The Truth

Einige Tage waren vergangen, ohne dass Ved und Cloe sich wieder gesehen hatten, was Ved, so hart es auch klang, als Erholung empfand. So hatte er wenigstens Zeit seine Gedanken zu sortieren.

An diesem Sonntagmorgen stand Ved mit gemischten Gefühlen auf. Einerseits war er froh, dass die Wahrheit über Patsy nun herausgekommen war, denn vielleicht konnte er jetzt endlich ihren Tod überwinden, andererseits drehte sich jeder zweite Gedanke um Cloe. Er fragte sich ständig was sie gerade wohl tat, wie sie mit all dem fertig wurde und ob es ihr gut ging. Nichts wünschte er sich mehr. Wie sehr er sie schon verletzt hatte, dachte er immer wieder und es wurde ihm immer mehr bewusst, dass seine Entscheidung auf Abstand zu gehen die richtige war.

Als er die Küche betrat hatte Jay sein Gesicht tief hinter einer Zeitung vergraben. „Muss ja sehr interessant sein, was du da ließt.", meinte Ved mehr oder weniger gelangweilt.

Jay guckte verblüfft über den Zeitungsrand, dann stammelte er: „Ich…ähm…gar nichts."

„Und warum reagierst du dann so komisch?"

Schweigend legte Jay die Zeitung beiseite und nahm sich ein Brötchen, dann sagte er: „Es steht was über die Verhandlung drin. Darüber wie mutig Cloe war und das alle in der Stadt froh sind, dass die Chosen eine so harte Strafe gekriegt haben."

Ved zuckte mit den Schultern. „Ich kann damit umgehen. Irgendwann muss ich ja abschließen mit dem Thema. Aber sie haben schon recht, dass war wirklich mutig von Cloe." Damit nahm er sich ebenfalls ein Brötchen und schmierte sich dick Nutella darauf.

„Ved, musst du immer soviel Nut…", soweit kam Jay, als es plötzlich an der Tür klingelte.

„Ich geh schon.", murmelte Ved mit vollem Mund, froh einer drohenden Strafpredigt zu entgehen. Doch als er die Tür geöffnet hätte er sich beinahe verschluckt. Vor ihm stand Patsys Vater. Er war zweifelsohne älter geworden, aber Ved erkannte ihn sofort wieder. Die beiden sahen sich einen Moment lang in die Augen, dann sagte sein Gegenüber: „Hallo Ved."

„Hallo Herr Sullivan.", stammelte Ved immer noch völlig überrascht. Der ältere Herr fummelte nervös an den Knöpfen seines Mantels rum, dann meinte er mit leiser Stimme: „Ich muss mit dir reden. Darf ich reinkommen?"

„Von mir aus.", antwortete Ved und trat einen Schritt beiseite. Aus der Küche kam Jays Stimme. „Wer war da an der Tür?"

Ved bat Herr Sullivan ihm zu folgen und in der Küche angekommen sagte er zu Jay: „Das ist Herr Sullivan. Patsys Vater." Jay hätte sich ebenfalls beinahe an seinem Kaffee verschluckt, aber dann gelang es ihm höfflich zu bleiben und dem Gast einen Stuhl anzubieten.

Nachdem er sich gesetzt hatte sagte Patsys Vater: „Du fragst dich sicherlich warum ich hier bin, aber es ist so, dass es einiges zu kläre gibt. Damals sind einige unschöne Dinge passiert, die ich gerade stellen muss. Willst du, dass wir unter vier Augen reden, oder soll dein Bruder dabei sein?"

Ved sah zu Jay rüber, dann entgegnete er: „Sie können anfangen, ich habe keine Geheimnisse vor Jay."

Nach einer kurzen Pause begann Herr Sullivan zu erzählen: „Ich wollte dir sagen, dass Patsys Tod nicht deine Schuld war, aber das weißt du ja selbst gut genug. Patsys Mutter hat ja immer behauptet, dass du Mitschuld hattest, doch ich weiß seit einiger Zeit, dass dies nicht wahr ist. Ihre Mutter ist vor einigen Monaten gestorben und als ich dass Haus verkaufen musste und die Sachen gepackt habe, habe ich versteckt in der hintersten Ecke einen Abschiedbrief von Patsy gefunden." Er kramte in seiner Manteltasche und reichte Ved dann einen verknickten Brief. Sofort begann Ved zu lesen.

Meine geliebte Familie, lieber Ved,
wenn ihr diese Zeilen lest werde ich hoffentlich schon im Himmel sein. Versteht mich nicht falsch, ich kann den Gedanken euch zu verlieren nicht ertragen, aber ich finde einfach keinen anderen Ausweg. Seit dieser schrecklichen Nacht habe ich das Gefühl, dass jeden Tag ein weiterer Teil von mir stirbt. Und ich will nicht warten bis nichts mehr von mir übrig bleibt. Wenn ich in den Spiegel sehe, dann bin das nicht mehr ich. In der Nacht ist etwas in mir für immer verloren gegangen und zerstört worden. Oft ekele ich mich vor mir selbst. Ich finde keinen Weg hinaus. Es brennt in mir, in meiner Seele, will mich auffressen. Es tut so weh...
Also bitte versteht, dass ich dem Schmerz ein Ende setzten will. Ich kann es nicht länger ertragen, mein Leben hat so keinen Sinn mehr.
Doch schon bald werde ich oben auf einer Wolke sitzen und endlich wieder frei sein, das ist meine ganze Hoffnung. Dabei werde ich auf euch herunterschauen und an euch denken. An meine Schwester, die mir immer auch eine gute Freundin war, an meinen Vater, der mir all die Liebe und Geborgenheit gegeben hat, die man sich nur vorstellen kann und zu guter letzt an Ved, der meinem Leben einen Sinn gegeben hat, denn ich über alles liebe und immer lieben werde.
Ved, ich möchte dir sagen wie wichtig du für mich warst, und dass ich dich nie vergessen werde. Von ganzem Herzen wünsche ich dir, dass du endlich etwas Glück im Leben findest und dass dir jemand hilft mit den Chosen fertig zu werden. Es tut mir so unendlich leid, dass ich dich nicht mehr dabei unterstützen kann, aber ich kann einfach nicht mehr kämpfen. Oder vielleicht bin ich noch nie dazu in der Lage gewesen, vielleicht war ich nie mutig genug. Ich hoffe so sehr, dass du diesen Mut besitzt, nein ich weiß es einfach. Halte durch! Du musst stark sein, für dich und für mich. Gib die Hoffnung nicht auf, denn du warst das Beste was mir in meinem ganzen Leben passiert ist. Ich liebe dich, liebe euch alle,

eure Patsy

Als Ved die letzten Zeilen zu Ende gelesen hatte, lief ihm eine Träne über die Wange und auch Patsys Vater hatte Tränen in den Augen. Mit zittrigen Händen faltete Ved den Brief wieder zusammen und fragte: „Fehlt sie Ihnen auch so schrecklich?"

„Es vergeht kein Tag, an dem ich sie nicht vermisse.", antwortete Herr Sullivan ihm betrübt.

Nun mischte sich auch Jay in das Gespräch ein. „Was ich nicht verstehe, warum haben Sie nicht schon von dem Brief gewusst, als ihre Frau noch lebte?"

Herr Sullivan legte die Stirn in Falten und entgegnete: „Ich kann mir das ganze nur so erklären: Meine Frau war eine nicht ganz einfache, wenn nicht sogar sehr schwierige Person. Ihr Ansehen und das Ansehen unserer Familie gingen ihr über alles. Wahrscheinlich hat Patsy ihr davon erzählt, was in der Nacht passiert ist und sie wollte nicht, dass unsere Tochter damit zur Polizei geht, aus Angst davor ihre Ruf zu verlieren. Also war es am einfachsten alle Schuld auf Ved zu schieben, der gar nichts dafür konnte. Meine Frau hat sich eingeredet, du hättest Patsy absichtlich nicht geholfen…"

„Das hätte ich niemals getan!", schrie Ved plötzlich wütend dazwischen.

„Ich weiß. Aber Sie war nun mal davon überzeugt und hat Patsy verboten dich jemals wieder zu sehen."

Wieder unterbrach Ved ihn. „Und ich dachte Patsy wollte mich nie wieder sehen, weil ich ihr nicht geholfen habe."

Herr Sullivan sah ihn mitleidig an. „Nein, ich denke sie wusste, dass du dein möglichstes getan hattest um sie zu beschützen. Wenn überhaupt jemand Schuld hat, dann bin ich es, weil ich nicht darauf reagiert habe, als Patsys sich immer weiter zurückgezogen hat. Vielleicht sind wir alle ein bisschen Mitschuld, meine Frau wohl am meisten, obwohl ihr wahrscheinlich nicht klar war, welchen Druck sie auf Patsy ausgeübt hat, und wie sehr sie sie damit verletzt hat. Meine Frau war nie eine feinfüllige Mutter, doch das hätte sogar ihr auffallen müssen…. Jetzt ist es zu spät."

„Jahhh.", murmelte Ved. „Kann ich den Brief behalten?"

„Natürlich. Ich wollte schon viel eher kommen, aber ich wusste nicht, ob ich alte Wunden dabei aufreißen würde. Als ich dann den Artikel gelesen hatte musste ich dir einfach die Wahrheit sagen. Jetzt weißt du sie."

„Danke.", antwortete Ved und blickte betreten zu Jay rüber. Plötzlich sah Herr Sullivan einen großen Strauß weißer Lilien in einer Vase auf der Fensterbank stehen. „Das waren immer Patsys Lieblingsblumen.", bemerkte er.

Ved blickte zu dem Strauß hinüber und antwortete: „Ja, die sind für Patsy, ich wollte sie gleich zum Friedhof bringen."

„Da wollte ich auch noch hin. Wenn du willst, nehme ich dich mit."

Ved nahm das Angebot an und nach einer kurzen Fahrt erreichten sie den Friedhof. Schweigend liefen sie nebeneinander her bis zum Grab, an dem schon eine andere Person stand. „Cloe?", fragte Ved erstaunt. Sie drehte sich um und man konnte an ihrem bleichen Gesicht und den Rändern unter den Augen sehen, dass sie viel zu wenig Schlaf bekam. „Was machst du den hier?"

Cloe räusperte sich, dann antwortete sie: „Ich hab Blumen gebracht, ich dachte irgendwie das sei ich Patsy schuldig."

Schweigen setzte ein, dann ergriff Herr Sullivan das Wort. „Ich bin Patsys Vater. Schön Sie kennen zulernen, Cloe. Das war sehr mutig von Ihnen, Sie können stolz auf sich sein." „Danke.", saget Cloe verlegen, doch die Traurigkeit wich nicht einen Moment aus ihren Augen.

„Die Blumen würden Patsy übrigens sehr gefallen.", meinte Patsys Vater aufmunternd und Ved nickte zustimmend.

„Na ja, ich geh dann mal. Sie wollen sicher in Ruhe mit ihrer Tochter alleine sein.", entgegnete Cloe und wand sich zum gehen.

„Passen Sie gut auf sich auf!", rief Herr Sullivan ihr noch hinterher, dann drehte er sich zu Ved. „Du musst auf sie aufpassen, Ved. Sie wurde zwar nicht vergewaltigt, aber es hätte nicht mehr viel gefehlt. Sie erinnert mich an Patsy, wie sie in ihren letzten Wochen war. Sie hat genau so einen traurigen Blick, sie sieht genauso blass und niedergeschlagen aus. Sie braucht jetzt jemand der für sie da ist."

„Ja, ich werde immer für sie da sein.", sagte Ved und zu sich selbst schwor er: „ Ich werde sie nie wieder im Stich lassen." Cloe auch noch zu verlieren würde er nicht ertragen können, bei dem Gedanken dass sie sich etwas antun könnte wurde er fast wahnsinnig vor Sorge. Also musste er seine Aus-dem-Weg-geh-Taktik ändern und wieder ein Freund für Cloe sein. Jemand dem sie vertrauen konnte, jemand mit dem sie reden konnte. Ein guter Freund eben, nicht mehr und nicht weniger.


Jannilein: also harry potter kenn ich, wenn ich morgen zeit hab, werd ich die 3 teile auf jeden fall lesen.

Lady Dragonfire: danke, für deinen comment. juhu eine neue leserin. freu na ja, vielleicht ließt sie sonst auch keiner, weil mein layout so ne katastrophe ist g ich hasse die doppelten absätze hier, bin meistens zu faul die nochmal weg zu machen. in word siehts ganz normal aus :(