Unexpecting Encounter
Ved saß zusammen mit Ruby in seinem Zimmer und beide arbeiteten an einem Geschichtsreferat, das sie bis morgen fertig haben mussten. „Wenn wir uns ranhalten können wir vielleicht noch zur Mall shoppen gehen.", strahlte Ruby ihn freudig an.
„Gute Idee.", antworte Ved und schnitt eine Abbildung, die Napoleon Bonaparte zeigte, aus.
Er mochte Ruby, sie hatte eine so herrlich unkomplizierte Art und war ein sagenhaft guter Kumpel für ihn geworden, und das obschon sie wirklich hübsch war. Doch durch sie hatte er die Erfahrung gemacht, dass man mit Mädchen auch einfach nur befreundet sein konnte, ohne gleich mit ihnen ins Bett zu gehen. Außerdem war er sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht sicher, ob er Ruby wirklich haben konnte. Bis jetzt hatte er jedes Girl gekriegt, das er wollte, aber seine Freundschaft zu Ruby wegen einem wahrscheinlich eh missglückenden Annäherungsversuch aufs Spiel zu setzten, war ihm einfach zu riskant.
„Okay. Das hätten wir geschafft. Wollen wir dann los?", riss Ruby ihn aus den Gedanken. Er schnappte sich seine Jacke und schon waren beide auf dem Weg zur Mall.
Langsam stand Cloe auf, da die quietschenden Bremsen des Zuges ihr verrieten, dass sie in Wellington, der Endstation angekommen war. Mit gemischten Gefühlen ging sie aus dem Bahnhof in Richtung Ellies Haus. Als sie von hinten einen Jungen mit wasserstoffblonden Haaren sah, wäre ihr Herz beinahe stehen gelblieben, doch dann realisierte sie, dass es sich nicht um Ved handelte. Entschlossen sagte sie zu sich selbst: „Cloe, mach dich nicht lächerlich, warum sollest dir von den zig tausend Menschen ausgerechnet Ved begegnen? Solche Zufälle sind ausgeschlossen."
Plötzlich klingelte ihr Handy und als sie abnahm meldete sich Ellie.
„Hi Cloe. Ich muss unsere Verabredung leider absagen, ich bin krank."
„Oh, du hörst dich auch gar nicht gut an.", antwortete Cloe besorgt.
„Ach, dass geht mit etwas Bettruhe schon wieder weg. Pass auf, ich habe Jack gebeten was mit dir zu unternehmen."
„Das ist nicht nötig, ich fahre einfach wieder zurück."
„Quatsch, Jack freut sich schon voll darauf. Aber er kann erst gegen sechs, weil er vorher noch ne Computer AG leitet. Du sollst dich also ums sechs mit ihm in der Mall treffen. Okay?"
„Ja alles klar. Gute Besserung."
Cloe steckte deprimiert ihr Handy zurück in die Tasche. Sie hatte sich ehrlich darauf gefreut Ellie wieder zu sehen, aber anstecken wollte sie sich dann auch wieder nicht. Blieb nur die Frage, was sie mit den verbleibenden zwei Stunden bis zum Treffen mit Jack machen sollte. Sie entschied sich einfach schon zur Mall zu gehen und ein wenig nach Klamotten zu stöbern.
Nachdem sie sich ein wenig umgesehen hatte fand sie auch schon ein paar passende Sachen. Eine schwarze Baggyhose, ein rotes Sweatshirt und einen Nietengürtel. Es war schon komisch, aber seit sie nach Masterton gezogen war, hatte sich nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr Kleidergeschmack verändert. In Masterton waren die Menschen nicht so auf ihr Äußeres fixiert wie hier, da machte es nichts, wenn man mal ungeschminkt in die Schule ging. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Stadt kleiner war und die Menschen sich viel besser unter einander kannte, dachte Cloe und bezahlte die Teile.
Vor dem Geschäft blieb sie unschlüssig stehen und überlegte, in welche Richtung sie gehen sollte. Dann entschied sie sich noch einige Meter gerade aus zu gehen, und dann rechts in eine Nebenstraße einzubiegen. Sie war gerade dabei um die Kurve zu gehen, da traf es sie wie ein Schlag. Ved Arm in Arm mit einem Mädchen. Ihr Herz fing wie wild an zu klopfen, als beschleunigte es plötzlich von null auf hundert. Die Zeit schien stehen zubleiben, dann bewegte sich alles wie in Zeitlupe. Dieser Anblick war schlimmer als ein Schlag in Gesicht, viel schlimmer. Vor Schreck rutschte Cloes Tasche, die sie lässig über die linke Schulter gelegt hatte nach unten und ihre Sachen purzelten auf den Boden. Doch diese Tatsache schien ihr in dem Moment völlig egal, sie drehte den Kopf und sah Ved und dem Mädchen nach bis sie in dem Gedränge verschwanden.
Dann wurde sie jäh aus dieser tagtraumähnlichen Sequenz gerissen, als ein Mann sie fragte ob er ihr beim einsammeln ihrer Klamotten helfen könne. „Ja-aa. Da-danke.", stammelte Cloe und bückte sich hektisch um alles aufzusammeln. Nachdem sie damit fertig war, lehnte sie sich erschöpft an die nächste Hauswand und lies den Augenblick noch einmal revue passieren. Der Junge hatte zwar keine wasserstoffblonden Haare gehabt, doch diese Augen waren unverwechselbar. Es konnte nur Ved gewesen sein.
Sie hätte niemals gedacht, dass es so schlimm würde ihn mit einer anderen zu sehen. Er hatte gelacht, er sah glücklich aus, also warum konnte sie sich nicht einfach für ihn freuen? Wahrscheinlich hatte sie nicht erwartet, dass er so schnell über alles hinweg kommen würde. Oder vielleicht war es, weil sie nie so richtig und vollendens glücklich war seitdem er nicht mehr bei ihr war.
Er hatte sie nicht mal gesehen. Sie fühlte sich ausgeschlossen, als gehörte sie nicht mehr hier hin. Ved hatte ein neues Leben, da war kein Platz mehr für sie, das spürte sie ganz deutlich.
Immer noch geschockt setzte sie sich in Bewegung in Richtung Park, wo sie und Ved viele schöne Stunden verbracht hatten. Vielleicht hatte sie dort die Gelegenheit sich endlich von ihm und ihrer Beziehung zu verabschieden.
Ruby hatte sich freundschaftlich bei Ved untergehakt und beide schlenderten gutgelaunt durch die Mal. „Da ist ein nettes Eiscafe.", sagte Ruby und beide setzten sich und bestellten jeweils einen riesigen Eisbecher. „Hey, Schokolade ist auch meine Lieblingssorte.", stellte Ruby grinsend fest. „Ja, Schokolade ist die einzig gescheite Sorte.", antwortete Ved und dachte einen Augenblick daran, wie Cloe und er immer spielerisch über Schoko oder Stracciatella, Cloes Lieblingssorte, gestritten hatten, dann fuhr er fort: „Du siehst allerdings eher aus wie der Erdbeertyp." Gespielt beleidigt rümpfte Ruby die Nase und meinte: „Ich bewerf dich gleich mit meinem Eis." Schnell setzte Ved seinen Hundeblick auf und stimmte sie damit wieder friedlich.
Während des Essens stellte Ved fest, dass Ruby Schokolade an der Lippe hatte. „Du, leck mal, du hast da Schoko.", grinste Ved sie an, doch ihre Versuche das Eis zu entfernen blieben erfolglos. „Darf ich?", meinte Ved und streckte seine Hand aus um das Eis fortzuwischen. Dabei kamen die beiden sich ziemlich nahe und Ved ärger sich, dass er sich nicht zurückgehalten hatte. Er wollte doch nicht mit Ruby in eine verfängliche Situation geraten.
Peinliches Schweigen entstand bis Ruby sich räusperte. „Darf ich dich mal was fragen Ved?"
„Klar, so lange es nichts mit Geschichte zutun hat.", witzelte er.
„Wenn die Frage dir zu persönlich ist musst du sie nicht beantworten."
„Okay.", erwiderte er, doch in Wirklichkeit hoffte er, dass Ruby die Situation bloß nicht falsch verstanden hatte und sich falsche Hoffnungen machte. „Oh Gott was kommt den jetzt?", fragte Ved sich in Gedanken und setzte ein gefaktes Lächeln auf.
„Woher kommen die Narben auf deinem Arm, Ved?"
„Gott sei dank.", dachte Ved und seine Gesichtszüge lockerten sich ein wenig. Er betrachte seine Arme, die er wegen des warmen Wetters nicht unter einem langen T-Shirt verstecken konnte oder wollte.
„Die Narben? Sie kommen aus einem anderen Leben.", meinte er ohne weiter auf die Frage einzugehen. Ruby verstand das Signal und ließ es damit gut sein. „Komm, lass uns noch eine Cola bestellen und auf das fertige Referat anstoßen.", sagte sie stattdessen.
Ved war gerade mit dem Zahlen der Rechnung beschäftigt, als ihm jemand von hinten auf die Schulter tippte. „Hey Ved." Er drehte sich um und sah in Jacks Gesicht. „Jack! Hi! Was machst du den hier?"
„Ich bin mit Cloe hier verabredet."
Veds Herz begann wie wild zu klopfen. Dann zwang er sich Ruhe zu bewahren und fragte gespielt uninteressiert: „Cloe Fisher?"
Jack schüttelte den Kopf. „Cloe Bergmann. Deine Exfreundin, wenn dir das was sagt."
Nervös trat Ved von einem Bein aufs andere. „Natürlich. Und was habt ihr so vor?"
„Wir wollen…" Da wurde Jack von seinem klingelnden Handy überrascht. „…Okay Cloe…das versteh ich, bis bald dann."
Bei diesen Worten sah Ved ihn fragend an. „Was ist mit Cloe?"
„Ach, eigentlich wollte sie sich mit Ellie treffen, aber Ellie ist krank und deshalb sollte ich einspringen. Nur fühlt sich Cloe leider selbst nicht so ganz wohl und will daher den nächsten Zug zurück nach Masterton nehmen."
„Ah ja.", entgegnete Ved nervös, dann meinte er: „Ich ähm, hab keine Zeit mehr. Muss noch Mathe machen und so. Äh Jack, das ist übrigens Ruby, Ruby das ist Jack. Vielleicht wollt ihr ja was zusammen unternehmen…"
Bei diesen Worten hatte er sich schon seine Jacke geschnappt und war in Richtung Bahnhof geeilt. Er musste den Zug einfach noch erwischen. Noch eine Chance Cloe zu verabschieden würde er so schnell nicht kriegen, und das lag ihm wirklich auf der Seele wenn er endlich seinen Frieden mit ihrer beendeten Beziehung finden wollte.
Schnell rannte er über den ganzen Bahnhof, bis er Gleis drei, wo der Zug abfahren sollte, fand. „Verdammt!", fluchte er, als er sah, dass Gleis drei bereits leer war.
Frustriert und enttäuscht machte Ved sich auf den Weg nach Hause, als ihm der Gedanke kam einen Abstecher über den Park zu nehmen.
danke für die reviews! da poste ich die story ja doch nicht ganz umsonst :)
