Kapitel 16
Nein, Gandalf konnte nicht kochen. Wirklich nicht. Mit einer Mischung aus Ekel und Faszination betrachtete Iris den Löffel vor ihr, der mit einer undefinierbaren grau-braunen Masse gefüllt war. Wer war überhaupt auf die Idee gekommen, dass der Zauberer hatte kochen sollen?
Sie starrte ihr Abendessen an und kam zu dem Schluss, dass sie das nicht essen wollte. Das Problem war nur, dass sie Hunger hatte und dass ihr wahrscheinlich gar nichts anderes übrig blieb. Aber bei dem Versuch sich vorzustellen, aus was das Essen vor ihr überhaupt bestehen könnte, verging ihr der Appetit noch mehr. Wer wusste schon, was man in dieser Welt alles als essbar einstufte?
Ähm, Iris...? Iris schaute von ihrer Schüssel hoch. Tarek stand, ebenfalls mit einer Schüssel voll dampfender 'Nahrung' in der Hand vor ihr und blickte etwas nervös zu Iris, an ihr vorbei und dann wieder auf die Essensschüssel in seiner Hand. Iris stellte zu ihrer Zufriedenheit fest, dass auch Tarek nichts von dem Abendessen angerührt hatte.
Schön, das miese Essen schien nicht genug zu sein, jetzt musste sie auch noch Tarek nerven.
Ich... ich wollte mich noch mal bedanken, dass ihr mich aus dem Wasser raus gezogen habt. sagte er stotternd, vermied es aber sie dabei an zu sehen.
Iris wandte sich wieder ihrem Essen zu und begann mit dem Löffel darin herum zu rühren.
Bitte, bitte, gern geschehen. murmelte sie mechanisch. Etwas anderes wusste sie nicht zu antworten. Die Situation war ihr genau so unangenehm wie Tarek und sie wünschte sich, dass die Sache damit erledigt wäre, aber das war sie anscheinend nicht.
Darf... ich mich setzen?
Iris antwortete nicht, sondern wies nur mit ausgestreckter Hand auf den Platz neben sich; fragte sich aber im gleichen Moment was ihre plötzliche Anwandlung von Höflichkeit eigentlich sollte.
Tarek plumpste neben ihr auf den Boden. Eine Weile schwiegen sie beide und rührten im gleichen Takt im Essen herum bis Tareks Löffel scheppernd in die Schüssel fiel.
Warum wolltest du mich überhaupt retten? platzte es schließlich aus ihm heraus und nun unterbrach auch Iris ihre Beschäftigung überrascht. Das war es also. Diese Frage beschäftigte ihn so. Sie überlegte kurz, was sie ihm antworten sollte, da aber alles, was sie sich an Gründen ausdachte irgendwie unsinnig geklungen hätte, entschied sie sich ihm die Wahrheit zu sagen.
Ich wollte nicht, dass du ertrinkst. sagte sie schlicht.
Diese Antwort schien Tarek regelrecht vom Hocker, beziehungsweise, da er ja auf keinem saß, vom Boden zu werfen. Er schwankte einen Augenblick nach rechts und nach links, bevor er wieder einigermaßen aufrecht saß und sich dann nur darauf beschränkte sie ungläubig anzustarren.
Du wolltest nicht, dass ich ertrinke? wiederholte er und merkte gar nicht wie sein Oberkörper langsam auf Iris zu fiel, so als wolle er die Antwort ganz genau hören.
.Ja, Hergott noch mal. Iris wich ein paar Zentimeter zurück. Was ist denn daran so besonderes?
Och, ich meine ja nur. Ich dachte du würdest mich lieber tot als lebendig sehen.
Wenn du nicht sofort von mir wegrückst, könnte das tatsächlich der Fall werden.
Tarek hatte sich nämlich, ohne es zu merken, noch ein Stück näher auf Iris zu bewegt und auf diesen Umstand hingewiesen änderte dieser seine Sitzhaltung hastig.
murmelte er.
Iris legte den Kopf schief und schaute ihn an. Sag mal, was ist eigentlich mit dir los?
Tarek wurde rot und dieser Vorgang ging so schnell von statten, dass man fast den Eindruck hatte Iris hätte auf einen Knopf gedrückt, auf dem 'Rote Gesichtsfarbe' stand.
Wie, was ist los? Er wusste genau, was sie meinte.
Na, du bist plötzlich so nett zu mir.
Tarek kratzte sich am Kopf, schaute auf den Boden und dann wieder verstohlen zu Iris.
Können wir nicht ein bisschen freundlicher zueinander sein? fragte er vorsichtig. Weißt du, ich habe langsam genug davon mich ständig mit dir zu streiten. Vor allem weil... weil...
Weil du meistens den Kürzeren ziehst. beendete Iris den Satz, klang dabei aber eher belustigt als verärgert. Sie zuckte mit den Schultern. Von mir aus. Ich glaube ich werde meine Kraft hier noch für andere Sachen brauchen als dafür mich ständig mit dir in den Haaren zu haben.
Tarek war merklich erleichtert. Er streckte die Hand aus.
Iris schaute skeptisch auf seine Hand. Das ist aber wohl ein bisschen viel verlangt, oder? sagte sie, griff dann aber doch zu.
meinte sie. Tarek wirkte zwar ein wenig enttäuscht, nickte aber.
Er stand auf. Ich... gehe dann mal. sagte er etwas unbeholfen und wies mit dem Finger zu dem Rest der Gruppe.
Mich beschweren. Über das Essen. erklärte er.
Iris grinste. Vielen Dank. Du tust mir einen Gefallen.
Tarek lächelte sie an, als er aber merkte, dass es ein wenig verklärt wirkendes Lächeln war, machte er sich schleunigst davon.
Auch Iris lächelte. Irgendwie war er doch niedlich.
