Kapitel 13
Legolas konnte es nicht fassen. Es war einfach unglaublich. Was Orks, Nazguls und auch Hobbits während des ganzen Ringkriegs nicht geschafft hatten, schienen Iris und Tarek nun innerhalb kürzester Zeit zu vollbringen. Er war am Rande des Wahnsinns; ein Gefühl, das ihm bis dahin unbekannt gewesen war.
Kaum hatten sie Gultin hinter sich gelassen und den Wald erreicht, war es wieder los gegangen, das Gezanke. Sie stritten unaufhörlich. Und auch unüberhörbar.
Er hatte keine Ahnung worum es diesmal ging, aber das war ihm gelinde gesagt auch so ziemlich schnuppe. Was ihm nicht schnuppe war, war dass ihm das ewige Gestreite der beiden gehörig auf die Nerven ging und dass er es nicht mehr lange ertragen würde können.
Und es wurde immer schlimmer und auch immer lauter. Legolas stöhnte gequält und hielt sich die Ohren zu. Es half nichts. Tarek und Iris waren nämlich schon wieder soweit, dass sie sich anschrien. Natürlich in der dementsprechenden Lautstärke. Er presste die Hände noch fester auf die Ohren; der Erfolg seiner Bemühungen war aber wieder gleich Null.
Hört auf, hört sofort damit auf, dachte er, aber die beiden schienen nicht einmal daran zu denken. Sie machten munter weiter.
Jetzt reichte es. Das war eindeutig zuviel.
Er nahm die Hände von den Ohren und schrie Ruhe dahinten! hinter sich; seine Lautstärke übertraf dabei, zu seiner eigenen Überraschung, die von Iris und Tarek bei weitem. Die zwei Streithähne schienen genauso überrascht, denn sie unterbrachen sich tatsächlich für einen Moment und starrten Legolas mit offenen Mündern und hochroten Köpfen an.
Dieser Zustand währte aber, sehr zu Legolas' Leidwesen, nicht sehr lange.
Halt's Maul! schrien beide wie aus einem Mund zurück, als sie sich wieder gefasst hatten, und Legolas war viel zu verblüfft als dass er sich über diese Beleidigung hätte ärgern können. Als die zwei ihre vorherige Beschäftigung des sich gegenseitig Totschreiens wieder aufnahmen, wich seine Verblüffung aber unmittelbar der bedauernden Frage, warum sie nicht immer so einer Meinung sein konnten.
wandte er sich mit Leidensmiene an dem neben ihm her reitenden und völlig ungerührt wirkenden Zauberer, Ich verstehe ja, dass wir Iris mitnehmen müssen, aber warum muss uns auch noch Tarek begleiten? Mit den beiden zusammen kann unser Vorhaben doch gar nicht gelingen. Die Orks hören das Gezanke doch schon von weitem.
Gandalf antwortete nicht und Legolas warf einen weiteren Blick nach hinten, um zu überprüfen ob wirklich noch beide am Leben waren, wobei sein Blick diesmal aber auf eine andere Person glitt..
Und warum er lenkte sein Pferd noch dichter an das von Gandalf und senkte seine Stimme zu einem Flüstern, Warum begleitet uns Baras überhaupt? Für ihn haben wir doch nun wirklich keine Verwendung. Er ist nicht einmal ein Krieger.
Ja, das stimmt, Legolas. ,antwortete Gandalf nun und seufzte, Aber Baras bestand darauf, genau wie Tarek. Und was sollte ich machen? Er zuckte hilflos mit den Schultern. Tarek ist der König und er lässt sich nichts vorschreiben. Jedenfalls von mir nicht. Die letzten Worte klangen bitter und Legolas ahnte, dass Gandalf eine heftige Auseinandersetzung mit dem jungen König über dieses Thema gehabt hatte, bei der er sich nicht hatte durchsetzen können. Es verwunderte ihn nicht. Tarek war einfach ein Dickkopf.
Plötzlich ertönte ein Aufschrei hinter ihnen, der aus dem recht konstanten Lärmpegel des Streites regelrecht heraussprang.
Verdammt noch mal! Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Im nächsten Augenblick preschte Tarek im vollen Galopp an ihnen vorbei. Offensichtlich hatte er jetzt die Schnauze voll und versucht vor Iris und seinem Streit mir ihr zu flüchten. Diese schien das aber nicht zulassen zu wollen.
Nein, kann ich nicht und ehrlich gesagt will ich es auch nicht! Du hast das nämlich bitter nötig! brüllte sie ihm hinterher und einen Sekundenbruchteil später galoppierte auch sie an Gandalf und Legolas vorbei um Tarek nachzusetzen.
Legolas war völlig perplex, was nebenbei bemerkt äußerst selten bis nie vorkam, und schaute den beiden davon galoppierenden Pferden nur ungläubig hinterher. Gandalfs dagegen reagierte schneller.
Sind die beiden jetzt völlig verrückt? fluchte er und gab seinem tänzelnden Braunen, der ohnehin schon darauf brannte hinter den anderen beiden Pferden hinterher zu rennen, die Zügel, was dieser sich nicht zweimal sagen ließ.
Nun völlig allein gelassen, Baras war schon längst Gandalf gefolgt, realisierte Legolas endlich, dass Iris und Tarek gerade dabei waren eine Riesendummheit zu begehen und dass man sie aufhalten musste. Wer weiß, was alles passieren konnte, wenn die beiden hier allein durch die Gegend galoppierten, in der es vor Orks wahrscheinlich nur so wimmelte.
Schnell hatte er Gandalf eingeholt, aber Iris und Tarek waren aus ihren Blickfeld entschwunden. Jetzt konnten sie nur darauf vertrauen, dass ihre Pferde wussten, wohin ihre Gefährten gelaufen waren.
Auch Iris konnte nichts anderes tun als auf ihr Pferd zu vertrauen, auch wenn sie Todesängste ausstand und jeden Moment befürchtete am nächsten Baum zu landen. Trotzdem wollte sie Tarek nicht gewinnen lassen. Was als Verfolgung begonnen hatte, war mittlerweile zu einem Wettrennen ausgeartet, bei dem keiner den anderen gewinnen lassen wollte. Seite an Seite preschten sie zwischen den Bäumen hindurch, keiner gab auch nur einen Zentimeter nach. Pferd wie Reiter hatte ein unbändiger Siegeswillen erfasst, der es beiden nicht erlaubte von diesem halbrecherischen Unternehmen abzulassen, trotzdem sie wussten, dass es Wahnsinn war.
Tief über den Hals ihrer Stute gebeugt, die Mähne flatterte ihr ins Gesicht, nahm Iris nur die auf den Waldboden hämmernden Hufe und das Schnauben der beiden Pferde wahr, die ganze Welt schien in diesen Augenblicken nur noch aus diesen Geräuschen zu bestehen. Und aus ihrer Angst. Ihr Herz pochte wild gegen ihre Rippen; fast glaubte sie, dass es die anderen Geräusche noch übertönte. Aber das änderte sich. Das Schnauben des Rappen neben ihr wurde immer heftiger und Iena gewann Zentimeter für Zentimeter an Vorsprung. Iris jubelte innerlich. Tarek hatte zwar das Pferd mit der größeren Schrittlänge, aber sie hatte das Pferd mit der größeren Ausdauer und Zähigkeit. Sie würde gewinnen!
Und da passierte es. Ein großer Vogel schoß von ihnen aufgeschreckt direkt vor den Hufen der Pferde aus dem Laub und beide Tiere scheuten. Iena stieg. Tareks Hengst machte eine erschreckten Satz zur Seite und da, wo sich eine Sekunde vorher noch sein Pferd befunden hatte, war plötzlich nichts mehr unter ihm. Tarek suchte verzweifelt nach einem Halt, aber nur Iris' Bein war in seiner Reichweite, das ihn aber auch nicht retten konnte, da auch Iris um ihr Gleichgewicht kämpfte und das nun, von Tarek mit hinab gezogen, vollends verlor. Auch sie stürzte, schneller noch als Tarek, hart zu Boden.
Tarek fiel weit weniger heftig. Unten angekommen (der Weg dahin war ihm irgendwie unendlich lang vorgekommen) blieb er erstmal benommen blinzelnd liegen und wusste plötzlich nicht mehr wie er da überhaupt hingekommen war. Eine Sekunde später fiel es ihm wieder ein. Richtig, er war vom Pferd gefallen. Das elfte Mal. Ungefähr. Aber diesmal hatte er sich nicht so sehr wie sonst weh getan, obwohl er wieder einmal auf den Rücken gefallen war. Er musste auf irgend etwas Weiches gefallen sein. Ja, tatsächlich. Da war etwas Weiches unter ihm.
Das Etwas konnte sprechen! Tarek drehte sich auf den Bauch und hatte plötzlich Iris' Gesicht direkt vor seinem. Entsetzt erstarrte er. Sein größter Alptraum wurde wahr.
Sag mal, bist du taub? Du sollst von mir runtergehen!
Mit Tareks Gehör war alles in Ordnung und eigentlich wollte er auch so schnell wie möglich Iris' Wunsch nachkommen, aber andererseits gefiel ihm diese Situation plötzlich irgendwie auch. Ihm fiel auf, dass es das erste Mal war, dass er Iris überhaupt so nah gekommen war und sie auch noch berührte. Seine Hand lag auf ihren Ellbogen und er konnte ihreweiche Haut unter seinen Fingern spüren. Gar nicht mal so schlecht. Am liebsten würde er seine Hand da noch etwas länger lassen. Er erschrak. Was dachte er da? Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf seine Füße und versuchte diesen Gedanken von vorhin so schnell wie möglich zu vergessen.
Du hast mich verhext! warf er dem immer noch vor ihm liegenden Mädchen vor, welches ihn fassungslos anstarrte.
Ich soll was gemacht haben?
Mich verhext haben. Ansonsten wäre ich doch nie heruntergefallen.
Oh natürlich nicht! Iris' Ironie war unüberhörbar. Du hast noch nie einen Abgang gemacht. Sie tippte sich an die Stirn. Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Jeder fällt mal vom Pferd. Ich glaube kaum, dass du da die große Ausnahme bist.
Tarek seufzte. Er hatte keine Lust schon wieder zu streiten. Also gut, ich geb's ja zu. Es war nicht das erste Mal. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du diesmal schuld bist. Du hast gewusst, dass das passieren wird. Du hast mich mit einem Fluch belegt.
Und dann falle ich auch runter? Das ist doch unlogisch. Wenn ich wirklich hexen oder zaubern könnte, was nebenbei bemerkt, absoluter Schwachsinn ist, dann hätte ich es so eingerichtete, dass mir nichts passiert wäre. Oder ich hätte es zumindest darauf geachtet, dass mir nicht allzu viel geschieht. Und ich muss sagen dein Sturz auf mich war alles andere als angenehm. Sie verzog bei der Erinnerung angewidert das Gesicht. Darauf hätte ich wirklich gerne verzichtet.
Ach, und warum, wenn ich fragen darf? Tarek war mit dieser Aussage irgendwie nicht so ganz einverstanden. Etwas in ihm wollte, dass sie das Gegenteil oder etwas in dessen Richtung gesagt hätte.
Iris schaute ihn erstaunt an und stellt verwundert fest, dass das eben eine ernst gemeinte Frage gewesen war. Was war denn in den gefahren? Sie hatte gedacht, er würde sich über so eine Antwort eher freuen als sich ärgern. Irgendwie konnte sie ihm jetzt nicht mehr die spitze Antwort geben, die sie eigentlich parat hatte.
Ich denke, du weißt warum. sagte sie deshalb statt dessen leise und Tarek konnte darauf nichts erwidern. Sie hatte recht. Im Grunde wusste er den wahren Grund, aber im Moment wollte er nicht über sich nachdenken.
Er ließ sich neben Iris ins Gras fallen.
Schön, vergessen wir das vorerst. Ich denke wir sollten jetzt erst einmal versuchen die anderen zu finden.
Iris rieb sich die Stirn, hinter der es plötzlich anfing unangenehm zu pochen. Sie werden wohl ziemlich sauer sein.
Tarek starrte auf einen Ameisenhaufen vor ihm (ein Glück, dass sie wenigstens nicht in den hineingefallen waren; ansonsten würde er wahrscheinlich hier nicht lebend sitzen) und schmiss Grashalmen in dessen Richtung. Bei dem Gedanken an Gandalfs Gardinenpredigt, die so sicher folgen würde wie die Nacht auf den Tag, wünschte er sich fast, es würden gleich ein paar Orks vorbeikommen und ihn mitnehmen.
Sie werden mehr als das sein. ,antwortete er schließlich und stellte sein Grashalm-Werfen ein, Wenn ich dir sage, dass du sich auf das Schlimmste gefasst machen solltest, kommt das wahrscheinlich nicht im Geringsten an die Wirklichkeit heran.
So schlimm?
Schlimmer. Glaub mir, ich kenne Gandalf jetzt schon seit einiger Zeit. Ich weiß wovon ich spreche.
Iris ließ sich stöhnend auf den Rücken fallen und blinzelte in die hoch am Himmel stehende Sonne.
Wo sind eigentlich unsere Pferde?
Ich habe nicht die geringste Ahnung. antwortete Tarek schulterzuckend, während er Iris betrachtete und plötzlich dachte, dass sie eigentlich doch recht hübsch war. Schleunigst gab er sich eine innerliche Ohrfeige. 'Hör sofort damit auf!' schalt er sich selber und schüttelte energisch den Kopf, als könne er damit diese Gedanken abschütteln. 'Sie ist der Feind! Und den Feind hast du gefälligst nicht hübsch zu finden, verstanden? Feinde werden gehasst!'
Ich glaube um die Pferd müssen wir uns am wenigsten Sorgen machen. Die kommen schon allein zurecht. fügte Tarek schließlich nach einer Weile hinzu, als er das Gefühl hatte, sich wieder vollständig unter Kontrolle zu haben und wieder zu dem vertrauten Zustand Iris zu hassen zurückgekehrt zu sein. Den augenblicklichen Frieden erklärte er sich mit einer Art Waffenstillstand, die beide zwischenzeitlich geschlossen hatten.
Sie schwiegen beide eine Weile und warteten. Aber niemand kam. Iris stand auf.
Sollten wir sie nicht vielleicht suchen gehen?
fragte Tarek, der nun mit den Rücken an einen Baum gelehnt saß und sie anschaute als hätte sie ihm eben vorgeschlagen ein paar Orks zu Weihnachten einzuladen.
Ich meine ja nur, es sollen hier doch so ein paar von diesen Viechern rumlaufen, diese Orks. Es wäre doch wahrscheinlich besser, wenn wir die anderen finden, bevor die Orks uns, oder?
Jaa, schon. antwortete Tarek gedehnt. Er wusste zwar, dass Iris recht hatte, andererseits hatte er aber je mehr er darüber nachdachte keine große Lust Gandalfs Donnerwetter unbedingt früher als notwendig über sich ergehen zu lassen.
Er erhob sich langsam und klopfte sich, noch langsamer, den Staub von der Kleidung. Dann inspizierte er im Schneckentempo die umher stehenden Bäume; maß die Höhe ab sie, prüfte die einzelnen Äste und rüttelte an ihnen
Iris beobachtete ihn verwirrt. War er jetzt komplett übergeschnappt?
Ähm, was machst du da?
Tarek unterbrach ärgerlich seine Arbeit.
Ich will auf eine Baum klettern um nach den anderen Ausschau zu halten. Und das muss ja wohl dann auch der richtige sein, oder?
Iris begriff zwar nicht so ganz, was für einen großen Unterschied es machte auf welchen Baum er kletterte, für sie sahen sie alle ziemlich gleich aus, aber sie sagte auch nichts dagegen. Irren soll man ja bekannterweise nicht widersprechen.
Tarek hatte inzwischen anscheinend den 'richtigen' Baum gefunden und machte sich nun daran diesen zu erklimmen, was er, entgegen Iris' Erwartung, auch recht schnell schaffte.
Pass auf, dass du nicht herunter fällst! ,rief sie ihm grinsend hoch, Das ist doch deine Spezialität. Aber Tarek tat so, als hätte er sie nicht gehört. Oder vielleicht hatte er das tatsächlich nicht, denn er starrte äußerst konzentriert in eine bestimmte Richtung.
Und, siehst du was? Iris hüpfte ungeduldig von einem Bein aufs andere. Warum sagte er denn nichts?
Hallo, hast du deine königliche Brille vergessen oder was?
Scht, schrei doch nicht so rum! Tarek wirkte mit einem Mal sehr ernst und angespannt. Wie verfluchte er seinen Wunsch von vorhin. Musste ihm denn immer alles so wörtlich genommen werden?
Flink huschte er den Baum wieder herunter und mit einem letzten, und sogar recht eleganten Sprung, landete er wieder neben der nun etwas beleidigt schweigenden Iris auf den Boden.
Ich glaube, wir waren zu langsam. flüsterte er.
Iris machte große Augen. Wie meinst du das? Die Antwort ahnte sie aber bereits.
Tarek hatte damit begonnen ihre Spuren auf den Waldboden hastig zu verwischen.
Orks. Viele. sagte er nur ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen. Sie sind schon sehr nah.
Iris spürte wie sie wilde Panik erfasste.
Orks? Jetzt? Und hier? Was sollen wir denn jetzt machen? Ihre Stimme war plötzlich so schrill, dass Tarek sie plötzlich packte und ihr den Mund zuhielt. Iris wehrte sich wütend, aber Tarek hielt sie unerbittlich fest.
Vor allem erst einmal ruhig bleiben. Wir müssen uns verstecken. Orks sind dumm. Sie werden uns nicht so schnell finden, wenn wir es geschickt anstellen. Tarek ließ die zappelnde Iris wieder los und schaute hoch in die Baumwipfel. Ein eigenartiges Lächeln umspielte seine Lippen.
Los, hoch auf den Baum. zischte er Iris zu, die ihn aber nur fassungslos anstarrte. Auf den Baum? Da würden sie sie doch sofort entdecken.
Los, mach schon!
Iris hatte gar keine andere Wahl. Sie hatte auch keine bessere Idee. Also fing sie, so schnell sie eben konnte, an den Baum zu besteigen. Tarek, der dicht hinter ihr war, half ihr dabei so gut er konnte, indem er auf den nächsten besten Ast zeigte oder sie aufhielt, wenn sie ausrutschte. Es war anscheinend nicht das erste Mal, dass er so etwas tat und Iris fragte sich ob das seine bevorzugte Methode war mit Orks fertig zu werden. In dem Fall waren sie ihrer Meinung nach schon so gut wie tot.
Schließlich hielt er sie am Ärmel fest und bedeutet ihr mit Handzeichen, dass sie jetzt hoch genug waren. Sie waren nun auf einen der höchsten und stärksten Äste. Jetzt konnten sie nur noch warten. Und beten.
Mit angehaltenem Atem lauschten sie in die Stille des Waldes hinein, konnten aber außer dem Zwitschern der Vögel nichts vernehmen.
Aber dann plötzlich erklang es wie ein Gewitter, als die Orks durch das Dickicht brachen. Iris musste sich dazu zwingen nicht ihren Fluchtimpuls nachzugeben, was sich hier auf den Baum sitzend auch als sehr schwierig gestaltet hätte.
Sie konnte sich nicht einfach nicht helfen als beim Anblick dieser Kreaturen pure Angst und Panik zu empfinden. Wie sie diese Orks hasste.
Und es war auch noch ein ganzer Trupp, der unter ihnen vorbeizog. Mit stampfenden Schritten, die nicht darauf achteten, auf was sie traten oder ob sie dabei etwas zerstörten pflügte der Orkstrom durch den Wald. Und mit jedem Ork, der nicht der letzte war, nahm Iris' Angst zu.
'Bitte, bitte geht vorbei!' flehte sie gedanklich, aber ihr Flehen schien nicht erhört zu werden. Einer der letzten Orks hielt plötzlich abrupt unter ihnen und die anderen machten es ihm nach. Iris Herzschlag setzte aus.
Was ist? brüllte einer der Widerlinge den an, der angehalten hatte.
Dieses Mädchen. Ich kann es riechen. Iris Herzschlag setzte wieder ein, aber jetzt klopfte es wie wild und sie hatte das Gefühl, dass es das solaut tat, dass jeder im Umkreis von mehreren hundert Metern es einfach hören musste. Das war das Ende.
Sie war hier.Der Ork blickte sich suchend um. Aber er schaute nicht nach oben!
Dann werden wir sie bald finden. lachte ein anderer Ork , der der Anführer zu sein schein. Er gab ein Zeichen und die Truppe setzte sich wieder ein Bewegung.
Und mit einem Mal waren sie fort. So als wären sie nie da gewesen.
Iris konnte es kaum glauben. Es hatte tatsächlich funktioniert. Sie lebten noch.
Trotzdem dauerte es noch eine Weile bis sie es wieder wagten zu atmen.
Meinst du wir können jetzt wieder runter? fragte sie flüsternd.
Tarek nickte langsam. Ja, ich denke schon. Machen wir, dass wir von hier wegkommen. Du zuerst. Halt, warte! Tarek hielt plötzlich inne und horchte. Da kommt jemand.
Iris schloss die Augen. 'Oh bitte nicht!' ,dachte sie verzweifelt, 'Wir hatten es doch fast geschafft.'
Aber es waren nicht Orks, die nun unter ihnen aus dem Wald auftauchten.
Tareks Stimme überschlug sich fast vor Freude und Erleichterung, als der Zauberer mit Legolas und Baras zusammen unter ihnen auftauchte. Augenblicklich stoppten sie. Gandalf schaute sich suchend um, konnte aber niemanden entdecken.
Wir sind hier oben!
Jetzt wanderte Gandalfs Blick zu den Baumwipfeln und Überraschung, Verwunderung, aber auch Erleichterung spiegelten sich abwechselnd in seinem Gesicht, als er die beiden Vermissten entdeckte.
Da seit ihr! Wir hatten schon gedacht wir hätten euch verloren. Was habt ihr euch nur dabei gedacht? Der Vorwurf war deutlich in seiner Stimme hörbar, aber Iris und Tarek waren viel zu froh den Zauberer zu sehen, als dass sie ihn bemerkten. Tarek war schon längst vom Baum geklettert, während Iris sich noch abmühte und etwas hilflos an den Ästen hing. Warum konnte Tarek ihr nicht ein zweites Mal helfen? ärgerte sie sich. Sie würde sich noch den Hals brechen!
Endlich hatte auch sie es geschafft und sie landete zwar mit ein paar Kratzern, aber insgesamt heil, auf den Boden. Kaum berührten ihre Füße diesen aber, fiel ihr wieder ein, was Tarek zu ihr gesagt hatte. Vielleicht wäre sie doch besser oben im Baum geblieben. Jetzt musste sie sich wohl auf einiges gefasst machen.
Gandalf musterte sie beide mit einer unheilverkündenden Miene, wie sie so vor ihm standen und der Dinge harrten die da nun kommen würden. Er hielt es nicht für nötig vom Pferd zu steigen, was sich Iris und Tarek noch einmal kleiner fühlen ließ. Legolas konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Irgendwie wirkte es doch komisch, wie die beiden da vor Gandalf standen, schuldbewusst zu Boden blickten und nicht wagten sich zu rühren. Aber was das Schönste war: Jetzt waren sie endlich mal ruhig.
Es freut mich, dass ihr beide noch am Leben seit. begann der Zauberer schließlich, aber er klang nicht so, als wäre das wirklich der Fall. Die Ironie in seiner Stimme war unüberhörbar. Wollt ihr mir dann vielleicht mal erklären, was das sollte?
Iris und Tarek schauten sich stumm an und schüttelten dann den Kopf. Was sollten sie denn sagen? Sie hatten ja selber keine Erklärung für das Geschehene. Jedenfalls keine, die ihr Verhalten entschuldigte.
Ihr habt also nichts zu sagen? Schön. Gandalf wirkte vollkommen ruhig. Noch. Iris ahnte, dass das nicht so bleiben würde.
Die Schnelligkeit der Änderung erstaunte sie dann aber doch. Erschrocken zuckte sie zusammen, als der Zauberer nur einen Sekundenbruchteil später regelrecht explodierte: Euch hätte wer weiß was passieren können!, schrie er, Ihr hättet tot sein können! Und das war erst der Anfang. Gandalf kam jetzt richtig in Fahrt; schimpfte und fluchte und war überhaupt nicht mehr zu stoppen.
Aber je länger er redete, und das tat er lange, um so lächerlicher fand Iris es, wie sie hier wie ungezogene Kinder vor Gandalf standen und ihren Blick schuldbewusst am Boden hielten. Zuhören tat sie aber schon lange nicht mehr und langsam wurde sie doch etwas genervt. War das jetzt nicht genug? Hatte er sich nicht allmählich ausgetobt? Nein, scheinbar nicht. Gandalfs Energien schienen unerschöpflich.
Inzwischen lief er wild gestikulierend vor ihnen im Kreis, was Iris' Meinung nach das Lächerliche der Situation noch verstärkte. Sie fand, dass es nun eindeutig an der Zeit wäre das Ganze zu beenden.
Sie öffnete den Mund, um etwas in der Art eines kleine Protestes zu sagen, aber Gandalf entging das nicht. Er fuhr herum und funkelte Iris so gefährlich an, dass diese ihren Mund augenblicklich wieder zuschnappen ließ und ängstlich ein paar Schritte zurückwich.
Wag' es ja nicht mich zu unterbrechen! zischte er, Ich bin noch lange nicht fertig.
Aus dem Augenwinkeln sah der Zauberer, dass auch Tarek Anstalten zum Widerspruch machte, aber bevor der junge König auch nur mit den Mundwinkeln zucken konnte, hatte er auch schon einen noch gefährlicher wirkenden und unübersehbar wütenden Gandalf direkt vor seiner Nasenspitze.
Für Euch gilt dasselbe. Und kommt mir jetzt ja nicht mit 'Ich bin der König und mir hat niemand etwas zu sagen', davon habe ich jetzt endgültig genug.
Er unterbrach sich kurz.
So, wo war ich? Ach ja: Ihr habt mit eurem Verhalten unsere ganze Mission aufs Spiel gesetzt! Wisst ihr eigentlich wie viele Orks ich auf der Suche nach euch gesehen habe?
Wahrscheinlich genau so viele wie wir. murmelte Tarek und Iris gab ihm einen Rippenstoß. Sie hielt es nicht für angebracht das gerade jetzt zu erwähnen.
Doch zu spät.
Wie bitte? Was war das? Ihr habt die Orks auch gesehen?
Iris stöhnte. Dieser Trottel. Jetzt waren sie endgültig geliefert.
Ja, haben wir. Iris hatte sich für die Flucht nach vorne entschieden. Aber keine Sorge: Uns haben sie nicht gesehen.
Habt Ihr gehört, was sie geredet haben? Gandalf schien nun nicht mehr wütend, sondern eher besorgt zu sein, was nun auch Tarek den Mut gab, etwas zu sagen.
Sie haben irgend was von wegen sie können uns riechen und dass sie uns bald finden werden gesagt. sagte er und er wollte auch noch etwas hinzufügen, aber Iris unterbrach ihn.
Nein, sie haben gesagt, dass sie das Mädchen riechen können. , verbesserte sie ihn, nicht ohne einen gewissen besserwisserischen Unterton (es machte ihr einfach zu viel Spaß), Und dass sie das Mädchen bald finden werden. Aber ich weiß auch nicht, wen sie... Sie stockte. Ihr Gehirn hatte ihr gerade auf die Schulter getippt und nun zählte sie zwei und zwei zusammen. Das Ergebnis gefiel ihr aber überhaupt nicht.
Meinten sie etwa... mich?
Die Frage schwebte zwischen ihnen und keiner wollte sie beantworten. Das war aber auch nicht nötig. Jeder wusste die Antwort bereits.
Und was machen wir jetzt? Es war das erste Mal seit der Ratsversammlung, dass Baras etwas sagte. Während der ganzen Zeit, die sie schon unterwegs gewesen war, hatte er geschwiegen und war einfach da gewesen. Iris konnte sich nicht helfen, aber irgendwie fand sie, dass Baras etwas von einem Schatten hatte. Er war immer da, verfolgte einen schweigend als ständiger Begleiter und fiel dabei auch nicht auf. Und da war noch etwas anderes, das sich Iris nicht erklären konnte. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart unwohl. Etwas Unheimliches ging von ihm aus.
Jetzt gerade war es nicht so deutlich spürbar. Iris musterte Baras verstohlen. Im Moment wirkte er genauso verwirrt und hilflos wie die anderen. Oder doch nicht? Iris schaute genauer hin, was sie aber auch nicht viel schlauer machte. Sie wusste einfach nicht, wie sie von diesem Mann haklten sollte.
Gandalf schien es genau so zu gehe, denn er bedachte Baras mit einem nachdenklichen und seltsamen Blick bevor er antwortete.
Ich sehe keinen Grund, warum wir unsere Pläne ändern sollten. Wir werden nur wachsamer und vorsichtiger sein müssen. Er betonte das Wort 'vorsichtig' sehr deutlich und Iris wusste, dass das vor allem ein Appell an sie und Tarek gewesen war. Aber Gandalf brauchte sich da kaum Sorgen zu machen. Jetzt da sie wusste, dass hier eine ganze Armee von ihren heiß und innig 'geliebten' Orks herumlief, würde sie keinen unbedachten Schritt mehr tun. Es sei denn, Tarek würde sie wieder einmal zur Weißglut reizen. In dem Fall könnte sie für nichts garantieren. Es würde also das Beste sein, wenn sie ihn jetzt vorerst links liegen ließ. Vorerst.
Als sie aber wieder im Sattel saßen (Iena und Tareks Rappen hatten sie auf einer Waldlichtung aufgelesen), konnte sie ihren Vorsatz nicht gleich halten. Eine Frage musste sie ihm doch noch stellen:
Sag mal, woher wusstest du eigentlich, dass die Orks uns in dem Baum nicht entdecken würden?
Tarek grinste. Orks schauen nie nach oben. Jedenfalls nicht, wenn sie sich in einem Wald befinden. Ich weiß auch nicht warum. Vielleicht weil sie sich im Wald nicht wohl fühlen und sich noch unwohler fühlen, wenn sie die Bäume in ihrer ganzen Größe sehen. Er zuckte mit den Schultern.
Und ansonsten.... Hätten sie uns doch entdeckt, hätte ich auch noch einen Reserveplan gehabt.
Aha. Und welchen?
Ich hätte dich an die Orks verfüttert und während sie dich verspeist hätten, hätte ich meine Haut gerettet. Tarek schaute sie liebenswürdig an und blinzelte dabei mehrere Male, was seiner Unschuldsmiene sehr den Ausdruck eines bettlenden Hundes verlieh.
Iris war einen Moment sprachlos und bevor sie überhaupt zu eine ebenso 'liebenswürdigen' Antwort ansetzen konnte, hatte Tarek den Platz neben ihr verlassen sich schon aus dem Staub gemacht. Iris schaute ihm kopfschüttelnd hinterher. Ob er seinen Reserveplan tatsächlich seinem Wortlaut nach umgesetzt hätte, wusste sie nicht, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er im Notfall wirklich etwas derartiges gemacht hätte. Sie traute ihm so was zu. An ihrem Verhältnis hatte sich also nichts geändert.
Iris stutze kurz und horchte noch einmal in sich hinein. Hatte es das wirklich nicht? Iris war sich da plötzlich nicht mehr so sicher. Irgend etwas war doch anders geworden.
Ein dickes Dankeschön an alle, die sich die Mühe gemacht haben, mir zu reviewen. Ihr seit toll! Ansonsten noch das Übliche:Wenn euch das Kapitel gefallen hat freue ich mich, wenn ihr reviewt, wenn nicht,macht's trotzdem! Freut mich genauso.
