In der Winkelgasse

Nach dem Mittagessen ging Hermine in ihr Gästezimmer. Was sollte sie nur anziehen? Ihre aufsteigende Nervosität konnte sie sich nicht erklären. Ihr halber Kleiderschrank lag im Zimmer verstreut, als es klopfte. Erschrocken sah sie auf die Uhr. Sie hatte eigentlich noch 30 Minuten Zeit. Er war viel zu früh. Mir einem Bademantel bekleidet öffnete sie die Tür.

„Du bist es. Ich dacht schon, dass…"

„…es der schwarze Mann aus dem Kerker ist." Vervollständigte McGonagall den Satz. „Willst du etwa mit Bademantel in die Winkelgasse gehen? Gut, dass ich hier bin."

„Minerva, ich weiß nicht was ich anziehen soll." Hermine war kurz vorm verzweifeln.

„Da es heute fast 30°C sind, würde ich dir raten deinen Wintermantel im Schrank zu lassen. Zeig mal deinen Schrank. Ich bin zwar um einiges älter als du, aber mit Männern kenne ich mich aus." McGonagall zwinkerte Hermine zu. „Das hier ist gut." Sie hielt ein kurzes weißes Kleid hin. Es hatte dünne Träger und war für dieses Wetter genau das Richtige.

„Das ist aber nicht meines. Ich weiß nicht wie…" Wollte Hermine protestieren.

„Hast du vergessen dass ich Lehrerin in Verwandlung bin? Jetzt zieh es an." Die Lehrerin ging zur Tür und bevor sie verschwand, sagte sie noch: „Ich will jede Einzelheit wissen. Viel Spaß."

Mindestens genauso nervös wie es Hermine war, war es auch Snape. Wie ein Löwe im Käfig schritt er im Kerker hin und her. Immer noch schwirrte ihm die unbekannte Briefschreiberin im Kopf rum, doch die größeren Sorgen machte ihm Hermine. Hoffentlich würde der Tag nicht in einer Katastrophe enden. Bisher war schließlich kaum eine Begegnung mit ihr nur positiv verlaufen. Langsam brach er zum Gryffindorturm auf.

Es klopft. Er ist da. Noch einmal atmete sie tief durch, dann öffnete sie die Tür.

Als sie die Tür öffnete verschlug es ihm fast den Atem. Sie war das perfekte Gegenteil von ihm. Sie war so wunderschön. Ihr weißes Kleid bildete den genauen Gegensatz zu seiner üblichen schwarzen Kleidung. Auf diese verzichtete er auch heute nicht. Nur ließ er heute den Umhang weg.

„Miss Granger. Sie sehen einfach umwerfend aus. Können wir?" Er bot ihr seinen Arm an, den er sie auch ergriff und sich mit einem Kribbeln im Bauch, einhakte. Sie appierten zusammen in die Winkelgasse. Nachdem Snape seine wenigen Einkäufen erledigt hatte, führte er Hermine in ein Café. Dieses lag etwas versteckt und sie konnten somit der Hektik der Winkelgasse entfliehen.

Nachdem beide bestellt hatten, schwiegen sie sich erstmal an bis sich Hermine ein Herz nahm und zuerst sprach.

„Eigentlich hatte ich gedacht, dass sie nach dem Tod Voldemort ihre raue Schale ablegen. Seien sie doch mal etwas netter zu ihren Mitmenschen." Es sollte keine Provokation sein und Snape sah es auch nicht so.

„Miss Granger, wenn man Jahre und unfreundlich war, dann kann man es nicht einfach so ablegen. Natürlich bin ich nicht so auf die Welt gekommen. Was sie hier sehen, so wie ich jetzt bin, dass hat das Leben aus mir gemacht."

Hermine war überrascht, dass er sie hinter seine Fassade schauen ließ. Für einen Augenblick dachte sie, Schmerz in seinen Augen sehen zu können.

„Das habe ich nie behauptete, Professor, dass sie so auf die Welt gekommen sind. Nur habe ich mich schon oft gefragt, wie sie wirklich sind. Wie der Professor Snape hinter der Fassade aussieht."

Er sah sie an und lächelte. Er lächelte. Hermine traute ihren Augen kaum. „Wollen sie das wirklich wissen?"

„Ja, Professor."

Die Luft um sie hatte angefangen zu knistern. Severus erhob sich aus seinen Stuhl, ging auf Hermine zu und hockte sich vor ihr hin. Zärtlich nahm er ihren Kopf und führte seine Lippen zu ihren. Er küsste sie. Zuerst war sie überrascht, aber dann gab sie sich dem Kuss hin. Viel zu schnell trennten sie sich wieder. Er stand auf, grinste sie an und sagte: „So bin ich wirklich, Hermine. Du entschuldigst mich." Und mit einem Plopp war er verschwunden und ließ einen erstaunte Hermine zurück.

Du öffnest deine Tür. Bei Merlin, siehst du schön aus. Du gleichst einem Engel in deinem weißen Kleid. Jede Minute mit dir genieße ich. Aber musst du mich fragen, wie ich wirklich bin? Musst du mich mit deinen großen, braunen Augen ansehen? Ich kann nicht anders. Ich muss dich einfach küssen. Ich habe Angst. Ich muss weg. Weg von dir.

Jetzt liege ich hier in meinem Bett und du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf. Wieso hast du meinen Kuss erwidert? Wie soll ich dir jetzt entgegentreten? Habe ich vielleicht doch eine Chance bei dir? Ich hoffe, dass du nicht mit mir gespielt hast, denn dazu empfinde ich zu viel für dich.