Kapitel 10
Gandalf kam am späten Nachmittag wieder und Iris wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, so froh war sie. Obwohl sie ja eigentlich noch etwas sauer auf ihn war, dass er sich so einfach verdrückt hatte ohne ihr zu sagen, was sie wissen wollte. Aber länger warten hätte sie einfach nicht mehr ausgehalten.
Den ganzen Tag war sie durch das Haus der Heiler geschlichen, immer darüber nachgrübelnd, was so schlimm war, dass Gandalf ihr nicht sofort hatte sagen wollen, wie und warum sie hierher gekommen war, bis Enna sie ins Bett geschickt hatte, mit der Begründung, dass jemand mit so einem düsteren Gesicht der Heilung der Kranken sicherlich nicht förderlich sei und ein wenig Schlaf ihr gut tun würde.
Murrend war Iris ihrer Aufforderung gefolgt, aber schlafen war ihr vollkommen unmöglich. Sie lag in ihrem Bett, starrte an die Decke und wartete, dass es Abend wurde.
Als sie endlich schwere Schritte hörte, war sie mit einem Satz aus dem Bett.
Gandalf! Endlich!
Der Zauberer lächelte müde. Immer noch erpicht auf Antworten? fragte er.
Mehr als vorher.
So. Dann zieh dich an und komm mit.
Wohin gehen wir denn? fragte Iris neugierig, während sie Gandalf mit einer Handbewegung bedeutete sich umzudrehen und in das dunkelblaue, fließende Kleid schlüpfte, dass Enna ihr gegeben hatte.
In den Palast. antwortete Gandalf knapp und Iris hielt überrascht inne.
Was wollen wir denn da?
Einer Versammlung beiwohnen. Wieder so eine kurze Antwort. Iris merkte, dass Gandalf nicht zum Plaudern aufgelegt war, was sie aber ziemlich nervte. Da sie aber keine Lust hatte ihm alles aus der Nase zu ziehen, beschloss sie nicht weiter zu fragen.
Erst als sie durch die Gassen von Weran in Richtung Palast liefen und Iris sich bemühte, mit dem voran eilenden Gandalf Schritt zu halten, unternahm sie einen erneuten Versuch.
Was ist das denn für einer Versammlung? Hat sie was mit mir zu tun?
Der Zauberer verstummte wieder und starrte stur geradeaus.
Herr Gott noch mal, war das denn möglich! Iris gab es nun endgültig auf und ihre Ungeduld wich Trotz. Sollte der Zauberer sich doch in Schweigen üben. Früher oder später würde er ihr es schon sagen müssen, und bis dahin würde sie auch noch warten können.
Verbissen schwieg sie bis sie zu dem Hügel gelangten, auf dem der Palast lag. Dort hatte sie dann genug. Sie hielt an.
Gandalf, mir reicht's jetzt. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Ihr mich hasst. Was habe ich denn getan?
Der Zauberer sah bestürzt aus. Du glaubst ich hasse dich?
Ja. Könnte man fast meinen. Ihr benehmt Euch nicht gerade so, als wenn Ihr mich noch sonderlich mögen würdet.
Gandalf fasste sie an den Schultern und sah ihr fest in die Augen. Hör zu, ich hasse dich nicht. Wenn ich ehrlich bin, kann ich dich sogar ganz gut leiden. Es ist nur nicht gut, dass du hier bist. Wofür du ja nicht kannst, stimmt. Ich sollte mich wohl bei dir entschuldigen. Verzeihst du mir mein Benehmen?
Iris nickte erleichtert.
, Gandalfs Gesicht sah schon wieder viel freundlicher aus, dann lass uns weitergehen. Man erwartet uns sicher schon.
Gemeinsam erklommen sie den Palasthügel. Oben angekommen musste Iris kurz auf Gandalf warten, der sich bei dem Gerenne in der Stadt wohl schon etwas verausgabt hatte. Sie schaute sich um. Von hier aus hatte man den Überblick über die ganze Stadt. Sie war viel kleiner als Iris sie sich vorgestellt hatte und sie versuchte sich an ihren Namen zu erinnern. Gultin. Ja, so hieß sie. Sie fand den Namen nicht ganz passend. Gultin klang irgendwie nach einer großen Festung oder Burg, aber das hier war ein kleines, beinahe unbefestigtes Städtchen. Aber hübsch war sie trotzdem, das musste sie zugeben. Vielleicht machte gerade das ihren besonderen Charme aus.
Gandalf erreichte sie. Die Kraft der Jugend. ,keuchte er, Ich glaube ich werde alt.
Wie alt seit Ihr denn?
Alt. Sehr alt. Ich weiß gar nicht mehr wie alt genau. Er streckte sich kurz. So, dann lass uns doch mal hinein gehen.
Sie passierten die Wachen am Tor, die sich ehrerbietig vor Gandalf verbeugten, und betraten den Palast. Gandalf führte sie durch sein Inneres, das vor allem aus vielen langen Gängen bestand und Iris war sich sicher, dass sie alleine niemals mehr den Ausgang finden würde.
Schließlich kamen sie an eine zweiflügrige Tür, die Gandalf schwungvoll aufstieß. Sie gelangten in einen großen, hellerleuchteten Saal, in dem mehrere Männer in Gruppen verteilt herumstanden und leise miteinander sprachen. In der Mitte des Raumes stand ein riesiger, runder Tisch.
Das ist der Versammlungssaal. erklärte Gandalf Iris und obwohl er nicht laut gesprochen hatte, bemerkten die Männer sie beide nun und unterbrachen augenblicklich ihre Gespräche. Einer von ihnen löste sich aus seiner Gruppe und eilte auf Gandalf zu. Als er aber Iris neben ihm erblickte, verlangsamte er seine Schritte und auch Iris versteifte sich als sie ihn erkannte. Es war der Spanner.
Du? Was willst du denn hier? fauchte er und funkelte sie wütend an.
Iris musterte ihn spöttisch. Ach, plötzlich was dagegen mich zu sehen?
Das kann man wohl sagen!
Muss wohl daran liegen, dass ich angezogen bin. Nackt gefalle ich dir besser, hm?
Tareks Kopf gewann eine knallrote Farbe. Ob aus Wut oder aus Scham, war unerfindlich. Damit hat das sicherlich nichts zu tun! Seine Stimme wurde lauter, was nun auch die Aufmerksamkeit des letzten im Raum Befindlichen erregte.
Na, dann könntest du dich doch eigentlich bei mir entschuldigen.
Tarek schrie jetzt fast. Wofür denn?
Dafür, dass du nackte Mädchen anstarrst!!!
Du warst ja nicht mal nackt!
Aber das hättest du wahrscheinlich gerne gehabt, nicht?! Iris' Stimme, die an Lautstärke nun an die von Tarek sehr nahe herankam, überschlug sich fast, War wahrscheinlich das erst Mal, dass du überhaupt so nah an ein Mädchen rangekommen bist!
Tareks Gesicht wurde, auch wenn es eigentlich unmöglich schien, noch einen Tick röter. Es glich mittlerweile sehr einem roten Ballon, der kurz vor dem Platzen stand. Das muss ich mir nicht bieten lassen. Nicht von so einer...
Ja, was denn? Los, sag schon!
Iris setzte ein gespielt enttäuschtes Gesicht auf. Was besseres fällt dir nicht ein? Du scheinst nicht nur ein Spanner, sondern auch ein Dummkopf zu sein.
Tarek ballte die Fäuste und ging einen Schritt auf Iris zu, die keinen Zentimeter vor ihm zurückwich und ihn nur herausfordernd ansah.
Gandalf, der die ganze Zeit etwas hilflos neben den beiden gestanden hatte, schien jetzt den Augenblick für gekommen zu halten um einzuschreiten.
Schluss jetzt! donnerte er und trat dazwischen. Ihr benehmt euch wie Kinder. Beide! Ich bin der Meinung, dass jeder sich beim anderen entschuldigen sollte. Wir befinden uns im Krieg, in einem richtigen. Da können wir einen solchen Kleinkrieg nicht gebrauchen.
Iris und Tarek machten jeder ein sehr ähnliches Gesicht. Eines, das aussagte Nur über meine Leiche, aber Gandalf kümmerte das wenig.
Du, Tarek, entschuldigst dich dafür, dass du anscheinend Iris' Schamgefühl verletzt hast und dich einer Dame gegenüber so ungehobelt benimmst. Tarek sagte nichts, aber das brauchte er auch nicht. Sein Blick sagte alles.
Und du, Iris, ich finde du überreagierst. Deshalb ist auch bei dir eine Entschuldigung fällig.
Iris würdigte Tarek keinen Blickes. machte sie nur.
Gandalf verdrehte die Augen und stöhnte. Dann eben nicht. Wir haben uns sowieso um wichtigeres zu kümmern als um solchen... Kinderkram. Tarek und Iris wollten gleichzeitig protestieren, aber Gandalf wandte sich nun an die Zuschauer und Zuhörer dieses 'Spektakels', die noch immer verblüfft Tarek und Iris anstarrten. So etwas hatten sie noch nie erlebt.
Meine Herren, ich denke, wir sollten uns setzen und nun endlich mit der Ratsversammlung beginnen. Die Angesprochenen, noch etwas verwirrt, nickten zustimmend und alle, auch Tarek, nahmen einen Platz am Tisch ein. Alle außer Iris, die wie vom Donner gerührt dastand und sich nicht rührte. Ihr war etwas eingefallen. Tarek! Gandalf hatte den Kerl Tarek genannt und jetzt wusste sie wieder, wieso der Name ihr so bekannt vorgekommen war. Enna hatte gesagt, dass der König Tarek hieß. Aber das würde ja bedeuten... Ach, du heilige Scheiße! Sie hatte sich gerade mit dem König angelegt.
Iris, komm, setz dich. Gandalfs Stimme erreichte ihre Gedanken und sie bemerkte, dass alle nur noch auf sie warteten. Sie schlich zu einem noch freien Stuhl neben Gandalf und einem Mann mit spitzen Ohren, der ihr seltsam bekannt vorkam, und machte sich auf ihm so klein wie möglich. Bis sie wusste, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte, sollte sie versuchen nicht mehr als nötig auffallen.
Endlich hatten sich alle um den Tisch versammelt und ein etwas untersetzter Mann mit fast schwarzen Augen erhob sich gewichtig.
Dies ist ein schwarzer Tag, denn wir haben heute Herim bestattet, euren Freund, Gefährten, Onkel, meinem Bruder. Doch das ist nicht der Grund für unser Zusammenkommen. Ich selbst kenne seinen Grund nicht; es war Meister Gandalf, der um dieses Treffen bat, weshalb ich das Wort jetzt an ihn übergebe. Er setzte sich wieder und nun war es Gandalf, der aufstand.
Ich danke Euch, Baras. Es widerstrebt mir euch an einem solchen Tage in eurer Trauer zu stören, aber es sind Dinge geschehen, die sofortiges Handeln erfordern. Dinge, die vielleicht eine größere Bedrohung darstellen als die Orks.
Er räusperte sich kurz bevor er fortfuhr und schaute einmal ernst in die Runde, die ihn ihrerseits aus fragenden und auch ungläubigen Gesichtern zurückblickte. Was konnte schlimmer sein als die Orks, die schon halb Weran den Erdboden gleichgemacht hatten?
Wie ihr alle wisst, fuhr Gandalf schließlich fort, habe ich die Schriften und Prophezeihungen von Arakram, eurem großem Seher, sehr sorgfältig studiert. Dabei stieß ich auf folgende Zeilen, die euch wahrscheinlich allen bekannt sind. Sie stammen aus der 'Prophezeihung vom Ende der Zeit':
Es geschieht, dass es die Botin,
die den Namen des Regenbogens trägt,
durch ein Tor in unser Land verschlägt.
Und Waffen aus Feuer und Eisen
werden tausend mit ihr reisen.
So fallen unsrer viele Krieger,
am Ende bleibt kein einz'ger Sieger.
Vergehen werden beide Welten,
denn Frieden tut bei keinem gelten.
Nur Dunkelheit sich erhebt,
die niemand überlebt.
Gandalf schwieg einem Moment und schaute ins Leere. Es war so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Als der Zauberer den Blick wieder hob, sah er aus als würde er gerade aus einem Traum erwachen.
Die Prophezeihung erfüllt sich. sagte er in die erwartungsvolle Stille hinein und wies mit der ausgestreckten Hand auf Iris neben sich. Sie trägt den Namen des Regenbogens.
Ein Geraune erhob sich unter den Anwesendes und einer schlug die Hände vors Gesicht. Wir sind verloren! Wir werden alle sterben! jammerte er theatralisch. Ein anderer dagegen war skeptisch und schnaubte abfällig. Ach, seit still! Ihr wisst doch gar nicht, was er uns damit sagen wollte. Arakram spricht immer in Rätseln. Nur weil dieses Mädchen zufällig so einen Namen hat, hat das gar nichts zu sagen!
Eine eisige Kälte und breitete sich in Iris' Inneren Inneren aus. Sie hatte verstanden, worum es in dem von Gandalf Gesagtem ging.
Ich kann es euch erklären. sagte sie und schlagartig verebbte das allgemeine Gemurmel. Alle Blicke richteten sich auf sie. Es ist eigentlich ganz einfach. Ich kommen aus einer anderen Welt. Eure und meine müssen durch eine Art Dimensionentor oder so etwas verbunden sein, durch das ich hierher gekommen bin. Und so wie ich können auch andere Menschen aus meiner Welt nach Weran gelangen. Durch das Tor. Wenn das geschieht, wird es Krieg geben. Ja, ein Krieg wird dann unvermeidlich sein. Bei uns gibt es nämlich überall Krieg. Alle führen Krieg. Sie werden auch euch den Krieg erklären. Und den werden sie mit Waffen aus meiner Welt führen; mit 'Waffen aus Feuer und Eisen'. Raketen, Gewehre, Bomben und ähnliches.
Iris schauderte als sie über die letzten Worte der Prophezeihung nachdachte. Wenn das, was dieser Arakram sagt, aber wirklich passieren wird, wird keiner diesen Krieg gewinnen. 'Am Ende bleibt kein einz'ger Sieger' ,zitierte sie, Beide Welten werden untergehen.
Alle schwiegen betroffen. Sie zweifelten nicht im Geringsten an Arakrams Prophezeihung. Alles, was er gesagt hatte, war bis jetzt immer eingetreten. Wenn man es richtig gedeutet hatte.
Was sollen wir denn jetzt tun? Können wir überhaupt etwas tun? fragte Tarek schließlich kläglich und sah mit einem Mal sehr hilflos aus. Bei seinem Anblick dachte Iris, was für einen erbärmlichen König er doch abgab. Nein, vor so einem würde sie sicherlich nicht kuschen. Vorher hatte er noch den Starken markiert, ständig Ich bin der König! geschrien und jetzt saß er da wie ein Häuflein Elend, jammerte und wusste nicht, was zu tun war. Enna hatte recht. Tarek war kein guter König. Ein guter König würde Mut und Hoffnung ausstrahlen. Nicht Verzweiflung.
Es gibt noch eine Möglichkeit., sagte Gandalf, der nun wieder saß, und faltete die Hände auf dem Tisch, die Prophezeihung geht noch weiter. Hört zu:
Geschlossen werden muss das Tor,
damit von dem wird nichts geschehen.
Aber dringt kein Fremder nur dann vor,
wenn die Botin hier nicht mehr gesehen.
Wenn sie wird sein zurückgekehrt
dorthin wo ihre Heimat ist
braucht niemand mehr sein Schwert.
Gandalf lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete kurz die Gesichter der anderen. Die meisten schienen mit dem, was er zitiert hatte, nichts anfangen zu können, aber bei einigen, die seine Worte zumindest zum Teil verstanden hatten, konnte er Hoffnung aufleuchteten sehen.
Iris muss durch das Tor in ihre Welt zurückkehren., erklärte er schließlich, Dann schließt es sich und niemand kann nach Weran und Mittelerde gelangen. Dann kann es keinen Krieg geben.
Der Mann, der Baras hieß, atmete hörbar aus. Na, das klingt doch gar nicht so schwer! Wir finden das Tor, sie geht durch und..., er klatschte die Hände einmal zusammen, ...die Sache hat sich.
Gandalf runzelte die Stirn. Ja, es klingt einfach. sagte er, aber man konnte den Zweifel in seiner Stimme hören.
Du glaubst, dass es nicht so einfach ist. stellte der Mann mit den spitzen Ohren neben ihm fest und Gandalf schüttelte den Kopf.
Nein, Legolas. So etwas, von dem das Überleben von zwei Welten abhängt, kann gar nicht einfach sein.
So, das war mal ein langes Kapitel. Eins wollte ich noch sagen:
BITTE REVIEWT BITTE REVIEWT BIITE REVIEWT BITTE REVIEWT BITTE REVIEWT BITTE REVIEWT !!!!!!!!!!!!!
Ich flehe euch an!!!!!!!!!!!
