Kapitel 4


Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Wutschnaubend stapfte die schattenhafte Gestalt von Baras durch die langen Gänge des Palastes. Er hatte es doch alles so sorgfältig geplant gehabt. Wie konnte alles nur dermaßen schief gelaufen sein? Verdammt nochmal!


Was glotzt du so blöd? fuhr er eine an ihm vorbeilaufende Magd an, dass sie ein Tablett mit Teegeschirr erschrocken fallen ließ. Hastig bückte sie sich um die Scherben aufzusammeln.


Der Grund für ihr Malheur schnaubte nur verächtlich und und kümmerte sich nicht weiter um sie. Er hatte andere Sorgen. Eine, und zwar die größte, hieß Tarek. Danach folgten Legolas, Gandalf und dann ganze der Rest von diesem verdammtem Haufen. Einfach alle, die seine Pläne zunichte machten. Hach, am Anfang hatte doch alles so gut geklappt. Tomarauszuschalten war so einfach gewesen, aber sein Sohn schien zäher zu sein. Zumal er jetzt auch noch von diesen Spitzohren unterstützt wurde.


Trotzdem fragte er sich, wie sie herausgefunden hatten, dass seine den geheimen Weg durch die Talebene nehmen wollte, um Gultin von Westen aus anzugreifen. So gut wie niemand kannte ihn. Aber bestimmt hatten die Orks wieder irgendeinen Mist gebaut. Er wollte nicht wissen, wo sie heute wären, wenn er sich nicht ihrer angenommen hätte und wieder Ordnung in ihre Truppen gebracht hätte. Aber er brauchte sie jetzt noch. Orks gehörten nun mal leider nicht zu den intelligentesten Wesen, oder sollte er vielleicht lieber sagen, zum Glück? Allein diesem Umstand war es ja zu verdanken gewesen, dass sie sich ihm zur Verfügung stellten, als er ihnen die Hälfte von Weran versprochen hatte. Die Hälfte!


Baras hätte ihnen auch ganz Weran versprochen, selbst wenn er vorgehabt hätte sich an sein Versprechen zu halten. Was war Weran schon im Vergleich zu dem, was er sich als Ziel gesetzt hatte? Er hatte größeres vor. Heute Weran, morgen Mittelerde und danach... der ganze Rest. Allein der Gedanke daran zauberte ein schon wieder ein boshaftes Grinsen in sein Gesicht. Sie hatten ja alle keine Ahnung, von dem, was ihnen bevorstand. Er würde seine Rache an ihnen ausüben und er würde jede Sekunde von ihr auskosten.


Endlich hatte er sein Gemach erreicht. Er ließ die schwere Eichentür hinter sich zuknallen und betrat das Zimmer, das er so abgrundtief hasste. Es war einfach das Falsche. Sein Zimmer sollte das eine Etage höher sein, nämlich das, wo jetzt diese Göre Tarek schlief.


Er ließ sich seufzend in einen Sessel fallen und goss sich etwas Wein ein, den er in großen, hastigen Zügen austrank. Der Wein war schwer und eine angenehme Wärme breitet sich in seinen Körper aus und ließ ihn wieder einigermaßen klar denken. Sein Hand mit dem Weinglas zitterte zwar noch etwas, aber er hatte sich schon so ziemlich beruhigt.


Wenn nicht so, dann halt anders. sagte er halblaut zu sich selbst. Er war da flexibel. Und er hatte Zeit. Viel Zeit. Er hatte zwanzig Jahre vergebens gewartet, da kam es auf ein paar Monate mehr auch nicht an. Seinen Plan musste er eigentlich auch nicht groß ändern.


Also zuerst das Tor. murmelte er. Je länger er darüber nachdachte, desto logischer erschien ihm das auch. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass er seine Pläne kurzfirstig über den Haufen werfen musste. Gewissermaßen hatte Tarek ihm also einen Gefallen getan. Wenn er das Tor gefunden hätte, würde sich der Rest wahrscheinlich von alleine geben. Es würde ein absolutes Chaos entstehen und er würde über diesem Chaos stehen und sie mit seinen Truppen alle auf einmal unterwerfen. Also doch nicht erst Weran, dann Mittelerde und so weiter. Sondern alles auf einmal. Bei dieser Vorstellung konnte er ein leises, irres Kichern nicht unterdrücken.

Was er jetzt noch tun müsste, wäre noch ein paar Uruk-Hais züchten. Der Gedanke daran, dass er jetzt wahrscheinlich der letzte war, der wusste, wie das anzustellen war, erfüllte ihn mit einem gewissen Stolz. Ganz zufällig hatte er, als er wieder einmal seine Zeit in der Bibliothek totschlug, in einem Geheimfach ein beinahe unleserliche Schriftstück in der Sprache Mordors gefunden, in dem alles ganz genau beschrieben war. Er hatte keine Ahnung wie es dort hingekommen war und wer es geschrieben hatte; vielleicht hatte es sogar Saruman selber geschrieben, aber das interessierte ihn auch nicht sonderlich. Wichtig war schließlich nur, dass es funktionierte.


Und das tat es. Er war von der Einfachheit und der Genialität der Methode ganz begeistert gewesen. Alles, was man brauchte waren einige Grundkenntnisse in dunkler Magie und ein paar Orks. Bald würde er sich seine eigen Armee ergebener Uruk-Hai gezüchtete haben und würde nicht mehr auf diese einfachen Idioten-Orks angewiesen sein.


Plötzlich klopfte es an der Tür; zaghaft und schüchtern. Er zuckte zusammen und kehrte wieder in die Gegenwart zurück. rief er mürrisch. Wer auch immer es war, er störte.


Ein Diener trat zögerlich ein. Mein Herr... begann er langsam.

Was ist denn? knurrte Baras ungehalten, ohne sich aus dem Sessel zu erheben.

Der König... Er ist zurückgekehrt. Die Schlacht war erfolgreich.

Schön. Und? Sonst noch was?

Der Junge trat nervös von einem Bein aufs andere. Herim ist gefallen.