Inzwischen in der Eingangshalle angekommen huschten die beiden Marauder die Treppe hinauf.
„Was sagt die Karte?", flüsterte Sirius und spähte den Gang auf und ab.
„Hm, niemand in unserer Nähe.", antwortete James.
Sirius wollte gerade weiter schleichen als James ihn mit einem „Aber warte" zurück hielt.
„Was ist los?", hakte Sirius nach. James hielt Sirius die Karte des Rumtreibers unter die Nase.
„Sie hier.", forderte er seinen besten Freund auf und zeigte mit seinem Zeigefinder auf einen beschrifteten Punkt.
„Was!", stieg Sirius hervor, als er die Karte in die Hand genommen und gesehen hatte welchen Namenzug der Punkt trug.
James riss ihm die Karte wieder aus der Hand.
„Ja, hab ich auch gedacht. Spinnt der, was sucht er denn da?", fragte James verwirrt.
„Ja keine Ahnung, gehen wir hin und fragen ihn.", schlug Sirius vor.
Gesagt getan. Die beiden Jungen machten sich sofort auf den Weg. Sie liefen zurück in die Einganshalle und von dort nach rechts, hinab zu den Kerkern. James legte den Zeigefinger an die Lippen. Sirius nickte. Sie schlichen an der Wand entlang, James hatte immer noch ein Auge auf die Karte. An einer spaltbreitoffenen Kerkertür machten sie halt und lauschten.
Eine quiekende Stimme schleimte: „Meister, ich gebe mein bestes, ich werde alles tun, doch bitte tut mir nicht das noch einmal an."
„Gemach Wurmschwanz, gemach.", erwiderte eine hohe kalte Stimme.
James hatte diese Stimme schon einmal gehört, aber wo? Er durchlöcherte sich mit dieser Frage. Wo, verdammt noch mal wo? Auch Sirius überlegte Fieberhaft. James starrte auf die Karte, doch diese zeigte nur einen Punkt, den von Peter Pettigrew. Sirius sah James kurz an, dann nickten Beide und stießen die Tür auf. Im Kerker hockte Peter neben einem Sessel, die Lehne zur Tür, auf dem Boden.
„Was machst du hier Wurmschwanz?", erkundigte sich James verwirrt. Peters Augen, vor Schreck weit aufgerissen, starrten James an.
„Ich…ich", stotterte Peter. Sirius lief um den Sessel herum.
„Mit wem zur Hölle sprichst du?", hakte Sirius nach, als er in einen leeren Sessel blickte.
„Mit…mit niemandem.", quiekte Peter aufgeregt.
„Das seh ich. Was ist bloß mit dir los Wurmschwanz? Warum verschwindest du einfach? Wir haben dich gesucht, man.", quetschte Sirius Peter aus.
„Ich…das war...also", verhaspelte sich Peter.
„Hey, was ist bloß los mit dir?", fragte nun James und kam auf Peter zu.
„Du schwitzt ja wie ein Schwein und dein Puls scheint im Bereich des nicht mehr messbaren zu sein.", meinte James weiter und kniete sich neben Peter.
„Wurmschwanz, wir sinds, Tatze und Krone mit uns kannst du doch immer sprechen.", redete Sirius auf seinen Kumpel ein.
„Ich glaub, du solltest dich erst mal ausruhen und ne Runde schlafen. Wenn du bereit bist mit uns zu sprechen, du weißt ja wir sind immer für dich da.", wandte James einwenig Psychologie an.
Peter nickte. Die drei Marauder verließen den Kerker und machten sich auf zum Gryffindorturm, welchen sie ohne größere Zwischenfälle erreichten. Remus saß noch immer im Sessel am Kamin und schlief.
„Lassen wir ihn da, ich hab keine Lust ihn hoch zuschleppen.", meinte James und die Drei liefen flink die Treppe in ihren Schlafsaal hinauf.
„Meine Fresse, ich freu mich ja so auf mein Bett.", gähnte James und streckte sich.
Mit einem Schwung hatte er die Vorhänge beiseite gerissen und verharrte in seiner Bewegung.
„Was ist?", fragte Sirius, der James aus den Augenwinkeln gesehen hatte.
„Ach nichts.", erwiderte James und zog die Vorhänge wieder zu.
„Wie auch immer Leute. Ich hau mich hin. Nacht", wünschte Sirius und verkroch sich in sein Bett.
„Nacht.", sagte James und zog sich um. Auch er verschwand hinter den Vorhängen.
In seinem Bett kuschelte er sich eng an Lily. Es war so schön, dass sie hier war.
Auch am nächsten Morgen sprach Peter nicht mit ihnen. Auch nicht am übernächsten und die Marauder und Lily, Sirius und James hatte es inzwischen Remus und Lily erzählt, beschlossen Peter noch mehr Zeit zugeben. Die nächsten Wochen brachten nicht viel Aufregung in ihr Leben, außer, dass das Quidditchtraining wieder angefangen hatte. James war Sucher des Gryffindorteams uns setzte sich stark für seine Mannschaft ein. Captain war er allerdings nicht. Captain war Josh, auch wenn er jünger war als James, hatte er mehr das Zeug zum Capatin. James drohte zu oft, aus dem Quidditchteam zufliegen, weil seine Streiche öfters Mal hart an der Grenze lagen. So hatte das Team beschlossen das nicht James, sondern Josh Captain sein würde, denn falls James wirklich einmal aus dem Team genommen werden würde, hätte das Team nur einen Spieler zu ersetzten, war einen sehr guten Spieler, aber immerhin keinen Captain.
Der September flog dahin und ehe die Marauder und Lily sich versahen waren sie schon im Oktober. Am 1. Oktober sollte Lily ihre erste Tanzclubstunde geben. Aufgeregt und leicht nervös war Lily schon um viertel vor sechs in der großen Halle und kaute an ihrem Daumennagel. Ein paar Schüler hatten sich schon eingefunden. Es war gerade mal eine Hand voll stellte Lily enttäuscht fest. Die Marauder waren noch nicht da. Sie hatten es Lily versprochen, gestern hatten sie es ihr versprochen, also vergessen haben dürften sie es nicht. Nervös von einem Bein auf das andere ihr Gewicht verlagernd wartete Lily darauf, dass es 18:00 Uhr wurde. Weitere Schüler strömten in die Halle. Lily hatte inzwischen angefangen ihre Hände zukneten. Um Punkt 18:00 Uhr standen die Marauder in der Halle. Sie kamen zu Lily herüber.
„Dachtest bestimmt wir kommen nicht mehr was!", meinte Sirius grinsend. Lily sah erleichtert aus.
„Meint ihr wir sollten anfangen?", wandte sie sich unsicher an die Marauder.
„Sind wir hier Clubleiter oder du?", fragte James zurück. Lily verdrehte die Augen, klatschte dann aber mehr Mals in die Hände und rief: „Her hören, alle mal eben her hören."
Die Schülerschar verstummte.
„Ich freue mich riesig, dass so viele gekommen sind. Ich bin Lily und ich hoffe wir werden eine Menge Spaß heute hier haben.", sagte Lily.
Die Schüler nickten nur und murmelten unverständliches vor sich hin.
„Okay, als erstes würde ich gerne mal fragen, wer denn gerne tanzt?", fragte Lily und sah in die Runde.
Vereinzelte Schüler hoben die Hände.
„Na gut, das sind ja nicht so viele.", stellte Lily fest.
„Na gut, dann wollen wir mal ein bisschen Musik an machen und einfach nur zuhören. Einfach die Musik einatmen sozusagen, falls jemand den drang verspürt los zu tanzen, soll er dies ruhig tun.", sagte Lily und drückte auf ihrer herbeigezauberten Anlage play, sodass Musik ertönte.
Viele Schüler runzelten die Stirn.
„Nicht wundern, dass ihr sie nicht kennt. Sie ist eine Muggel Sängerin. Trotzdem macht sie gute Musik.", rief Lily gegen die Musik an.
„Wer ist das?", fragte Sirius an Lily gewandt.
„Christina Aguilera", antwortete Lily.
Sirius zuckte mit den Schultern.
„Kenn ich zwar nicht, aber das Lied gefällt mir.", sagte Sirius und fing an sich zu Bewegen.
Lily grinste. Sie hatte Sirius noch nie tanzen gesehen.
„Go Sirius, Go Sirius, Go Sirius!", fingen auf einmal die Marauder an zu rufen.
Und Sirius drehte richtig auf. Lily staunte nicht schlecht wie gut Sirius sich bewegen konnte.
„Komm her Kleine.", meinte Sirius und zock Lily auf die Tanzfläche. Lily stand etwas perplex neben ihm.
„Ne so nicht, zeig doch mal was du kannst.", sagte Sirius und tanzte um Lily herum.
Lily fing an verführerisch zu lächeln und langsam ihren Körper in Bewegung zusetzten.
„Genau Kleine, so will ich das sehn.", stimmte ihr Sirius zu und Lily.
Während die Beiden miteinander tanzten pfiffen die Marauder durch die Zähne und fingen an zu johlen. Langsam trauten sich auch andere auf die Tanzfläche und tanzten Zaghaft los. Doch die Mehrheit der Gruppe bildete einen Kreis um die Tanzenden und schaute einfach nur zu. Plötzlich knallte die Tür der großen Halle zu und alle starrten in die Richtung der Tür.
James verdrehte genervt die Augen und fragte: „Was will der denn hier?"
Lily stoppte die Musik.
„Okay, also das waren dann unsere ersten Versuche mit der Musik auf einen Nenner zukommen.", sagte Lily, ihre Wangen waren rosig gefärbt.
„Als erste würde ich gerne mal fragen, warum ihr eigentlich hier seid? Also wollt ihr tanzen lernen oder wollt ihr einfach tanzen?", fragte Lily in die Runde.
Viele flüsterten mit dem Nachbarn, aber keine Antwort kam bei Lily an.
„Okay, dann mach ich es anders. Wer will tanzen lernen?", fragte Lily gerade heraus.
Zögerlich und sich hastig umschauend erhoben einige Schüler die Hände. „Gut. So will ich das sehen. Keine falsche Scheu.", ermutigte Lily die Anderen.
„Wenn hier jemand, irgendjemand den Kopf abreißt dann bin ich das und ich mach das nur, wenn es unbedingt sein muss.", meinte Lily und grinste.
Weitere Hände hoben sich.
„Schön. Dann möchte ich, dass ihr euch mal in zwei Gruppen aufteilt.", sofort begannen sich Freunde zusammen zu suchen.
„Halt Stopp. Ich möchte eine Mädchen und eine Jungen Gruppe.", sagte Lily.
Wiederwillig spaltete sich die Schülerschar.
„Und nun stellt euch bitte so hin, dass jeder einen gegenüber hat. Also, dass jedes Mädchen einem Jungen gegenüber steht.", befahlt Lily.
Auch dies führten die Schüler aus.
„So und nun geht jeder auf sein gegenüber zu und stellt sich vor mit Namen und so. Redet einfach mal kurz miteinander.", meinte Lily und sah zu wie die Schüler, manche gingen nun wirklich schon sieben Jahre mit denselben Menschen zur Schule, schüchtern sich nach vorne begaben.
Aber da gab es auch Menschen wie Sirius, die nach vorne sprangen das Mädchen charmant anlächelten, ihren imaginären Hut zogen und sich vorstellten: „Sirius Black, my Lady."
Ein Junge blieb über, nachdem sich auch Mädchen und Mädchen zusammengeschlossen hatten, weil sie keine Jungen mehr abbekommen hatten.
„Sehr gut, somit hab ich auch meinen Freiwilligen.", sagte Lily.
„Komm doch mal bitte her Servers.", rief Lily dem übergeblieben Jungen freundlich zu.
James drehte sich sofort Lily zu.
Ungläubig sah er sie an und formte mit seinen Lippen ein stummes „Was?"
Lily sah James an und schüttelte kurz den Kopf. Sie nickte mit dem Kopf dem Mädchen zu, sodass James nichts anderes übriglieb als sich wieder seiner gegenüber zuzuwenden.
„So nachdem ihr ein bisschen von einander wisst. Können wir ja weiter machen. Das wird euer Tanzpartner für heute sein. Ihr müsst euer Gegenüber nicht gleich lieben oder für immer mit ihm befreundet sein, so lange ihr nett und höflich seid reicht das völlig aus.", meinte Lily.
„Okay Severus, wir machen jetzt was vor, also keine Panik. Das ist wirklich ganz leicht.", wandte sich Lily leise flüstert an Snape.
Dieser sah ziemlich verunsichert aus.
„Okay, ich zeig euch jetzt mal ein paar Grundschritte vom Walzer, die ihr mit eurem Partner üben könnt. Es ist wirklich ganz einfach und ihr sollt es einfach nur mal probieren. Und bevor ihr euch aufregt, warum ich so etwas ausgewählt habe, liegt daran, wenn ihr mit euch und eurem Partner beschäftigt seit, könnt ihr euch nicht mehr einbilden, dass alle Welt euch anstarrt, denn die Anderen sind ja genauso beschäftigt wie ihr.", erklärte Lily ihr Vorhaben.
Lily nahm Severus Hand, James ballte die seine vor Wut zur Faust, und führte ihn in die Mitte, sodass alle Schüler sie sehen konnten. Lily legte ihre Hand auf Snapes Schuler und die Andere umschloss die seine. Snape legte seine Hand auf Lilys Hüfte und sah über ihre Schulter. Er blickte direkt in James zorniges Gesicht. Ein dreckiges Grinsen umspielte Snapes Lippen. Lily zeigte allen nach mehreren Versuchen die ersten Schritte des Walzers. Snape lernte erstaunlich schnell, es sah so aus, als würde er nicht das erste Mal tanzen. Lily spielte ein langsames Lied ab und fing an mit Snape zu tanzen. Langsam und sehr versteift versuchten die Schüler es ihr nach zu tun, aber außer auf die Füße des Gegenüber zutreten und laut zu fluchen oder einfach nichts zu tun, passierte nicht viel. Obwohl Sirius und Remus ihre Tanzpartnerinnen gekonnt über die Fläche schwangen. Plötzlich tippte jemand Lily auf die Schulter, sie drehte sich um und sah Sirius vor sich stehen.
„Partnerwechsel.", flötete er und nahm Lily bei der Hand.
Lily versuchte in Sirius Augen den Grund für sein handeln zu lesen, aber Sirius schwarze Augen glänzten nur.
„Ich versuche nur gerade deine Beziehung zu retten.", sagte Sirius, während sie los tanzten. „Aha, was hat er denn nun schon wieder?", fragte Lily und ließ sich von Sirius graziös an einem Tanzpaar vorbei führen.
„Lily man, du weißt genau, dass er Snievellus hasst. Warum lässt du zu, das er dich anfasst?", sprach Sirius das Problem genau an.
„Er soll sich mal nicht so anstellen. Er weiß doch genau, dass ich nur ihn Liebe, aber ich bin nicht sein Besitz, das muss er doch verstehen.", versuchte Lily ihre Lage zu erklären.
„Ja, aber du solltest keinen Streit provozieren. Du musst ja nicht mit Snievellus tanzen, lass es einfach und alles bleibt gut.", meinte Sirius. Lily seufzte.
„Lass uns bitte aufhören zu tanzen, ich will mal die Paar angucken.", sagte Lily und blieb stehen.
Sirius ließ sie los.
„Hilfst du mir? Du scheinst nicht das erste Mal zu tanzen.", bemerkte Lily.
„Hey, ein Black muss eben ein Alleskönner sein.", erwiderte Sirius grinsend und ging mit Lily um die Tanzfläche herum.
„Ich will ja nicht sagen, aber James scheint nicht so das Tanztalent zu sein.", kommentierte Lily James klägliche Versuche die Schritte aneinander zureihen.
„Dann sag lieber auch nichts.", meinte Sirius und wollte gerade weiter gehen, als Lily ihn zurück hielt.
„Wir können da nicht einfach vorbei gehen, er soll es doch schließlich lernen oder?", fragte Lily.
„Er macht das doch nur dir zuliebe. Lass ihn einfach.", erteilte Sirius Rat.
Lily sah James noch einen Moment zu, dann ging sie weiter. Das Lied ging langsam dem Ende zu und Lily machte die Musik schließlich ganz aus.
„So, das war doch schon mal nicht schlecht fürs erste. Und zum Schluss möchte ich noch einmal, dass ihr euch einfach irgendwie zu der Musik bewegt. Also danke das ihr alle hier wart und Musik ab.", rief Lily und drückte auf play. Aus der Anlage dröhnte laute Musik.
„Und wer ist das?", fragte Sirius, während er mit Lily auf die Tanzfläche ging.
„Wieder ein Muggel, Justin Timberlake.", antwortete Lily und fing zu tanzen. „Kenn ich auch nicht, aber auch gute Musik.", gestand Sirius und fing ebenfalls an zu tanzen.
Die erste Oktober Woche strich dahin wie ein kühler Herbstwind. Die Schüler Hogwarts fieberten dem ersten Quidditchspiel der Saison entgegen, alle freuten sich auf Gryffindor gegen Ravenclaw. Doch da ahnte noch niemand, dass etwas Schreckliches passieren würde.
Der Freitagmorgen begann für alle wie gewohnt. Lily schlief jetzt jede Nacht bei James, sie musste Sirius erst mal verklickern das sie bei James schlief nicht mit ihm. Die Freunde verließen den Schlafsaal der Jungen und machten sich auf den Weg in die große Halle um zu frühstücken. Scherzend und lachend setzten sie sich an den Gryffindortisch, gerade richtig für die Posteulen. Eine große, gräuliche Eule flog behutsam darauf achtend nichts umzustoßen direkt auf James zu. Landete sachte vor ihm auf dem Tisch und streckte ihr Bein aus.
James kaute seinen Toast weiter und wollte gerade nach dem Kürbissaft greifen als Lily fragte: „Willst du den Brief nicht entgegen nehmen?"
James sah sie an. Erst jetzt bemerkte er, dass die Eule vor ihm gelandet war. Er nahm der Eule den Brief ab und streichelte sie kurz bevor sie wieder auf und davon flog.
Sirius, der auf James anderer Seite saß, fragte: „Von wem ist der denn? Sieht ja ziemlich"
„Ziemlich was?", hakte Lily nach während sie sich ein Ei abpellte.
Doch Sirius starrte den Brief von James an, dann seinen besten Freund selbst. Dieser starrte genauso fassungslos auf den Brief wie Sirius selbst zuvor getan hatte.
„Jung was ist denn los?", fragte Lily und sah nun endlich zu ihnen hinüber.
Remus und Peter hatten ebenfalls aufgehört zu essen und sahen zu James hinüber.
„Was habt ihr denn? Ist doch nur ein Brief.", sagte er und faltete den Brief zusammen.
James lachte gekünstelt. Lily zog die Stirn leicht in Falten.
„Noch nie einen Brief gesehen?", fragte James und versuchte erneut so locker und sorglos zuklingen wie sonst.
„James was ist los?", erkundigte sich Lily besorgt und legte ihren Arm um ihn.
„Nichts. Ich versteh euch nicht. Ist doch nur ein Brief.", wiederholte er sich.
Seine Freunde warfen James noch einen Blick zu, dann aßen sie weiter.
Sirius flüsterte leise: „Es kann auch einfach nur eine Nachricht sein. Es muss nichts entgültiges bedeuten."
„Ich weiß", flüsterte James tonlos zurück.
James hob seinen Toast an um ihn weiter zu essen, doch er konnte nicht mehr essen. Er hatte das Gefühl, dass sich seine Kehle zuschnürte.
„Ich…ich geh schon mal vor.", verabschiedete sich James und stand rasch auf.
„Wir sehen uns dann gleich.", setzte er noch hinzu und steuerte auf die Tür zu.
Professor McGonagall war ebenfalls aufgestanden und versuchte James zu erreichen. James beschleunigte seine Schritte. Die Professorin ebenfalls. Doch James würde es schaffen vor ihr an der Tür zu sein, er musste einfach nur noch ein Schritt schneller gehen.
Kurz vor der Tür rief Professor McGonagall: „Mr Potter"
James lief weiter, er würde einfach so tun als hätte er es nicht gehört, leise genug war ihr Ruf ja gewesen.
„Mr Potter.", wiederholte die Lehrerin dieses Mal etwas lauter.
Wenn er jetzt nicht reagieren würde, würde sie wissen, dass er sie ignoriert hätte. Egal, er musste jetzt den Brief lesen und zwar allein, ohne irgendwelche Zwischenfälle. James lief nun aus der großen Halle. Er hastete die Treppe hinauf und in einen der Korridore hinein, er hörte noch immer die Rufe Professor McGonagalls hinter sich, doch er würde nicht stehen bleiben und zurückgehen und sie fragen was sie wollte. James wollte den Brief lesen und zwar allein und ungestört. James hastete weitere Treppen hinauf bis er vor einer leeren Wand stand gegen über von einem gewaltigen Wandteppich, auf dem Barnabas' des Bekloppten törichter Versuch verewigt war, Trollen Ballett beizubringen. James lief rasch dreimal an dem Stück Wand vorbei und dachte ganz fest an seinen Raum in dem er in Ruhe den Brief lesen konnte. Nach dem dritten Mal wieder kehrtmachen erschien eine blankpolierte Holztür. James griff nach der Klinge und riss die Tür auf. In dem Fackellicht erhellten Raum, ließ er sich in einen Sessel fallen und holte den Brief aus seiner Hosentasche. Er drehte und wendete ihn, in der Lage ihn auf zu machen fühlte er sich definitiv nicht. Doch der innere Drang war stärker und James riss den Umschlag auf. Mit zitternder Hand faltete er den leicht gräulichen Brief auseinander.
Noch immer beim Frühstück.
„Lass mich raten, wir werden James gleich nicht beim Unterricht antreffen.", riet Lily.
Sirius sagte nichts.
„Warum so Mundkarg?", löcherte Lily Sirius.
„Halt einfach die Klappe Kleine, okay!", meinte Sirius und stand auf.
„Was ist denn plötzlich in dich gefahren?", fuhr Lily leicht sauer auf.
Doch Sirius antwortete ihr nicht mehr, er war schon aus der Halle gegangen. Lily sah Remus und Peter an. Die zuckten mit den Schultern und standen ebenfalls auf.
>Na toll, haut doch echt alle ab. , dachte Lily missmutig und tauchte ihren Löffel in ihr Müsli.
Wieder im Raum der Wünsche. James fing an den Brief zu lesen:
Sehr
geehrter Mr Potter,
es
tut uns Leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass ihre Eltern
Elisabeth Potter und Harry Potter, bei einer geheimen Mission vor ein
paar Tagen verschwunden sind. Heute Morgen konnten wir leider nur
noch ihre Leichen bergen.
Unser
aufrichtiges Beileid.
Wir
sind uns sicher, dass Sie der Beisetzung ihrer Eltern gerne beiwohnen
würden. Näheres, dies bezüglich, werden Sie in den
nächsten Tagen von Professor Dumbledore erfahren.
Wir
wünschen Ihnen alles Gute für ihre Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelius
Fudge
(Zaubereiminister)
James lass den Brief immer und immer wieder durch. Die Worte bei einer geheimen Mission und wir leider nur noch ihre Leichen bergen hallte in James Kopf wieder. Er las einzelne Stellen immer wieder, bis das Papier von seinen Augen verschwamm und er merkte, dass er weinte. Tränen kullerten über seine Wangen und tropften auf das Pergament. Sein Atem wurde schneller und er spürte wie Wut und Verzweiflung in ihm aufstiegen. James lies den Brief fallen und umschloss mit seiner zitternden Hand seinen Zauberstab. Was würde er jetzt nicht dafür geben seinen Zauberstab auf jemanden zurichten. Und seinem gegenüber zu quälen. Schmerzen, er wollte anderen schmerzen zufügen, so viel wie er konnte. Irgendjemand hätte etwas unternehmen müssen. Jemand hätte seine Eltern schützen müssen! James stürmte aus dem Raum der Wünsche und rannte Treppe hinab. Dabei rempelte er unachtsam Schüler an, doch keiner wehrte sich. Grundlos jemanden anzugreifen wäre feige. James rannte weiter, seine Tränen waren schon lange versiegt. Er musste auf jemanden treffen, jemand der sich leicht provozieren lassen würde, jemanden wie…doch da sah James die geeignete Person dafür schon.
„Du!", rief James und schritt weiter auf die Person zu.
„Potter.", scharrte sein Gegenüber zurück.
James kam immer weite auf Snape zu, bis sie in reichweite war.
„Gib mir nur einen Grund.", knurrte James zornig.
„Und dann was?", fragte Snape desinteressiert.
James schüttelte verbissen den Kopf. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und die Zähne fest aufeinander gepresst. Seinen Zauberstab hatte James schon völlig vergessen.
„Soll ich Potti, sagen reicht dir das schon.", spielte Snape mit der offensichtlichen Gefahr.
James hatte während Snape den Mund aufgemacht hatte schon ausgeholt und kaum als er ihn wieder geschlossen hatte, hatte James ihm seine Faust in den Magen geschlagen. Snape krümmte sich. Doch James nahm davon keine Notiz, er stürzte sich auf Snape und stürzte ihn zu Boden. James schlug immer weiter auf Snape ein. All seinen Frust und seine Wut wegschlagend.
„Mr Potter, bitte hören Sie auf, Mr Potter!", rief eine Stimme von, so kam es James vor, weit, weit weg.
Doch kaum hatte die Person dies gesagt, hatte sie auch schon James in einem Griff gepackt und von Snape herunter gezehrt.
„Mr Snape, Sie gehen bitte sofort in den Krankenflügel, während ich Mr Potter zu Professor Dumbledore geleite.", entschied die Lehrkraft.
James hatte nun in seiner blinden Wut erkannt, dass es sich um Professor McGonagall handelte, die eingegriffen hatte. Professor McGonagall packte James am Arm und führte ihn fort. Sie sprach kein Wort mit ihm und hielt auch nicht an. Sie ließ ihn erst los, als sie vor einem steinernen Wasserspeier anhielten.
„Schokoladenpudding.", sagte Professor McGonagall und der Wasserspeier hüpfte zur Seite.
„Gehen Sie nach oben, Professor Dumbledore wartet schon auf Sie.", befahl die Lehrerin und schubste James die Wandeltreppe hinauf.
Vor der Tür des Schulleiters blieb James kurz stehen, klopfte, wartete einen Moment und trat dann ein. Dumbledore saß, seine Ellbogen auf der Tischplatte aufgestützt und die Hände gefaltet, freundlich hinter seinen halbmondförmigen Brillengläsern hervor guckend, hinter seinem Schreibtisch.
„Setz dich James.", forderte der Schulleiter James auf.
James setzte sich Dumbledore gegenüber, vermied es aber ihn anzusehen.
„Elisabeth und Harry waren so reizende Menschen, es tut mir so Leid James. Wenn ich irgendetwas tun könnte, was dies ungeschehen machen würde, ich hätte es schon lange getan.", sagte Dumbledore und fixierte James mit seinen kristallblauen Augen.
James starrte noch immer den Fußboden an.
„Du denkst dir sicher, was weiß dieser alte Mann schon. Da hast du sicher Recht. Ich bin zwar alt und habe viel erlebt, aber das nimmt dir noch lange nicht deinen Schmerz, dennoch hilft es dir und anderen Menschen, wenn sie dir ihr Beileid aussprechen und mit dir darüber reden dürfen.", erzählte Professor Dumbledore.
James schwieg noch immer. Gefühle wie Wut und Verzweiflung und Trauer und Gleichgültigkeit rangen miteinander.
„Du musst nicht mit mir sprechen James, das verlange ich nicht. Ich biete mich an, ja, aber ich zwinge dich dazu nicht. Rede mit deinen Freunden, mit Lily oder Sirius. Aber fürs erste, solltest du deine Gefühle nicht zurückhalten. Lass ihnen freien Lauf.", forderte Dumbledore James auf.
Nach einer Zeit des Schweigens fragte James gepresst: „Darf ich jetzt gehen?"
Dumbledore zögerte einen Moment, dann nickte er. James sprang schlagartig auf und verließ fast fluchtartig das Büro. Ganz so, als wollte er um keinen Preis der Welt aufgehalten werden. James flüchtete sich in einen der vielen Korridore. Gleich würde die Schulglocke läuten und der Gang würde sich mit Schülern füllen, Schülern die James alle nicht sehen wollte. Nicht einmal seine Freunde. Nicht einmal Lily.
James flüchtete sich durch weitere Korridore immer darauf wartend, dass Schüler aus den Klassenräumen strömten. Bei jedem wiederhallen seiner eigenen Schritte zuckte James zusammen. Doch auf einmal merkte James, dass es nicht nur seine Schritte waren die von den Wänden wiederhallten. Er blieb stehen und zögerte. Umdrehen wollte er sich nicht, er wollte eigentlich niemanden sehen. Wirklich niemanden. Doch die Schritte kamen unablässig auf ihn zu, James rang innerlich mit sich. Umdrehen, nicht umdrehen, umdrehen, nicht umdrehen. Umdrehen. James drehte sich um. Er blickte in die schwarzen Augen Sirius, die so viel Mitgefühl und Zuneigung ausdrückten ohne dass James etwas erklären musste. Sirius kam auf James zu und umarmte ihn. James schätze Sirius dafür sehr. Die Potters hatten Sirius wie einen zweiten Sohn aufgezogen, sie waren für den schwarz Magischen Jungen wie eine richtige Familie geworden. Die beiden Freunde bedachten einander mit keinen weiteren Worten und Sirius führte James zum Ende des Korridors. Sie bogen in einen Zweiten ein, bis Sirius einen Wandteppich beiseite zog hinter dem eine Tür verborgen lag. Er murmelte etwas, tippte mit dem zuvor gezogenen Zauberstab gegen die Tür und die beiden Jungen traten ein. James ließ sich auf die Couch, die in dem Raum stand, fallen.
„Kann ich ihn lesen?", fragte Sirius langsam. James bewegte sich eine ganze Zeit lang nicht.
Dann vergrub er seine Hand in seiner hinteren Hosentasche. Leer. James setzte sich auf und durchwühlte alle Taschen seiner Hose. Ebenfalls alle leer. James durchwühlte seinen Umhang. Der Brief war unauffindbar.
„Ich…ich", begann James, noch immer nicht fassend, das er den Brief verloren hatte. Sirius sah James leicht böse an.
Sie standen einander Nahe wie Brüder.
„Wo ist der Brief?", rief James verzweifelt.
Aus Sirius Blick wich der leichte böse Unterton und er setzte sich neben seinen besten Freund.
„Hey, alles halb so wild. Du bleibst hier und ich geh ihn suchen. Alles kein Problem.", versuchte Sirius James zu beruhigen, doch James wollte sich offensichtlich nicht beruhigen, er sprang vom Sofa auf.
„Meine Eltern", brachte James hervor während er im Zimmer auf und ab lief.
„Sie sind…sie sind…", James konnte es nicht aussprechen. „Ich weiß.", sagte Sirius tonlos.
„Fühlt man sich so, wenn man noch eine Familie hat, sie aber schwarz Magisch ist und man nicht bei ihr lebt? Ist dass das selbe Gefühl? Fühlst du auch den Schmerz und das Gefühl, dass sie dich verraten hätten? Das Gefühl der Einsamkeit…", fragte James Sirius aus.
Sirius war überrascht, dass James trotz seines Schmerzes noch immer solche Fragen stellen konnte. Aber vielleicht war es auch der Schmerz, der aus James sprach. Sirius wollte nicht irgendeine Antwort geben, somit überlegte er. Während er dies tat, sah er in James Augen. Die braunen Augen sprachen Qual und Verzweiflung aus. Tiefe Verzweiflung.
„Warum sie, Sirius, warum sie? Ich…ich verstehe das einfach nicht.", gestand James und ließ sich auf den Boden nieder.
„So etwas ist auch nicht leicht zu begreifen. Keiner verlangt von dir, dass du sofort alles verstehst und so bist wie immer. Das alles wieder normal nach Plan läuft.", sprach Sirius ihm zu.
„Wie immer, normal, nach Plan. Was bedeutet das schon? Wie man sieht gibt es für nichts einen Plan und für nichts ein normal oder wie immer? Man muss ständig mit allem rechnen.", sagte James.
„Das Leben ist unberechenbar.", meinte Sirius und sah seinen Freund aufrichtig an.
„Das Leben.", wiederholte James.
Sirius nickte. Lange saßen die beiden Freunde so stillschweigend da. Sirius hatte inzwischen die Augen geschlossen, seinen „Blick" aber dennoch unverwandt auf James geheftet. Irgendwann stand James auf, Sirius öffnete schlagartig seine Augen.
„Er muss dafür bezahlen. Er wird dafür bezahlen.", murmelte James.
Sirius stand ebenfalls auf.
„James mach keinen scheiß.", redete Sirius auf ihn ein.
„Du wolltest mir beistehen.", erinnerte er Sirius.
„Ja, aber das hier ist ein reines Himmelfahrtskommando. James, lass dir was anderes einfallen und ich bin der Erste, der hinter dir steht, aber zwinge mich nicht andere Mittel und Wege einschlagen zu müssen, damit du zur Vernunft kommst.", bat Sirius.
„Eigentlich ist alles ganz einfach, ganz einfach, ganz einfach…", murmelte James und sein Blick nahm einen leicht irren Ausdruck an.
„James, ich bitte dich. Ich bitte dich im Namen alle, denen etwas an dir liegt.", redete Sirius weiter auf James ein.
James verzog sein Gesicht zu einer Fratze. Sirius überlegte, nun war es Zeit seinen Trumpf auszuspielen.
„Was ist mit Lily?", fragte er. James schien wie geschlagen.
„Lily", hauchte er.
„Ja, deine bezaubernde, dich von ganzem Herzen liebende Freundin Lily.", half Sirius weiter auf die Sprünge.
„Ich will sie nicht verlieren.", meinte James.
„Das wirst du auch nicht, wenn du jetzt keinen Scheiß baust okay?", hakte Sirius noch einmal nach.
James schwieg. Irgendwann nickte er leicht mit dem Kopf.
Trotzig kritzelte Lily auf einem Stück Pergament vor sich herum, als ein Zettelchen vor ihr auftauchte. Lily sah rasch auf, ob jemand in ihre Richtung blickte, um ihr zu signalisieren das der Brief von ihm komme, doch niemand sah sie an. Da stupste sie plötzlich Remus von der Seite an und nickte ihr zu. Lily faltete den Brief auseinander.
Es waren ein paar kurze Sätzen darauf gekritzelt: „Was ist los? Du siehst ziemlich sauer aus. Und wenn ich das recht bemerken darf, du machst dir keine Notizen, wenn das kein ernstes Zeichen ist!"
Lily nahm ihre Feder und tauchte sie in ihr Tintenfass.
Sie schrieb: „Das mit James regt mich auf. Ich will wissen was los ist. Was war das für ein Brief?"
Lily faltete den Brief wieder zusammen und schob ihn zu Remus hinüber.
Kurze Zeit später bekam Lily eine Antwort: „Du weißt wirklich nicht was ein grauer Brief bedeutet?"
Lily kritzelte zurück: „Nein wirklich nicht. Was heißt denn das?"
Als sie den Zettel zurück schob, verfluchte sie, dass sie bei Muggeln aufgewachsen war. Schon wieder so ein typisches Fettnäpfchen. R
emus schien zu zögern, denn für die paar Sätze die zurückkamen, brauchte er ziemlich lange: „Ein grauer Brief bedeutet…also du weißt doch das James Eltern Auroren sind. Ein grauer Brief bedeutet meist nichts Gutes. Es steht in den meisten Fällen für…tot."
Lily starrte auf den Zettel. Fassungslos sah sie Remus direkt in die Augen. Ihr Mund stand offen und sie versuchte Remus etwas zu sagen, doch die Worte blieben ihr im Halse stecken.
„Wieso hat keiner etwas gesagt?", fragte Lily laut, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
Professor Flitwick sah erschrocken zu Lily.
„Kann ich Ihnen helfen Miss Evans?", erkundigte sich der Lehrer für Zauberkunst.
„Ja, können entlassen Sie mich bitte aus ihrem Unterricht.", sagte Lily, unverwandt Remus ansehend.
„Wie bitte Miss Evans?", fragte Professor Flitwick noch einmal nach. Lily packte ihre Sachen ein.
„Ja, danke.", verabschiedete sich Lily und verließ das Klassenzimmer.
Sirius hatte James in dem Raum zurück gelassen und war allein auf die Suche nach dem Brief gegangen. In einem der Korridore traf er auf Lily.
„Was machst du denn hier?", fragte er.
Lily sah Sirius lange an, bevor sie antwortete: „Ich…ich suche James"
Sirius nickte mehrmals.
„Sag mir bitte nicht, dass es wahr ist, bitte.", flehte Lily, ihre Augen wurden glasig.
Sirius nahm Lily in den Arm. „Nein, nein, nein!", weinte Lily und Tränen überfluteten ihr Gesicht. Er drückte sie fester an sich, dabei biss er sich auf seine Unterlippe.
„Wo ist James?", fragte Lily unter Tränen.
„Ich zeig dir den Raum.", erklärte sich Sirius bereit und führte sie zu James.
Als Lily in den Raum eintrat saß James auf dem Sofa und starrte die Wand an.
„Es tut mir so Leid.", sagte Lily und stürzte sich auf ihren Freund.
Sie drückte ihn ganz fest an sich und küsste mehrmals sein Gesicht. James streichelte abwesend über Lilys Haar. Lily legte ihren Kopf auf James Schulter. Lange Zeit streichelte sie seine Hand.
„James.", sprach Lily ihren Freund irgendwann an. Er sah nach rechts, direkt in ihre smaragdgrünen Augen.
„Wir stehen das gemeinsam durch. Ich liebe dich.", eröffnete Lily und küsste James.
„Ich liebe dich auch.", erwiderte er.
Lily lächelte unter ihren langsam versiegenden Tränen. Nach einer weiterer längerer Zeit des stillschweigend nebeneinander Sitzens, kam Sirius herein.
„Ich hab ihn gefunden.", meinte er und reichte ihn James.
„Du wolltest ihn lesen. Tu es.", erlaubte James.
Sirius zögerte, dann entfaltete er den Brief und las. Lily nahm wieder James Hand. Nachdem er den Brief zu ende gelesen hatte, faltete er ihn zusammen und gab ihn James.
„Wir stehen das alle zusammen durch.", sagte Sirius und sah seine beiden Freunde an.
Lily nickte.
„Was ist mit Remus und Peter?", fragte Lily und sah von Sirius zu James.
James stand auf.
„Wir sollten mit ihnen sprechen.", meinte James und ging zur Tür.
Lily und Sirius folgten ihm.
„Bist du sicher?", erkundigte sich Lily und sah James noch einmal fest in die Augen.
James nickte und die drei verließen den Raum. Sie gingen hinunter in die große Halle, es würde gleich Mittagessen gäben, auch wenn James keinen Hunger hatte. Remus und Peter würden sicher zum Mittagessen aufkreuzen. Die drei Gryffindors setzten sich an ihren Tisch. Kurz danach tauchten auch schon Remus und Peter in der Halle auf und kamen zu ihnen herüber. Als sie Lilys verheultes Gesicht sahen und auch James und Sirius ziemlich mitgenommen aussahen, war den Beiden klar, dass James Eltern etwas zugestoßen sein musste.
„Es tut mir wirklich Leid.", sagte Remus und nahm James in den Arm.
Peter drückte ihm ebenfalls sein Beileid aus. Die Freunde saßen zwar am reichlich gedeckten Tisch, aber niemand von ihnen rührte auch nur einen Bissen an. Professor McGonagall nährte sich der kleinen Gruppe. „Mr Potter, kommen Sie bitte mit.", forderte die Professorin James auf, er folgte. Sie führte James aus der großen Halle in das Büro von Professor Dumbledore. Im Büro des Schuldirektors saßen, außer Dumbledore selbst, auch noch Cornelius Fudge, der Zaubereiminister, und Madam Pomfrey, die Krankenschwester von Hogwarts. Dumbledore nickte James freundlich zu.
„Setz dich doch James.", sagte Professor Dumbledore und deutete auf einen Stuhl, der direkt vor dem Schreibtisch des Schuleiters stand.
James setzte sich.
„Es tut mir wirklich aufrichtig leid, James. Das mit ihren Eltern, ist wirklich schrecklich.", gestand der Zaubereiminister.
James nickte schwach, dann sah er Dumbledore an.
„Am Sonntag werden deine Eltern bestattet. Ich bin mir sicher, du willst dieser Zeremonie beiwohnen oder?", fragte Dumbledore.
James nickte.
„Ich finde es schwer darüber zu sprechen, aber dennoch gibt es Dinge, die geregelt werden müssen. Mit der Gestaltung der Feier und ähnlichem musst du dich nicht rumschlagen, das wird alles Minerva erledigen. Ich möchte bloß, dass du dir überlegest ob du vielleicht ein paar Worte sagen möchtest und ob du deine Freunde bei dir haben willst.", erklärte Dumbledore weiter.
James schwieg.
„Du musst nicht sofort antworten und letzten Endes kannst du auch ganz spontan etwas sagen, aber ich möchte bloß, dass du darüber nachdenkst. Dir einfach ein paar Gedanken machst.", sagte Dumbledore und fixierte James mit seinen blauen Augen.
James nickte abermals schwach.
„Darf ich ihn jetzt untersuchen?", fraget Madam Pomfrey besorgt.
„Natürlich.", antwortete Dumbledore prompt.
Madam Pomfrey fing an James zu untersuchen.
„Mir geht es gut.", sagte James während des Untersuchens.
„Dann hast du ja nichts zu befürchten.", erwiderte die Krankenschwester.
Nach der Untersuchung bestätigte Madam Pomfrey, das es James wirklich gut gehe. Er wäre höchstens psychisch angeknackst.
„Kann ich jetzt bitte gehen?", fragte James.
„Wollen Sie nicht wissen, wobei ihre Eltern gestorben sind oder ähnliches?", erkundigte sich Fudge erstaunt.
„Das brauche ich nicht zu hinterfragen. Es ist offensichtlich.", erwiderte James und der Zorn, den er verspürt hatte als er den Brief gelesen hatte, loderte wieder in ihm auf. Fudge Blick wanderte von James zu Dumbledore und wieder zurück.
„Es war Voldemort.", meinte James.
Fudge senkte seinen Blick.
„Zwar nicht er direkt, aber ja.", stimmte er James zu.
James zuckte mit den Schultern.
„Sie sind alle gleich." verkündete er.
„Und eines Tages werden sie dafür bezahlen.", sagte James und ging zur Tür.
„Eines Tages werden zwei Welten aufeinander prallen und zu einer verschmelzen.", prophezeite Dumbledore.
Da waren die letzten Worte die James hörte bevor er die Tür schloss.
Die restliche Woche schleppte sich für die Freunde dahin. Das Quidditchspiel war ausgefallen, da die Gryffindormannschaft keinen Sucher hatte und auch auf die schnelle keinen passenden gefunden hatte. James erschien nicht einmal zum Unterricht und auch Lily und der Rest der Marauder ließen sich nur selten blicken. Sie wollten alle bei James bleiben. Am Sonntagmorgen, der Tag der Bestattung, wachte James schon sehr früh auf. Er stand auf und duschte sich. Nachdem er sich umgezogen hatte, er hatte sich schon gleich einen schwarzen Anzug angezogen, da sie eh bald los mussten, steckte er seine Rede in seine Hosentasche. Während James auf seinem Bett saß und tief durchatmete, stand Sirius auf und tapste ins Bad. Verschlafen machte er sich um Bad fertig, auch er kam fertig im Anzug wieder heraus. Dann ging Remus ins Bad. Sirius blieb vor James stehen.
„Und, wie fühlst du dich?", erkundigte er sich nach seinem besten Freund.
James zuckte mit den Schultern. Er fühlte eigentlich gar nichts. Er fühlte sich leer.
„Lass uns schon mal runter gehen.", schlug Sirius vor und die beiden Freunde verließen den Schlafsaal.
James hatte den Gemeinschaftsraum schon lange nicht mehr gesehen. Die restlichen Tage hatte er hauptsächlich damit verbracht in seinem Bett zu liegen. Lily hatte irgendwann mitten in der Nacht den Schlafsaal der Jungen verlassen. Sie hatte gesagt sie könne nicht mehr schlafen und wolle noch was erledigen. Lily saß am Kamin in einem schwarzen Kleid. Die Beine angewinkelt auf dem Sessel in den Kamin starrend. Verheulte Augen und tiefe Augenringe zierten ihr Gesicht. James quetschte sich zu Lily in den Sessel und Sirius zog einen zu ihnen heran. Schlaff und von dem Ereignis geprägt hingen die drei Freunde in den Sesseln. Kurze Zeit später kamen Remus und Peter in den Gemeinschaftsraum, sie trugen ebenfalls schwarze Anzüge. Sie alle verließen den Gryffindorturm und sammelten sich vor Professor Dumbledores Büro.
„Ich sag eben bescheid.", meinte Sirius und sagte das Passwort für den Wasserspeier, sodass dieser zur Seite sprang und Sirius die Wendeltreppe hinauf zu dem Büro des Schulleiters lief.
Nach kurzer Zeit tauchte Sirius wieder auf.
„Dumbledore kommt gleich.", verkündete er leise.
James lehnte sich gegen eine Wand, Lily stand neben ihm. Sie hatte die Arme fest um sich geschlungen. Remus hatte die Augen geschossen und den Kopf auf eine Hand gestützt. Die Freunde warteten, so kam es ihnen zumindest vor, ewig auf den Schulleiter.
„Ich hab da noch mal eine Frage Wurmschwanz.", setzte Sirius an, er schien lange überlegt zu haben, ob er jetzt davon anfangen sollte.
Peter sah hibbelig zu Sirius hinüber.
„Du erinnerst dich doch sicher noch an diesen einen Tag, als Krone und dich im Kerker gefunden haben oder?", stellte Sirius die eigentlich völlig rhetorische Frage.
Peter nickte nervös.
„Mit wem hast du gesprochen?", erkundigte sich Sirius.
Remus schlug die Augen auf und sah Peter an, der schwieg.
„Nun antworte doch endlich, wer war es. Wie haben lange genug gewartet.", beharrte Sirius.
„Ich…ich", stotterte Peter.
„Tatze, ihr habt doch die Karte benutz, dieser jemand müsste doch auf der Karte verzeichnet gewesen sein, wenn dort jemand gewesen wäre.", nahm Remus Peter in Schutz.
„Moony, du warst nicht dabei. Krone und ich haben noch jemanden gehört. Das war keine Einbildung.", widersprach Sirius.
„Und warum war er dann nicht auf der Karte zu sehen?", fragte Remus gerade heraus.
„Das ist eine gute Frage, vielleicht weil die Person so mächtig ist und die Karte austricksen kann. Vielleicht war es ja jemand den wir alle kennen, jemanden", doch Remus fiel Sirius ins Wort.
„Du willst doch damit nicht andeuten dass es jemand von der schwarz Magischensorte war oder?", hakte Remus nach.
„Das hast du gesagt.", stellte Sirius klar.
„Du unterstellst also einem deiner Freunde, dass er mit schwarz Magiern unter einer Decke steckt! Das glaube ich nicht, von dir hätte ich wesentlich mehr Verständnis erwartet, Tatze. Wie kannst du so etwas Ernsthaft glauben?", meinte Remus fassungslos.
„Wie erklärst du dir dann, dass wir ihn erst auf der Karte gar nicht bemerkt haben und dann auf einmal, zudem auch noch allein, obwohl man den Anderen deutlich hören kann?", fragte Sirius.
„Vielleicht war er schon immer da und wir haben ihn bloß übersehen.", Sirius fiel Remus ins Wort.
„Wir waren zu Viert Moony. Zu Viert, das bedeutet 8 Augen, alle auf eine Karte gerichtet. Und die Stimme was ist mit der Stimme?", hakte Sirius.
„Die Stimme könnt ihr euch auch eingebildet haben.", antwortete Remus.
Sirius schüttelte den Kopf.
„Also Wurmschwanz, schieß los. Wie war es!", wandte sich Sirius wieder an Peter.
Dieser sah verschüchtert zu seinem Freund. James hatte bis jetzt zu alle dem noch kein Wort gesagt. Ihm schien das alles so fern. Jeglicher Konflikt, sinnlos.
„Wurmschwanz.", forderte Sirius Peter von neuem auf.
Sirius schien langsam an einem dünnen Geduldsfaden zu knabbern. Da kam Dumbledore die Treppe seinen Büros hinunter. Er nickte ihnen allen zu und sie gingen los. Sirius warf Peter noch einen Das-klären-wir-später-Blick-zu und sie verließen Hogwarts. Verteilten sie sich auf zwei Kutschen. In der einen saßen James, Lily und Sirius und in der anderen Remus, Peter und Dumbledore.
„Ich finde es wirklich nett von Dumbledore, dass er mitkommt.", gestand Lily.
James nickte abwesend. Lily hätte auch fragen können, ob er sich nicht mit ihr vom Schuldach stürzen würde, er hätte einfach genickt.
Das Schuldach…wie verlockend würde es wirklich auf ihn wirken, wenn er nicht eingesperrt in einer Kutsche sitzen würde?
