Rückwärts in die Dunkelheit
Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?
(- die letzten Worte eines Sterbenden.)
37. Kapitel
Tiefe Abgründe
„Sometimes when you look into an abyss,
the abyss looks back into you."
(- unbekannt)
Oktober 1980.
Es wurde immer schlimmer. Sie verloren immer mehr Leute. Immer mehr Auroren, immer mehr Eingreifzauberer ließen ihr Leben in einem Kampf, den sie auf lange Sicht zu verlieren drohten.
Edgar Bones, der Bruder von Amelia, wurde mit seiner Frau zusammen grausam zu Tode gefoltert. Ihre Tochter, Susan Bones, war zu dieser Zeit bei ihren Großeltern. Nun war sie Waise; Amelia nahm sie bei sich auf. Sie war untröstlich. Caradoc Dearborn war auf mysteriöse Weise verschwunden. Einfach spurlos verschwunden. Am Abend hatten sie noch ein Phönixordentreffen gehabt; da hatte er noch mit seiner liebenswürdigen, lustigen Art sie alle ein wenig aufheitern können. Und am nächsten Morgen war er unauffindbar gewesen. Sie mussten alle damit rechnen, dass er tot war.
Dafür war der Todesser Igor Karkaroff gefasst worden. Kurz danach Antonin Dolohow, sowie Evan Rosier und Wilkes. Rosier und Wilkes wehrten sich; mehrere Auroren verloren ihr Leben. Moody wurde dabei verletzt, er verlor einen Teil seiner Nase. Letzten Endes wurden Rosier und Wilkes im Kampf selbst getötet. Karkaroff hatte ein paar seiner Todesser-Kumpanen genannt. Er verriet sie, in der Hoffnung, Gnade gewährt zu bekommen. Er nannte Namen, wie Travers, Alec Mulciber und Augustus Rookwood. Alles Männer, von denen teilweise vermutet wurde, dass sie Todesser waren, es aber nie Beweise gegeben hatte.
Aber all das interessierte Peter im Moment nicht wirklich. Er hatte andere Sorgen. Völlig andere Sorgen.
Voldemort hatte ihm einen Besuch abgestattet. Der Dunkle Lord. Der mächtigste Schwarzmagier höchstpersönlich.
Eines Tages im Herbst, an einem besonders schönen Nachmittag, wo die bunten Laubblätter sanft im Wind umhergewirbelt waren und der blaue Himmel weit im Osten bereits in rosa-violette Farben getaucht war, war er gekommen.
Er...
Es war ein Freitag gewesen und Peter hatte, wie die meisten im Zaubereiministerium, früh Feierabend gemacht. Er hatte seine Wohnungstür aufgeschlossen, seine Sachen abgelegt und sich einen Tee gemacht. Währenddessen hatte er sich umgezogen, dann hatte er sich in die Küche gesetzt und dann hatte er auf einmal ein leises Klicken gehört. Es war aus Richtung Wohnungstür gekommen. Peter war erstarrt, schließlich hatte er seinen Zauberstab gezückt, den er in Richtung Kücheneingang hielt.
Aber er hatte ihn sinken lassen, als er Voldemort an der Tür stehen sah. Kalt lächelnd und mit einem gefährlichen Ausdruck in den rotglühenden Augen. Das durch Dunkle Künste und Wahnsinn unmenschlich gewordene, schlangenartige Gesicht war sehr bleich und die Haut zog sich stark über die Knochen.
Voldemort war näher getreten, Peter aufmerksam musternd.
Peter erinnerte sich noch genau daran und es liefen ihm immer noch Schauer über den Rücken. Er hatte an seine Gefangennahme denken müssen. An die unglaublich schreckliche Folter. Er wollte nie wieder so etwas Grausames erleben müssen. Nie wieder wollte er solche Qualen durchleiden müssen. Nie... nie.
„Du musst Peter Pettigrew sein", säuselte Voldemort. Er ließ sich ungefragt auf dem Stuhl gegenüber von Peter nieder. Nur der Küchentisch stand zwischen ihnen.
Peter war leichenblass und zitterte. Angsterfüllt starrte er den Zauberer an.
„W-was w-wollen S-sie v-von mir?", fragte er und seine Stimme war brüchig.
Voldemort lächelte amüsiert. „Aber, aber, Pettigrew. Du musst doch keine Angst vor mir haben."
Sein lauernder Ton in der eisigen Stimme verriet, dass er es genoss, wenn jemand Angst vor ihm hatte.
Voldemort streckte seine Beine aus, lehnte sich zurück und maß Peter aus halbgeschlossenen Augen, hinter denen das Feuer der Hölle loderte. „Ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu machen. Wormtail." Er hob fragend seine Augenbrauen. „Ich darf dich doch Wormtail nennen? Ich habe gehört, deine Freunde nennen dich so." Er grinste mittlerweile, höhnisch und sehr arrogant.
Peter nickte nur wie betäubt mit dem Kopf.
„Nun", fing Voldemort tückisch an, „ich möchte, dass du für mich spionierst."
Peters Augen weiteten sich; sein Herz, das viel zu schnell geschlagen hatte, setzte auf einmal kurz auf, so dass er aufkeuchte. Sein Puls raste weiter. „W-w-was?"
"Du hast mich richtig verstanden, Wormtail." Voldemort wurde warnend. „Ich möchte, dass du für mich spionierst. Deine Freunde für mich aushorchst, allen voran die Potters und diesen unsäglichen Black. Dass du mir jede Information übermittelst, die du kriegen kannst und sei sie noch so unwichtig. Natürlich wirst du niemandem davon erzählen." Er zwinkerte, aber bei diesem Zauberer war es alles andere als eine nette Geste. „Das wird unser kleines Geheimnis bleiben. Nur ein paar der Todesser werden es erfahren, aber du kannst ihnen vertrauen."
Peter konnte es noch immer kaum fassen. Seine Gedanken drehten sich, so sehr, dass ihm schwindelig wurde. Es bewirkte, dass er Voldemort nur noch verschwommen wahrnahm.
„Du wirst mir dienen, mir die Treue schwören und mich niemals verraten", fuhr Voldemort fort und schien ein wenig fanatischer zu werden. Sein Grinsen war beinahe irrsinnig, aber in den Augen funkelte der messerscharfe Verstand. „Mit dem Todessermal warten wir noch. Es würde deinen Freunden auffallen, meinst du nicht auch?"
Peter schreckte zusammen, als er merkte, dass er etwas gefragt worden war. Dann begriff er sofort, dass es rhetorisch gemeint war. Er versuchte zu schlucken, aber sein Mund war staubtrocken.
„W-wieso ich?", presste er schließlich hervor.
Er hatte Angst. So große Angst. Er hatte gehört, dass Voldemort jemanden mit einem Fingerschnipsen umzubringen vermochte. Er wollte nicht sterben. Er fürchtete sich vor dem Tod, so, wie er sich vor Folter fürchtete.
„Wieso du?" Voldemort lachte. Es war ein kaltes Lachen, das nicht annährend seinen Blick erreichte. „Weil niemand glauben würde, dass du zum Spion werden würdest. Weil niemand glauben würde, dass du meiner Aufmerksamkeit wert bist. Sie alle halten dich für einen schwachen Zauberer. Selbst deine Freunde." In den Augen glomm es hinterhältig auf. „Nicht wahr, das ist doch so? Sie unterschätzen dein diplomatisches Geschick und sie unterschätzen deine Stärke, die du entwickeln kannst, wenn dein Leben bedroht wird."
Peter sah ihn wie durch einen Nebel an. Ja, er hatte tatsächlich Recht. Immer wurde ihm mit Überheblichkeit begegnet, alle hielten ihn für unfähig. Dabei war er alles andere als das. Er konnte auch brillant sein, wenn er wollte.
Aber aus lauter Furcht merkte er nicht, wie Voldemort ihn offenbar bestens zu kennen schien.
„Du bist mir aufgefallen, Wormtail", meinte dieser nun. „Und ich habe dich für würdig befunden, einer meiner Spione zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mich je enttäuschen würdest." Voldemort beugte sich leicht über den Küchentisch. „Außerdem wirst du dir denken können, was mit dir geschieht, wenn du nicht tust, was ich dir sage", zischelte er boshaft.
Peters Zittern wurde stärker.
Voldemort lehnte sich wieder zurück und legte einen langen Zeigefinger an seinen Mundwinkel. Der Nagel war spitz und lang. „Und wenn ich eines Tages ganz besonders mit dir zufrieden bin, wirst du auch eine Belohnung erhalten."
Peter runzelte die Stirn. Er wagte kaum zu atmen, da er jederzeit mit einem Folterfluch rechnete.
„Lily Potter, zum Beispiel."
Peter erstarrte. Voldemort grinste.
„Ich habe dich beobachten lassen, Wormtail."
Peter verstand nun gar nichts mehr. Er sollte spionieren, sonst erwartete ihn ein langsamer, qualvoller Tod. Und wenn er seine Arbeit gut tat, würde er eine Belohnung bekommen. Lily.
„Und schau, wenn ich demnächst uneingeschränkt über Großbritannien herrsche, wird ohnehin jeder sterben, der sich mir widersetzt hat. Du aber würdest leben und mit dir die Hexe, die du begehrst. Sie wird dein sein."
Peter fragte sich, trotz der Lähmung seines Verstandes durch die große Furcht, wieso Voldemort bereit war, jemanden am Leben zu lassen, der in seinen Augen ein Schlammblut war.
„Aber noch sind wir ja nicht so weit." Voldemort warf Peter scharfe Blicke zu. „Noch herrsche ich nicht uneingeschränkt und noch hast du dich auch nicht durch sonderlich hervorragende Leistungen bemerkbar gemacht. Aber... was nicht ist, kann ja noch werden."
Der Zauberer stand auf.
„Dienst du mir nun, Wormtail? Oder soll ich dich langsam zu Tode foltern lassen?"
Peter sprang auf. Seine Augen waren weit aufgerissen, jegliches Blut war aus seinem Gesicht gewichen. „N-nein, b-bitte! T-t-tötet mich nicht!"
„Dann schwörst du mir die Treue und tust, was ich dir sage?"
Peter stierte ihn an. Seine Gedanken waren noch immer unzähmbar. Sein Herz schlug wie wild.
Prongs. Padfoot. Moony. Er sah ihre lachenden Gesichter vor seinem inneren Auge aufblitzen. Dies ließ ihn zögern. Kurz nur, aber Voldemort genügte es.
Ein Cruciatus-Fluch traf Peter und es war ein mächtiger Fluch, da ein mächtiger Zauberer ihn gesprochen hatte.
Er war viel stärker, viel schmerzhafter als die Flüche der Todesser und Peter fiel schreiend auf die Knie. Als er glaubte, seinen Verstand zu verlieren, hörte Voldemort auf.
„Also?" Er klang unbarmherzig. Wie jemand, der kein Herz besaß,
Peter atmete keuchend, das Gesicht noch immer verzerrt. Wellen der Qualen durchebbten seinen Körper, nur langsam ließen sie nach.
Es tut mir leid, dachte er stumm. Es tut mir so leid. Aber ich muss es tun.
„J-ja", stieß er mühsam hervor. „Ja, i-ich sch-schwöre es."
Innerlich zerbrach etwas in ihm. Er nahm es kaum war, weil seine Angst um sein Leben viel zu groß war.
Voldemort nickte, während er auf ihn herabsah. „Du wirst meinen Namen nie wieder aussprechen. Du wirst mich Lord oder Herr nennen, weil ich dein Herrscher bin."
Peter, der ohnehin kniete, kam sich vor, wie ein Untertan. Er konnte die Dunkelheit spüren. Die Kälte. Die Abgründe, über deren Ränder er zu blicken gewagt hatte. Nun zogen sie ihn hinab. „J-ja, Mylord."
xx
Juni 1981.
Albus Dumbledore war nicht mehr überrascht, als es an seiner Bürotür in Hogwarts klopfte und Minerva eintrat, gefolgt von einem schlanken, hochgewachsenen jungen Mann, dessen Gesicht tief unter einer weiten Kapuze der schwarzen Robe verborgen war.
Er selbst hatte dafür gesorgt, dass der Todesser Hogwarts betreten konnte, als er ihn vor den Ländereien hatte herumschleichen sehen.
Minervas Gesicht ließ keine Fragen offen; es war sturmumwölkt und aufgebracht; sie schien es für keine gute Idee zu halten, ihn hineingelassen zu haben. Aber Albus ging dieses Risiko ein.
„Hallo Severus", sagte er also, während er hinter seinem Schreibtisch saß und seinen langen, weißen Bart zwirbelte. Die Sonne schien hinter ihm durch die Fenster und erfasste auch den jungen Mann, der vor dem Tisch steif stehen geblieben war.
Auf einen unauffälligen Wink hin verließ Minerva das Büro, jedoch mit einem deutlichen Zögern und einer noch unheilvolleren Miene.
„Setzen Sie sich."
Snape ignorierte diese Aufforderung. Zögernd schob Snape seine Kapuze herunter und offenbarte sein blasses Gesicht mit den schwarzen Augen und den ebenso dunklen Haaren. Er hatte kalte Gesichtszüge und eine Hakennase, die er von seinem Vater geerbt hatte. Dunkelheit lag in seinem Blick, so sehr, dass Albus sie fühlen konnte.
Ihm war sehr wohl bekannt, dass Snapes Mutter durch Todesser umgekommen war. Seitdem hatte es hin und wieder sehr geheimnisvolle und anonyme Tipps aus den Reihen Voldemorts gegeben, die alle gestimmt hatten.
Albus wusste nun, dass sie von Snape gekommen waren. Das brauchte sein ehemaliger Schüler ihm nicht extra zu sagen.
Wenn die eigene Mutter durch Todesser fiel, mochte die Loyalität eines sonst so treuen Anhängers durchaus in Frage gestellt werden. Und vielleicht kamen auch noch andere Gründe hinzu.
„Ich möchte die Seiten wechseln", sagte Snape mit ungewöhnlicher Offenheit. Seine ölige Stimme klang wie gewohnt kühl, ein wenig arrogant, aber... ehrlich. Nervosität war da, leicht nur, denn er hatte sich gut unter Kontrolle.
Das musste die Schulung Voldemorts sein. Oder einer seiner älteren, fähigen Todesser.
„Sie können mich mit dem Veritasserum befragen. Mir ist bewusst, dass Sie mir kaum trauen können, aber..."
Er zog seinen Zauberstab und legte ihn auf Albus' Tisch, entwaffnete sich selbst somit. „Aber ich... ich bitte Sie dennoch darum."
Albus sah Snape neutral an. Eine Bitte. Snape überraschte ihn doch noch. Sowohl mit der Geste des Zauberstabes, als auch mit dieser Bitte.
Nichtsdestotrotz blieb Snape aufrecht stehen, hatte eine gerade Haltung angenommen und es funkelte sogar ein wenig Trotz in dieser sonst so ausdruckslosen Miene auf. Snape schien an und für sich ein Meister in der Beherrschung seiner Gefühle.
„Und um Ihnen direkt entgegenzukommen...", fuhr er einfach fort, als Albus nicht reagierte, „ich weiß von einem Spion in den engeren Reihen. Von einem Verräter auf eurer Seite. Ich weiß nicht, wer es ist. Ich weiß nur, dass es einen gibt."
Albus versteifte sich unwillkürlich. Einen Spion? Das konnte, das durfte einfach nicht sein.
„Ich weiß nur, dass er besonders die Potters ausspitzeln soll", fügte Snape arglos hinzu. „Schon seit einigen Monaten. Wegen der Prophezeiung, die..."
Albus sog den Atem ein; Snape verstummte.
„Voldemort weiß von der Prophezeiung?"
Snape zuckte nicht zusammen, als er den Namen des Lords sprach. Es war ein gutes Zeichen. Aber er schien etwas bestürzt darüber, dass Albus von der Vorhersage wusste. Offenbar hatte er geglaubt, er wirkte glaubwürdiger, je mehr brauchbare Informationen er hatte.
Dann nickte der Todesser. „Ja... Sie – Sie wissen etwa auch davon?"
Albus nickte. Wenn er nicht so schockiert gewesen wäre, wäre er amüsiert. „Ja. Einer von Voldemorts Todessern muss mich und die Hexe, welche die Prophezeiung sprach, ausgehorcht haben."
Er ließ sich erzählen, wie viel der Dunkle Lord davon wusste. Und nach dem Schrecken kam etwas Erleichterung. Voldemort wusste nicht alles. Das war ein Vorteil.
Zudem erkannte Albus, dass es für seinen Erzfeind Sinn machte, einen Spion zu schicken, der die Potters ausspitzelte. Sinn, wenn Voldemort von der Prophezeiung wusste.
Bei Merlin... James und Lily mussten sich verstecken.
„Was genau hat Sie zu dieser Entscheidung, die ich im Übrigen sehr schätze, bewegt, Mr Snape?", fragte Albus schließlich und musterte ihn nachdenklich.
Snape starrte zurück. „Es... es hat mehrere Gründe."
„Und die da wären?"
„Zum einen, weil Er kein Reinblut ist." Verachtung klang auf einmal aus Snapes Stimme heraus.
Albus hob die Augenbrauen. „Ach?" Er wusste natürlich, wer Voldemort wirklich war.
„Ich habe es herausgefunden. Vor kurzem erst." Snape klang gepresst. Zornig.
„Und Sie wollen nur einem Reinblut dienen?"
„Eigentlich geht es mir nicht mehr darum", antwortete Snape zögernd. „Ob reines Blut oder nicht. Das ist nicht wichtig. Aber es ist wahnsinnig, als Mugglestämmiger das reine Blut auf rassistische Art und Weise ehren zu wollen."
Albus nickte bedächtig.
„Es sind somit falsche Ideale."
Albus erkannte die Enttäuschung in Snape. Erkannte, dass dieser tatsächlich einmal an diese Ideale geglaubt hatte. Dass er der Schwarzen Magie erlegen war, weil sie verlockend war. Doch letztendlich hatte die Wirklichkeit den jungen Mann eingeholt.
Albus spürte, wie Snape mehrfach überlegte, Okklumentik anzuwenden, es aber unterließ.
„Und..." Snape wurde ein wenig unruhiger. „Und... und ich denke, Felice hat mich davon überzeugt."
Albus war erstaunt. „Felice? Felice Zabini?"
Snape nickte. Seine Augen waren plötzlich eiskalt.
Albus wusste, dass Snape sieben Jahre lang mit Felice die Zweier-Schlafräume in Slytherin geteilt hatte. Aber er hatte nur selten erahnen können, wie fest ihre Freundschaft war, da sie einander in der Öffentlichkeit stets gemieden hatten. Denn Felice war mit dem jungen Regulus Black gut befreundet gewesen und es war kein Geheimnis, dass Snape und Regulus sich nie verstanden hatten. Auch wenn sie ihre Krisen immer nur in slytherininternen Räumen ausgetragen hatten.
„Felice Zabini ist bereits im letzten Jahr getötet worden", sagte Albus. Sein Blick wurde düster dabei. Er hatte den jungen Mann für einen sehr fähigen Zauberer gehalten, der den Mut hatte, die Dunkle Seite zu verlassen.
„Es... es ist nicht so einfach, vom Dunklen Lord loszukommen, ohne dass es auffallend wird", fuhr Snape fort. „Es ist nicht so, dass ich mich zu diesem... Überlaufen schnell entschieden habe. Und außerdem... wollte ich erst zu Ihnen kommen, wenn ich es aus eigener Überzeugung tue. Felice mag ein Auslöser sein. Einer der Gründe, die mich davon überzeugt haben, dass es richtig ist, sich gegen den Lord zu stellen."
Zum ersten Mal wurde Snapes Blick eindringlich. „Aber glauben Sie nicht, dass das ein Freundschaftsdienst ist. Dass ich das tue, weil Felice mich darum gebeten hat." Er sah Albus direkt an. „Ich wechsle nicht die Seiten, weil es mir um Freundschaft geht." Sein Ton klang bitter, sein Blick war abweisend.
Es war nur allzu deutlich: Snape wollte keine Freunde mehr haben. Was auch immer er in seinen jungen Jahren durchlebt hatte, er war Freunden überdrüssig geworden. „Ich wechsle sie, weil es logisch ist. Felice hat es eher erkannt, als ich. Er hat erkannt, dass die Ideale des Lords falsch sind. Dass er Dunkelheit hinaufbeschwört, ohne darauf zu achten, dass sie ohne ihr Gegenstück nicht existieren kann. Aber es war auch Felice, der mir die Augen geöffnet hat. Auch wenn dies erst mit seinem Tod geschehen ist."
Albus zwirbelte noch immer seinen Bart; in seinen Augen funkelte es. Er hatte erkannt, dass er einen Todesser vor sich hatte, der bereit war, Voldemort abzuschwören und ihn auszuspionieren. Der über brillante Fähigkeiten verfügte und diesen schwierigen, durchaus riskanten Weg nicht nur gehen wollte, sondern auch einer der sehr, sehr wenigen war, der ihn überleben konnte.
Er glaubte Severus Snape.
Und in nächstem Monat würde Voldemort den Befehl geben, den Zaubertranklehrer Hogwarts' zu töten. Damit würde die Stelle frei werden. Der Dunkle Lord selbst war es, der Snape zu Dumbledore schickte, um für ihn ein wenig zu spionieren, weil dieser Bellatrix geschickt davon überzeugt hatte. Bellatrix, die Snapes außerordentliches Talent in Zaubertränke kannte, war zu Voldemort gegangen, um ihm von der Idee zu erzählen, Snape als Spion fortzuschicken. Ihnen allen würde klar sein, dass Snape nicht viel herausbekommen würde, aber es würde einen Versuch wert sein.
Und Snapes Plan ging auf.
xx
Anfang August 1981.
Sirius hatte es ihm nie offen gesagt, aber seine Andeutungen verrieten genug. Er hielt Remus für den Spion und diese Erkenntnis hatte den Werwolf wie ein Schlag getroffen.
Remus ahnte nun, dass Sirius und James sein Geheimnis um den Job kannten. Er konnte sogar verstehen, wieso es so weit gekommen war, dass Sirius ihn als Verräter titulierte. Ihre Kluft hatte bereits im sechsten Schuljahr begonnen, aufzureißen und nach der Schule war sie immer breiter geworden.
Nun schienen die Abgründe zwischen ihnen so tief geworden zu sein, dass selbst das Licht sich darin verlor und den Grund nicht mehr beleuchten konnte.
Sie hatten sich zu sehr voneinander abgewandt; Remus schmerzte es sehr. Er hatte Sirius immer als Freund gesehen, selbst jetzt noch. Irgendwo. Aber er spürte auch, dass die Distanz zwischen ihnen zu groß geworden war. Vielleicht vermochte die Zeit all diese Wunden zu heilen und sie würden irgendwann wieder zueinander finden. Aber im Moment schien es unmöglich.
Remus grämte sich sehr. Und er traf sich immer seltener mit den anderen Rumtreibern. James verhielt sich recht normal zu ihm, schien nicht zu glauben, dass Remus ein Verräter war. Aber Sirius war sein bester Freund und er würde immer auf dessen Rat hören. Nie auf den von Remus.
So kam es, dass Remus nur mit Peter über seinen Kummer redete. Dieser hörte sich alles sehr aufmerksam an und mit einer Teilnahme, die Remus wenigstens ein wenig tröstete.
Sie verhinderte aber nicht, dass die Abgründe immer tiefer, immer finsterer wurden.
xx
Mitte August 1981.
Clark Potter selbst hatte die Aktion übernommen. Es hieß, Benjy Fenwick sei in dem Haus gefangen, das die Auroren jetzt umstellt hatten.
Sirius war dabei, ebenso Icenius Icy Dearborn, Anne Podmore, Richard Johnsen, Stephen Doge und Frank Longbottom. Die Prewetts waren als Eingreifzauberer ebenfalls dabei.
Sie hatten nicht mehr viele, die zur Verfügung standen. Dorcas Meadowes war von Voldemort persönlich getötet worden. Ihre Tarnung war aufgeflogen und er hatte sich ihr höchstpersönlich gewidmet. Sämtliche McKinnons waren tot.
Es war ganz still. Es war spät in der Nacht und dunkel, so dass sie alle getarnt waren.
Sirius stand auf dem Bürgersteig, vor der Einfahrt des Hauses und sollte Stellung beziehen. Clark und Icy standen an der Haustür und würden sich von dort Zugang verschaffen. Anne und Johnsen nahmen den Hintereingang. Stephen war auf seinem Besen in die Lüfte geflogen und hielt aufmerksam Ausschau. Fabian und Gideon hielten sich in der Nähe Sirius' auf. Alle drei sollten erst dann das Haus stürmen, wenn ein Kampf beginnen sollte.
Leise, ganz leise knackte Icy die Schutzwälle. Sie hatten Zutritt. Im blassen Mondlicht konnte Sirius beobachten, wie Clark mit Icy Blicke austauschte. Dann gab er das Zeichen für die Anne, Johnsen und Stephen. Es konnte beginnen.
Clark hexte lautlos die Haustür offen.
Sirius hielt seinen Zauberstab griffbereit in der Hand. Er spannte sich an. Hoffentlich lauerten die Todesser nicht dahinter. Hoffentlich bemerkte niemand von ihnen den Einbruch.
Clark und Icy traten ein; das Dunkel verschluckte sie. Sie benutzen noch keinen Lichtzauber. Auch Anne und Johnsen schienen das Haus betreten zu haben, wie Stephen aus der Luft signalisierte.
Kein Lärm drang zu Sirius hervor. Von den Todessern keine Spur.
Sirius fasste Zuversicht, als in diesem Moment das Haus explodierte.
Er hatte noch nicht einmal Zeit, entsetzt zu sein, als die Explosionswelle, die das Haus restlos zerstörte, ihn erfasste. Sirius wurde in die Luft geschleudert, er spürte die senkende Hitze und merkte noch, wie er nach hinten geworfen würde. Er flog durch die Luft und kam mehrere Meter entfernt hart auf dem Boden auf.
Noch ehe die Schwärze ihn übermannte, wusste er: es war eine Falle. Fenwick war niemals in diesem Haus gewesen. Und sie hatten Auroren verloren. Unter anderem Clark Potter.
xx
September 1981.
Es war ein heldenhafter Kampf, den die Prewetts gefochten hatten. Fünf Todesser hatten sie in ihrem Haus angegriffen und nur drei von ihnen hatten das Schlachtfeld wieder verlassen.
Die sonst so fröhlichen Zwillinge waren wenigstens nicht gefoltert worden. Wahrscheinlich hatten sie so gut gekämpft, dass die Todesser nur noch darauf aus waren, sie schnell zu töten.
Und das war etwas, was sie immer gewollt hatten, redete James sich ein. Sie wollten schnell sterben. Schnell.
Aber James wusste auch, dass Fabian und Gideon nie in ihrem eigenen Haus hatten sterben wollen. Sondern lieber im Feld. Im offenen Kampf, irgendwo, wo sie appariert waren, um den von Todessern Angegriffenen zur Hilfe zu eilen.
Dennoch galten sie als Helden. Sie waren in der Unterzahl, waren überrumpelt gewesen und dennoch hatten sie zwei Todesser mit in den Tod nehmen können.
James vermisste sie. Nach dem Tod seines Vaters war er ohnehin recht apathisch gewesen, aber er hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Und jetzt noch Fabian und Gideon. Sie waren ihm in den letzten Jahren sehr ans Herz gewachsen; sie waren immerzu fröhlich gewesen, oftmals sehr sarkastisch und hatten sich scheinbar nie von den ganzen Frustrationen unterkriegen lassen.
Und nun waren sie tot. Noch würde man sich an sie erinnern. Aber irgendwann würde eine Generation heranwachsen, die vergessen würde, dass in einem Krieg wie diesen Zauberer und Hexen gestorben, als junge Helden gefallen waren, um ihnen eine bessere Welt zu schaffen.
Fenwick war ebenfalls tot. Er war in Cornwall gefunden worden. Sein Körper war zerfetzt gewesen, die Teile überall verstreut.
Sie wurden immer weniger.
James starrte vor sich hin, während er im Schlafzimmer von Godric's Hollow stand und aus dem Fenster den Sonnenuntergang verfolgte.
Sie würden sich verstecken müssen. Dumbledore hatte einen Notfallplan. Jemand sollte der Geheimniswahrer sein. Noch hatten sie niemanden dazu erwählt, aber bald würden sie es tun müssen.
Es war Dumbledores Plan und er war gut. Aber James hasste es, sich zu verstecken. Vor Voldemort. Lieber wollte er ihn bekämpfen.
Allerdings konnte James nicht mehr immer nur das tun, was er wollte. Er hatte jetzt eine kleine Familie, und somit hatte er Verantwortung. Er musste Entscheidungen treffen, die ihr aller Wohl traf, und so hatten er und Lily sich hierhin zurückgezogen.
Doch auch wenn sie hier ein wenig ihre eigene kleine Welt aufbauten, so holte sie die Realität immer wieder ein. Immer... und immer wieder.
A/N:
Das Zitat am Anfang hat mir mein Beta mal geschrieben; der weiß aber auch nicht mehr, woher er diesen Spruch kennt. Deswegen steht da „unbekannt".
Dessen Idee war es auch, dass Voldemort damals Lily nur deswegen eine Chance zum Überleben geben wollte („Tritt beiseite"), weil Lily für Peter als Belohnung gedacht war.
:Padfoot's Mate wuschel:
Es passt wunderbar, finde ich. Denn auch wenn Voldemort grausam war, so war er auch intelligent und muss gewusst haben, dass er durch reizvolle Belohnungen seine Anhänger ebenso an sich binden kann, wie durch Angst und Schrecken. Wenn nicht, noch mehr... und deswegen macht es auch Sinn, „Schlammblüter" leben zu lassen, wenn es sich aus Voldemorts Sicht anbietet.
Und daaaaaaaaaaaaaanke für eure süßen Reviews! Ich knuddel euch alle :)
DRACOFAN,
TheSnitch,
Kirilein (au ja, dann kannst du mir ja mal den Link geben :). Find ich cool, dass du die FF stellenweise lustig findest :). Ja, e war vielleicht eine Zumutung, gleich drei in einem Kapitel abzumurksen.. aber was erwartest du von ruchlosen Piraten:D :dir dennoch einen Lolli geb. Einen Riesenlolli:D :knuddelz),
Imperiatus (freut mich, dass dir alles gefallen hat! Ja, armer Remus..),
Viper4,
Canablyz,
Royal Navy,
Nyella (ja, ich find das auch krass, dass das Missverständnis erst Jaaaahre später gelöst wird),
Carys L (ja.. schade, dass er sterben musste),
Meta Capricorn (ich hoffe, es wird noch einigermaßen emotional ;)),
AlissaBlack (:grins, ja, krasser Stimmungswechsel ;) Jep, bald ist's zuende.;)),
torence (ja, die alten SW-Videos kenne ich. In den Original-Versionen erscheint Vader nach seinem Tod NICHT als junger Anakin, sondern als der Anakin, wie er unter der Maske ausgesehen hat (aber das Gesicht ist geheilt!) Also wie ein älterer Anakin. Aber ich hab gehört, dass in den neuen Versionen sie den jungen Anakin reingeschnitten haben. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Hehe, danke für die Schoko :umknuddel),
Jo (hehe.. ich HABE mein Schiff und meine Freiheit! ;p Im Gegensatz zu dir. So. Naja, ich denke, ein richtig fanatischer Todesser schreckt wohl auch nicht davor zurück, seine eigene Familie zu killen ;) Siehe Bellatrix. Sie hatte auch keine Hemmungen.. :böse zu Bella schau),
Tschudiff (Ja, das mit Remus/Sirius/James musste ja so kommen... aber heftig ist's schon. James sagt das am Schluss nur zu Sirius, damit dieser sich nicht schuldig fühlt ;)),
YanisTamiem (hey, Glückwunsch zur bestandenen Prüfung:wuschel),
sophie,
Monocerus (wow, du hast ja schnell und viel gelesen ;) Hoffe, die FF gefällt dir auch weiterhin!),
Dil Se,
Moonys Girl (Ah, Respekt… da erinnert sich jemand an die Wette :) :knuddelz)
skateZ (oh je.. :D),
Julie (wowow, freut mich ;),
AnettRiddle (mag sein, dass es gewisse Parallelen gibt.. ist selten bewusst gemacht, aber lässt sich kaum vermeiden; so viele totalitäre Diktatoren hatte das Land im 20. Jh. ja nicht :D)
