Rückwärts in die Dunkelheit

Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?

(-die letzten Worte eines Sterbenden.)


20. Kapitel

Der Rauswurf


Entscheide dich,
ob du leben oder sterben willst...
nur darum geht es."

(Die Verurteilten)

Kisic war nirgends in der Bibliothek aufzufinden. Sirius rannte wieder hinaus und überlegte dabei krampfhaft, wo sie sonst sein könnte. Er hatte Seitenstechen und war völlig außer Atem; die Schüler, an denen er vorbei raste, schauten ihm neugierig hinterher.

Er lief die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal nehmend, kam vom sechsten Stockwerk ins vierte, dann ins dritte; er wollte weiter hinunter rennen, aber ein plötzliches Gefühl ließ ihn abrupt stoppen. Er wäre beinahe gestolpert und die Stufen hinunter gefallen.

Er keuchte und hörte nichts, außer seinem rasenden Herzen, das so laut pochte, dass es schmerzte. Es war nur eine dunkle Vorahnung, eine unsichtbare Macht, die ihn lockte, die ihn ins dritte Stockwerk führen wollte, ohne dass er wusste, warum.

Dann fiel es ihm siedendheiß ein.

Die Tanzhalle.

Ob Kisic dort war? Aber warum? Er preschte bereits los, sich fragend, ob es wieder diese schwache Verbindung zwischen ihnen war, die ihn vermuten ließ, sie sei dort...

Er hetzte über den Flur, kam an der Drachenstatue vorbei, riss die Tür auf, ohne langsamer werden und stürzte regelrecht in den von Fackeln erhellten großen Raum hinein. Schlitternd kam er in der Mitte zum Stehen und sah Kisic, wie sie dabei war, die Balkontür zu öffnen. Eigentlich dürfte es gar nicht funktionieren, aber sie murmelte einen Zauberspruch, von dem Sirius einfach intuitiv wusste, dass er klappen könnte.

„NEIN!", brüllte er, rannte los, warf sich nach vorn auf Kisic, so dass sie beide zu Boden fielen.

Sie keuchte auf, schubste ihn herunter und stand wieder auf, sich dabei mechanisch, ja geradezu apathisch bewegend. Sie war ganz blass. Sirius sprang auf und riss sie grob zu sich. Verblüfft nahm er ihren leeren Blick war; ein dunkles Nichts lag in ihren grauen Augen und sie schien durch ihn hindurchzusehen.

„WAS IST LOS MIT DIR?", rief er halb verzweifelt, halb entsetzt.

Sie kämpfte sich frei, hatte scheinbar mehr Kraft, als sonst, als würde sie von einer unsichtbaren Macht unterstützt werden, richtete den Zauberstab auf Sirius und schleuderte ihn mit einem hellen Blitz durch den ganzen Raum, so dass er kurz vor der gegenüberliegenden Wand zu Boden knallte.

Ein schmerzhafter Stich durchfuhr seinen Körper und ihm schwindelte stark. Blinzelnd und benommen richtete er sich auf. Kisic hatte sich wieder zur Balkontür gewandt und öffnete sie einfach durch einen Zauber.

Sirius konnte es kaum glauben. „Nein, verdammt, was tust du denn da!", rief er entgeistert; er stand schnell auf und taumelte leicht, dann stürzte er wieder nach vorne, seinen Zauberstab in der Hand haltend.

Aber es war bereits zu spät. Jene hochgewachsene, in einem schwarzen Umhang gehüllte Gestalt war schon zusammen mit einem Wirbel aus Schnee herein getreten und sowohl die Balkontür, als auch die Tür der Halle fielen wie durch Geisterhand mit einem Klicken zu.

Kisic sackte bewusstlos zu Boden.

Sirius starrte abwechselnd auf sie und den Vampir, dessen Gesicht unter der weiten Kapuze verborgen war.

„Was willst du hier?", rief er bestürzt aus. Zorn kam hinzu. Er konnte sich selbst kaum kontrollieren. Die Emotionen waren zu stark und entrissen ihm die Herrschaft über sein Handeln. „Und was hast du mit ihr gemacht?"

„Deiner kleinen Freundin ist nichts geschehen", antwortete der Vampir mit einer dunklen, kalten Stimme. Eigenartigerweise klang sie ein wenig spitzbübisch. Er schien süffisant zu grinsen, als er fortfuhr: „Jedenfalls noch nicht."

Er kannte die Stimme nicht. Also war es nicht Vyperus.

Der Vampir ging neben Kisic in die Hocke und drehte sie auf den Rücken, um ihr bleiches, entspanntes Gesicht zu betrachten.

„Ihr Menschen seid ja so leicht zu kontrollieren", behauptete der Vampir verächtlich. Er nahm ihr den Zauberstab weg.

Sirius zielte mit seinem Zauberstab auf ihn. „Was willst du hier?", verlangte er zu wissen. Er wusste nicht so genau, woher er diese Dreistigkeit nahm, vielleicht glomm sie einfach auf, weil er ansonsten hilflos gewesen wäre.

Der Vampir sah ihn an, aber Sirius konnte sein Gesicht nicht erkennen. Die Schatten der Kapuze verhinderten es. „Vielleicht will ich ja Blut", entgegnete er lauernd.

„Du bist bestimmt nicht hier eingedrungen, um dir Blut zu holen!", presste Sirius hervor. „Da gibt es einfachere Wege!"

„Oh, ein ausgefuchster Junge", spöttelte der Vampir. Dann machte er eine kleine, beinahe beiläufige Handbewegung und sagte: „Expelliarmus."

Und Sirius' Zauberstab wurde dem Jungen mit Wucht entrissen und flog geradewegs in die ausgestreckte Hand des Untoten.

Sirius schnappte nach Luft und fixierte den Mann mit schockierten Blicken. Er hasste die übermächtigen magischen Kräfte der Vampire.

Derweil wurde Kisic wieder wach. Benommen und mit ihrer rechten Hand ihre Stirn reibend richtete sie sich auf – verwirrt sah sie den Vampir an, dann entdeckte sie Sirius. Ihre dunklen Locken fielen ihr zerzaust ins Gesicht.

„Was war los?", fragte sie und klang schlaftrunken.

Der Vampir stand auf und bedeutete ihr mit einer Geste, dass sie sich aufrichten sollte.

Sirius handelte blitzschnell. Er rannte zu ihr hin, zog sie in die Höhe und zerrte sie mit zurück – auf Abstand zum Vampir.

Sie war noch immer völlig verstört und blinzelte immerzu. Sie schien Kopfschmerzen zu haben und ihr Blick aus den grauen Augen war trüb.

„Er ist ein Vampir", wisperte Sirius hektisch – und Kisic erstarrte. Die Augen waren weit aufgerissen.

Dann kreischte sie panisch auf. „AAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHH! Oh, bei Greyan!"

Sie griff geistesgegenwärtig nach Sirius' Hand und drückte so fest zu, dass er glaubte, sie plane seine Knochen zu brechen. „Was will er hier? Was will er denn nur hier?" Sie suchte mit der freien Hand hastig nach ihrem Zauberstab.

Der Vampir hob gemächlich seine Hand. „Immer mit der Ruhe. Kein Grund, hysterisch zu werden."

Sirius fand, dass sie sehr wohl einen Grund dafür hatte.

„Ich will nur etwas von dir wissen." Der Vampir schien Kisic zu meinen.

Sirius und sie standen dicht nebeneinander etwa zwanzig Meter von ihm entfernt, mitten auf der Tanzfläche, und Kisic hielt noch immer seine Hand, ohne es vielleicht zu merken, denn sie hatte den Fremden mit bangen Blicken anvisiert. Sie schien sich zu sehr zu fürchten, als antworten zu können.

Sirius tat es also. „Und was?" Er klang unfreundlich, um seine eigene Angst zu überschatten.

„Sie soll mir nur sagen, wo sich ihre Cousine Marijana aufhält." Der Vampir sprach ruhig und bedächtig, als wollte er wirklich verhindern, dass die beiden jungen Schüler in Panik ausbrachen.

Sirius machte große Augen. „Bei Salazar!", rief er aus.

Kisic hatte die Luft eingesogen.

„Du musst Stoyân sein!" Sirius war perplex.

Der Vampir machte eine elegante Verbeugung. „Es ehrt mich, dass ich so bekannt bin", meinte er mit einem amüsierten Lächeln in der Stimme. Dann schob er die Kapuze herunter und sein gutaussehendes, edles Gesicht kam zum Vorschein. Seine Augen waren tatsächlich verschiedenfarbig. Das rechte war blau, das linke grün. Seine spitzen Eckzähne ragten ein wenig unter seiner Oberlippe hervor; die dunklen Haare waren feucht und klebten auf der Kopfhaut. Er hatte eine kleine Narbe auf der rechten Wange.

„Du- du MÖRDER!", schrie Kisic auf einmal voller Hass. „DU HAST IHN UMGEBRACHT! UND DAS LEBEN MEINER COUSINE ZERSTÖRT!" Sie ließ Sirius los und schien sich, blind vor Wut und einer Selbstmordaktion gleich, auf den Vampir zueilen wollen, aber Sirius umklammerte rasch ihr Handgelenk und hielt sie zurück.

Stoyâns Augen verengten sich und wurden schattenhaft. „Als Vampir lebt es sich ohne Gewissen einfacher, Mylady", entgegnete er ein wenig schroff. „Sei lieber froh, dass ich nicht dein Leben zerstört habe."

Kisic stieß einen Atem aus; sie zitterte vor Zorn und Angst zugleich. „Du-", fing sie mit bebender Stimme an, aber Stoyân fiel ihr sanft, jedoch bestimmend ins Wort.

„Sag mir, wo Marijana ist", verlangte er neutral.

„ICH SAGE DIR ÜBERHAUPT NICHTS!"

Sirius atmete tief ein. Das konnte noch alles sehr kompliziert werden. Oder auch sehr einfach, indem der Vampir kurzen Prozess machte.

„Ich will dich ungern dazu zwingen", sagte Stoyân und er schien es sogar ehrlich zu meinen. Seine Stirn hatte er gerunzelt, als gefiele es ihm tatsächlich nicht, sie dazu zwingen zu müssen.

„DAS KANNST DU GAR NICHT!", rief Kisic außer sich; ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt. „Was willst du eigentlich von ihr? Sie auch noch töten? Glaubst du etwa, ich liefere sie dir einfach so aus?"

Er hob abwehrend seine Hände. „Ich habe nicht vor, zu töten. Ich will sie einfach ein paar Dinge fragen. Und ja, ich glaube, dass du es mir sagst, weil ich dich nämlich sonst töten werde. Ich kann sie auch alleine finden. Es würde nur länger dauern."

Er sprach die Morddrohung so gelassen, fast schon bedauerlich aus, dass sie grotesk wirkte. Nicht ernstgemeint. Aber ein Blick in den eiskalt gewordenen Augen reichte, um festzustellen, dass auch dieser Vampir, so freundlich und charmant er auch rüber kam, nicht darauf achtete, wie viele Opfer seinen Weg markierten.

Sowohl Sirius, als auch Kisic schwiegen. Er fragte sich, wie er an ihrer Stelle handeln würde. Er wusste, wenn der Vampir wissen wollte, wo James war, würde er es ihm nicht sagen. Er würde versuchen, zu fliehen.

Etwas, was sie jetzt tun sollten. Nur war es ohne ihre Zauberstäbe aussichtslos. Ob sie sich auf ihn stürzen konnten? Die zwanzig Meter Abstand waren aber zuviel, außerdem war er schneller und flinker und auch stärker, als sie.

Es war hoffnungslos.

Das dunkle Haar des Vampirs schimmerte im Fackellicht; Schatten schienen ihn zu umtanzen, zu umgarnen, als wüssten sie, dass in ihm die Finsternis regierte.

Und noch ehe Sirius irgendetwas mehr oder weniger Törichtes planen konnte, redete Kisic.

„Sie ist in Rumänien. Im Shadow's Eye."

Sirius warf ihr einen entgeisterten Blick zu. Sie verriet ihre Cousine. Sie verriet sie, einfach so.

Stoyân lächelte flüchtig. Er war nicht überrascht, dass das Mädchen so schnell nachgegeben hatte, als deutlich wurde, dass sie sonst ihr Leben verlieren würde. „Hab Dank, Mylady. Ich kann deiner Cousine ja gerne Grüße von dir ausrichten."

Er schien ihr zu glauben. Vielleicht konnte er spüren, wenn ihn jemand anlog.

„Was willst du sie denn fragen?", wollte sie matt wissen.

„Dieser Jamie musste noch irgendwo Unterlagen über das Artefakt gehabt haben", gab Stoyân überraschenderweise bereitwillig Auskunft. „Ich habe sie nicht finden können. Sie sind verschwunden. Ich vermute, Marijana hat sie mitgenommen."

„Redest du über die Kette?", mischte sich Sirius forsch ein.

Stoyân zeigte sich erstaunt. „Ja." Dann musterte er den Jungen genauer. „Bist du ein Black?"

Sirius nickte und musste beobachten, wie Stoyâns Gesicht sich aufhellte. Als ob die Sonne direkt hinter ihm aufging und mit ihren warmen Strahlen die Schatten in den Abgrund jagte, die Finsternis verdrängte und den Platz am Himmel für sich erthronte. Unbekümmertheit blitzte in den faszinierenden Augen des Vampirs auf, und als er breit lächelte, bildeten sich Grübchen auf seinen Wangen.

Aber es war nur von kurzer Dauer. Die Sonne sank so schnell, wie sie gekommen war, und auch wenn ein Hauch von Achtung und Freundlichkeit zurückblieb, so machte die Dunkelheit unmissverständlich klar, dass sie in ihm befehligte.

„Suchst du die Kette für meinen Vater?", bohrte Sirius weiter nach; trotz allem hatte die Neugierde ihn gepackt.

Stoyân neigte ein wenig den Kopf zur Seite; seine Wimpern warfen halbmondförmige Schatten auf seine Wangen. Da lag etwas in seinem Blick, was Respekt hätte sein können. Es war nämlich zu hell, um feindlich zu wirken.

„Ich schätze deinen Vater sehr, Sirius."

Stoyân machte klar, dass er die Namen der Söhne von Mr Black kannte. „Und diese Kette ist ein sehr machtvolles Schmuckstück. Ich habe bestimmt, dass sie ihm gehören soll, und wer sie ihm nimmt, der ist mein Feind."

Sirius schob seine Unterlippe zwischen die Zähne. Er überlegte, wann Stoyân gelebt hatte. Es war im späten Mittelalter gewesen, 14. oder gar schon im anfänglichen 15. Jahrhundert. Es könnte seine offenkundigen ritterlichen Ideale erklären.

„Wenn sie in falsche Hände gerät, wird es fatal werden", fuhr Stoyân düster fort.

„Wenn sie sich beispielsweise in Serpentys' Händen befindet?", hakte Sirius nach; je länger er mit Stoyân redete, umso sicherer fühlte er sich. Irgendwie vermittelte der Vampir den Eindruck, als ob keine Gefahr von ihm ausginge. Es mochte ein fälschlicher Eindruck sein, immerhin hatte er Kisic beinahe gebissen und den Neffen des englischen Zaubereiministers für seine Zwecke benutzt und getötet. Aber Sirius konnte sich der Faszination, der Leichtigkeit, die von Stoyân kam, nicht entziehen.

Stoyân nickte; sein Gesicht hatte sich ob des Gedanken an seinen Widersacher verfinstert. „Ja. Serpentys ist ein trickreicher Vampir. Aber schlimmer wäre es, wenn die Kette in die Hände von diesem Lord Voldemort gelangen würde."

Sirius horchte auf. Aber noch ehe er etwas darauf erwidern konnte, wurde es draußen auf dem Gang laut.

Und plötzlich versuchte jemand von außen die Tür zu öffnen. „Wieso ist sie geschlossen?", rief einer Stimme. Es war die Stimme eines Lehrers. Petrowitsch. „HEY, IST DA JEMAND DRINNEN?"

„Sehen Sie, ich habe Recht gehabt!", tönte die volle Stimme des Hausmeisters. „Die Schüler verstecken sich immer in dieser Halle."

Stoyân sah hektisch zur Tür, aber noch ehe irgendjemand reagieren konnte, wurde diese kurzerhand mittels eines gewaltigen Zaubers geöffnet, so dass das Schloss zerbarst.

Petrowitsch stürmte hinein, gefolgt vom Hausmeister. Beide blieben hastig stehen und starrten den fremden Mann erst überrascht, dann völlig entgeistert an.

„Das ist ja ein VAMPIR!", rief Petrowitsch völlig außer sich.

„Ja und er hat unsere Zauberstäbe!", rief Sirius hektisch, der schnell ihre Chance auf eine Rettung erkannt hatte.

Petrowitsch reagierte sofort. Mit dem Expelliarmus-Zauber holte er sich die Zauberstäbe seiner Schüler wieder. Stoyân wandte sich bereits ab und eilte in schnellen Schritten zur Balkontür. Er schien kein Interesse an einem Kampf zu haben. Oder an das Blut dieser Menschen.

Aber Petrowitsch hetzte ihm einen Zauber hinterher, der ihn brutal gegen die Glastür knallen ließ. Es musste der Effekt des Fluches sein, denn sie zersplitterte.

Stoyân drehte sich herum; er war leicht verletzt und da blitzte plötzlich etwas wie fanatische Wut in seinen Augen auf. Er hatte den ganzen Charme, die höfliche Haltung abgelegt und maß die Menschen mit verengten, lodernden Augen.

„Jetzt bist du zu weit gegangen", zischte er gefährlich und ging auf Petrowitsch zu. Diese bislang makellose Ruhe schien wie weggepustet zu sein.

„WEG HIIIEEER!", brüllte Sirius. Er erkannte, dass der Vampir nur solange harmlos gewesen war, wie er nicht unnötig provoziert wurde, und raste los, Kisic mit sich zerrend.

Petrowitsch und der Hausmeister, die zu wissen schienen, dass sie gegen den Vampir verlieren würden, rannten ihnen nach; die Zauberstäbe der beiden Falkenschüler warf der Professor Kisic zu, die sie geschickt auffing.

Eine wilde Verfolgungsjagd begann.

Erbarmungslos und brutal.

Schüler stoben lachend oder schimpfend auseinander, als Sirius und Kisic sie fast umrannten und brachen beinahe nahtlos in Panik aus, als sie erkannten, wie dicht hinter Petrowitsch und des Hausmeister ein Vampir die kleine Gruppe jagte. Auch sie rannten los, in alle vier Himmelsrichtungen und niemand bemerkte, wie Stoyân nur den Hauslehrer der Falken hetzte. Und niemand anderen.

Sirius und Kisic bogen um eine Ecke auf einen verlassenen, kleinen Korridor.

„Haben wir ihn abgehängt? Ist er weg? Ist er weg?", rief Kisic nach Atem ringend und furchtsam. „Oh, bei Greyan, er ist wie wild geworden!"

Petrowitsch kam nun um die Ecke gebogen. Er keuchte, sein Gesicht war puterrot. Sirius und Kisic wichen hastig zurück, da auch der Vampir gleich kommen musste, als es auch schon eine schattenartige Bewegung gab und Stoyân den Hauslehrer eingeholt hatte.

Stoyân hielt Petrowitsch gepackt, dieser wehrte sich und wollte Flüche anwenden, aber der Untote entwaffnete ihn mühelos. Dann beugte er sich zu dessen Hals herab – und Sirius konnte beinahe schon wie in Zeitlupe sehen, wie sich die spitzen Zähne in die dünne Haut gruben.

Petrowitsch wimmerte und zappelte, aber der Vampir war zu stark.

„Scheiße!", rief Sirius panisch. Sein Kopf war wie leer gefegt und doch beherrschte ihn ein einziges Durcheinander. „Scheiße, scheiße, scheiße!"

Er hatte Kisic längst losgelassen und wollte auf Stoyân und Petrowitsch zueilen. Er war zwar nicht so ehrenhaft, wie James, aber hierbei nur zuzuschauen, ohne etwas zu tun, ging gegen sein Prinzip.

Doch er hatte nicht mit Kisic gerechnet. Sie hielt ihn fest. „Nein, Sirius, lauf da jetzt bloß nicht hin! Nachher wird Stoyân uns in seiner Wut auch noch beißen!"

„Verdammt, Mina, willst du etwa tatenlos zusehen?", brüllte Sirius sie heftig an.

Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Furcht. „JA! JA, VERDAMMT!" Sie presste ihm ihren Zauberstab in seine Rippen. So sehr, dass es wehtat. „Und ich werde es zu verhindern wissen, dass du den dummen Helden spielst! Er wird dich beißen! Er wird nicht wissen, was er tut und dich einfach beißen!", schrie sie völlig aufgelöst. „Er ist nicht Herr seiner Selbst, siehst du das denn nicht!"

Ihr Blick machte Sirius klar, dass sie ihn verhexen würde, wenn er sich losriss. Wie betäubt schaute er wieder zu Stoyân und Petrowitsch. Der Professor wehrte sich nur noch schwach; seine aufgerissenen Augen verdrehten sich langsam nach innen und er wurde zusehends bleicher. Stoyân saugte ihm das Blut aus.

„DU SPINNST, MINA!", stieß Sirius halb ohnmächtig vor Wut und Ohnmächtigkeit hervor. „Wir könnten Stoyân verhexen und fliehen und Petrowitsch hätte auch eine Chance!"

„NEIN!" Sie klang unbarmherzig. Irgendwie verzweifelt. „Besser sein Leben, als die von uns, Sirius!"

Sie war kaltblütig, erkannte Sirius fassungslos. Sie tat alles, nur um ihr Leben zu retten.

Und deins, flüsterte ihm eine leise Stimme in seinem Kopf zu, die er jedoch gar nicht wahrnahm, zu gebannt war er von dem schrecklichen Schauspiel, das sich ihm bot.

Petrowitsch sank leblos zu Boden. Die Zeit schien langsamer zu werden. Zu spät. Es war zu spät. Er war tot.

Und klug. Besser sein Leben, als deins. Sie hat Recht.

Und Stoyân sah auf, schaute direkt zu den beiden Schülern hin und wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Mund. Die Wildheit in seinen Augen flackerte noch einmal kurz auf, dann verschwand sie. Er hatte die Kontrolle wiedergefunden. „Einen schönen Abend wünsche ich euch noch", sagte der Vampir und klang wieder entspannt und sogar verschmitzt, trotz der Kälte.

Dann verschwand er.

Kisic ließ Sirius los und sank haltlos auf die Knie.

Etwas machte in ihm Klick. Als legte sich ein Schalter in ihn herum, der alle wilden, verzweifelten Emotionen in ihm auslöschte. Er vergaß auf einmal, wie zornig er auf sie war. Er vergaß sogar Petrowitsch. Ihm fiel es nicht auf, sonst wäre er sehr verwirrt darüber gewesen. „Was ist los mit dir!"

Sie schüttelte nur matt den Kopf. „Die... diese ganze Aufregung", murmelte sie schwach. „Dieser... Mord."

Sirius ging ebenfalls in die Knie und musterte sie aufmerksam. Sie war leichenblass; ein dünner Schweißfilm lag auf ihrer Stirn. Er dachte über nichts mehr nach. Alles war so merkwürdig bedeutungslos geworden. So entrückt. Als wäre ein erbarmungsloser Wirbelsturm über die Erde gefegt und hätte nur sie beide zurückgelassen. Nichts war mehr wichtig. Bis auf eines.

Er reagierte, ohne sich darüber bewusst zu sein. Er umarmte Kisic einfach und ohne darüber nachzudenken und spürte, wie sie ihre Arme langsam hob und sie um seinen Nacken legte. Er drückte sie vorsichtig an sich und sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie fing an, lautlos zu schluchzen, aber er merkte es an ihrem bebenden Körper.

Ein wenig hilflos intensivierte er die Umarmung. Er spürte die Hitze, die von ihr ausging.

„Es ist vorbei, Mina. Es ist vorbei. Er wollte uns niemals beißen."

In diesem schwarzen Nichts, in dem er weilte, und wo das Mädchen einen schwachen Lichtschimmer bildete, an dem er sich orientieren konnte, wurde ihm dies bewusst.

Stoyân hatte sie beide niemals beißen wollen. Er mochte gespürt haben, dass auch Sirius die Zähne eines Vampirs bereits gespürt hatte. Dennoch hatte er sich zurückgehalten. Er war nur gekommen, um von Mina eine Antwort zu erhalten.

Er wusste nicht, wie lange sie dort hockten, so dicht beieinander, dass die Empfindung von Schnee größer war als sonst.

Dann kam jemand und lief kreischend wieder davon. Kurz danach wimmelte es von Menschen. Schüler und Lehrer, sie alle kamen, wissend, dass der Vampir fort war und jemanden getötet hatte. Sirius wurde vorsichtig am Arm gepackt und er ließ Mina los, stolpernd aufstehend.

Stoikov stand dort und musterte mit einem betroffenen Ausdruck den Ort des Geschehens. Einige Schüler weinten. Entsetzten lag spürbar in der Luft.

Sirius sah sich um; er glaubte, alles verlangsamt wahrzunehmen. Die geschockten Gesichter, das Schluchzen von einigen, die Leiche seines Hauslehrers. Er hatte zugesehen, wie Petrowitsch starb. Er hatte von Anfang an nur zugesehen.

„Wie... wie ist der Vampir denn bloß herein gekommen?", hörte Sirius ein Mädchen fassungslos fragen.

Und dann wusste er, was er tun musste. Die Idee überfiel ihn ohne Vorwarnung und ungeachtet dessen, was er durchgemacht hatte. Das war immer so.

Er nahm Minas Hand uns zog sie rasch zu sich. Sie prallte benommen gegen ihn und er hielt sie fest.

„Lass mich reden, okay?", flüsterte er ihr ins Ohr und ihre weichen Haare kitzelten sein Gesicht. „Egal, was sie fragen, lass mich antworten. Und spiel mit! Spiel mit, hörst du!"

Sie sah verwirrt zu ihm hoch; er war ja einen halben Kopf größer als sie. Ihre Haare waren zerzaust, das Gesicht wirkte müde und abgehetzt.

„Wie meinst du das?", fragte sie leise. Immer noch niedergeschmettert.

Sirius wusste, dass er sie nur dazu bringen konnte, mitzuspielen, wenn er ihre Taktik anwendete. „Wahrscheinlich hast du mir das Leben gerettet, indem du mich zurückgehalten hast", raunte er ihr schnell zu. Er wollte nicht, dass die anderen großartig mitbekamen, dass sie flüsterten; es konnte nach dem aussehen, was es war: Pläne schmieden. „Nun lass mich dir wenigstens auch helfen."

xx

Sirius verließ mit Mina zusammen Stoikovs Büro und gestattete es sich erst, triumphal zu lächeln, als sie in sicherer Entfernung waren.

„Ich verstehe nicht, wieso du das gemacht hast", sagte sie verständnislos. „Es mag ja sehr nobel von dir sein, dass du gesagt hast, dass du ein Treffen mit dem Vampir arrangiert hast, weil er dein Freund sei, und dass du es warst, der ihn hereingelassen hast, aber wieso? Wieso hast du alle Schuld auf dich genommen? Nun hast du es davon... Stoikov schmeißt dich raus." Mina schüttelte den Kopf, während sie weiter gingen.

Sirius grinste mittlerweile. Ja. Er hatte den Rauswurf erwirkt. Stoikov duldete keinen Schüler, der mit Vampiren Freundschaft hegte und diese hier in die Schule einließ – und zum Glück hatte er Sirius geglaubt und benutzte nicht den Wahrheitsfluch. Dazu war Stoikov wohl noch zu durcheinander ob des Todes von Petrowitsch.

So makaber es auch klingen mochte, aber wenn es keinen Toten gegeben hätte, wäre er wohl nicht von Durmstrang geflogen.

Mina sah ihn nun an und sog unmittelbar danach die Luft ein. „Du... du hast es gewollt!", rief sie aus und blieb stehen. „Du wusstest, dass du dann rausfliegen würdest!"

Sirius feixte. „Es war von Anfang an geplant, dass ich mich innerhalb der ersten drei Monate rauswerfen lasse."

Mina schnappte nach Luft. „Wie gerissen du doch bist, Black!" Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. „Sosehr hasst du also Durmstrang?" Sie schien jeden vorwurfsvollen Ton in ihrer Stimme nicht verbergen zu können.

Sirius' Grinsen verblasste. Er fixierte einen Punkt dicht oberhalb ihrer Augen. Er wusste immer noch nicht, was er wollte. Nur eines ist ihm während dieser Vampiraktion klar geworden. In Hogwarts hatte er einen wahren Freund. Hier nicht. Er mochte hier Freunde finden, aber eine solch starke Freundschaft, wie er sie mit James hatte, würde er niemals zu einem anderen Menschen aufbauen können.

„Nein... ich hasse Durmstrang nicht. Irgendwie hat es mir sogar hier gefallen."

Sie sah ihn argwöhnisch an.

Er lächelte schwach. „Hier war ich einfach ein Reinblut. Und kein Black."

In ihren silbernen Augen flackerte es auf. Kurz nur, wie eine schnelle Reflektion eines Spiegels im Sonnenlicht. Sie nickte bedächtig. „Wieso wundert mich das nicht... dann bleib doch hier." Sie klang nicht bittend. Ausdruckslosigkeit bestimmte den Ton ihrer Stimme und ließ nicht zu, dass Emotionen sie verrieten, ganz gleich, welcher Art.

Sirius sah sie für wenige Momente stumm an. „Das... das kann ich nicht."

„Doch, du kannst", behauptete sie mit Nachdruck. „Erzähl ihnen die Wahrheit. Mich werfen sie schon nicht raus; ich kann schließlich nichts dafür, dass der Vampir hier aufgekreuzt ist, um mir eine Frage zu stellen."

„Ich habe mich entschieden. Ich werde nicht noch mehr darüber nachdenken. Weißt du, mein bester Freund ist in Hogwarts."

Mina winkte ab und wurde verächtlich. „Du findest hier neue Freunde."

„Wenn du wüsstest, was eine bedingungslose Freundschaft ist, würdest du das nicht sagen."

Sie blitzte ihn an. „Wenn es eine so tolle Freundschaft ist, warum fühlst du dich hin und her gerissen?", fragte sie herausfordernd.

Er fuhr leicht zusammen. Das konnte er sich auch nicht erklären. Er war nur zum ersten Mal so froh gewesen, an einem Ort zu sein, wo ihn der Name Black nicht verfolgte.

Sie setzten ihren Weg fort.

„Durmstrang würde dir gut tun", behauptete Mina; Hochmut hatte sich wieder in ihre etwas schleppende Stimme gewoben.

„Um aus mir einen stolzen Zauberer zu machen?" Sirius verdrehte die Augen. „Du weißt, dass mir daran nichts liegt."

„Ja, weil du ein hoffnungsloser Idiot bist", entgegnete Mina bissig. „Blutsverräter."

„Rassistin." Sirius merkte, wie er ärgerlich wurde.

Und schon war die alte Feindschaft wieder da. Als ob sie niemals verschwunden gewesen wäre. Als wenn sie nur in einem dichten Nebel sich den Blicken entzogen und für kurze Dauer anderen Gefühlen Platz gemacht hätte, wissend, dass sie sich den Thron jederzeit wieder mühelos zurück erobern könnte.

xx

Sirius stand vor der großen, geflügelten Eingangstür Durmstrangs und ging die Treppen aus Schnee herunter. Eine schwarze Kutsche wartete auf ihn; das Gepäck sicher verstaut.

Seine Familie war förmlich ausgerastet, als sie von seiner Aktion gehört hatten und es war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als ihn wieder nach Hogwarts zu schicken, die einzige Schule, die noch bereit war, ihn aufzunehmen. Alles war letzten Endes doch noch nach Plan verlaufen, auch wenn Sirius sich niemals hätte vorstellen können, dass es im Gegenzug dazu einen Toten geben musste. Aber er konnte ja nichts dafür. Das redete er sich ein. Er hätte nichts tun können, Mina hatte Recht gehabt. Stoyân mochte in seinem Zorn blind gehandelt haben und hätte womöglich zu spät erkannt, wen er biss, wenn Sirius sich eingemischt hätte.

Alan stand neben ihm und machte ein betrübtes Gesicht. Er kannte, neben Mina, als Einziger die Wahrheit.

„Mann, scheiße, dass du wieder gehst." In seinen sonst so fröhlichen, blassblauen Augen lag schwache Trostlosigkeit.

„Ich gehöre nach Hogwarts", sagte Sirius leise. Er hatte festgestellt, dass er Alan ein wenig vermissen würde.

Alan schnaubte. „Das glaube ich nicht."

„Steigen Sie ein, Mr Black", sagte Stoikov nun mit kühler Stimme, der unten an der Treppe stand. Er wollte sich wohl persönlich vergewissern, dass Sirius abreiste. Auch jetzt stellte er des Jungen Geschichte nicht in Frage; vielleicht lag es auch nur daran, dass er irgendeinen rauswerfen musste, damit sich die Gemüter wieder beruhigten und die Eltern der Kinder Gewissheit hatten, dass nicht noch einmal ein Vampir in der Schule aufkreuzte. Vielleicht hatte er auch deswegen auf den Wahrheitstrank verzichtet, weil es ihm Recht kam, jemanden rauswerfen zu können, ohne selbst als Schulleiter zurücktreten zu müssen. Und offenbar konnte er sich nicht vorstellen, dass Mina auch der Grund hätte sein können.

„Alles klar, Alan", seufzte Sirius und sie tauschten einen Handschlag aus. „Schreib mir einfach mal."

Alan lächelte schwach. „Mach ich, Sirius. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder."

Sirius ging die Stufen herab; die Tür der Kutsche war geöffnet und er war im Begriff einzusteigen, als eine helle Stimme „Warte, Sirius!", rief.

Er drehte sich überrascht um und sah Mina, die auf ihn zugelaufen war. Eine sanfte Röte hatte sich über ihre Wangen gelegt und sie war etwas außer Atem. Ein stürmischer Ausdruck lag in ihren Augen, eine merkwürdige Mischung aus Zorn, Enttäuschung, Hass und Schwermut.

Er hatte sich nicht persönlich von ihr verabschiedet, sondern nur allgemein im Gemeinschaftsraum.

Sie stand nun vor ihm und falls sie sich Worte zurechtgelegt hatte, die sie ihm zum Abschied hatte sagen wollen, so waren sie wie weggeblasen. Sie starrte ihn einfach nur aus großen Augen an, ihre Brust hob und senkte sich schnell.

Sirius sah zurück und wusste selber nicht, was er sagen sollte. Er fühlte sich unruhig und konzentrierte sich auf die Empfindung nach Schnee, sie sich unwillkürlich einprägend, damit er sie nicht vergaß.

Und dann, ehe das Schweigen zu lang oder unangenehm werden konnte, trat Mina ganz dicht an ihn heran, legte eine Hand auf seine Schulter, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn etwas unbeholfen auf die Wange. Dann sah sie ihn direkt an und lächelte, so dass alle Emotionen in ihren Augen zurück gedrängt wurden, bis auf das Lächeln.

Ihr Lächeln verblasste schließlich, aber ehe es ganz verschwinden konnte, hatte sie sich schon wieder herumgedreht und lief, an Stoikov vorbei, die Treppe wieder hinauf, wo Alan noch stand.

Aber sie blieb dort nicht stehen, sie eilte in das Schloss hinein und dann war sie verschwunden.

Sirius, der ihr überrascht hinter her gesehen hatte, winkte nun Alan noch einmal zu, verabschiedete sich von Stoikov und kletterte dann in die Kutsche, die ihn fortbrachte.

Fort von Durmstrang, der Schule aus Schnee. Fort von den Reinblütern. Von Alan. Und von Mina.

xx

Bereits am nächsten Tag befand sich Sirius wieder in Hogwarts. Er hatte bei sich zu Hause einen Abstecher machen müssen und seine zornige Mutter und ein gereizter Vater hatten ihn dort erwartet.

Mr Black hatte Sirius schnell durchschaut. Aber er mochte es nicht mehr rückgängig machen; Stoikov würde Sirius nicht mehr aufnehmen. Denn Mr Black war bewusst, dass einer fliegen musste, einer die Schuld auf sich nehmen musste und es würde ein schlechtes Licht auf Stoikov werfen, wenn er seine Entscheidung plötzlich wieder zurück nähme.

James war selig. Er grinste immerzu, als sie, zusammen mit Remus und Peter, nach den Abendessen noch im Raum der Wünsche hockten und Sirius ihnen von den letzten Erlebnissen erzählte.

Gebannt hörten die drei Jungen zu und Sirius ließ auch nicht aus, wie Mina ihn mit ihrem Zauberstab daran gehindert hatte, etwas zu tun. James schüttelte den Kopf.

„So 'ne Egoistin."

Sirius stimmte automatisch zu, dann merkte er, wie es ihm missfiel, dass James sie so nannte. „Hm, andererseits hätte ich wohl so oder so nicht anders reagiert."

James stutzte. „Was meinst du damit?"

Sirius hob die Schultern. „Weiß auch nicht... hättest du es lieber, dass der Vampir mich gebissen hätte?"

„Nein, natürlich nicht", entgegnete James beschwichtigend. „Nur... er hätte dich nicht gebissen. Du bist ein Black. Er ist doch mit deinem Vater befreundet."

„Was, wenn Stoyân es in seiner Raserei nicht gemerkt hätte?", hielt Sirius störrisch dagegen.

„Ich finde, dieses Mädchen hat richtig gehandelt", mischte Peter sich nachdenklich ein und kaute auf seiner Unterlippe. „Besser dein Hauslehrer, als du."

„Jedenfalls sind wir verdammt froh, dich wieder hier zu haben", intervenierte Remus gutmütig, ehe es noch einen kleinen Streit geben konnte. „Wir haben dich hier schwer vermisst."

James klopfte Sirius auf die Schulter und nickte. „Ja, Alter. Hier war ohne dich echt nichts los."

Er sagte nichts darüber, dass er Sirius verändert fand. Drei Monate Durmstrang würden wohl jeden ein wenig verändern. Aber ihm kam der Verdacht, dass es Sirius dort gar nicht mal so schlecht gefunden hatte, denn er wirkte, trotz seiner Freude darüber, sie alle wiederzusehen, ein wenig wehmütig.

Sirius hatte nur Andeutungen gemacht. Dass es in Durmstrang nicht wichtig gewesen war, dass er ein Black war. Dass nur sein reines Blut gezählt hatte. Und James konnte sich zusammenreimen, dass es hauptsächlich das war, was Sirius nun vermisste. Hier, zurück in Hogwarts, war er wieder Black. Der Erstgeborene. Der Erbe, von dem die meisten in der englischen Zaubererwelt erwarteten, dass er sich doch noch zugunsten seiner Familie besann und später einmal die Nachfolge seines Vaters antreten würde.

Er lächelte Sirius aufmunternd zu. Sollte der Rest der Welt doch von Sirius etwas erwarten, was dieser gar nicht wollte. Er, James, würde zu ihm halten und keine Galleone darauf geben, was die anderen von ihnen dachten oder erwarteten.


A/N:

Taadaaa... das war die Durmstrang-Ära und ich hoffe, sie hat euch gefallen. War doch alles halb so wild, Leute... natüüüürlich bleibt Sirius nicht in Durmstrang. Wäre ja arg AU gewesen, nicht wahr :D

Im nächsten Kapitel geht es im fünften Schuljahr weiter; die Jungs sind 15 und haben nichts, als Unsinn, Quidditch und Mädchen im Kopf... ;-)

DAAANKE, wuschel und Rum für alle meine Reviewer :)