Somewhere Between Love And Hate

Cloe steckte ihr Handy in die Tasche und dachte nach. Sie hatte Jack zwar abgesagt, doch der Grund war eher, dass sie jetzt keine Gesellschaft wollte. Sie wollte lieber alleine sein und einfach nur vor sich hin starren. Außerdem müsste sie sich sowieso wie eine Bescheuerte beeilen wenn sie den nächsten Zug noch erwischen wollte. Und dazu hatte sie nach dem Desaster heute nun wirklich keine Lust mehr.

Also schritt sie langsam durch den Park und setzte sich auf eine Bank, die mitten unter einem blühenden Kirschbaum stand. Wie sie so da saß, den Kopf auf die Hände gestützt, füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie konnte und wollte sie nicht zurückhalten. Leise schluchzend saß sie eine Weile da und bemerkte gar nicht wie immer mehr Blütenblätter auf sie herabrieselten.

Ved lief eine kleine Anhöhe hinauf, hinter der so wusste er, sich eine Parkbank befand. Als er den höchsten Punkt erreicht hatte, sah er, dass die Bank schon besetzt war…von Cloe. Sie saß zusammengekauert da, die Haare hingen ihr ins Gesicht und die rose Kirschblüten rieselten leise auf sie herunter. Veds Herz begann wieder wie wild zu klopfen, dieses Bild wie Cloe so da saß, so klein und verletzlich, würde er bestimmt nie mehr vergessen. Er wollte zu ihr hin rennen, sie in den Arm nehmen und sie vor allem Unheil dieser Welt beschützen. Doch er wollte sie auch nicht erschrecken. Deshalb ging er langsam auf sie zu und auf halbem Weg hob sie den Kopf und blickte ihn direkt an.

Cloe konnte nicht glauben wer da auf sie zukam. Ved. Und ausgerechnet jetzt sah sie total verheult aus. Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und versuchte vergeblich ihre Haare irgendwie zu bändigen.

Nachdem Ved sich ihr bis auf wenige Meter genähert hatte, sagte er ein schlichtes „Hi" zur Begrüßung. Eigentlich wollte Cloe etwas antworten, doch sie hatte Angst, dass ihre Stimme versagen würde. Nach einigen Augenblicken in denen sie sich einfach nur angesehen hatten, setzte sich Ved neben sie auf die Bank.

„Du hast dich verändert.", fing er ein Gespräch an.

Cloe schluckte und antwortete scherzhaft. „Äh ja, die Klamotten sind total „in" in Masterton. Mhn, du aber auch, dein Haare, sie sind nicht mehr blond."

Unbewusst fasste Ved sich an den Kopf, so als wolle er ihre Behauptung überprüfen. „Ja, stimmt. Ich hab sie nicht mehr nachgefärbt, seit..." „Seitdem du weg bist.", dachte er, doch antworten tat er dies nicht. „…seit ca. drei Monaten."

„Ach." Cloe nickte. „Und warum?"

„Na ja, ich will ja nicht immer aussehen wie Jay. Das ist auf Dauer doch ziemlich nervig ständig mit ihm verwechselt zu werden."

„Kann ich verstehen."

Unruhig wippte Ved mit den Füßen. „Und…wie ist es so in Maaasteeertooon?" Er betonte das letzte Worte unnatürlich lang.

„Ganz gut. Ich hab viele neue Leute kennen gelernt."

„Und hast du auch, ähm jemand neuen gefunden, mit dem du…öh…zusammen bist?"

Das war ja wohl die Höhe. Ved war schließlich derjenige, der nach ihrem verschwinden sofort mit den nächst Besten ins Bett gehüpft war. Was sollte also diese Frage im vorwurfsvollem Ton, dachte Cloe. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen, sie hatte lange genug um ihre Beziehung getrauert. Was bildete er sich eigentlich ein?

Es sei den, die Frage rührte von ganz anderem Interesse. Konnte es den wirklich sein, dass er sie immer noch liebte?

„Ja, ähm, da gibt es vielleicht jemanden, ich weiß noch nicht so genau. Eventuelle könnte sich daraus etwas entwickeln." Mit dieser Anspielung auf Dal wollte sie Ved jedoch lediglich eifersüchtig machen, sie war sich ganz sicher, dass sich da nichts entwickeln würde.

„Aber du hast jemand Neues, stimmt's?", fragte sie stattdessen schnippisch.

Ved sah sie verwundert an. „Wie kommst du den darauf?"

„Ich hab dich heute mit einem Mädchen in der Stadt gesehen und da dachte ich…"

„Echt? Ich hab dich nicht gesehen…Aber egal, was dachtest du? Das wir zusammen sind? Ich und Ruby? Son Quatsch, sie ist eine Freundin, ein guter Kumpel mehr nicht."

„Ach so." Cloe fühlte sich lächerlich wegen ihrer falschen Vorstellung. Sie richtete ihren Blick auf den Boden bis Ved das Schweigen brach.

„Warum hast du dich damals nicht von mir verabschiedet, Cloe?"

Betreten blickte sie auf. „Weil…", doch sie wurde von ihm unterbrochen.

„Hasst du mich wirklich so sehr?"

„Ja, ähn, nein. Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich hab dich wahrscheinlich wirklich einige Zeit für die Sache mit den Chosen gehasst, aber eigentlich ist es so, dass du der einzige Grund gewesen wärst, der mich hätte zum bleiben bewegen können. Es stimmt zwar, dass ich auch wegen dir abgehauen bin, aber wenn ich mich da hätte von dir verabschieden müssen, das hätte ich nicht gekonnt. Das hätte ich nicht übers Herz bringen können."

Ved stöhnte. „Und ich dachte die ganze Zeit, dass du mich so sehr hasst, dass du mich nie wieder sehen willst."

„Nein, so war es nicht.", antwortete Cloe leise.

„Ich bin fast durchgedreht ohne dich. Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren. Ich hab wohl ganz schön viel Scheiße gebaut nachdem du weg warst.", gestand Ved ehrlich.

Cloe sah ihn an. „Ich hab auch Scheiße gebaut als ich einfach so weg bin."

„Cloe? Ich hab dich so schrecklich vermisst. Es ist kein Tag vergangen an den ich nicht an dich denken musste. Ich hab zwar versucht es zu verdrängen, aber…"

„Lass mich raten, es hat nicht funktioniert?" Cloe wusste genau worauf er hinauswollte. Sie hatte wirklich für einen Moment angenommen, dass sie über ihre Beziehung hinweg war, aber sobald sie Ved sah wusste sie, dass sie nie über ihn hinweg kommen würde. Das sie diese Gefühle für ihn haben würde so lange sie lebte. Ob sie wollte oder nicht.

„Scheinbar können wir nicht miteinander und nicht ohne einander sein.", meinte sie matt lächelnd.

Ved blickte ihr direkt in die Augen. „Aber miteinander ist immer noch besser als ohne einander.", sagte er fast flehend. „Bitte Cloe, lass es uns noch mal versuchen. Die Chosen können uns nichts mehr und ich werde mich ändern. Versprochen. Ich werde dir alles anvertrauen. Bitte, ich kann nicht ohne dich sein."

Für einen Augenblick dachte Cloe nach. Ihr Verstand schrie ganz laut „Nein!" wenn er an all den Schmerz dachte, den Ved ihr bereitet hatte. Aber ihr Herz schrie noch viel lauter „Ja!". Und auf sein Herz sollte man doch schließlich hören, oder? Das hatte ihre Großmutter schon gewusst und ihr ständig gepredigt.

„Na schön Ved. Eigentlich bist du all den Schmerz immer wert gewesen. Lass es uns noch mal versuchen."

Daraufhin strich Ved ihr die Haare aus dem Gesicht und sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen um einen leidenschaftlichen Kuss von ihm zu empfangen.