Faint

Die nächsten Wochen waren der Horror für Ved, denn Cloe ignorierte ihn total. Er wollte wenigstens klarstellen, dass sie ihm nicht so egal war, wie er immer tat, aber wenn immer er versuchte mit ihr zu reden, lief sie weg. Eines Abends saß er einsam in seinem Zimmer und lauschte auf die Geräusche auf dem Flur. Er hatte Angst, dass die Chosen heute Abend wieder in sein Zimmer kamen und ihn zu Brei schlugen, denn er war mal wieder viel zu pleite um die Rate zu bezahlen. Wenn er kein Licht anmachte hatte er manchmal Glück, dass sie ihn übersahen, also schnappte er sich seinen College-Block, eine Taschenlappe und zog sich die Decke über den Kopf.

Ved hatte das Gefühl, dass seine Gedanken ihn gleich umbringen würden. Sie hörten gar nicht mehr auf sich in seinem Kopf zu drehen. So würde er eh nicht schlafen können, darum versuchte er aufzuschreiben was ihn bewegte. Das hatte er bis jetzt nur einmal geschafft, und zwar als er nachts mit Cloe vorm Kamin eingeschlafen war. „Das war der glücklichste Moment in meinem Leben. Wenn sie doch nur noch einmal so neben mir liegen könnte, ich dem Geräusch ihres ruhigen Atmens lauschen und sie einfach nur anschauen könnte. Ich würde alles dafür geben das noch einmal zu erleben. Aber es geht einfach nicht…Ich kann nicht…sonst würde alles so verlaufen wie damals…Nein, was mit Patsy geschehen ist darf sich nie wieder wiederholen!" Bevor die Gedanken an die schlimmste Nacht in seinem ganzen Leben wieder aus der tiefen Verdrängung herauskamen, begann er lieber weiter über Cloe und ihre Beziehung zueinander nachzudenken. „Sie ist alles was ich noch habe, ich kann es nicht riskieren sie auch noch zu verlieren. Sie ist die einzige die meine Narben gesehen hat, und keine Fragen gestellt hat. Sie hat mit zu sich nach Hause genommen, sich um mich gekümmert, mir das Gefühl gegeben, ich sei ihr wichtig. Das erste Mal in meinem Leben, seit dem Tod meiner Eltern hab ich mich geborgen gefühlt. Und was mach? Nichts außer sie wegzustoßen und zu verletzten. Wie soll ich es bloß ertragen noch länger von ihr ignoriert zu werden? Ich kann ihre abweisende Haltung nicht länger aushalten. Ich muss sie irgendwie dazu bewegen, mir zuzuhören."

Ved sah auf das Blatt seines College-Blocks und schrieb alles nieder, was er fühlte:

I am a little bit of loneliness
A little bit of disregard
Handful of complaints
But I can't help the fact
That everyone can see these scars
I am what I want you to want
What I want you to feel
But it's like no matter what I do
I can't convince you
To just believe this is real
So I let go watching you
Turn your back like you always do
Face away and pretend that I'm not
But I'll be here cuz you're all that I've got

I can't feel the way I did before
Don't turn your back on me
I won't be ignored
Time won't heal this damage anymore
Don't turn your back on me
I won't be ignored

I am a little bit insecure
A little unconfident
Cuz you don't understand
I do what I can
But sometimes I don't make sense
I am what you never want to say
But I've never had a doubt
It's like no matter what I do
I can't convice you
For once just to hear me out
So I let go watching you
Turn your back like you always do
Face away and pretend that I'm not
But I'll be here cuz you're all that I got

No
Hear me out now!
You're gonna to listen to me
Like it or not
Right now
Hear me out now!
You're gonna listen to me
Like it or not
Right now!

Als er das Gedicht in der Poetry-AG vorlass, sah er wie ihn alle schief anguckten, doch dass war ihm egal. Viel schlimmer war es, dass Cloe ihn trotzdem keines Blickes würdigte.

Dabei sah er ihr sogar in die Augen, während er vorlas, aber nach Ende der Stunde war sie mal wieder schon Weg.

Also machte er sich auf den Weg nach Hause, doch als er an einer Kneipe vorbei kam, sah er wie einer der Chosen betrunken herauswankte. Er hatte nicht mehr die Zeit sich zu verstecken, deshalb lief er so schnell er konnte in Richtung eines Spielplatzes auf dem er sich zu verbergen versuchte. Hinter ihm hörte er das wütende Fluchen des Chosen und als er sich umdrehte, stolperte er über die Wippe und landete geradewegs im Sand.

Da er mit einem Fuß hängen geblieben war, und dieser nun höllisch wehtat, konnte er nicht mehr auftreten und musste durch den Sand robben, um sich unter der Rutsche zu verstecken. Zum Glück war der Chosen viel zu betrunken um richtig nach ihm zu suchen. Nach ca. zwanzig Minuten setze Ved sich auf die Rutsche, aber nicht ohne sich vorher in alle Richtungen umzusehen. Er wollte gerade versuchen aufzustehen, da sah er Ram vorbeikommen. Dieser blickte ihn an und winkte. „Hey Veddy, was machst du denn hier?"

„Nix, lass mich in Ruhe, ich muss nachdenken.", antwortete er missmutig.

Ram scherzte: „Oh, schlechte Laune? Bist mal wieder bei Cloe abgeblitzt?"

„Halt's Maul, ja?" Wütend sah Ved ihn an.

„Okay, ich gehe jetzt, bevor du noch was sagst, was du später bereust."

Nachdem Ram weg war, humpelte Ved los, doch sehr weit kam er nicht, erschöpft ließ er sich wieder in den Sand fallen, da bemerkte er, dass Cloe mit einer Einkauftüte im Gepäck die Straße entlang schlenderte. „Cloe!" Sie schaute ihn an und wollte schon weiter gehen, doch er schrie: „Bitte warte, ich muss mit dir reden."

Zweifelnd blickte sie ihn an. „Was willst du?"

„Ich, äh nix, geh weiter.", stotterte, es war ihm zu peinlich sie um Hilfe zu bitten.

„Du bist so feige weißt du das?" Sie drehte sich um und wollte gehen, als sie ein lauten Schrei hörte, der von Ved kam, da er versucht hatte aufzustehen und ihr zu folgen. „Aua! Scheiße…"

Besorgt fragte sie: „Alles okay?"

„Nix ist okay, ich bin über die beknackte Wippe gestolpert und hab mir den Fuß verknackst."

Er bemerkte, dass sie ihn von oben bis unten musterte und er setzte erneut an: „Könntest du vielleicht…?"

„Ja? Soll ich dich vielleicht nach Hause begleiten?"

„Das wäre echt nett."

Doch dieses Unterfangen stellte sich als äußerst schwierig heraus. Obschon Cloe ihn stützte kamen sie nur sehr langsam voran.

„Pause, so kommen wir in hundert Jahren nicht bei dir an.", meinte Cloe erschöpft.

„Da könntest du Recht haben."

„Ich ruf Ram an, der soll uns helfen."

Entsetzt rief Ved: „Nein, der soll davon nichts erfahren."

„Dann mach nen besseren Vorschlag." Allmählich war Cloe ziemlich genervt, von seinem ständigen Rumgemeckere und als er keine brauchbare Idee aufweisen konnte, wie sie nun weiter verfahren sollten, grummelte sie: „Echt, jetzt hab ich die Schnauze voll, sie doch zu, wie du alleine klarkommst."

„Warte, na schön, dann ruf halt Ram an."

Cloe griff erleichtert nach ihrem Handy. „Hey Ram…Kannst du Ved und mir helfen…komm einfach zum Spielplatz in Nähe der Kirche."

Nach fünf Minuten traf Ram ein. „Was ist passiert?"

„Herr Johnson ist über ne Wippe gefallen und schafft es nun nicht mehr alleine nach Hause. Er brauch schon die Hilfe eines schwachen Mädchens wie mir.", sagte Cloe grinsend.

„Warum hast du mir gerade nichts davon erzählt, sag mir nicht, dass das erst später passiert ist." meinte Ram skeptisch.

„Mhnn, ich wollte nicht…. das… du mich so siehst."

„Man Alter, du machst Sachen."

„Kann ich heut Nacht bei dir pennen?" Ved sah Ram verzweifelt bittend an. Er wusste, dass er mit nur einem brauchbaren Bein keine Chance gegen die Chosen hatte.

„Klar, aber willst du nicht lieber zum Arzt, oder was ist mit deinen Heimleitern? Die machen sich bestimmt schon Sorgen."

„Ne, das ist kein Problem.", versicherte Ved und Ram gab sich damit zufrieden. „Na gut, steig auf, ich nehme dich Huckepack. Cloe kommst du auch mit?"

Cloe zweifelte, doch dann sah sie Ved flehenden Blick und gab sich einen Ruck.


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