Freitag nachmittags war es inzwischen schon eine Gewohnheit geworden, dass sich Harry, Ron, Hermine und Sisilia bei Hagrid zum Tee trafen. Nur inzwischen brachte Sisilia immer ein paar Kekse mit. Sie hatten viel Spaß miteinander und so auch diesen Freitag. Es waren mitunter die schönsten Stunden in der Woche. Sie hatten viele gemeinsame Interessen gefunden.
Harry und Ron erklärten allen genau ihre Strategie, die sie hatten, um die Slytherins im kommenden Spiel zu besiegen. Und als die Jungs dann zu sehr über Quidditch fachsimpelten, sprachen Sisilia und Hermine über anderes.
B Elfe R, zum Beispiel, Hermines Lieblingsthema, die Befreiung der Elfen aus der Sklaverei, oder aber auch über das Fach Zaubertränke, wo Sisilia sich doch noch den ein oder anderen Tipp bei Hermine holen konnte. Doch wenn Sisilia nicht immer einen Schlusspunkt setzen würde, würden die fünf wohl die ganze Nacht bei Hagrid sitzen und reden. Aber diesmal
gingen sie schon freiwillig pünktlich, da Morgen das Spiel anstand.
Es war Samstag und Wochenende.
Heute fand das Quidditch-Spiel statt. Nach dem Frühstück gingen die Spieler gleich los
hinunter aufs Spielfeld. Sisilia passte Harry und Ron in der Eingangshalle ab, und wünschte ihnen noch viel Glück.
„Warte auf mich Ron!", hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich rufen. Es war Ginny, Rons kleinere Schwester und derzeit eine von Gryffindors Jägerinnen. Sie war nicht mal schlecht. Selbst Harry hatte erzählt, wie erstaunt er war zu sehen, was Ginny so alles zustande brachte.
„Guten Morgen Professor Sisilia, kommen sie auch zum Spiel?", fragte Ginny ganz
aufgeregt.
„Ja natürlich, das lasse ich mir doch nicht entgehen", antworte Sisilia.
„Kommt, wir müssen los", sagte Harry.
„Viel Glück euch Dreien", rief Sisilia ihnen hinterher als sie zur Türe gingen.
Als die Schüler an der Eingangstüre waren, kam Professor Snape hereingerannt, fast wäre er noch mit Harry und Ron zusammengestoßen, wären sie nicht noch im letzten Augenblick auf die Seite gesprungen.
„Potter, müssen sie immer im Weg herumstehen," blaffte er ihn an.
Ohne einen weiteren Blick ging er an ihnen vorbei zur Treppe, die nach oben führte. Auch Sisilia schien er nicht zu sehen. Er stieg hastig nach oben.
„Bis nachher!" Sisilia winkte den Dreien noch hinterher und folgte dann Snape, sie wollte versuchen zu erfahren, wo er war und was er gemacht hatte.
Es war gar nicht so einfach, zwischen den inzwischen großen Trauben von Schülern, die sich auch auf den Weg ins Quidditch-Stadion machten und die Treppe heruntergelaufen kamen, sich einen Weg nach oben zu bahnen. Gegen den Strom kämpfte sie sich voran. Und hatte natürlich auch bald Snape aus den Augen verloren, der es irgendwie geschafft hatte, an ihnen vorbeizukommen. Ab dem 3. Stock hatte sie endlich freie Bahn. Alle Schüler schienen schon unten zu sein. Wo war er nur hingelaufen? Sie versuchte zu lauschen, dann hörte sie Stimmen von oben die Treppe herunterkommen. Sie schaute nach oben. Da waren Snape und
Dumbledore, die sie aber noch nicht bemerkt hatten.
„Ich bin sehr froh, dass alles geklappt hat. Ich hatte schon Sorge, als ich so lange nichts von
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ihnen gehört habe. Kingsley wusste auch nicht, wo sie waren. Am besten, wir gehen zu dem Spiel, sonst wird man uns noch vermissen."
Sie waren schon fast bei Sisilia angelangt, die nichts mit dem anfangen konnte, was sie gehört hatte.
Sollte sie sich verstecken oder so tun, als sei sie gerade auch auf dem Weg nach unten.
Während sie überlegte, hörte sie von hinten im Korridor eine Stimme.
„Professor Sisilia, huhu, gehen Sie auch zum Spiel?", rief Hermine ihr zu.
„Ja, bin gerade unterwegs nach unten. Ich dachte, du bist schon unten bei den anderen?"
„Ich musste noch nach Krummbein, meinem Kater, schauen, er hat wohl was falsches
gefressen. Dieser gefräßige Kater. Aber es geht im wieder besser."
Währenddessen waren auch Dumbledore und Snape bei ihnen angelangt.
„Oh Sisilia, Miss Granger, ihr seid spät dran, wir sollten uns beeilen, wenn wir noch vor dem Anpfiff da sein wollen", sagte Dumbledore zu ihnen und fragte dann Hermine.
„Wie geht es dem Kater? Ich habe gehört, er hat 3 Tage nicht gefressen?"
Hermine berichtete Dumbledore von Krummbein und was geschehen war, während sie weiter die Stufen nach unten gingen. Sisilia wartete, bis Hermine und Dumbledore ein paar Stufen hinunter gestiegen waren. Als Snape den beiden folgen wollte fragte Sisilia.
„Haben Sie alles zu Ihrer Zufriedenheit erledigen können?"
Snape blieb kurz stehen, schaute sie an und überlegte, antwortete dann aber nur kurz.
„Ja", drehte sich zur Treppe und forderte sie auf: „Kommen Sie, das Spiel fängt gleich an."Sie gingen den restlichen Weg ohne ein weiteres Wort.
Sie hatte Glück, heute war ein wunderschöner Herbsttag und auch die Sonne hatte es sich nicht nehmen lassen, sich noch einmal von der besten Seite zu zeigen.
Es war sehr viel los, fast alle Schüler waren gekommen, um das Spiel zu sehen. Seit Jahren schon kämpften die Mannschaft von Slytherin und Gryffindor immer wieder verbissen um den Quidditch-Pokal. Das wollte sich keiner entgehen lassen.
Hermine hatte sich unten am Eingang verabschiedet und setzte sich zu den anderen Schülern auf die Tribüne, wo auch schon Hagrid Platz genommen hatte. Dumbledore, Snape und Sisilia gingen auf die Tribüne, wo auch die anderen Professoren saßen.
Madame Hooch stand unten am Feld und gab letzte Anweisungen, dann schossen die Spieler auf ihren Besen nach oben und Madame Hooch ließ die Bälle raus. Als sie den Quaffel
hochwarf, ertönte auch ihr Anpfiff.
Es ging sehr schnell zur Sache, der Jäger von Slytherin, Montague, bekam den Quaffel als erster zu fassen und flog damit gleich auf das gegnerische Tor, das von Gryffindor, zu.
Er zielte und schoss, aber, kurz bevor der Ball durch den Ring flog, kam pfeilschnell ein
rothaariger Junge angeschossen und wehrte den Ball mit dem rechten Arm ab. Es war Ron Weasly. Die Gryffindors jubelten und wie immer buhten die Slytherins. Selbst Snape stöhnte kurz auf, als der Ball sein Ziel verfehlte.
Weiter ging das aufregende Spiel. Harry flog oben seine Kreise und suchte nach dem Goldenen Schnatz. Ginny versuchte dem Gegner den Quaffel abzujagen. Die Treiber Collin Creevy und Sarah Wood, die Schwester von Oliver Wood, der lange Zeit der Mannschaftskapitän bei den Gryffindors war, brachten den gegnerischen Spieler mit dem Klatscher immer wieder aus der Bahn, so dass es ihm nur sehr schwer möglich war, mit dem
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Quaffel das gegnerische Tor zu erreichen. Crabbe und Goyle, die Treiber des Slytherin Teams, kamen fast gar nicht an die Klatscher heran, da Creevy und Wood viel zu schnell und wendig waren für die beiden schwergewichtigen Kerle. Der nächste Klatscher traf den Slytherinjäger von hinten ins Kreuz und dieser ließ den Quaffel fallen. Sandra aus der 3. Klasse fing ihn auf und jagte auf das Slytherintor zu. Im letzten Augenblick konnte sie einem der seltenen Klatscher von Goyle ausweichen und warf den Quaffel Ginny zu, die schon vorne wartete. Sie fing ihn auf, flog einen Looping und warf und ... sie traf. Ja, der Ball war im Tor. 10 : 0 für Gryffindor.
Die Menge jubelte, selbst die Schüler aus Ravenclaw und Hufflepuff, nur die Slytherins
buhten.
Auch Snape schien sich zu ärgern. Er hatte seine Hände, die auf seinen Knien lagen, zu
Fäusten geballt.
Doch dann schaffte Warrington es, Ron auszutricksen und schoss ein Tor.
Als das Tor fiel, stand Snape auf und applaudierte den Slytherins.
So ging es noch ein paar mal hin und her, bis es dann schließlich nach über einer Stunde
50 : 40 für Gryffindor stand.
Da sah Sisilia den Goldenen Schnatz, direkt hinter dem linken Ohr von Harry, der ganz in seiner Nähe flog. Er hatte ihn nicht bemerkt.
Snape hatte ihn auch gesehen und gab Draco Malfoy (Sucher bei den Slytherins), der gerade zufällig in seine Richtung schaute, ein Zeichen. Malfoy verstand sofort und flog im Sturzflug auf Harry zu. Der hatte noch nichts bemerkt. Da sprang Sisilia von ihrem Sitz auf und winkte Harry zu, er sah sie, doch begriff er nicht gleich. Er dachte wohl zuerst, sie würde ihm nur so winken. Aber sie deutete dann hinter ihn, da sah er auch Malfoy auf sich zufliegen und er verstand dann schließlich doch, was sie meinte.
Sie sah zu Snape, dessen Augen sie anfunkelten und sagte zu ihm. „Ich bin für
Gleichberechtigung, wenn sie helfen, dann darf ich das auch, jetzt hat jeder die gleiche Chance."
Snape überlegte kurz und sagte dann aber mit kräuselnden Lippen:
„Möge der Bessere gewinnen!", aber er hoffte bestimmt, dass Draco schneller war als Harry.
In dem Augenblick, als Harry den Schnatz sah, schlug dieser einen Haken und flog davon. Die beiden Sucher hinterher. Beide bekappelten sich enorm und versuchten, sich gegenseitig vom Besen zu werfen oder zumindest aus der Flugbahn zu bringen, doch keiner gab nach.
Harry machte sich ganz klein, um einen geringeren Luftwiderstand zu haben und trieb seinen Besen an. Beiden Suchern fehlten nur noch wenige Zentimeter bis zum Schnatz. Das Stadion hielt den Atem an. Malfoy streckte seinen Arm aus und hatte ihn schon fast erreicht, da stieß Harry sich ab und warf sich nach vorne. Im Sprung griff er mit der rechten Hand nach dem Schnatz, schwebte ein paar Sekunden in der Luft und schnappte mit der linken Hand wieder nach seinem Besen. So hing er mit einer Hand, in 30 Metern Höhe in der Luft. Ein Stöhnen ging durchs Stadion. Und viele standen von ihren Plätzen auf.
Aber schon kam Hilfe herbei. Collin Creevey flog im Steigflug zu Harry und packte ihn unter den Armen. Er half ihm wieder auf seinen Besen hinauf. Harry streckte die Hand mit dem Goldenen Schnatz in die Höhe und die Menge begann zu jubeln.
Gryffindor hatte dieses Spiel mit 200 zu 40 gewonnen.
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Snape war einer der Ersten, der die Tribüne verlassen hatte. Er schien die Niederlage der Slytherins persönlich zu nehmen.
Sisilia war immer noch neugierig, sie wollte mit ihm reden, wollte versuchen, etwas herauszubekommen, was die letzten Tage betraf. Auch ließ ihr das, was während der Trance gesehen hatte keine Ruhe. Sie ging ihm hinterher und kurz vor dem Eingangsportal hatte sie ihn
eingeholt.
„Sind Sie doch nicht so enttäuscht, Professor Snape. Das nächste Mal wird bestimmt wieder ihre Mannschaft gewinnen", versuchte sie ein Gespräch zu beginnen.
„Das wird sie bestimmt,"sagte er kurz und schnippisch, ohne stehen zu bleiben.
"Jetzt müssen Sie mich aber entschuldigen. Ich habe noch zu tun. Es ist viel liegen geblieben die letzten Tage", gab er zurück und ging rasch weiter. Doch Sisilia gab nicht auf, sie lief
hinter ihm her.
„Vielleicht könnte ich ihnen etwas helfen, ich hätte Zeit", bot sie ihm an in der Hoffnung, dann noch etwas mehr mit ihm reden zu können.
Eigentlich hatte Snape gar keine Lust auf Gesellschaft, aber wenn er ehrlich war, konnte er schon Hilfe gebrauchen. Er hatte noch einige Hausarbeiten zu korrigieren und sagte dann:
„Gut, Professor, Sie könnten mir in der Tat etwas zur Hand gehen. Wenn Sie nichts gegen trockene Schreibarbeit haben?"Es war ihr natürlich recht und sie folgte ihm ins Büro, wo er ihr einige Pergamentrollen mit Hausaufgaben zum Korrekturlesen gab.
Nachdem sie beide schon eine ganze Weile stumm am Schreibtisch gesessen hatten, jeder auf einer Seite des Tisches, in die Texte vertieft, sah Snape plötzlich auf und legte die
Pergamentrolle auf die Seite. Sisilia sah ihn an. Eine Weile starrte er vor sich in die Luft. Dann blickte er Sisilia an. Beugte sich etwas nach vorne, stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tisch auf und sagte:
„Professor Sisilia," begann er, „Ich hätte da eine Idee, vorausgesetzt, Professor Dumbledore wäre einverstanden damit."
Sisilia legte das Schriftstück hin und sah in verwundert an.
„Sie haben doch Mittwoch Nachmittag keinen Unterreicht. Und dann könnten Sie mir doch bei den UTZ Klassen, also ich meine bei den 6. und 7. Klassen helfen."
Sisilia starrte erstaunt Snape an. „ Ist das Ihr Ernst?"
Snape lehnte sich wieder in seinen Stuhl zurück.
„Warum denn nicht, es ist auch nicht viel anders, als das, was Sie gerade tun, der
Unterrichtsstoff ist derselbe. Mit den Schülern kommen Sie ja zurecht. Dann könnten Sie sich Mittwoch abends auf die Prüfungsaufgaben konzentrieren. Und falls ich mal dringend weg muss, könnten Sie im Notfall die Klasse übernehmen."
Sisilia war sehr überrascht, dass Snape ihr plötzlich dieses Angebot machte. Aber auch ein wenig Stolz auf sich. Sie wunderte sich nur, was ihn plötzlich dazu gebracht hatte.
„Ich hätte nichts dagegen, im Gegenteil"antwortete Sisilia. Sie überlegte kurz und hielt es jetzt für eine gute Chance, ein paar Fragen zu stellen.
„Aber wo müssen Sie denn immer wieder hin?"fragte sie so, dass es eher beiläufig klang und tat so, als würde sie die Pergamente, die sie in der Hand hielt, sortieren.
Er sah sie eindringlich an und antwortete dann mit gleichgültigem Gesicht.
„Private Angelegenheiten."Sisilia merkte gleich, dass er nicht bereit war, mehr zu erzählen.
Stattdessen schaute er auf seine Uhr.
„Oh meine Güte, es ist ja schon nach 23 Uhr. Wir machen Schluss für heute. Ich danke Ihnen
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für ihre Hilfe, Sisilia. Alleine wäre ich nie soweit gekommen und hätte wohl die ganze Nacht dran sitzen müssen."
„Oh, das habe ich doch gerne gemacht. Sie sind bestimmt geschafft nach der langen Reise", fragte Sisilia, in der Hoffnung, doch noch etwas zu erfahren. Aber er sagte nur Ja´ und
begann die Papiere vom Tisch zu räumen.
Sisilia gab auf und ging zur Türe.
„Dann gute Nacht, Professor Snape."
„Gute Nacht,"sagte er nur noch und Sisilia schloss dann die Tür hinter sich.
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