Rückblick im Zug

Endlich waren die Sommerferien vorüber, und das letzte Jahr für Harry, Ron und Hermine in Hogwarts war angebrochen. Sie freuten sich auf die Schule, aber auf den anderen Seite waren sie auch wehmütig. Denn dann würde sich ihr Leben von Grund auf ändern. Doch so weit wollten sie im Moment noch gar nicht denken.

Sie saßen in einem Abteil mit Ginny, Elisabeth, Diana und Jakob. Außerdem waren sie nicht alleine. Lupin und Kingsley Shacklebolt begleiteten sie diesmal. Abwechselnd war einer von ihnen im Abteil, während der andere im Gang Wache hielt.

Dumbledore glaubte zwar nicht, dass etwas passieren würde, doch hatte er zur Sicherheit zwei Leute abgestellt, die während der Zugfahrt bei den Kindern bleiben sollten.

Gerade hatte Lupin Shacklebolt abgelöst und saß nun bei den andern im Abteil.

„Nun, dann geht es bei euch dieses Jahr ganz schön zu Sache, wenn ihr eure Abschlussprüfungen habt. Mann, bin ich froh, dass ich das ganze schon hinter mir habe.", sagte Lupin ihnen, und man hörte, dass es sehr erleichtert klang. Ron sah ihn mit ängstlich zerknirschtem Gesicht an.

„Nun ja, aber ich mache mir keine große Sorgen, ihr werdet das bestimmt mit Glanzleistung schaffen.", zwinkerte er Hermine zu, die nun leicht verlegen wurde.

„Es wird noch eine ganze Menge zu lernen geben bis dahin.", begann Hermine zu erklären, als plötzlich die Tür zu ihrem Abteil aufging.

Ein Slytherin -Junge aus der 4. Klasse stand mit ängstlichem Gesicht und heftig atmend in der Tür.

„Professor Lupin, bitte kommen sie schnell, in den vorderen Abteilen ist etwas schreckliches passiert!", rief er aufgeregt.

„Wo ist Kingsley?", fragte dieser nun überrascht und erhob sich von seinem Sitz, um hinauszusehen. Doch von Kingsley fehlte jede Spur, dabei hätte er doch im Gang des Waggons bleiben sollen. Remus drehte sich zu den anderen um.

„Ihr bleibt hier, ich werde kurz nachsehen, was da los ist. Lasst keinen in das Abteil. Verstanden?", sagte er zu ihnen und sah sie streng an.

Harry und Ron und Hermine nickten, und Lupin verließ mit einem sorgenvollen Blick das Abteil und folgte dem Jungen.

Harry setzte sich neben die Tür, auf den Platz, den vorher Lupin belegt hatte, und sah hinaus.

„Hoffentlich, streiten sich da nur ein paar von den Schülern.", sagte Hermine besorgt und warf einen kurzen Blick auf die drei neuen Erstklässler Diana, Elisabeth und Jakob.

„Bestimmt hat Malfoy sich wieder mit irgendjemanden angelegt.", erklärte Harry und grinste.

„Aber hätten sie dann nicht nur den Schulsprecher geholt?", fragte Hermine unsicher.

„Ach, Hermine, nun hör schon auf, ich möchte gerne mal sehen, wie du zwischen Grabbe und Goyle gehst, wenn sie ein paar andere Jungs in der Mangel haben. Da sind schon andere Kaliber gefragt.", erklärte Ron und grinste sie an.

„Ron, du bist einfach gemein, weißt du das? Du glaubst nicht, dass ich mit denen fertig werden würde?", fragte sie fast eingeschnappt und boxte ihm leicht in die Rippen.

„Sicher würdest du das, Hermine. Ach, komm, ist schon gut, warten wir ab. Lupin wird uns schon sagen, was los war, wenn er zurück ist."

Plötzlich merkten sie mit Erstaunen, wie der Zug allmählich immer langsamer wurde und dann mit einem Ruck zum Stillstand kam.

Es kam ein Krachen und Poltern aus den anderen Abteilen, als Gepäckstücke aus den Netzen geflogen waren. Und dann war es still. Sie sahen sich ratlos und beunruhigt an.

Harry sah in den Gang hinaus, konnte aber nichts sehen, nicht mal andere Schülern schauten aus den Abteilen, was sehr seltsam war. Ron blickte aus dem Fenster, aber auch dort war alles ruhig. Er erkannte, dass sie mitten auf der Strecke stehen geblieben waren, genau in einem dichten Waldstück.

In dem Moment, als Hermine die Abteiltür öffnen wollte, hörten sie, wie in ihrem Wagon die Türen geöffnet wurden. Harry sprang von seinem Sitz und spähte hinaus in den Gang. Er konnte sehen, wie mehrere vermummte Gestalten den Zug betraten. Alle trugen schwarze Umhänge und hatten ihre Zauberstäbe gezückt. Gesichter konnte er nicht erkennen, da sie alle Masken aufhatten.

„Verdammt.", flüsterte Harry. „Da kommen Leute in den Zug. Das sieht ganz so aus, als ob....."

Harry drehte sich um, und sie konnten sein entsetztes Gesicht sehen. Hermine, welche die Leute nun auch gesehen hatte, sah ihn erschrocken an.

„Du meinst doch nicht etwa....?", sie formulierte ihre Frage nicht zu Ende, doch Harry nickte.

Er sah sich im Abteil um, aber es gab keine Möglichkeit, die drei zu verstecken. Doch da fiel ihm etwas ein. Er zog seinen Koffer aus dem Gepäcknetz und öffnete ihn. Er schob einige Sachen zu Seite und fluchte kurz, da er sich ärgerte, gerade ‚ihn' ganz unten in den Koffer gepackt zu haben, doch dann fand er ihn und zog ihn heraus.

Ron und Hermine erkannte gleich, was er da hatte: Seinen Tarnumhang. Harry warf ihn Hermine zu.

„Leg ihn über die drei, dann können sie sie nicht sehen", sagte er und verstaute schnell seinen Koffer wieder.

Hermine hatte gerade das letzte Stück Stoff über die drei gebreitet, die sich eng in der Ecke des Sitzes zusammengedrückt hatten, als die Männer zielstrebig vor ihrem Abteil auftauchten und die Tür öffneten. Es waren mindestens fünf Personen, die sich vor ihrer Tür versammelt hatten. Ohne Zweifel, es waren Todesser.

Harry hatte seinen Zauberstab gezogen, und auch Ginny stand mit gezücktem Zauberstab neben Harry. Beide hatten sich vor den anderen aufgebaut.

Die Männer zögerten keine Sekunde, richteten ihre Zauberstäbe auf Harry und Ginny. Es ging alles verdammt schnell. Harry versuchte noch einen Entwaffnungszauber auszusprechen, doch noch, bevor er den Spruch zu Ende sagen konnte, wurde er selbst von einem Fluch getroffen. Harry stand nur da und begann zu schreien, er schrie wie am Spieß vor Schmerzen. Dann gaben seine Beine nach und er kippte zu Boden. Sein Peiniger ließ trotzdem weiterhin nicht von ihm ab. Ein anderer hatte fast zeitgleich seinen Zauberstab auf Ginny gerichtet, ein gleißender Blitz schoss aus ihm hervor und traf Ginny an der rechten Schulter. Sie schrie auf, taumelte einen Schritt nach hinten, doch trotzdem versuchte sie noch ihren Zauberstab gegen ihren Widersacher zu richten. Aber in dem Moment traf sie auch schon ein weiterer Fluch. Zuerst stand sie nur starr da und dann kippte sie ohnmächtig auf den Sitz, wo sie dann langsam auf den Boden rutschte. Ron sah, dass seine Schwester eine blutenden Wunde auf ihrer Schulter hatte. Darauf hin hob er ebenfalls seinen Zauberstab, doch in dem Moment sah er, wie eine weitere Gestallt seinen Zauberstab auf Hermine gerichtet hatte und er hörte seine Worte.

„AVADA ....", begann er.

Ron überlegte keine weitere Sekunde, packte Hermine an den Schultern und warf sich mit ihr zu Boden.

„KEDAVRA!"endete der Mann mit der tiefen Stimme.

Der Fluch ging haarscharf an ihren Köpfen vorbei und knallte gegen die Scheibe, die mit einem lauten Knall zersprang.

„Du Idiot, wir sollen sie nur lähmen.", schimpfte ein anderer Kerl den Mann, der Hermine attackiert hatte.

Vor Schreck und vor Todessangst, verloren nun die drei Kleinen ihre Beherrschung. Diana begann zu weinen und Jakob hielt es nicht mehr unter dem Tarnumhang aus, er warf sich auf den Boden und versuchte unter die Sitze zu rutschen. Das war ein fataler Fehler. In der Sekunde, als den Männern klar war, wo sich die drei befanden, richteten sie alle fünf ihre Zauberstäbe auf sie und riefen:

„Stupor!"fünf rote Lichtblitze schossen aus den Zauberstäben der Maskierten und trafen direkt ihr Ziel. Jakob zuckte zusammen, und dann sank sein Körper ohnmächtig auf den Boden. Hermine, welche auf dem Boden lag und das nur Zentimeter von sich mit ansehen musste, schrie auf. Sie und Ron sahen fassungslos zu den vermummten Gestalten hoch, die nun ihre Zauberstäbe auf sie gerichtet hatten.

Harry regte sich, er schien sich langsam von dem Cruciatusfluch zu erholen. Er hob seinen Zauberstab, doch die Kerle bemerkten dies, und einer von ihnen begann erneut ihn zu foltern. Dabei lachte er fast irre auf, und übertönte noch beinahe die Schreie von Harry. Ron richtete sich auf Knien auf. Verzweifelt und wütend hob seinen Zauberstab und rief:

„EXPELLIARMUS!"Oder Zauberstab das Mannes, der Harry gefoltert hatte, flog im hohen Bogen davon. Doch schon hatten die anderen ihre Zauberstäbe erhoben und sie gegen Ron und Hermine gerichtet.

„IMPEDIMENTA!", riefen sie, und Ron und Hermine erstarrten mitten in ihrer Bewegung. Hermine, die noch auf dem Boden gekniet hatte, sank in sich zusammen, während Ron, der gerade dabei gewesen war aufzustehen, vornüber kippte und halb auf dem Sitz und halb auf Hermine landete.

Drei der Typen stiegen über Harry und Ginny hinweg, während der Mann, den Ron entwaffnet hatte, seinen Zauberstab wieder aufgehoben hatte und erneut begann, Harry zu foltern, als sich dieser wieder zu bewegen begann. Harry begann erneut fürchterlich zu schreien, doch plötzlich erstarb es und man hörte nur noch sein Stöhnen.

Die drei schnappten sich Diana, Elisabeth und Jakob und trugen sie aus dem Abteil.

Aber in dem Augenblick hörten sie eine Stimme auf den Flur.

„Ihr verdammten Hunde......!", rief Kingsley. Die maskierten Gestalten drehten sich um und rannten davon, als sie ihn hörten, die drei mit den Kindern über den Schultern voraus. Hermine und Ron bekamen noch mit, wie rote und grüne Lichtstrahlen durch die Gänge zischten, und dann, wie Kingsley an ihnen vorbei rannte. Dann wurde es ruhig, denn sie hatten alle den Zug verlassen. Es wurde verdammt ruhig, Hermine hatte das Gefühl, man hätte den Ton ausgeschaltet. Und sie wunderte sich, dass die anderen Schüler nicht aus ihren Abteilen kamen, um nachzusehen, was los war. Später erst erfuhr sie, dass jemand alle Abteiltüren magisch verschlossen hatte, und deshalb niemand die Abteile verlassen hatte können.

Erst nach einigen Minuten hörten sie, wie jemand wieder den Zug betrat. Dann kam Kingsley in das Abteil.

„Oh mein Gott, was ist hier nur passiert?", fragte er besorgt und blickte sich um.

Ron, bei dem der Lähmzauber in dem Moment wieder nachließ, rappelte sich hoch, und als er sich hinkniete, kam auch wieder Bewegung in Hermines Körper. Sie richtete sich ebenfalls auf.

„Hermine?", fragte Ron unsicher und sah zuerst zu ihr und dann zu den anderen.

„Ich bin in Ordnung.", antwortete sie mechanisch und sah dann zu Harry.

„Harry, mein Gott, Harry!", rief sie dann und robbte zu ihm. Doch Kingsley war schon bei ihm. Er drehte ihn um, so dass sie sein Gesicht sehen konnten.

„Gott sei Dank, er atmet, er scheint nur ohne Bewusstsein zu sein.", stellte er erleichtert fest. Ron war inzwischen zu seiner Schwester gerutscht und untersuchte sie.

„Ginny, sag doch was.", sagte er zu ihr und tätschelte leicht ihre Wange, doch sie rührte sich nicht. Er sah mit sorgenvollem, entsetztem Gesicht zu Hermine, die nun auch zu ihm kam.

„Sie scheint ohnmächtig zu sein, und sie verliert Blut. Wir müssen die Blutung stoppen.", sagte sie zu Ron, der sie nur verwirrt ansah. Hermine suchte nach etwas geeignetem, um die Wunde zu verbinden, und als sie nichts fand, riss sie kurzerhand ihre Bluse, die sie an hatte, entzwei und benutze diese. Dann bemerkte sie, wie Ron sie ansah und sie zog verlegen ihren Umhang um sich.

„Was ist mit den anderen?", fragte Ron nun Kingsley, der gerade Harry vom Boden aufhob und ihn auf die Sitze legte.

„Sie haben sie mitgenommen. Ich bin ihnen noch gefolgt, doch dann sind sie plötzlich verschwunden. Ich vermute sie hatten einen Portschlüssel oder so etwas.", erklärte er ihnen.

„Wo ist eigentlich Remus?", fragte er nun sah sie ernst an.

„Keine Ahnung, ein Slytherin hat ihn vorhin geholt, er meinte es gäbe Probleme in einem der vorderen Waggons. Wo waren Sie eigentlich?", fragte Hermine ihn nun.

„Ich habe im nächsten Waggon ein verdächtiges Geräusch gehört und bin nachsehen gegangen. Dann hat mich jemand von hinten mit einer Ganzkörperklammer bedacht. Ich hab leider nicht gesehen, wer das war.", erklärte er ihnen nun, während er Ginny auf die andere Sitzbank legte.

„Ich konnte mich erst wieder bewegen, als die Kerle sich mit den dreien auf und davon gemacht hatten."

Kingsley bat Ron, Pig mit einer Nachricht nach Hogwarts zu schicken, während er solange nach Lupin suchen würde. Er fand ihn auch, ohnmächtig mit einer dicken Beule auf seinem Hinterkopf in einer der Zugtoiletten.