Das ewige Geheimnis der Liebe
Doch plötzlich spürte er, wie es unter seiner Hand, die immer noch auf ihrem Bauch lag, anfing, zu kribbeln. Er spürte eine starke, unvergleichliche Wärme, die sich auszubreiten begann. Sein Mund berührte immer noch den ihren, doch er traute sich nicht, sich zu bewegen. Er konzentrierte sich auf das, was er wahrnahm. Was geschah hier? Es war wundersam und doch wunderschön zu gleich. Schon einmal hatte er dieses Gefühl gehabt, nur nicht so stark, nicht mit so einer Intensität, wie er sie nun zu spüren bekam. Er schloss für wenige Sekunden die Augen. Sein ganzer Körper vibrierte jetzt, und nun begann auch Sisilias Körper, diese Schwingungen von sich zu geben. Er hatte das Gefühl, der Raum um sie herum verschwand, und sie beide würden für einen wunderbaren, unglaublichen Augenblick, unberührt von Raum und Zeit, dahingleiten, gefangen in dem tiefem Gefühl der Verbundenheit und Einigkeit. Er nahm nichts mehr wahr, außer diesem Kribbeln und diesem unsagbar angenehmen, warmen Gefühl.
Dann plötzlich fühlte er, wie ein Ruck durch Sisilias Körper ging und sie sich unter ihm aufbäumte. Sie öffnete ihren Mund, um einen kräftigen Atemzug zu nehmen. In dem Moment, als sich ihr Körper bewegte, öffnete Severus seine Augen und hob den Kopf ein paar Zentimeter an. Dann fand er sich wieder im Krankensaal, sah das Bett und Sisilia vor sich. Das Amulett, das um ihren Hals hing, leuchtete und strahlte plötzlich auf und tauchte das ganze Zimmer in ein grelles und doch unendlich warmes Licht.
Severus, sichtlich überrascht und irritiert, richtete sich auf und blickte Sisilia an, die just in diesem Moment ihre Augen aufschlug. Dann ließ das Leuchten des Schmuckstücks allmählich nach. Sie sah ihn verwundert und mit großen Augen an.
„Sil? Du....du lebst!?! Sisilia du lebst wirklich!"Severus konnte es gar nicht fassen, starr sah er sie einige Sekunden lang an. Doch dann er zog sie erneut an sich und schloss sie fest in seine Arme. Er bemerkte überglücklich, als seine Wange die ihre berührte, dass sie kein Fieber mehr hatte.
„Was ist denn geschehen?", fragte sie verwirrt, nachdem Severus sie immer noch nicht loslassen wollte. Doch dann hielt er sie nur noch an ihren Schulten ein paar Zentimeter von sich entfernt und sah ihr überglücklich ins Gesicht.
„Das erkläre ich dir später. Zu allererst muss ich dir etwas sagen, bevor mich wieder der Mut verlässt, oder ich wieder eine andere Dummheit begehe, oder sonst etwas geschieht, was es wieder verhindert.", erklärte er ihr, der selbst immer noch nicht begriffen hatte, was wirklich geschehen war. Doch er wollte ihr dies unbedingt als allererstes sagen.
„Sil, ich liebe dich. Ich schwöre dir, es ist die Wahrheit, ich liebe dich über alles auf dieser Welt. Ich war so ein Idiot. Ich habe es nur selber nicht gemerkt. Kannst du mir jemals verzeihen?", fragte er sie und sah sie mit Tränen in den Augen an.
Sisilia konnte nicht anders, als seine Umarmung einfach zu erwidern. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und presste ihre Wange gegen die seine.
Dann erzählte er ihr alles was, was vorgefallen war. Er ließ nichts aus und beschönigte auch nichts.
„Du warst wirklich bei den Zentauren?", fragte sie ihn noch einmal und er nickte.
„Ja, aber es hat nichts gebracht, er hat nur komische Ratschläge verteilt, die kein Mensch verstehen kann."
„Ja, Ortano hat einiges mit dir gemein.", grinste sie ihn an. „Er spricht genauso gern in Rätseln wie du.", erklärte sie.
„Ich spreche doch nicht........", er zögerte, „nein, ich glaube, du hast recht. Ich weiß, du hast recht. Und wenn ich es richtig überlege, hat das ganze auch Hand und Fuß, was er gesagt hat. Er meinte, es gibt nur einen Zauber, der dich retten kann. Jetzt verstehe ich, was er gemeint hat. Ich hätte es schon viel früher verstehen sollen. Er meinte den Zauber der Liebe, Sil. Erst als ich dir, nein Euch...", und er schaute kurz auf ihren Bauch und legte seine Hand drauf. „Erst als ich euch meine Liebe gestanden habe, kam das Leben auf wunderbare, einzigartige Weise zurück. Es ist wirklich ein Wunder.", sagte er und sah sie überglücklich an.
Sisilia sah ihn nun eingehend an, bevor sie sprach.
„Severus, ich danke dir, du hast mir das Leben gerettet.", sagte Sisilia.
„Danke mir nicht, denn ich war es, der es dir fast genommen hätte. Durch meine Schuld bist du krank geworden."
„Nein, ich trage genauso viel Schuld an dem Ganzen, ich habe schließlich damit angefangen.", widersprach sie ihm. Doch dann schüttelte er den Kopf.
„Ich denke, es hat keinen Sinn, nach der Schuldfrage zu suchen, wir sollten nach vorn sehen."
Plötzlich ergriff er ihre Hand und sah ihr in die Augen.
„Sil, willst du meine Frau werden?", fragte er sie und sie schaute ihn überrascht an.
„Äh, Moment mal, warte, ich dachte, wir sind schon verheiratet?", fragte sie nun perplex.
„Sicher, aber diesmal meine ich meine Frage ernst, und diesmal frage ich aus Liebe und nicht aus Berechnung. Doch warte, bevor du antwortest, ich habe deinem Onkel die Wahrheit über mich erzählt. Er weiß, dass unsere Heirat, zumindest von meiner Seite her, nur aus Berechnung geschah. Er wird mich wohl nicht in Hogwarts bleiben lassen, deshalb überleg dir gut, ob du mit einem entlassenen Lehrer zusammen sein willst.", sagte er und sah sie dann erwartungsvoll an.
„Du bist wohl verrückt.", antwortete sie, und er erschrak über ihre Reaktion. Sie musste lachen, als sie sein erschrockenes Gesicht sah.
„Denkst du, mir ist es wichtig, was du arbeitest? Ich würde überall mit dir zusammensein wollen. Severus, ich liebe dich, mir ist es nicht so wichtig, ob du Lehrer oder sonst was bist. Ich will einfach nur dich!"
„Soll das heißen, du willst?", fragte er immer noch unsicher.
„Natürlich will ich!", sagte sie und gab ihm einen Kuss.
In dem Moment öffnete sich die Tür. Madam Pompfrey, Professor Dumbledore und Professor McGonagall betraten den Raum. Sie sahen von der Tür aus nur Professor Snape, der auf dem Bett saß und ihnen den Rücken zuwandte.
„Professor Snape?", fragte Madam Pompfrey nun vorsichtig in die Stille.
„Ja", antworteten Sisilia und Severus gleichzeitig, der sich in dem Moment vom Bett erhob.
Madam Pompfrey schnappte gewaltig nach Luft. Minerva blickte von einem zum anderen und verstand die Welt nicht mehr. Nur Professor Dumbledore blickte die beiden an, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Das wahre Glück liegt nicht in der Macht oder dem Besitz, sondern in unseren Herzen, nicht wahr, Severus?", sagte Dumbledore und Severus nickte verständnisvoll, denn er hatte endlich verstanden, was Dumbledore damit gemeint hatte, als er sagte, dass er sein Herz sprechen lassen sollte.
„Wie ist das möglich? Ich habe doch selber.....", begann Madam Pompfrey.
„Poppy, es scheint doch mehr zwischen Himmel und Erde zu geben, als wir alle imstande sind, zu begreifen oder auch nur zu erahnen.", erklärte Albus Dumbledore ihr, und als sie ihn immer noch verständnislos ansah, fügte er hinzu.
„Die Liebe, Poppy. Ich spreche von der Macht der Liebe.", erklärte er ihr nun.
Sisilia strahlte ihren Onkel an, der nun auf sie zuging und sie in seine Arme schloss. Dann nahm er ihre Hand, die er für kurze Zeit gehalten hatte, während er Sisilia ansah, und legte sie in Severus Hand, dabei blickte er ihn einige Sekunden lang ernst an.
Madam Pompfrey, die sich inzwischen wieder gefangen hatte, trat nun ebenfalls an das Bett heran.
„Ich sollte Sie noch einmal gründlich untersuchen, Sisilia, und dann denke ich, es ist das beste, Sie bleiben zur Sicherheit die Nacht über hier."
„Nein, unter gar keinen Umständen!", antworteten Sisilia und Severus in einem Ton. Beide selbst überrascht, das gleiche gesagt zu haben, sahen zuerst sich und dann Madam Pompfrey an und mussten grinsen.
„Mir geht es wirklich gut, glauben Sie mir, und ich könnte mir keinen Ort vorstellen, an dem ich wohl besser aufgehoben wäre als bei ihm!", erklärte sie und sah dann zu Severus, der näher zu ihr trat und seinen Arm um ihre Schultern legte.
„Dagegen habe ich wohl keine Chance, aber Sie, Professor, werden dafür sorgen, dass sich Ihre Frau ausruht, Sie übernehmen die Verantwortung.", sagte sie nun an Severus Snape gerichtet und sah ihn streng an.
„Keine Angst, ich werde auf sie aufpassen, sie ist doch das wertvollste, was ich habe", erklärte er.
Die Tage flogen nur so dahin. Sisilia war wieder vollkommen gesund. Sie und Severus verstanden sich besser als je zuvor, auch wenn sie sich über manche Sachen immer noch nicht einig waren. Aber das waren Nichtigkeiten. Zum Beispiel ging es um den Ring, den er ihr nicht mehr erlaubte, zu tragen. Er war davon überzeugt, dass dieser nur Unglück bringen würde, während Sisilia das für albern betrachtete. Dennoch gab sie nach, da sie das Gefühl hatte, dass es ihm wirklich sehr wichtig war.
Einige Tage später bat Albus Dumbledore Severus zu sich. Er wusste, er wollte mit ihm über das reden, was nun weiter geschehen sollte mit ihm, nachdem Severus ihm nun die ganze Wahrheit über sich erzählt hatte. Er rechnete im Grunde damit, dass der Schulleiter ihn entlassen würde, aber er wusste, dass er es auch verdient hatte. Er glaubte es auch deshalb, weil er für den Orden nicht mehr als Spion arbeiten konnte und es deshalb für Albus auch nicht mehr notwendig war, ihn in seiner Nähe zu haben.
Doch würde er ihm trotzdem anbieten, weiter für ihn und den Orden tätig zu bleiben, so gut es ihm jedenfalls möglich war. Nachdem Voldemort nun wusste, dass er sich von ihm abgewandt hatte, war das bestimmt nicht mehr so einfach.
Sisilia trat zu Severus, als sie sah, dass er sich bereit machte, zu gehen.
„Geht es dir gut?", fragte sie ihn, ergriff auf Brusthöhe seinen Umhang und zog ihn zu sich heran.
„Solange du da bist, geht es mir immer gut. Egal, wie das Gespräch auch ausgehen wird, das wichtigste ist doch, dass wir uns haben.", antwortete er ihr.
„Ich weiß, dass du sehr an deinem Job hier hängst. Du liebst diese Arbeit, und ich bin sicher Albus weiß das. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er dich so einfach rauswirft.", sagte sie aufmunternd, doch er zuckte nur leicht mit den Schultern.
„Severus, vielleicht sollte ich dich begleiten? Vielleicht wäre es besser, wir würden gemeinsam mit ihm reden?"
„Nein, wenn er das gewollt hätte, hätte er uns beide zu sich bestellt. Ich hab mir das selber eingebrockt, und nun werde ich es auch wieder allein auslöffeln", sagte er und sah sie bestimmt an.
„Aber du bist nicht mehr allein, wir wollen doch alles gemeinsam durchstehen.", widersprach sie.
„Das werden wir auch Sil, nur dieses Mal muss ich es alleine tun. Betrachte es als Altlast, die ich noch beseitigen muss, damit wir endlich ein neues Leben anfangen können.", entgegnete er ihr, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und machte sich auf den Weg.
Vor dem Büro des Schulleiters angekommen, atmete Severus noch einmal tief durch, bevor er an die Tür klopfte und selbige öffnete.
Er trat in das runde Bürozimmer von Albus Dumbledore, der gerade an seinem Bücherregal stand und in einem seiner vielen, teilweise auch schon sehr alten Bücher blätterte.
„Ah, Severus, gut. Komm doch herein, und nimm Platz."
Er kam der Aufforderung nach. Er spürte, dass er doch etwas nervöser war, als er zuerst glaubte. Schließlich war es eine lange Zeit gewesen, die er hier als Lehrer für Zaubertränke tätig gewesen war. 17 Jahre waren es nun wohl. Beinahe sein halbes Leben. Und wenn er die Schulzeit dazurechnete, hatte er 24 Jahre seines Lebens in Hogwarts zugebracht. Es war für ihn mehr ein Zuhause geworden als das Haus seiner Eltern, und er dachte mit Schaudern daran, was wäre, wenn er Hogwarts verlassen musste.
Dumbledore stellte das Buch, welches er gerade gelesen hatte, zurück in das Regal und setzte sich ebenfalls an seinen Schreibtisch. Bevor er zu sprechen begann, musterte er Severus eingehend, was diesen noch nervöser machte.
„Ich habe mir sehr lange Gedanken darüber gemacht, mein lieber Severus, was ich nach deinem Geständnis tun soll, oder wie ich reagieren soll. Vor allem auch, weil es für mich zwei Aspekte gibt. Den beruflichen, als Leiter dieser Schule und den privaten, auch den als Freund, für den ich mich bisher immer betrachtet habe. Ich bin sehr traurig darüber, dass du mich als diesen so getäuscht hast. Dies ist wohl der Punkt, der mich am meisten betroffen hat."Er sah Severus nachdenklich an, der seinem Blick standzuhalten versuchte, was ihm nicht leicht fiel.
„Ich habe mich auch gefragt, ob ich eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn Sisilia gestorben wäre. Doch ich muss zugeben, ich bin immer wieder zum gleichen Entschluss gekommen. Beruflich: Ich würde dich ungern als Lehrer hier an der Schule verlieren. Auch wenn du deine Eigenheiten hast, muss ich gestehen, dass deine Fähigkeiten, was die Zauberbraukunst anbetrifft, bemerkenswert sind, und wir brauchen Menschen mit guten Fähigkeiten, heute mehr denn je. Du kannst den Schülern viel beibringen, das benötigen wir. Und Privat: Als Freund und Familienmitglied hast du mich sehr enttäuscht, weil du Sisilia und mich für deine Sache benutzen wolltest. Dein Verhalten hat mich sehr getroffen und deine Täuschungsabsicht hat mich sehr verletzt."Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. Severus nickte, er verstand, was Dumbledore ihm sagen wollte, und er senkte seinen Blick. Dann stand Dumbledore auf und ging halb um den Tisch herum und sprach dann weiter.
„Doch wie ich schon gesagt habe, ich gebe nicht auf, an das Gute zu glauben, auch nicht an das Gute in dir und deshalb: Severus, ich möchte, dass du weiter unterrichtest, auch weil ich inzwischen davon überzeugt bin, dass du dich wirklich verändert hast."Dumbledore sah ihn über seine Halbmondbrille ernst an. Severus war erleichtert über die Entscheidung von Dumbledore, und seine Haltung entspannte sich etwas, doch Albus hob mahnend seine Hand.
„Aber..... glaube nicht, es wäre alles einfach vergeben und vergessen. Ich werde dir dieses Jahr auf Bewährung geben. Ich werde dich genau beobachten, und das nicht nur im beruflichen, ich hoffe, du verstehst das.", erklärte er ihn nun.
„Professor Dumbledore, das ist mehr, als ich erhofft habe. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie mir noch eine Chance geben wollen, vor allem auch wegen Sisilia, und ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht mehr enttäuschen werde. Mein Leben hat sich komplett verändert, und ich denke, ich weiß jetzt, was im Leben wirklich wichtig ist.", versprach Severus erleichtert und erhob sich ebenfalls.
„Stell dir das nicht zu einfach vor. Ich verlange auch von dir ein anderes Verhalten Harry gegenüber. Es ist sein letztes Schuljahr, es ist sehr wichtig für ihn, und außerdem fürchte ich, dass der große Krieg gegen Voldemort nicht mehr fern ist. Er braucht jede Unterstützung, jeden Halt, den er bekommen kann, auch von dir, Severus.", sagte er und sah ihn streng an. Severus dachte kurz nach, bevor er Dumbledore antwortete.
„Ja, Sie haben Recht, Direktor, ich werde tun, was ich kann.", antwortete er ihm und musterte dann nachdenklich das Tintenfass, welches auf Dumbledores Schreibtisch stand. Er wusste, das würde wohl die schwerste aller Auflagen sein, die er zu erfüllen hatte. Doch er wollte es wirklich versuchen, er musste es einfach schaffen, seinen Hass, den er gegen Harry hegte, zu unterdrücken. Und wenn er an Sisilia und das Kind dachte, würde er es bestimmt auch schaffen. Er sah Dumbledore entschlossen an.
„Professor Dumbledore, ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, und ich verspreche, dass ich Sie diesmal nicht enttäuschen werde. Und ich werde auch Harry Potter unterstützen, wo ich kann."
„Wunderbar, Severus, dann hätten wir das ja geklärt. Ich bin davon überzeugt, dass du es schaffen wirst.", sagte er und gab ihm kurz seine Hand und führte ihn zur Tür.
„Oh, Severus, könntest du Sisilia bitten, sich heute Nachmittag eine halbe Stunde von dir loszueisen, um mit mir ihren Stundenplan zu besprechen? Wir sind ja bisher nicht dazugekommen."
„Sicher mach ich das, Direktor.", erklärte Severus nun erleichtert, dass er doch als Lehrer auf Hogwarts bleiben durfte.
„Ich danke dir.", antwortete er noch knapp, bevor er die Tür hinter Severus wieder schloss.
Sisilia ging unruhig im Zimmer hin und her. Sie war nervös, denn sie wusste nicht, was bei dieser Unterredung herauskommen würde. Auf den einen Seite konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihr Onkel ihn rauswerfen würde, aber auf den anderen Seite hatte Severus ihn sehr enttäuscht und hintergangen. Vielleicht war das für ihn genug Grund, ihn zu feuern. Und wenn er es tat, was dann? Musste er vielleicht Hogwarts verlassen? Sisilia hoffte es nicht. Gut. sie hatten darüber geredet. Wenn er wirklich gehen musste, dann würde er in Hogsmeade bleiben, um ihrer Nähe zu sein. Aber es war trotzdem nicht so einfach. In Hogsmeade hatte er nicht den Schutz, den Hogwarts bietet. Und was sollte er da machen? Er musste sich doch nach einer Arbeit oder so was umsehen. Nur rumzusitzen und nichts zu tun, das wäre absolut das schlimmste, was ihm passieren könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Onkel das wollte. Nein, das würde Albus nie und nimmer zu lassen, auch wenn Severus es vielleicht verdient hätte.
Und wenn doch? Wäre es dann nicht besser, sie würde auch gehen? Und sie würden irgendwo anders versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen?
Da vernahm sie plötzlich Schritte, die auf ihre Tür zukamen. Sie blieb mitten im Zimmer stehen und lauschte angespannt. Da wurde der Knauf herumgedreht, und die Tür ging auf. Es war Severus, der in der Tür stand und Sisilia mit ernstem Blick ansah. Ihr Herz begann nun schneller zu schlagen. Seinem Gesicht konnte sie keine Regung entnehmen, so wusste sie nicht, was los war.
„Und?", schluckte sie „Was hat er gesagt?", wollte sie wissen. Severus sagte nichts und trat auf sie zu, dann verzog sich sein Mund zu einem Lächeln.
„Er möchte, dass ich weiter unterrichte.", antwortete er und Sisilia fiel ihm um den Hals.
„Ich hab es gewusst, er musste dich einfach hier behalten.", rief sie freudig aus.
„Nun mal langsam mit den Pferden. Ich darf bleiben, ja, doch er hat mir das nächste Jahr auf Bewährung gegeben. Aber sei unbesorgt, ich werde ihn nicht noch einmal enttäuschen, auch wenn nicht alles ganz einfach werden wird.", erklärte er ihr und gab ihr einen Kuss.
„Wir werden das schon schaffen.", entgegnete sie ihm und strahlte ihn an.
Die Ferien waren vorüber, und heute würden die Schüler wieder in Hogwarts eintreffen. Sisilia freute sich auf sie, obwohl sie die letzten Tage auch sehr genossen hatte, die sie mit Severus noch alleine verbringen konnte. Vor einer Woche hatte sie ihre Prüfungsergebnisse erhalten von der Zaubertrankprüfung. Sie hatte wirklich sehr gut abgeschnitten. In der Theorie hatte sie ohne Probleme ein „Ohnegleichen"geschafft, und in der Praxis, was sie nicht erwartet hatte, hatte sie immerhin noch ein „Erwartungen übertroffen"erreicht. Das überraschte sie dann doch etwas. Mit so einer guten Note hatte sie nicht gerechnet. Nun, es war eigentlich nicht mehr wichtig. Aber trotzdem, für sie selber noch eine Bestätigung, und ein wenig stolz war sie auch auf sich.
Dumbledore hatte es ihnen ermöglicht, gemeinsam Räume im Erdgeschoss zu beziehen, da es für Severus notwendig war, daß er in der Nähe seines Hauses erreichbar sein mußte. Und da Sisilia es weiterhin ablehnte, unten im Kerker zu wohnen, hatte er ihnen diese Lösung angeboten. Zumal er es auch noch mit Hilfe von Filch fertig gebracht hatte, einen Zugang von den Zimmern im Erdgeschoss zu Severus' Büro zu schaffen.
Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Schüler eintreffen würden, und die große Einführungsfeier beginnen würde. Sisilia hatte das letzte Jahr nicht dran teilnehmen können, deshalb freute es sie um so mehr, daß sie diesmal dabei sein würde.
Sisilia war so in Gedanken versunken, daß sie die kleine Eule, die energisch gegen ihre Scheibe klopfte, nicht gleich wahrnahm. Erst nachdem diese mit einem weiteren ‚klong' gegen die Scheibe knallte, reagierte Sisilia.
Erschrocken drehte sie den Kopf und sah die kleine Eule, die verdattert auf der Fensterbank saß und zu ihr hineinschaute.
Sisilia ging rasch zum Fenster und öffnete es. Sie erkannte die kleine Eule sofort. Es war Pigwidgeon, der kleine Kauz von Ron.
Sie nahm ihn vorsichtig auf und hob ihn herein.
„Wo kommst du denn her, Pig?", fragte sie erstaunt. Sie sah, daß ein kleiner Zettel an seinem Bein hing und sie nahm ihn ihm ab. Die Eule setzte sie auf das Tischen neben sich, und Sisilia öffnete den Zettel. Sie schrie entsetzt auf, als sie das las.
Hilfe!!
Zug wurde überfallen. Diana, Elisabeth und Jakob wurden entführt.
Harry und Ginny sind verletzt, bitte schickt Hilfe.
Ron
Sie sah auf Pig, der plötzlich abhob, und wie wild und verrückt herumzuflattern begann. Sie mußte Dumbledore Bescheid sagen. Sie wollte gerade in die große Halle laufen, als ihr Severus und Dumbeldore entgegenkamen. Sie zeigte ihnen den Zettel.
„Ron hat seine Eule geschickt, der Zug wurde überfallen.", erklärte sie ihnen. Dumbledore wurde aschfahl, und auch Severus erschrak sehr.
„Sie brauchen Hilfe. Ich muß sofort hin, Severus.", sagte Dumbledore besorgt.
„Ich komme mit, Direktor.", antwortete Severus ihm sofort.
„Und ich komme auch mit.", sagte Sisilia entschlossen. Die Köpfe der beiden Männer fuhren zu ihr rum.
„Nein, du bleibst hier.", sagten Dumbledore und Severus beinahe im Chor. Und wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, wäre es fast schon zum Lachen gewesen.
„Sisilia, du sagst bitte den anderen Bescheid und bereitest Madam Pomfrey vor, daß wir wahrscheinlich Verletzte bringen werden.", wies Dumbledore sie an.
„In Ordnung.", antwortete Sisilia ihnen zögernd, denn eigentlich war es ihr nicht recht, doch sie wollte sich nicht auf eine Diskussion einlassen und machte sich auf den Weg, um den anderen Lehrern Bescheid zu geben, während Albus und Severus den Schülern zu Hilfe eilten.
Doch plötzlich spürte er, wie es unter seiner Hand, die immer noch auf ihrem Bauch lag, anfing, zu kribbeln. Er spürte eine starke, unvergleichliche Wärme, die sich auszubreiten begann. Sein Mund berührte immer noch den ihren, doch er traute sich nicht, sich zu bewegen. Er konzentrierte sich auf das, was er wahrnahm. Was geschah hier? Es war wundersam und doch wunderschön zu gleich. Schon einmal hatte er dieses Gefühl gehabt, nur nicht so stark, nicht mit so einer Intensität, wie er sie nun zu spüren bekam. Er schloss für wenige Sekunden die Augen. Sein ganzer Körper vibrierte jetzt, und nun begann auch Sisilias Körper, diese Schwingungen von sich zu geben. Er hatte das Gefühl, der Raum um sie herum verschwand, und sie beide würden für einen wunderbaren, unglaublichen Augenblick, unberührt von Raum und Zeit, dahingleiten, gefangen in dem tiefem Gefühl der Verbundenheit und Einigkeit. Er nahm nichts mehr wahr, außer diesem Kribbeln und diesem unsagbar angenehmen, warmen Gefühl.
Dann plötzlich fühlte er, wie ein Ruck durch Sisilias Körper ging und sie sich unter ihm aufbäumte. Sie öffnete ihren Mund, um einen kräftigen Atemzug zu nehmen. In dem Moment, als sich ihr Körper bewegte, öffnete Severus seine Augen und hob den Kopf ein paar Zentimeter an. Dann fand er sich wieder im Krankensaal, sah das Bett und Sisilia vor sich. Das Amulett, das um ihren Hals hing, leuchtete und strahlte plötzlich auf und tauchte das ganze Zimmer in ein grelles und doch unendlich warmes Licht.
Severus, sichtlich überrascht und irritiert, richtete sich auf und blickte Sisilia an, die just in diesem Moment ihre Augen aufschlug. Dann ließ das Leuchten des Schmuckstücks allmählich nach. Sie sah ihn verwundert und mit großen Augen an.
„Sil? Du....du lebst!?! Sisilia du lebst wirklich!"Severus konnte es gar nicht fassen, starr sah er sie einige Sekunden lang an. Doch dann er zog sie erneut an sich und schloss sie fest in seine Arme. Er bemerkte überglücklich, als seine Wange die ihre berührte, dass sie kein Fieber mehr hatte.
„Was ist denn geschehen?", fragte sie verwirrt, nachdem Severus sie immer noch nicht loslassen wollte. Doch dann hielt er sie nur noch an ihren Schulten ein paar Zentimeter von sich entfernt und sah ihr überglücklich ins Gesicht.
„Das erkläre ich dir später. Zu allererst muss ich dir etwas sagen, bevor mich wieder der Mut verlässt, oder ich wieder eine andere Dummheit begehe, oder sonst etwas geschieht, was es wieder verhindert.", erklärte er ihr, der selbst immer noch nicht begriffen hatte, was wirklich geschehen war. Doch er wollte ihr dies unbedingt als allererstes sagen.
„Sil, ich liebe dich. Ich schwöre dir, es ist die Wahrheit, ich liebe dich über alles auf dieser Welt. Ich war so ein Idiot. Ich habe es nur selber nicht gemerkt. Kannst du mir jemals verzeihen?", fragte er sie und sah sie mit Tränen in den Augen an.
Sisilia konnte nicht anders, als seine Umarmung einfach zu erwidern. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und presste ihre Wange gegen die seine.
Dann erzählte er ihr alles was, was vorgefallen war. Er ließ nichts aus und beschönigte auch nichts.
„Du warst wirklich bei den Zentauren?", fragte sie ihn noch einmal und er nickte.
„Ja, aber es hat nichts gebracht, er hat nur komische Ratschläge verteilt, die kein Mensch verstehen kann."
„Ja, Ortano hat einiges mit dir gemein.", grinste sie ihn an. „Er spricht genauso gern in Rätseln wie du.", erklärte sie.
„Ich spreche doch nicht........", er zögerte, „nein, ich glaube, du hast recht. Ich weiß, du hast recht. Und wenn ich es richtig überlege, hat das ganze auch Hand und Fuß, was er gesagt hat. Er meinte, es gibt nur einen Zauber, der dich retten kann. Jetzt verstehe ich, was er gemeint hat. Ich hätte es schon viel früher verstehen sollen. Er meinte den Zauber der Liebe, Sil. Erst als ich dir, nein Euch...", und er schaute kurz auf ihren Bauch und legte seine Hand drauf. „Erst als ich euch meine Liebe gestanden habe, kam das Leben auf wunderbare, einzigartige Weise zurück. Es ist wirklich ein Wunder.", sagte er und sah sie überglücklich an.
Sisilia sah ihn nun eingehend an, bevor sie sprach.
„Severus, ich danke dir, du hast mir das Leben gerettet.", sagte Sisilia.
„Danke mir nicht, denn ich war es, der es dir fast genommen hätte. Durch meine Schuld bist du krank geworden."
„Nein, ich trage genauso viel Schuld an dem Ganzen, ich habe schließlich damit angefangen.", widersprach sie ihm. Doch dann schüttelte er den Kopf.
„Ich denke, es hat keinen Sinn, nach der Schuldfrage zu suchen, wir sollten nach vorn sehen."
Plötzlich ergriff er ihre Hand und sah ihr in die Augen.
„Sil, willst du meine Frau werden?", fragte er sie und sie schaute ihn überrascht an.
„Äh, Moment mal, warte, ich dachte, wir sind schon verheiratet?", fragte sie nun perplex.
„Sicher, aber diesmal meine ich meine Frage ernst, und diesmal frage ich aus Liebe und nicht aus Berechnung. Doch warte, bevor du antwortest, ich habe deinem Onkel die Wahrheit über mich erzählt. Er weiß, dass unsere Heirat, zumindest von meiner Seite her, nur aus Berechnung geschah. Er wird mich wohl nicht in Hogwarts bleiben lassen, deshalb überleg dir gut, ob du mit einem entlassenen Lehrer zusammen sein willst.", sagte er und sah sie dann erwartungsvoll an.
„Du bist wohl verrückt.", antwortete sie, und er erschrak über ihre Reaktion. Sie musste lachen, als sie sein erschrockenes Gesicht sah.
„Denkst du, mir ist es wichtig, was du arbeitest? Ich würde überall mit dir zusammensein wollen. Severus, ich liebe dich, mir ist es nicht so wichtig, ob du Lehrer oder sonst was bist. Ich will einfach nur dich!"
„Soll das heißen, du willst?", fragte er immer noch unsicher.
„Natürlich will ich!", sagte sie und gab ihm einen Kuss.
In dem Moment öffnete sich die Tür. Madam Pompfrey, Professor Dumbledore und Professor McGonagall betraten den Raum. Sie sahen von der Tür aus nur Professor Snape, der auf dem Bett saß und ihnen den Rücken zuwandte.
„Professor Snape?", fragte Madam Pompfrey nun vorsichtig in die Stille.
„Ja", antworteten Sisilia und Severus gleichzeitig, der sich in dem Moment vom Bett erhob.
Madam Pompfrey schnappte gewaltig nach Luft. Minerva blickte von einem zum anderen und verstand die Welt nicht mehr. Nur Professor Dumbledore blickte die beiden an, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Das wahre Glück liegt nicht in der Macht oder dem Besitz, sondern in unseren Herzen, nicht wahr, Severus?", sagte Dumbledore und Severus nickte verständnisvoll, denn er hatte endlich verstanden, was Dumbledore damit gemeint hatte, als er sagte, dass er sein Herz sprechen lassen sollte.
„Wie ist das möglich? Ich habe doch selber.....", begann Madam Pompfrey.
„Poppy, es scheint doch mehr zwischen Himmel und Erde zu geben, als wir alle imstande sind, zu begreifen oder auch nur zu erahnen.", erklärte Albus Dumbledore ihr, und als sie ihn immer noch verständnislos ansah, fügte er hinzu.
„Die Liebe, Poppy. Ich spreche von der Macht der Liebe.", erklärte er ihr nun.
Sisilia strahlte ihren Onkel an, der nun auf sie zuging und sie in seine Arme schloss. Dann nahm er ihre Hand, die er für kurze Zeit gehalten hatte, während er Sisilia ansah, und legte sie in Severus Hand, dabei blickte er ihn einige Sekunden lang ernst an.
Madam Pompfrey, die sich inzwischen wieder gefangen hatte, trat nun ebenfalls an das Bett heran.
„Ich sollte Sie noch einmal gründlich untersuchen, Sisilia, und dann denke ich, es ist das beste, Sie bleiben zur Sicherheit die Nacht über hier."
„Nein, unter gar keinen Umständen!", antworteten Sisilia und Severus in einem Ton. Beide selbst überrascht, das gleiche gesagt zu haben, sahen zuerst sich und dann Madam Pompfrey an und mussten grinsen.
„Mir geht es wirklich gut, glauben Sie mir, und ich könnte mir keinen Ort vorstellen, an dem ich wohl besser aufgehoben wäre als bei ihm!", erklärte sie und sah dann zu Severus, der näher zu ihr trat und seinen Arm um ihre Schultern legte.
„Dagegen habe ich wohl keine Chance, aber Sie, Professor, werden dafür sorgen, dass sich Ihre Frau ausruht, Sie übernehmen die Verantwortung.", sagte sie nun an Severus Snape gerichtet und sah ihn streng an.
„Keine Angst, ich werde auf sie aufpassen, sie ist doch das wertvollste, was ich habe", erklärte er.
Die Tage flogen nur so dahin. Sisilia war wieder vollkommen gesund. Sie und Severus verstanden sich besser als je zuvor, auch wenn sie sich über manche Sachen immer noch nicht einig waren. Aber das waren Nichtigkeiten. Zum Beispiel ging es um den Ring, den er ihr nicht mehr erlaubte, zu tragen. Er war davon überzeugt, dass dieser nur Unglück bringen würde, während Sisilia das für albern betrachtete. Dennoch gab sie nach, da sie das Gefühl hatte, dass es ihm wirklich sehr wichtig war.
Einige Tage später bat Albus Dumbledore Severus zu sich. Er wusste, er wollte mit ihm über das reden, was nun weiter geschehen sollte mit ihm, nachdem Severus ihm nun die ganze Wahrheit über sich erzählt hatte. Er rechnete im Grunde damit, dass der Schulleiter ihn entlassen würde, aber er wusste, dass er es auch verdient hatte. Er glaubte es auch deshalb, weil er für den Orden nicht mehr als Spion arbeiten konnte und es deshalb für Albus auch nicht mehr notwendig war, ihn in seiner Nähe zu haben.
Doch würde er ihm trotzdem anbieten, weiter für ihn und den Orden tätig zu bleiben, so gut es ihm jedenfalls möglich war. Nachdem Voldemort nun wusste, dass er sich von ihm abgewandt hatte, war das bestimmt nicht mehr so einfach.
Sisilia trat zu Severus, als sie sah, dass er sich bereit machte, zu gehen.
„Geht es dir gut?", fragte sie ihn, ergriff auf Brusthöhe seinen Umhang und zog ihn zu sich heran.
„Solange du da bist, geht es mir immer gut. Egal, wie das Gespräch auch ausgehen wird, das wichtigste ist doch, dass wir uns haben.", antwortete er ihr.
„Ich weiß, dass du sehr an deinem Job hier hängst. Du liebst diese Arbeit, und ich bin sicher Albus weiß das. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er dich so einfach rauswirft.", sagte sie aufmunternd, doch er zuckte nur leicht mit den Schultern.
„Severus, vielleicht sollte ich dich begleiten? Vielleicht wäre es besser, wir würden gemeinsam mit ihm reden?"
„Nein, wenn er das gewollt hätte, hätte er uns beide zu sich bestellt. Ich hab mir das selber eingebrockt, und nun werde ich es auch wieder allein auslöffeln", sagte er und sah sie bestimmt an.
„Aber du bist nicht mehr allein, wir wollen doch alles gemeinsam durchstehen.", widersprach sie.
„Das werden wir auch Sil, nur dieses Mal muss ich es alleine tun. Betrachte es als Altlast, die ich noch beseitigen muss, damit wir endlich ein neues Leben anfangen können.", entgegnete er ihr, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und machte sich auf den Weg.
Vor dem Büro des Schulleiters angekommen, atmete Severus noch einmal tief durch, bevor er an die Tür klopfte und selbige öffnete.
Er trat in das runde Bürozimmer von Albus Dumbledore, der gerade an seinem Bücherregal stand und in einem seiner vielen, teilweise auch schon sehr alten Bücher blätterte.
„Ah, Severus, gut. Komm doch herein, und nimm Platz."
Er kam der Aufforderung nach. Er spürte, dass er doch etwas nervöser war, als er zuerst glaubte. Schließlich war es eine lange Zeit gewesen, die er hier als Lehrer für Zaubertränke tätig gewesen war. 17 Jahre waren es nun wohl. Beinahe sein halbes Leben. Und wenn er die Schulzeit dazurechnete, hatte er 24 Jahre seines Lebens in Hogwarts zugebracht. Es war für ihn mehr ein Zuhause geworden als das Haus seiner Eltern, und er dachte mit Schaudern daran, was wäre, wenn er Hogwarts verlassen musste.
Dumbledore stellte das Buch, welches er gerade gelesen hatte, zurück in das Regal und setzte sich ebenfalls an seinen Schreibtisch. Bevor er zu sprechen begann, musterte er Severus eingehend, was diesen noch nervöser machte.
„Ich habe mir sehr lange Gedanken darüber gemacht, mein lieber Severus, was ich nach deinem Geständnis tun soll, oder wie ich reagieren soll. Vor allem auch, weil es für mich zwei Aspekte gibt. Den beruflichen, als Leiter dieser Schule und den privaten, auch den als Freund, für den ich mich bisher immer betrachtet habe. Ich bin sehr traurig darüber, dass du mich als diesen so getäuscht hast. Dies ist wohl der Punkt, der mich am meisten betroffen hat."Er sah Severus nachdenklich an, der seinem Blick standzuhalten versuchte, was ihm nicht leicht fiel.
„Ich habe mich auch gefragt, ob ich eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn Sisilia gestorben wäre. Doch ich muss zugeben, ich bin immer wieder zum gleichen Entschluss gekommen. Beruflich: Ich würde dich ungern als Lehrer hier an der Schule verlieren. Auch wenn du deine Eigenheiten hast, muss ich gestehen, dass deine Fähigkeiten, was die Zauberbraukunst anbetrifft, bemerkenswert sind, und wir brauchen Menschen mit guten Fähigkeiten, heute mehr denn je. Du kannst den Schülern viel beibringen, das benötigen wir. Und Privat: Als Freund und Familienmitglied hast du mich sehr enttäuscht, weil du Sisilia und mich für deine Sache benutzen wolltest. Dein Verhalten hat mich sehr getroffen und deine Täuschungsabsicht hat mich sehr verletzt."Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. Severus nickte, er verstand, was Dumbledore ihm sagen wollte, und er senkte seinen Blick. Dann stand Dumbledore auf und ging halb um den Tisch herum und sprach dann weiter.
„Doch wie ich schon gesagt habe, ich gebe nicht auf, an das Gute zu glauben, auch nicht an das Gute in dir und deshalb: Severus, ich möchte, dass du weiter unterrichtest, auch weil ich inzwischen davon überzeugt bin, dass du dich wirklich verändert hast."Dumbledore sah ihn über seine Halbmondbrille ernst an. Severus war erleichtert über die Entscheidung von Dumbledore, und seine Haltung entspannte sich etwas, doch Albus hob mahnend seine Hand.
„Aber..... glaube nicht, es wäre alles einfach vergeben und vergessen. Ich werde dir dieses Jahr auf Bewährung geben. Ich werde dich genau beobachten, und das nicht nur im beruflichen, ich hoffe, du verstehst das.", erklärte er ihn nun.
„Professor Dumbledore, das ist mehr, als ich erhofft habe. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie mir noch eine Chance geben wollen, vor allem auch wegen Sisilia, und ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht mehr enttäuschen werde. Mein Leben hat sich komplett verändert, und ich denke, ich weiß jetzt, was im Leben wirklich wichtig ist.", versprach Severus erleichtert und erhob sich ebenfalls.
„Stell dir das nicht zu einfach vor. Ich verlange auch von dir ein anderes Verhalten Harry gegenüber. Es ist sein letztes Schuljahr, es ist sehr wichtig für ihn, und außerdem fürchte ich, dass der große Krieg gegen Voldemort nicht mehr fern ist. Er braucht jede Unterstützung, jeden Halt, den er bekommen kann, auch von dir, Severus.", sagte er und sah ihn streng an. Severus dachte kurz nach, bevor er Dumbledore antwortete.
„Ja, Sie haben Recht, Direktor, ich werde tun, was ich kann.", antwortete er ihm und musterte dann nachdenklich das Tintenfass, welches auf Dumbledores Schreibtisch stand. Er wusste, das würde wohl die schwerste aller Auflagen sein, die er zu erfüllen hatte. Doch er wollte es wirklich versuchen, er musste es einfach schaffen, seinen Hass, den er gegen Harry hegte, zu unterdrücken. Und wenn er an Sisilia und das Kind dachte, würde er es bestimmt auch schaffen. Er sah Dumbledore entschlossen an.
„Professor Dumbledore, ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, und ich verspreche, dass ich Sie diesmal nicht enttäuschen werde. Und ich werde auch Harry Potter unterstützen, wo ich kann."
„Wunderbar, Severus, dann hätten wir das ja geklärt. Ich bin davon überzeugt, dass du es schaffen wirst.", sagte er und gab ihm kurz seine Hand und führte ihn zur Tür.
„Oh, Severus, könntest du Sisilia bitten, sich heute Nachmittag eine halbe Stunde von dir loszueisen, um mit mir ihren Stundenplan zu besprechen? Wir sind ja bisher nicht dazugekommen."
„Sicher mach ich das, Direktor.", erklärte Severus nun erleichtert, dass er doch als Lehrer auf Hogwarts bleiben durfte.
„Ich danke dir.", antwortete er noch knapp, bevor er die Tür hinter Severus wieder schloss.
Sisilia ging unruhig im Zimmer hin und her. Sie war nervös, denn sie wusste nicht, was bei dieser Unterredung herauskommen würde. Auf den einen Seite konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihr Onkel ihn rauswerfen würde, aber auf den anderen Seite hatte Severus ihn sehr enttäuscht und hintergangen. Vielleicht war das für ihn genug Grund, ihn zu feuern. Und wenn er es tat, was dann? Musste er vielleicht Hogwarts verlassen? Sisilia hoffte es nicht. Gut. sie hatten darüber geredet. Wenn er wirklich gehen musste, dann würde er in Hogsmeade bleiben, um ihrer Nähe zu sein. Aber es war trotzdem nicht so einfach. In Hogsmeade hatte er nicht den Schutz, den Hogwarts bietet. Und was sollte er da machen? Er musste sich doch nach einer Arbeit oder so was umsehen. Nur rumzusitzen und nichts zu tun, das wäre absolut das schlimmste, was ihm passieren könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Onkel das wollte. Nein, das würde Albus nie und nimmer zu lassen, auch wenn Severus es vielleicht verdient hätte.
Und wenn doch? Wäre es dann nicht besser, sie würde auch gehen? Und sie würden irgendwo anders versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen?
Da vernahm sie plötzlich Schritte, die auf ihre Tür zukamen. Sie blieb mitten im Zimmer stehen und lauschte angespannt. Da wurde der Knauf herumgedreht, und die Tür ging auf. Es war Severus, der in der Tür stand und Sisilia mit ernstem Blick ansah. Ihr Herz begann nun schneller zu schlagen. Seinem Gesicht konnte sie keine Regung entnehmen, so wusste sie nicht, was los war.
„Und?", schluckte sie „Was hat er gesagt?", wollte sie wissen. Severus sagte nichts und trat auf sie zu, dann verzog sich sein Mund zu einem Lächeln.
„Er möchte, dass ich weiter unterrichte.", antwortete er und Sisilia fiel ihm um den Hals.
„Ich hab es gewusst, er musste dich einfach hier behalten.", rief sie freudig aus.
„Nun mal langsam mit den Pferden. Ich darf bleiben, ja, doch er hat mir das nächste Jahr auf Bewährung gegeben. Aber sei unbesorgt, ich werde ihn nicht noch einmal enttäuschen, auch wenn nicht alles ganz einfach werden wird.", erklärte er ihr und gab ihr einen Kuss.
„Wir werden das schon schaffen.", entgegnete sie ihm und strahlte ihn an.
Die Ferien waren vorüber, und heute würden die Schüler wieder in Hogwarts eintreffen. Sisilia freute sich auf sie, obwohl sie die letzten Tage auch sehr genossen hatte, die sie mit Severus noch alleine verbringen konnte. Vor einer Woche hatte sie ihre Prüfungsergebnisse erhalten von der Zaubertrankprüfung. Sie hatte wirklich sehr gut abgeschnitten. In der Theorie hatte sie ohne Probleme ein „Ohnegleichen"geschafft, und in der Praxis, was sie nicht erwartet hatte, hatte sie immerhin noch ein „Erwartungen übertroffen"erreicht. Das überraschte sie dann doch etwas. Mit so einer guten Note hatte sie nicht gerechnet. Nun, es war eigentlich nicht mehr wichtig. Aber trotzdem, für sie selber noch eine Bestätigung, und ein wenig stolz war sie auch auf sich.
Dumbledore hatte es ihnen ermöglicht, gemeinsam Räume im Erdgeschoss zu beziehen, da es für Severus notwendig war, daß er in der Nähe seines Hauses erreichbar sein mußte. Und da Sisilia es weiterhin ablehnte, unten im Kerker zu wohnen, hatte er ihnen diese Lösung angeboten. Zumal er es auch noch mit Hilfe von Filch fertig gebracht hatte, einen Zugang von den Zimmern im Erdgeschoss zu Severus' Büro zu schaffen.
Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Schüler eintreffen würden, und die große Einführungsfeier beginnen würde. Sisilia hatte das letzte Jahr nicht dran teilnehmen können, deshalb freute es sie um so mehr, daß sie diesmal dabei sein würde.
Sisilia war so in Gedanken versunken, daß sie die kleine Eule, die energisch gegen ihre Scheibe klopfte, nicht gleich wahrnahm. Erst nachdem diese mit einem weiteren ‚klong' gegen die Scheibe knallte, reagierte Sisilia.
Erschrocken drehte sie den Kopf und sah die kleine Eule, die verdattert auf der Fensterbank saß und zu ihr hineinschaute.
Sisilia ging rasch zum Fenster und öffnete es. Sie erkannte die kleine Eule sofort. Es war Pigwidgeon, der kleine Kauz von Ron.
Sie nahm ihn vorsichtig auf und hob ihn herein.
„Wo kommst du denn her, Pig?", fragte sie erstaunt. Sie sah, daß ein kleiner Zettel an seinem Bein hing und sie nahm ihn ihm ab. Die Eule setzte sie auf das Tischen neben sich, und Sisilia öffnete den Zettel. Sie schrie entsetzt auf, als sie das las.
Hilfe!!
Zug wurde überfallen. Diana, Elisabeth und Jakob wurden entführt.
Harry und Ginny sind verletzt, bitte schickt Hilfe.
Ron
Sie sah auf Pig, der plötzlich abhob, und wie wild und verrückt herumzuflattern begann. Sie mußte Dumbledore Bescheid sagen. Sie wollte gerade in die große Halle laufen, als ihr Severus und Dumbeldore entgegenkamen. Sie zeigte ihnen den Zettel.
„Ron hat seine Eule geschickt, der Zug wurde überfallen.", erklärte sie ihnen. Dumbledore wurde aschfahl, und auch Severus erschrak sehr.
„Sie brauchen Hilfe. Ich muß sofort hin, Severus.", sagte Dumbledore besorgt.
„Ich komme mit, Direktor.", antwortete Severus ihm sofort.
„Und ich komme auch mit.", sagte Sisilia entschlossen. Die Köpfe der beiden Männer fuhren zu ihr rum.
„Nein, du bleibst hier.", sagten Dumbledore und Severus beinahe im Chor. Und wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, wäre es fast schon zum Lachen gewesen.
„Sisilia, du sagst bitte den anderen Bescheid und bereitest Madam Pomfrey vor, daß wir wahrscheinlich Verletzte bringen werden.", wies Dumbledore sie an.
„In Ordnung.", antwortete Sisilia ihnen zögernd, denn eigentlich war es ihr nicht recht, doch sie wollte sich nicht auf eine Diskussion einlassen und machte sich auf den Weg, um den anderen Lehrern Bescheid zu geben, während Albus und Severus den Schülern zu Hilfe eilten.
