Rückwärts in die Dunkelheit
Zu den Sternen schaut man auf,
wenn es auf der Welt nichts mehr zu sehen gibt.
Oder blickt man auf,
wenn man nichts mehr sehen will?
(- die letzten Worte eines Sterbenden.)
38. Kapitel
Unschuld hergeben
„Zwischen Loyalität und Verrat
liegt dichter Nebel,
der die Sicht versperrt."
(- unbekannt)
Mitte Oktober 1981.
Sirius hatte Mina wieder getroffen. So abrupt ihre Wiedersehen meist geendet hatten, so unerwartet liefen sie sich dann wieder über den Weg.
Er hatte sie zuletzt Ende Dezember 1978 gesehen. Vor mehr als zweieinhalb Jahren. Seit jener Nacht hatte er nicht länger geleugnet, Gefühle für sie zu empfinden. Sie zu lieben. Auch wenn er es nicht durfte. Es war ihm gleich gewesen. Dennoch hatten sie, einem stillen Einverständnis gleich, nie Kontakt zueinander gesucht, nachdem Mina wieder nach Kroatien gegangen war. Wie schon in Hogwarts, so wussten sie auch heute noch, dass ihre Liebe keine Chance hatte, dass ihre eigenen Prinzipien sich dagegen stellten.
Nun stand sie auf einmal vor seiner Tür. Nicht alleine, sondern in Begleitung von Alan de Maurice.
Alan grinste breit und sah mit seinen strohblonden, zerwuschelten Haaren, der frischgebräunten Haut, der sonnenverbrannten Nase und den fröhlichen, hellblauen Augen wie ein Lausbube aus.
Sirius starrte beide perplex an.
„Sirius! Wie geht es dir?", rief Alan strahlend aus. Dann hüpfte er bereits auf ihn zu, umarmte ihn freundschaftlich und schubste Sirius in die Wohnung hinein, um sie selbst betreten zu können.
Alan sah sich um und klopfte Sirius dabei immerzu auf der Schulter. „Mensch, wir haben uns soooooo lange nicht mehr gesehen! Hab von Mina gehört, dass du dich als Auror rumtreibst!" Er redete, wie ein Wasserfall. „Wie hast du das denn geschafft? Ich dachte, du warst immer der rebellische und böse Junge aus einer noch viel böseren Familie!"
Er lachte unbekümmert und schmiss sich ins Sofa, nachdem er Sirius ins Wohnzimmer dirigiert hatte. Anerkennend blickte er sich um. „Nette Bude. Respekt, Mann. Aber wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Du und Auror. Meine Fresse. Das hast du doch nur gemacht, um deine Mutter zu ärgern, gib es zu!"
Sirius starrte Alan an. Es gab sehr seltene Augenblicke, in denen er mal sprachlos war. Dieser war einer davon.
Mina selbst war ihnen gefolgt, nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte und lehnte nun am Türrahmen zwischen Flur und Wohnzimmer. Sie hatte die Arme verschränkt und sah die ganze Zeit nur Sirius an.
„Also, du bist überrascht, wie ich sehe", plapperte Alan fröhlich weiter. „Weißt du, ich musste für die Zeitung nach Kroatien, um ein wichtiges Interview zu machen. Da habe ich die Gelegenheit ergriffen und Mina besucht. Und dann kam mir die glorreiche Idee, dass wir bei dir auch mal vorbeischauen könnten." Alan feixte. „Ja, ich weiß, ich bin gut. Mina wollte erst mal nicht. Kannst du dir das vorstellen? Hat gemeint, sie dürfte keinen Auroren besuchen, weil sie für eine schwarzmagische Regierung arbeite. Aber hey, ich ließ sie labern. Sie ist ja keine Engländerin, also kann sie dich auch besuchen. Jaja, hier bei euch geht es recht heftig zu, das hört man auch in Spanien. Aber ich denke nicht, dass diese Todesser auch Ausländer töten. Oder eure Strafabteilung Leute wie uns verhaften will." Alan blickte sehr arglos drein. „Schließlich habe ich Mina in einem spontanen Besenrennen geschlagen und als Pfand musste sie mitkommen." Er lachte wieder, diesmal spitzbübisch. „Und nun sind wir hier! Toll, was?"
Sirius atmete aus und er merkte erst jetzt, wie er den Atem angehalten hatte. Langsam, sehr zögerlich, glitt sein Blick zu Mina.
Ihr Gesicht war recht ausdruckslos, ihre grauen Augen auf ihn gerichtet. Ihre dunkelbraunen, seidigen Locken trug sie offen und unter ihrer figurbetonten, offenen Robe ein leichtes Sommerkleid. Es war noch sehr warm für September.
Sirius erkannte diese Wehmut, die in ihrem Blick lag. Und ein vager Ausdruck von unerfüllter Liebe.
In seinem Magen kribbelte es; er hatte es zuletzt gespürt, als Mina bei ihm gewesen war.
Nun lächelte sie. Flüchtig nur, aber warm. Es streifte ihre Augen. „Er hat sich kaum verändert, nicht wahr?", fragte sie nun mit ihrer schleppenden Stimme Sirius.
Sirius nickte langsam. „Kaum."
Alan runzelte die Stirn. „Wovon redet ihr?"
Mina brach den Blickkontakt zu Sirius ab und sah Alan an. „Von dir, du Dummkopf." Es war nicht als Beleidigung gemeint, dazu klang es zu zärtlich.
Sirius seufzte. Alan war der einzige von ihnen, der die unschuldige Unbekümmertheit, die sie noch in der Schule gehabt hatten, behalten hatte. Er war der einzige von ihnen, der ein sorgloses Leben führte, fernab von Krieg und Opfern, von Hass und Tod. Er war arglos, er war von einer dauerhaften Fröhlichkeit erfüllt, weil er sein Leben liebte und keinerlei Probleme hatte... und Sirius beneidete ihn darum.
Sie erlebten einen lustigen Tag; der Abend endete schließlich in einer Mugglekneipe. Alan und Mina waren, trotz ihrer Arroganz in Bezug auf alles, was nicht reinblütig und magisch war, dem gegenüber überraschend aufgeschlossen und hatten ihren Spaß.
Beide übernachteten bei Sirius und nach dem Frühstück sagte Alan, dass er wieder los müsste. Er zwinkerte beiden auffällig zu.
„Wir sehn uns", meinte er zuversichtlich. „So was müssen wir unbedingt wiederholen."
Sprachs, drückte Mina einen Kuss auf die Wange, klopfte Sirius auf die Schulter und ging aus der Wohnung, um draußen zu disapparieren.
Sirius schwindelte leicht. Alan hatte schon immer einen auf eilig gemacht. Er war rastlos, selten hielt er es lange an einem Ort aus.
Sirius drehte sich nun langsam zu Mina um.
Sie saß noch am Küchentisch und hob ihren Blick. „Ich sollte wohl auch gehen", meinte sie zögerlich.
Sirius nickte lahm. „Ja. Solltest du."
Aber sie ging nicht und Sirius war froh darum.
xx
Mina war drei Tage bei ihm geblieben. Drei Tage, in denen Sirius sich nicht in der Aurorenzentrale hatte blicken lassen. Drei Tage, die er nur mit Mina zusammen verbracht hatte. Sie waren auf seinem Fliegenden Motorrad geflogen, er hatte ihr etwas mehr von England gezeigt, sogar im Verbotenen Wald waren sie gewesen. Die Nächte und die Vormittage hatten sie nur im Bett verbracht und gewissenlos ignoriert, dass das, was sie taten, verboten war.
Am Abend des dritten Tages schien das Gewissen Mina einzuholen. Sie stand im Wohnzimmer und schien in die Leere zu starren. Sirius trat von hinten an sie heran. Er legte seine linke Hand auf ihre Hüfte und brachte sein Gesicht an ihr Ohr.
„Woran denkst du?", wollte er wissen.
Sie zögerte. „Daran, dass das hier alles nicht richtig ist", entgegnete sie dann heiser.
„Das kann uns doch egal sein."
„Nein, kann es nicht!" Sie wurde zornig, das merkte er.
„Es wird doch eh wieder das Gleiche sein, Mina", meinte er schleppend. „Du musst demnächst wieder nach Kroatien, wir sehen uns wieder lange Zeit nicht, bis..."
„Und das meine ich!", unterbrach sie ihn heftig. „Bis wir uns wiedersehen und mit allen Tabus brechen, die für uns normalerweise gelten!" Sie senkte ihre Stimme und Kummer schwang darin auf. „Wir begehen Verrat, Sirius."
Er schwieg. Doch dann zog er sie näher zu sich heran. „Nein, tun wir nicht", behauptete er tonlos. „Wir erzählen uns nichts von unserer Arbeit."
Mina atmete hörbar aus. „Aber sie werden es alle als Verrat ansehen, wenn es herauskommt!"
Sirius lächelte, schob ihre Haare zur Seite und fing einfach an, ihren Hals zu küssen. „Niemand muss es herausfinden, Süße", murmelte er zwischen den federleichten Küssen.
Er merkte, wie Mina eine Gänsehaut bekam. Er fuhr mit der Zunge über die zarte Haut und Mina bog automatisch ihren Kopf zu Seite.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er aber dann, wie sie ihren Zauberstab zückte. Offenbar wollte sie das hier wirklich alles beenden.
Rasch umklammerte er mit seiner freien Hand ihren Unterarm, so fest, dass sie die Luft einsog. Er tat ihr weh, aber das kümmerte ihn nicht. Während er weiter ihren Hals küsste und an ihrem Ohrläppchen angekommen war, drückte er ihren Arm gewaltsam herunter. Sein Griff wurde schraubstockartig; er beabsichtigte, dass er ihr damit das Blut abschnürte, damit die Hand taub wurde und sie den Zauberstab fallen ließ.
„Wenn du glaubst, mich hinterrücks verhexen zu können, dann hast du dich geirrt", flüsterte er ihr zu.
„Lass mich los", presste sie hervor. Sie versuchte sich vergeblich zu befreien.
Er lachte nur, drehte sie schnell um, fasste ihr anderes Handgelenk und hielt beide Arme nun hinter ihrem Rücken. Es bewirkte, dass sie so dicht vor ihm stand, dass ihre Körper sich berührten.
In ihren Augen funkelte es zornig, Entrüstung blitzte in ihnen silbrig auf. Aber da war auch diese übliche Sehnsucht, die sie nicht verbergen konnte, ganz gleich, wie sehr sie sich einredete, Verrat zu begehen.
Sirius sah auf sie herab. „Wenn du gehen willst, dann geh", sagte er schließlich. „Ich werde dich nicht daran hindern. Ich werde es nicht so weit kommen lassen, dass du mich verhext."
Etwas zersplitterte in ihrem Blick, es mochte die Wut sein, die zerbarst, ein letztes Mal spiegelscherbengleich aufglitzerte und verschwand. Reue kam auf.
Sirius beugte sich herab, die Empfindung nach Schnee benebelte ihn wie jedes Mal. Sie begrub immer den letzten Rest seiner Zweifel, ließ ihn tun, was sein Herz ihm gebot.
Er küsste sie sanft auf dem Mund und wurde neckender. Als er mit seiner Zunge über ihre Lippen strich, hörte er, wie Mina ihren Zauberstab fallen ließ.
Kurz danach wurde sein Griff um ihre Arme lockerer, sein Kuss wurde fordernder. Sie entwand sich aus seinen Händen, aber nur, um ihre Arme um seinen Nacken zu schlingen. Sie drängte sich ihm entgegen und Sirius hob sie hoch. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften.
„Tut mir leid", flüsterte sie zwischen den leidenschaftlich gewordenen Küssen und sah ihn kurz atemlos an.
Sirius lächelte kurz, ein aufmunterndes Lächeln, das zeigte, dass er es ihr von Anfang an nicht übel genommen hatte.
Dann trug er sie ins Schlafzimmer.
xx
Eine Woche später, Oktober 1981.
„Du gehst nicht zu ihr hin!", rief James zornig. Er stand mit Sirius im Wohnzimmer von Godric's Hollow und versperrte seinem Kumpel den Weg hinaus. „Ich werde es zu verhindern wissen! Du kannst nicht zu ihr!" In seinen haselnussbraunen Augen funkelte es wütend.
„Warum kann ich das nicht?", rief Sirius aufgebracht. Er fühlte sich sehr rebellisch.
Natürlich konnte, ja durfte er mit Mina nicht zusammen sein, aber momentan war er viel zu aufgewühlt, um klar denken zu können.
„Weil sie eine Schwarzmagierin ist!", stieß James völlig außer sich hervor. „Du kannst dich nicht einfach in den Feind verlieben! Du sollst den Kontakt zu ihr abbrechen!"
Sirius hatte James alles erzählt. Mina hatte sich nach dem dritten Tag bei Sirius ein Hotelzimmer genommen, da er sich wieder in der Aurorenzentrale hatte blicken lassen müssen und sie selbst ihrer diplomatischen Arbeit für ihre Regierung nachgehen musste. Ihre heimlichen Treffen hatten sich auf nachts beschränkt – oftmals nun bei ihr.
Lily stand im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Küche und verfolgte den Streit der beiden Freunde mit immer sorgenvollerer Miene.
Sirius schnaubte. Seine Augen waren verengt; es loderte in ihnen intensiv. „Warum sollte ich das tun? Verdammt, warum muss ich immer alles opfern? Warum muss ich immer auf alles verzichten, damit wir beide auf derselben Seite stehen?"
Oh, er wusste, er tat James damit gewaltig Unrecht. Er hatte seiner Familie den Rücken gekehrt, weil er sie hasste und sie auf der falschen Seite standen. Und er konnte seinem Kumpel nicht die Schuld dafür geben, dass er in eine schwarzmagische Familie hineingeboren und ihm keine andere Wahl geblieben war, als ihnen ein Feind zu werden, um der Stimme der Vernunft folgen zu können. Außerdem hatte James oft genug bewiesen, dass er bereit war, sich gegen die ganze Welt zu stellen, nur, um Sirius beizustehen. Aber all das war ihm im Augenblick gleich.
James hatte nach Luft geschnappt. „Opfer nennst du das, Sirius? Opfer? DAS SIND KEINE OPFER!"
„Würdest du es kein Opfer nennen, wenn du dich von Lily trennen müsstest, nur um der Scheißmoral zu folgen?", rief Sirius zornig aus. Die Hände waren zu Fäusten geballt. Er hatte längst erkannt, dass er und Mina in etwas hineingeschlittert waren, das sie durcheinander brachte. Das sie gereizt machte, weil sie genau wussten, dass sie nicht zusammensein durften. Aber auch das blockte Sirius restlos aus seinem Kopf. „Um immer auf der richtigen Seite zu stehen? Ich hasse diese Schwarz-Weiß-Malerei! Dieses Scheiß-Freund-Feind-Denken kotzt mich an! Mina arbeitet nicht für Voldemort und somit kann mir alles andere egal sein!"
„Nein, kann es nicht! Sie arbeitet für die kroatische Regierung, die schwarzmagisch ist und Kontakt zu Voldemort sucht!", schrie James. Er stob auf Sirius zu. Dieser wich unwillkürlich zurück, bis er gegen ein Hindernis stieß. James' Hände krallten sich unbarmherzig in seinen Pullover und Sirius wurde brutal gegen die Wand gedrückt.
„Sie ist ein Feind!", spie James völlig außer sich aus. „Wir konnten es uns nun mal nicht aussuchen, in welcher Zeit wir leben! Hier gibt es nun mal nur zwei Seiten: gut und böse! Weil Krieg herrscht! Im Krieg gibt es kein Dazwischen!"
„Mir egal! Ich scheiß drauf! Ich kann durchaus dein Freund und trotzdem mit ihr zusammen sein!", rief Sirius erhitzt. Er wollte sich befreien, aber James hielt ihn gewaltsam gegen die Wand gepresst.
Und dann, inmitten seiner Befreiungsversuche, schlug ihm Ausdruckslosigkeit entgegen. so sehr und so plötzlich, dass er aufgab, dass ihm schwindlig wurde. Die Stimme wurde emotionslos. Sein Blick seltsam.
Er versuchte seine Gedanken zu sammeln.
„Weißt du, Prongs, ich würde selbst dann zu dir halten, wenn du dich mit Voldemort verbünden würdest", sagte er auf einmal leise und heiser. Kapitulation beherrschte seine Stimme auf verworrene Art, dem silbrigen Nebel auf den Meeren gleich. „Wenn du mit 'ner Todesserin verheiratet wärst. Das wäre mir völlig gleich. Du würdest immer mein Freund bleiben. Ich habe es dir oft genug bewiesen, indem ich mich von allen abwandte, die mich auf die schwarzmagische Seite ziehen wollten. Nun beweise du es mir, indem du mich zu ihr gehen lässt und dicht hältst."
James starrte ihn an. Er brauchte Sirius keinen Beweis der Freundschaft geben, das wussten sie beide. Dies hatte er oft genug getan. Und dennoch... seine grenzenlose Wut schien verraucht, als er Sirius' Ausdruckslosigkeit wahrnahm, gepaart mit dunkler Frustration. Ihm schien klar zu werden, dass alles, was auf dieser umkämpften Welt zählte, nur ihre Freundschaft war, selbst wenn sie beide unterzugehen drohten. Das war der Preis und den war er zu zahlen gewillt.
James ließ Sirius los und trat einen Schritt zurück. Die Arme sanken herab.
„Natürlich halte ich zu dir, Padfoot", sagte er rau. „Egal, was kommt." Matt sah er Sirius an. Resignation blitzte in seinen Augen auf, sowie Sorge und Kummer um seinen Freund. Doch auch der entschlossene Wille, ihn ziehen zu lassen. „Dann geh. Geh, aber..." Er zögerte kurz, ehe er seinem besten Freund fast schon verzweifelt einen bittenden Blick zuwarf. „... lass dich nicht fallen."
xx
Noch am selben Tag.
Sirius betrat das Hotelzimmer, das sie sich für den Aufenthalt in London gebucht hatte.
Es war luxuriös eingerichtet. Der helle Marmorboden glänzte, das große Bett war mit seidener Bettwäsche belegt, der Balkon war groß und mit Aussicht über die Stadt.
Sie stand vor der Balkontür, die Vorhänge waren offen. Sie drehte sich nicht um, als Sirius näher kam und hinter ihr stehen blieb.
„Es ist vorbei", sagte sie schließlich und klang tonlos.
Sirius runzelte die Stirn. „Es hat niemals richtig angefangen, oder?"
„Finde ich schon", lautete ihre brüske Antwort. „Und hör auf, es zu leugnen."
Sirius stieß einen langen Atem aus. „Und wie... wie meinst du es dann? Dass es vorbei ist?"
„Dort unten steht die kroatische Geheimpolizei." Ihre Stimme war nach wie vor ausdruckslos. Nur sanfter Nebel schien sie zu umstreifen.
Langsam drehte Mina sich um. In ihren grauen Augen jedoch konnte sie nicht verbergen, was sie fühlte. Bestürzung war da, Dunkelheit. Verzweiflung. Aber auch der Wille, alles auf sich zu nehmen, was kommen mochte.
„Sie haben von uns erfahren", fuhr sie leise fort. „In Kroatien gilt es als Verrat, mit jemandem anzubändeln, der der Dunklen Seite abgeschworen hat."
Sirius hatte schon längst begriffen. Er trat vor, überwand den letzten Abstand zu ihr und packte sie bei den Schultern. „Dann flieh! Geh in ein neutrales Land und tauch unter!"
Sie starrte ihn an. „Du weißt genau, dass ich das nicht kann."
„Du musst!", rief er eindringlich. Er spürte, wie er selbst verzweifelte. „Versteck dich, Mina. Tue es. Dann wird es auch nie zwischen uns vorbei sein..."
Sie riss sich los. Ihr Blick wurde wehmütig, aber entschlossen zugleich. „Ich kann mich nicht verstecken, Sirius! Das verbietet mir mein Stolz! Sag... wenn es für dich kaum noch einen Ausweg geben würde, würdest du fortlaufen?"
Mina schien keine Antwort zu erwarten, denn als er darauf eingehen wollte, hob sie ihre Hand und legte ihre Finger sanft auf seinen Mund.
„Ich kann nicht fliehen, Sirius. Das würde Schande über meine Familie bringen. Lieber lasse ich mich verhaften, sitze im Gefängnis meine Zeit ab, als dass ich fliehe."
Sie nahm ihre Hand wieder herunter.
Sirius sagte nichts. Er wusste ganz genau, dass er sie niemals umstimmen konnte. Dass sie es auch nicht für ihre Liebe tun würde. So, wie er nicht den Aurorenposten für sie aufgeben würde, so würde sie nicht für ihn fliehen. Es waren ihre Prinzipien, die ihnen in den Weg standen. Die ihnen schon immer ein Hindernis gewesen waren.
„Es ist nicht richtig, dass sie dich verhaften", sagte er nun. Er klang bitter. „Du hast mir nie etwas von eurer Politik erzählt. Ich dir ebenso wenig. Wir haben es immer gemieden, richtigen Verrat zu begehen. Sie haben keinen Grund, dich zu verhaften."
Mina sah ihn an. Sie lächelte langsam, aber es war ein zu niedergeschlagenes Lächeln, als dass ihre Augen dadurch erwärmt werden konnten.
„Manche Leute auf dieser Welt müssen ihre Unschuld für die anderen hergeben", erwiderte sie bekümmert. „Es geht nicht anders."
Sirius presste die Lippen zusammen. Die Frage, ob es wirklich keinen Ausweg gäbe, lag ihm auf der Zunge. Aber er erahnte eine mögliche Antwort: dass er aufhören könnte, die Dunkle Seite zu bekämpfen.
Er bemerkte ihre Ausweglosigkeit. Sie hatten noch nie eine gemeinsame Zukunft gehabt. Und auch wenn es Augenblicke gegeben hatte, in denen sie es sich so sehr erhofft hatten, so war ihnen bewusst gewesen, dass die Abgründe zwischen ihnen zu groß waren. In einer anderen Zeit, in einem anderen Leben hätte ihre Liebe vielleicht eine Chance gehabt. Aber nicht in einer Welt wie dieser.
„Ich habe keine Minute mit dir bereut, Sirius", sagte Mina schließlich. Sie schien um Fassung zu ringen. „Wir haben einfach zu leben gewagt, aber..."
Sie verlor sich in ihren Worten, doch Sirius wusste auch so, was sie meinte. Die Dunkelheit war zu stark. Und doch hatten sie es wenigstens geschafft, etwas zwischen ihnen aufkeimen zu lassen, dass aufrichtig war. Etwas, das sie niemals bedauern würden.
Mina trat an Sirius heran. Er legte seine Hände auf ihre Hüften und sie schlang ihre Arme um seinen Nacken. Als ob es richtig wäre, als ob es Gewohnheit war.
Im Hintergrund klopfte es. Eine harte Stimme meldete, dass die magische Geheimpolizei Kroatiens vor der Tür stünde, um Mina zu verhaften. Wenn sie nicht in drei Sekunden öffnen würde, würden sie gewaltsam eindringen.
Sirius ignorierte es. Mina ebenso. Ihre Gesichter näherten sich, das Gefühl nach Schnee wurde stärker. Ihre Lippen streiften sich schließlich und sie fanden sich in einem immer inniger werdenden Kuss.
Später würde Sirius denken, er habe alles in diesen Kuss gelegt. All seine Sehnsüchte, all seine Liebe. All seine Verzweiflung, all seine Gefühle, die er für Mina empfand. All den Frust.
Die Tür wurde gewaltsam aufgerissen, Männer stürmten herein. Und dann wurden sie auseinander gerissen.
Sirius musste hilflos mit zusehen, wie Mina sich freiwillig verhaften ließ, wie sie abgeführt wurde, um in Kroatien das Urteil lebenslänglicher Haft entgegen zu nehmen, weil sie jemanden geliebt hatte, den sie niemals hatte lieben dürfen.
Sirius glaubte, zu fallen. Tief. Haltlos. Bis ihm eine vage Idee kam. Nach diesem Krieg hier würde er einfach versuchen, ins kroatische Gefängnis einzubrechen, um sie herauszuholen. Vielleicht ließ sie es zu, wenn sie erkannte, dass er selbst in keinen Kampf mehr verwickelt war.
Es war eine sachte Hoffnung, die er schöpfte, und die ihm half, über all das hinweg zu kommen. Zumal dieser Einbruch ganz nach seinem Stil wäre.
Aber Sirius konnte ja nicht ahnen, dass er schon bald selbst im Gefängnis sitzen würde. Ebenfalls lebenslang und aus demselben Grund: weil er seine Unschuld für andere hatte hergeben müssen.
xx
Ende Oktober 1981.
Es war Sirius' Idee gewesen und sie war brillant, das musste Peter zugeben. Sie war gut durchdacht, sie war gerissen. Sie war auf irgendeine Art und Weise slytherinmäßig.
Sie hatte nur einen Fehler: sie setzte Peters Loyalität voraus.
Eine Loyalität, die er nicht mehr hatte. Die er verraten hatte, verraten, um sein eigenes Leben zu retten.
Er hatte keine andere Wahl gehabt.
Als Sirius und James zu ihm gekommen waren und ihn gebeten hatten, Geheimniswahrer zu werden – anstatt Sirius – heimlich, so dass noch nicht einmal Dumbledore davon erfuhr, hatte Peter seine einzigartige Chance gewittert.
Lily und James waren schon vorher in Godric's Hollow gewesen. Aber der Dunkle Lord hatte sie nicht sofort angreifen wollen. Er wollte noch ein wenig mehr Informationen sammeln, außerdem war Harry noch ein Baby und konnte kaum eine Gefahr für ihn darstellen. Doch nun machte sich der mächtige Zauberer auf, die Potters zu suchen. Dumbledore hatte erfahren, dass er es tat – wohl von einem Spion – und wollte, dass ein Geheimniswahrer die Potters in Godric's Hollow schützte. Der Dunkle Lord würde dadurch Lily und James noch nicht einmal dann finden können, wenn er in deren Wohnzimmerfenster hineinschaute. Außer, wenn der Geheimniswahrer das Geheimnis an ihn verriet...
Peter wartete eine Woche. Aus taktischen Gründen. Und dann... dann ging er zu seinem Meister. Bis dahin wusste kaum einer von den Todessern, dass er der Spion war. Dass er der Verräter war. Jetzt, wo er diese wichtige Information preisgab und der Dunkle Lord die Potters töten würde, um auf ewig zu herrschen, gab es keinen nennenswerten Grund mehr, geheim zu halten, dass Peter für ihn arbeitete... und die anderen Todesser würden von ihm erfahren.
Es würde nur purer Zufall sein, dass genau dann Snape in Hogwarts war und somit nicht erfuhr, dass Peter der Überläufer war. So glaubte Peter. Es konnte natürlich auch sein, dass Snape es sehr wohl gewusst hatte, es aber Dumbledore niemals gesagt hatte... wie auch immer, das würde für viele, viele Jahre ungeklärt bleiben.
Was hatte der Dunkle Lord gesagt? Peter müsste sich seine Belohnung verdienen. Wenn er ihm endlich sagen konnte, wo sich die Potters versteckt hielten, würde er Lily bekommen. Dessen war er sich sicher. Sein Lord würde James und vor allem Harry töten und Lily schonen. Sie ihm übergeben, als Geschenk. Als Sold, da er ein so guter Spion gewesen war. Macht und Liebe machten blind.
Und wer bereit war, Freundschaften zu verraten, wer zur Dunklen Seite überlief, der erfuhr Kälte. So sehr, dass das Herz erfror.
A/N:
Das nächste Kapitel ist das letzte.
Dann ist Schluss mit der FF.
Danke, danke, danke für eure lieben Reviews – bin arg im Stress, deswegen nur kurz.
Regulus Black, Happyherminchen, Nyella, TheSnitch, AlissaBlack, MoonysGirl (also, ich hatte gelesen, dass Susans Eltern umgebracht werden und Susan zu ihrer Tante kommt, welche ja auch in band 5 nen Auftritt hat, hmm. Ich denke, ich werde lange nichts mehr schreiben...), YanisTamiem, Julie, Kartarus, MetaCapricorn (Danke für's goggeln! Eh, wie meinst du das, wer beobachtet hat, dass Peter eifersüchtig auf James ist:verwirrt bin:), torence (erst mal schreibe ich keine FFs mehr... die hier hat mir völlig gereicht :D), skateZ, Vegetarierin88, Ac.Potterfan, lunamarie (ich denke, ich werde HP-6 auf deutsch lesen), Kirilein (jep, Beamtenkrankheit :D Ich gehe ja nicht mehr auf James/Remus ein, was ich hätte tun können, aber na ja... eine gute Frage, ob James sich von Sirius' Vermutungen richtig überzeugen ließ oder nicht.. auf der einen Seite scheinbar schon, weil sie Peter genommen haben, auf der anderen Seite hat James vielleicht weder Remus noch Peter jemals für einen Spion halten können... hm – wie weit ich gehe, wirst du in einer Woche erfahren :D), Padfoot's Mate, Zerengeb, DRACOFAN, Canablyz, Dil Se, Anett Riddle (ne, das Musical kenne ich nicht. Wo läuft das denn? Ich kenne nur Aida – das ist echt schön!), Imperiatus (Voldemort wird nur noch einmal nen kurzen Auftritt haben. In einer Woche geht es weiter), Bluana, Viper4, lyv, Jo (Träumer:D DU hast wohl zu viel Rum getankt ;) Woher Voldemort das weiß, hui. Keine Ahnung :grins. Legilimentik hört sich doch gut an ;) ), Royal Navy, lupinslightnings (Fall Peter beginnt ja bereits viele Kapitel früher.. ist ja nicht so, dass er von heute auf morgen entscheidet zu verraten ;) Ich fand eher, dass er aus Angst übergetreten ist, einfach, weil die Dunkle Seite die mächtigere war. Aber jeder intepretiert es sicher anders :) Und sicher, Macht und ihre Faszination mag hinzukommen, aber ich denke, v.a. dann, als er schon längst gewechselt hat. Und Lily ist ja auch ein wesentlicher Faltor - ebenfalls seit mehreren Kapiteln. Jep, viele Fakten, weil die noch rein mussten.. hatte nicht so den Bock, noch extra dafür drei Kapitel mehr zu schreiben, da sich eh dann auch nur noch alles wiederholen und es demnach langweilig werden würde :D), Ohne Nick, 1234567890.
