fuhr er sich durch die hellblonden Haare, die ihm daraufhin in die Stirn fielen. „Und vielleicht war es nie etwas anderes gewesen."
Er grinste verschmitzt. „Das stand zumindest in der Zeitung. Die Journalisten hatten wohl lange dafür in Ägypten recherchiert, aber du weißt ja... bei solchen Sachen, die dann auch noch so verdammt lange zurück liegen, kann man Schein von Sein nicht mehr unterscheiden."
Sirius nickte abwesend. Er hatte Alan zwar fixiert, aber er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Das war eine interessante Geschichte, die er soeben vernommen hatte.
„Aber eines ist sicher", sagte Alan, beugte sich über den Tisch und rüttelte Sirius leicht. „Auch wenn es keine stichfesten Beweise für die Geschichte gibt... die Journalisten haben auch keine Gegenbeweise finden können."
Sirius sah ihn nun bewusst an. „Das ist... cool, Mann. Das hört sich total faszinierend an. Dieser Torbogen... lässt er sich transportieren? Gibt es denn keine Hinweise auf ihn?"
Es gibt scheinbar Hinweise, aber niemand weiß, ob es sich dabei um denselben Torbogen handelt, wie in der Legende. Wenn doch, dann ist er transportfähig. England hat mal einen ägyptischen Torbogen für Forschungszwecke gekauft, von dem viele behaupten, es sei jenes mysteriöse Tor zu dieser anderen Welt." Alan machte eine leichte Handbewegung. „Keine Ahnung, was daraus geworden ist."
„Mmh", machte Sirius nachdenklich. Vielleicht vermochte er ja über den Verbleib des Torbogens etwas herausfinden. Er könnte Regulus bitten, Vater zu fragen.
xx
„James Potter, richtig", sagte eine Stimme hinter ihm und James drehte sich um. Er kam soeben vom Quidditchtraining; sein Kopf war erhitzt, das Haar klebte ihm schweißnass auf der Stirn, die Kleidung war feucht vom Schnee und die Brille halb beschlagen.
James war allein und er stand auf dem Gang, der zum Gryffindorturm führte.
Ted Tonks, ein Fünftklässler, stand vor ihm, die Arme lässig in die Hosentaschen vergraben und James aus großen, dunklen Augen musternd. Es funkelte immerzu in ihnen. Sein Gesicht war etwas herzförmig und er hatte seine dunkelbraunen Haare zu Spikes frisiert – zu spitzzulaufenden, in allen Richtungen abstehenden Strähnen, deren Spitzen abwechselnd in Rot und Gold gefärbt waren. Ted liebte Gryffindor und ausgefallene Frisuren. Der kleine, silberne Ring an seiner linken Augenbraue glitzerte im Fackellicht. An seinem Ohr trug er einen Drachenzahn als Ohrring. Auf seinen feinen Zügen lag Arglosigkeit.
Es hieß, dass Ted Tonks mit Andromeda ausging, etwas, was für sehr viel Furore in Hogwarts gesorgt hatte, da sie ein Black – ein Reinblut – war und er Muggle als Eltern hatte.
„Ja", entgegnete James nun und sah Ted neugierig an. „Was willst du denn?"
„Wissen, was es mit der Heulenden Hütte auf sich hat."
Ted klang unbekümmert, aber in James schrillten sämtliche Alarmglocken.
„Was?"
Teds Blick wurde auffordernd. „Also?"
„Woher soll ich das wissen?", ging James auf Verteidigung und hoffte, glaubhaft zu klingen. Natürlich wusste jeder von der Heulenden Hütte. In Hogsmeade erzählten die Dorfbewohner ständig davon, aber niemand wagte es, sich der Hütte zu nähern. Ted aber war ein Tunichtgut, James traute ihm durchaus zu, dass er dies tun würde.
Ted hob die Schultern. „Weiß nicht", fing er gemächlich an. „Dachte, du, als Rumtreiber wüsstest davon."
James schüttelte den Kopf. „Nee, leider nicht. Hab nur viele Gerüchte gehört." Er grinste kurz. „Eins wilder, als das andere."
Ted grinste zurück; es machte ihn spitzbübisch und aufgeweckt. „Ja..."
James war froh, dass Dumbledore dafür gesorgt hatte, dass niemand die Hütte durch die Eingangstür betreten konnte. Ein Schutzwall verhinderte es. So konnte man sie nur durch den geheimen Tunnel unter der Peitschenden Winde erreichen und dazu musste man erst den Baum durch den ebenso geheimen Knotenpunkt ruhig stellen.
Ted hob nun die Schultern. „Hm, schade", meinte er bedauernd, „ich hatte gehofft, du wüsstest mehr." Dann sah er kurz zu James' Besen in der Hand, ehe er wieder dessen Augen fixierte. „Das nächste Spiel wird gegen Slytherin sein."
James nickte und seufzte. „Ja. Wir müssen unbedingt gewinnen."
Ted nickte eifrig. Dann grinste er schelmisch. „Ich weiß, wir sollten fair spielen, aber das geht nicht, wenn die Slytherins mit unlauteren Mitteln kämpfen", meinte er.
James horchte auf.
Teds Grinsen wurde breiter und zusehends frecher. „Na ja, wir müssen uns ja nicht gleich auf deren unterstes Niveau stellen, aber... sie trainieren nur mit der A-Mannschaft. Die Ersatzspieler werden nicht einkalkuliert und sind somit untrainiert. Was, wenn die A-Mannschaft kurz vor dem Spiel zum größten Teil wegen starker Übelkeit oder so aussetzen muss?" In den dunklen Augen glitzerte es belustigt. „Dann wird das B-Team spielen müssen."
James grinste. „Und die werden wir so oder so platt machen können." Das klang gut. Vor allem als Rache für das letzte Spiel, wo Gryffindor haushoch gegen Ravenclaw verloren hatte, weil – so vermutete jeder und das zu Recht – die Slytherins die Besen der rotgoldenen Mannschaft sabotiert hatten.
Mit einem lässigen Handschlagaustausch und einem verschwörerischen Augenzwinkern trennten sie sich.
„Ich regele das schon", sagte Ted noch verschmitzt und setzte eine listige Miene auf.
xx
Regulus saß im Slytheringemeinschaftsraum an einem der Tische, zusammen mit einigen seiner Mitschüler. Er machte Hausaufgaben, doch hin und wieder warf er flüchtige Blicke zu Severus, der in seiner Nähe saß und in einem Buch las, das er dicht vor seine Nase hielt.
Regulus fragte sich, ob Severus wusste, dass er bei dessen Mutter gewesen war. Oder ob er es noch irgendwann erfahren würde. Bisher hatte Severus ihn weder darauf angesprochen, noch hatte er sich merkwürdig benommen. Bis auf das leichte Misstrauen, dass Severus ohnehin gegen jeden einzelnen Menschen auf diesem Planeten hegte, war keine Feindseligkeit oder Nervosität zu erkennen.
Wenn, dann wüsste Severus, dass er – Regulus – ihn in der Hand hatte. Er bräuchte nur den anderen Slytherins ein paar Andeutungen geben. Dann würde es sich wie ein Lauffeuer verbreiten und Severus würde verachtet werden. Ein Halbvampir hatte nicht dasselbe reine Blut, wie andere Reinblüter, selbst wenn es sich bei dem Vampir einst um einen reinblütigen Zauberer gehandelt hatte. Denn ein Teil von vampirischem Blut floss durch dessen Adern und somit war es unrein.
Regulus lächelte kurz. Ihm gefiel, dass er Severus damit erpressen konnte. Ihm gefiel es immer, wenn er irgendeinen erpressen konnte, wenn er wollte. Denn das bedeutete Macht. Macht über die andere Person.
Und vielleicht bot sich irgendwann einmal die Gelegenheit, in der er Severus' Wissen oder derartiges brauchte und ihn unter Druck setzen konnte, wenn dieser ihm nicht freiwillig erzählte, was er erfahren wollte.
„Dürfte ich den Grund erfahren, weswegen du so selbstverliebt in die Gegend lächelst?", bahnte sich eine sanfte, sehr schleppende Stimme an sein Ohr und Regulus sah zur Seite.
Es war Narcissa, seine Cousine, die neben ihm stand und ihn amüsiert musterte.
Er verstand sich gut mit seinen Cousinen, aber er hatte nicht allzu viel mit ihnen zu tun. Bellatrix war im sechsten Schuljahr, Narcissa im vierten. Sie hatten andere Freunde als er und andere Interessen. Aber manchmal unterhielten sie sich kurz; manchmal erkundigten sie sich nach ihm und seinem Schulleben, einfach, weil er der Jüngste in der Familie war und sie wohl glaubten, sich ab und zu um ihn kümmern zu müssen.
Das nervte ihn ungemein, weil er nicht wie ein kleines Kind behandelt werden wollte, aber er war zu wohlerzogen, als dass er Narcissa jetzt verärgert angefahren hätte. Sie war nun mal seine Cousine und folglich hatte er ihr mit Respekt zu begegnen.
Er hob die Schultern und sah hoch, direkt in ihre großen blaugrauen Augen, in denen man sich so leicht verlieren konnte, wenn man nicht achtsam war. „Ich bin halt recht zufrieden mit mir", gab er arrogant zurück, grinste aber.
Narcissa hob eine ihrer feingeschwungenen Brauen. Ihre langen, hellblonden Haare – so untypisch für eine Black – hatte sie geflochten und hinten zusammengebunden. Sie war, fand Regulus, das schönste Mädchen an der Schule und es gab nicht viele Jungs, die ihr nicht den Hof machten. Aber er hatte den Verdacht, dass für Narcissa nur einer in Frage kam.
„Hast du mal was von Sirius gehört?", fragte sie nun.
„Hm, ja. Er stellt eine Menge Unsinn an", antwortete er und verdrehte die Augen. „Scheint, dass er deswegen nur Stress mit den Lehrern hat."
Narcissa seufzte. „Nun, hoffentlich gefällt es ihm einigermaßen dort."
Regulus antwortete nicht. Er sagte ihr nicht, dass aus dem letzten Brief, den Sirius ihm geschrieben hatte, schwach herauszulesen war, dass er tatsächlich angefangen hatte, sich dort einzuleben. Und er erzählte ihr auch nicht, dass er dennoch versuchte, sich von dort rauszuschmeißen zu lassen. Die Zeit wurde nur knapp. Regulus hatte nichts dagegen, wenn Sirius in Durmstrang bliebe. Allem Anschein nach würde Sirius dort eben nicht eingehen, wie Regulus immer vermutet hatte, und somit würde die Schule ihm nur von Vorteil sein.
Alles würde von Vorteil sein, was weit genug weg von Potter und diesem Gesindel war.
Dann schob Narcissa ihm plötzlich eine Pergamentrolle zu. Ihr Blick war unleserlich. „Hier. Lies mal." Sie ging fort, leichten, anmutigen Schrittes, als würde sie schweben.
Regulus sah stirnrunzelnd auf das Pergament herab, dann rollte er es auf und erkannte die schräge, ordentliche Handschrift Aryan Lestranges.
Er begann zu lesen.
Liebe Bellatrix,
ich habe ihn persönlich gesehen. Lord Voldemort. Er scheint die Dunkle Magie nahezu zu personifizieren; er ist faszinierend und ein brillanter Zauberer. Mir ist noch kein Magier über den Weg gelaufen, der so unvergleichlich perfekt zaubern kann. Mit Ausnahme Dumbledores, vielleicht.
Ich frage mich, aus welchem reinblütigen Haus er kommt. Er erzählt niemals von seiner Herkunft und niemand wagt ihn zu fragen. Er hat eine Ausstrahlung, die einen vollkommen in den Bann zieht, und er macht einen galanten Eindruck. Er ist höflich und hat richtig viel Ahnung von allem. Es wird gemunkelt, dass er ein Nachfahre sei und ich glaube, es könnte sogar stimmen. Er ist ein Parselmund, so wie Slytherin. Dieselben dunklen Haare und dunklen Augen. Derselbe herrschaftliche, furchteinflößende Blick.
Er ist sehr arrogant und ich habe manchmal die Befürchtung, dass er nur so lange mit den einflussreichen Reinbluthäusern – allen voran den Malfoys und Lestranges – verhandelt und kameradschaftliche Bündnisse sucht, bis er alleine regieren kann. Ich bezweifle, dass er dann noch Rücksicht auf ein Mitspracherecht unserer Familien nimmt. Von daher halte ich die Taktik deines Onkels und deines Vaters für klug, sich nicht von ihm abhängig zu machen.
Lord Voldemort macht viele Versprechungen. Und er hat viele Pläne. Er will die Knights of Walpurgis reorganisieren, ihnen einen neuen Namen und ein neues Symbol geben, auf das sie sich unter seinem Banner vereinigen und alles unreine Blut von der Welt tilgen. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, verhandelt er mit einem Vampir, um die Magischen Juwelen zu bekommen, die vor einem Jahr von der Queen gestohlen worden waren – vermutlich von Der Schlange. Weißt du, welche Juwelen ich meine? Ich zitiere mal aus einem Zeitungsartikel, der seinerzeit darüber berichtet hatte:
'Einst hat Henry of Lancaster, Herrscher über England im 15. Jahrhundert, sie von einem Zauberer geschenkt bekommen, dessen Name uns nicht bekannt ist. Eine Legende besagt, dass die Juwelen zu besitzen bedeutet, über die Quelle der Macht zu verfügen, aus der die Kraft des Gleichgewichtes zwischen Licht und Dunkelheit geschöpft wird. Sobald jemand die Magie der Edelsteine beeinflusst, vermag dieser die Harmonie zwischen Gut und Böse zu zerstören.
Insgesamt sind es vier regentropfenförmige Juwelen, etwa zehn Zentimeter lang und mit einem Durchmesser von 5 Zentimetern. Zwei von ihnen sind kristallklar.'
Es wäre unglaublich, wenn Lord Voldemort in den Besitz dieser Juwelen kommen würde, immer vorausgesetzt, es stimmt, was über sie berichtet wird. Welch Möglichkeiten sich dadurch eröffnen würden! Das Gleichgewicht könnten wir so zerstören und es zugunsten der Dunkelheit verändern!
Apropos Vampir... sagt dir ‚Serpentys' etwas? Es ist ein Vampir, der es sich offenbar in den Kopf gesetzt hat, Stoyân zu stürzen, ungeachtet seines Treueids, dem er ihm geleistet hat. Ich habe ein wenig herumspioniert und war in letzter Zeit oft in der Unterwelt unterwegs. Es gibt Hinweise darauf, dass Serpentys deinem Onkel, Mr Black, ein wertvolles Artefakt gestohlen hat und dein Onkel mit Stoyân zusammen alles versucht, um es wiederzuerlangen. Offenbar hat Stoyân deinem Onkel dieses Artefakt geschenkt. Außerdem vermute ich, dass Serpentys Sirius kennt. Ich frage mich, was dein rebellischer Cousin mit einem Vampir zu schaffen hat. Vielleicht vermagst du es ja herausfinden.
Gruß,
Aryan.
Regulus lehnte sich in seinem hohen Stuhl zurück und atmete hörbar aus. So sehr er Aryan schätzte, umso sehr verärgerten ihn im Moment seine Spionagekünste. Es musste eine Meisterleistung gewesen sein, herausgefunden zu haben, dass Sirius den Vampir Serpentys alias Vyperus kannte, denn niemand würde es so einfach ausgeplaudert haben. Sirius und seine Freunde schon gar nicht, er selbst ebenfalls nicht und sein Vater würde dies ebenfalls nicht getan haben. Dann blieb da noch Vyperus selber.
Regulus gefiel nicht, dass Aryan Bellatrix gebeten hatte, diesbezüglich etwas herauszufinden. Er würde seinen Bruder warnen. Eigentlich ging das gegen seine Ideale, denn es galt, Sirius wieder auf den richtigen Weg zu lenken, doch Regulus wusste, dass Bellatrix zu machtgierig war, als dass es für Sirius hätte von Vorteil sein können, wenn sie über alles Bescheid wusste. Und Regulus' Loyalität galt immer noch seinem Bruder, denn noch hatte dieser sich nicht gegen die Familie gewandt. Das würde sich erst bei dessen Volljährigkeit feststellen.
Narcissa hatte ihm den Brief gegeben, weil er ein Black war und somit Anspruch darauf hatte, zu wissen, was so alles vorfiel. Sie rechnete sicherlich nicht damit, dass er von der ganzen Vampirgeschichte wusste – und noch vieles mehr – und dass er gegen sie spielen würde. Aber damit verriet er ja weder seine Familie, noch das reine Blut. Im Gegenteil. Er half.
Niemand würde auf die Idee kommen, dass Sirius von Regulus gewarnt worden war, einfach, weil keiner ahnte, dass der jüngste Black mehr wusste, als er zugab.
xx
In zwei Tagen würde die Probezeit ablaufen. Sirius war frustriert. James' Briefe kamen derweil stündlich – immer wieder mit neuen Ideen, die er ausprobieren sollte, um den Rauswurf zu erlangen. Er schien sämtliche Schuleulen auf Trab zu halten. Diese mussten sich um einen Schneesturm kämpfen und kamen stets völlig ausgelaugt in Durmstrang an. Sie flogen die Eulerei an, da alle Fenster und Türen sonst geschlossen waren, und flatterten von dort in die Schule hinein, um Sirius zu suchen.
Sirius wusste... so einfach war das alles nicht. Stoikov war ein Mann von Ehre und Stolz; da müsste er schon die Schule zum Einstürzen bringen, wenn er hier wieder weg wollte, denn der Mann gab seine Schützlinge nicht so leicht auf.
Und die Schule zum Einstürzen bringen konnte er schlecht, wenn er davon mal absah, dass er nicht in der Lage war, die hochkomplizierten, kniffligen, schwarzmagischen Schutzzauber zu knacken, welche die Schule schützten.
Er seufzte und presste seine Stirn an die kalte Glasscheibe. Er stand an der geschlossenen Balkontür im Gemeinschaftsraum und starrte hinaus. Da es dunkel war, konnte er aber kaum etwas erkennen, außer einem sanften Schimmer von Schnee. Sonst sah er sich und den Gemeinschaftsraum darin spiegeln, in dem die anderen Schüler saßen und Hausaufgaben machten, Spiele spielten, lasen und sich unterhielten.
Er war am Ende. Er wusste nicht mehr weiter und was noch schlimmer war: er wusste selbst nicht, was er wollte. Durmstrang oder Hogwarts? Schwarzmagisch, aber sich dafür frei fühlen oder aber moralisch gerecht, jedoch wieder in die alte, belastende Position zurückgedrängt werden?
Es war verflixt und Sirius fühlte sich zunehmend verzweifelter. Er war im Zwiespalt, war hin und her gerissen, konnte sich einfach nicht entscheiden. Und ohnehin... selbst wenn er eindeutig für Hogwarts wäre, wie sollte er von hier fortkommen?
Verdammt.
„Heimweh?", fragte ihn jemand und Sirius brauchte sich gar nicht umzusehen, er wusste, wer ihn ansprach. Noch ehe die Worte an sein Ohr gedrungen waren, hatte er sich an Schnee erinnert gefühlt.
„Nein", entgegnete er müde.
Kisic stand neben ihm und schaute ebenfalls hinaus. Ihre Gestalt spiegelte sich in der Glasscheibe wider. „Und warum bläst du Trübsal?", fragte sie in einem leicht desinteressierten, argwöhnischen Ton.
„Und warum interessiert dich das?", fragte Sirius sie zurück, sie nachahmend. Er merkte, wie er sich schon wieder gereizt fühlte. Er fragte sich, warum sie überhaupt hergekommen war. Meistens richtete sie nur dann ein Wort an ihn, wenn er provokante Sprüche vom Stapel ließ.
Kisic wich sofort zurück; Sirius konnte in der Glasscheibe sehen, wie sie ihn wütend anstarrte. „Es interessiert mich nicht, Blutsverräter", fuhr sie ihn an. Dann machte sie kehrt und ging mit erhobenem Kopf zurück.
Sirius schnaubte. Blöde Zicke.
Er dachte sich gerade noch eine Reihe weiterer, unliebsamer Ausdrücke für das Mädchen aus, als er plötzlich meinte, eine Bewegung auf dem Balkon wahrgenommen zu haben. Er kniff die Augen zusammen und starrte angestrengt hinaus, seine Augen mit den Händen abschirmend und versuchte, die Umgebung zu erkennen. Die Tür aufmachten konnte er nicht, da ein Schneesturm draußen tobte und die Lehrer sie vorsorglich verriegelt hatten.
Also konnte da niemand draußen sein. Es war unmöglich.
Nichts bewegte sich mehr; der Balkon schien verlassen, aber Sirius blieb argwöhnisch. Sah er schon Gespenster? Eine Eule oder ein anderes Tier hätte es nicht sein können, dazu war der Schatten zu groß gewesen.
Nun... scheinbar hatte er es sich wohl doch nur eingebildet.
Sirius schaute noch einige Augenblicke hinaus, aber als sich nichts mehr regte, entschloss er, sich von der Glastür abzuwenden, um Alan suchen zu gehen.
Und in dem Moment, in dem er sich umdrehen wollte, stand plötzlich eine hochgewachsene Gestalt in einem bodenlangen Winterumhang auf der anderen Seite der Balkontür; das Gesicht in einer weiten Kapuze verborgen. Doch die Hände mit den schlanken Fingern pressten sich auf die Tür, mit den langen, spitzen Fingernägeln fuhr der Fremde über die Glasscheibe und hob das Gesicht an.
Sirius erstarrte – vor Entsetzen und vor Fassungslosigkeit, als er die untere Gesichtshälfte erkennen konnte. Dieser Jemand grinste mit seinen blutroten Lippen. Und entblößte dabei lange, spitze Eckzähne.
Und dann war der Vampir wieder verschwunden. Gänzlich fort, so, als hätte es ihn niemals gegeben. Als hätte Sirius halluziniert, als wäre es eine Illusion gewesen. Eine schreckliche Einbildung.
Aber Sirius konnte nicht glauben, dass er es sich nur eingebildet hatte. Wenn doch, schien er dann wohl langsam, aber sicher verrückt zu werden.
Er stolperte in völliger Bestürzung ein paar Schritte zurück, dann wirbelte er herum, suchte den Gemeinschaftsraum mit hektischen Blicken nach Mina Kisic ab und musste feststellen, dass er sie nirgendwo fand.
Scheiße.
Er rannte zu ihrer besten Freundin, die er ausfindig gemacht hatte und erkundigte sich hastig nach ihr.
Sie sah ihn erstaunt an. „Sie ist gerade zur Bibliothek gegangen."
Sirius sprintete los. Er musste ihr sagen, dass ein Vampir hier war und er musste Kisic finden, ehe der Untote einen Weg in die Schule fand. Denn eines hatte Sirius nicht vergessen, was das Mädchen ihm erklärt hatte: ein Vampir spürte, wenn jemand mal von einem anderen gebissen worden war. Und wenn er hier eindrang, würden die dunklen Verbindungen, die zwischen einem Blutsauger und seinem Opfer entstanden, ganz gleich, ob der Biss vollendet wurde, ihn direkt zu Sirius und Kisic führen. Ihn nahezu anlocken, gedrängt vom Ruf der ewigen Finsternis.
A/N:
Noch eine Sache zu Peter, da viele angemerkt haben, dass sie es gut finden, wie ich ihn hier (zum Beispiel als Diplomaten usw.) darstelle, anstatt als einen Dummkopf. Ich weiß, dass er in vielen FFs als Idiot dargestellt wird – und McGonagall sagt ja auch klipp und klar in Band 3, dass sie immer mit ihm geschimpft hatte, weil er offenbar so ein Trottel war – aber (und auch das wird in Band 3 später deutlich): Peter war ein BRILLANTER Kopf. Er hat es geschafft, alle – wirklich alle – hereinzulegen. Sei es James und Sirius, die ja als die intelligenten Anführer der Clique galten, sei es den weisen Dumbledore... und die Sache, die er später durchgezogen hat (Sirius auf offener Straße anzuklagen, die Straße zu sprengen, als Ratte zu verschwinden und den eigenen Tod vortäuschen) halte ich ebenfalls für total ausgezeichnet. Da sieht man nun mal, dass Peter durchaus das Zeug hat, wenn er die Motivation dazu anbringt. Und das scheint der springende Punkt zu sein: Peter ist nichts wichtiger, als sein eigenes Leben. Nur dann scheint er zu Hochleistungen aufzuschwingen und selbst vor Verrat schreckt er nicht zurück. Ein Charakterschwein ist er demnach allemal. Aber ich möchte mal die Mehrheit der Menschen sehen, wie sie reagieren, wenn Terror um sie herum agiert und sie wissen, dass sie nur durch Verrat ihr Leben retten können... es ist sehr einfach zu sagen, das eigene Leben für jemand anderen zu opfern, wenn man – wie die meisten von uns, denke ich mal – in Frieden und Sicherheit und Wohlstand aufgewachsen sind, und es ist was völlig anderes, das Gesagte auch in die Tat umzusetzen.
Der kleine Logikfehler mit den Zauberstäben im letzten Kapitel wurde behoben. Es wurde vermehrt gefragt, ob ich einen Beta hätte – und ja, ich habe einen – und ich finde, mein Beta macht wirklich gute Arbeit. Dass wir hin und wieder mal Fehler übersehen, finde ich auch nicht schlimm – dies ist nur eine FF und wir verdienen damit ja kein Geld, so dass die Perfektion nun wirklich nicht gefordert werden sollte. :)
Wow, und DAAAAAAANKE an alle für eure vielen, lieben Reviews, das motiviert total!
