Tonks-
Ich dachte mir nichts böses, als es hinter mir plötzlich zu rumoren begann.
Das passiert hier ja bekanntlich öfters und inzwischen hatte ich mich dran gewöhnt, deswegen drehte ich mich nicht mal um.
Und ich hatte die ganze Zeit so nen blöden Ohrwurm: „wir waaaandern, wir waaaaandern…"
Glücklich zog ich meinen Umhang ein wenig hoch, weil mein Hals kalt wurde…
Hinter mir hörte ich einen Schrei.
Na und, war sicher nur ein Vogel oder sonst was plötzlich aufgetauchtes…
-Voldemort-
Wieso hörte sie dieses Monster hinter ihr nicht?
War sie taub?
Voldemort rannte so schnell er konnte auf Tonks und ihren Verfolger zu, war sich aber nicht sicher, die rechtzeitig zu erreichen, deswegen rief er nach ihr.
Keine Reaktion.
„Tonks! Pass auf!", versuchte er es noch einmal.
Sie zuckte nicht mal zusammen.
Voldemort hielt sich wütend die inzwischen schmerzende Seite.
Er kam näher und näher…
Je näher er kam, desto genauer konnte er das Wesen sehen, das hinter Tonks herstampfte.
Es sah so aus wie die Leute sich Yetis vorstellten: groß, haarig und affenartig, mit schneeweißen Zotteln und klauenartigen Händen.
Gleich war er bei da…
Dann schnürte es ihm vor Panik die Luft ab: Das yetiartige Tier war nun so dicht hinter Tonks, das sie endlich seine Anwesenheit bemerkte und sich umdrehte.
Er sah ihre schreckensgeweiteten Augen, hörte ihren Schrei, sah, wie das Monster eine Klaue hob…
Voldemort dachte gar nicht nach, es war ihm egal, was als nächstes passierte, er hatte plötzlich ein Gefühl in seinem Körper auflodern, das er noch nie zuvor hatte – den Wunsch jemanden zu retten.
Er stürzte sich mit einem gewaltigen Satz vor…
-Tonks-
Ich drehte mich um und sah dem Tod direkt ins Antlitz: eine gewaltige Klaue senkte sich auf mich nieder…
Ich war versteinert, wie festgefroren auf dem Schnee unter mir, konnte mich vor Angst nicht bewegen.
Ich war verloren.
In Sekundenschnelle schossen tausende von Gedanken durch meinen Kopf, vor verschwommenen Bildern konnte ich keinen klaren Gedanken fassen…
Das musste es wohl sein, das Nahtoderlebnis, von dem man immer erzählte…
Im Licht der Sonne sah ich die Krallen meines Angreifers, ein einziger Schlag war tödlich, so groß war sie…
Ich schloss meine Augen…
Plötzlich hörte ich ein animalisches Brüllen von meinem Angreifer und erschrocken sah ich auf.
Das Wesen war scheinbar mit einem unsanften Stoß zur Seite gestoßen worden und taumelte noch…
Mein Blick wanderte etwas höher und ich sah gerade noch rechtzeitig Voldemort elegant wieder Richtung Erde fallen und katzengleich auf allen Vieren im Schnee landen.
Vor Schreck hielt ich die Luft an.
Der?
Er schien selber nicht so richtig zu wissen, was er hier machte, aber nun ballte er seine inzwischen sonnengebräunten Hände zu Fäusten und versuchte das Tier, das mich offenbar für sein Mittagsessen auserkoren hatte, zu reizen und von mir wegzulocken.
Das Vieh ließ sich wirklich leicht reizen – etwas zu leicht für meinen Geschmack.
Es sprühte Sabber aus seinem Maul und stampfte zornig mit seinen Füßen auf.
Es hieb nach Voldemort aus, der mit einem gekonnten Flickflack auswich, was mich zugegebenermaßen sehr beeindruckte.
Doch das dämliche Monstrum (was übrigens Mungundus nicht unähnlich sah – Sorry, das musste jetzt mal raus) ließ kurz darauf von ihm ab, offenbar weil es begriff, das Voldemort einfach zu schnell und wendig für ihn war.
Und schwuppdiwupp musste ich wieder um mein Leben fürchten, und zwar wirklich: als ich mich unauffällig verdrücken wollte, schoss plötzlich (was ist die Welt doch ungerecht) ein Felsen aus dem Boden und versperrte mir galant den Weg.
„Tom!" war das erste, was ich in meiner Verzweiflung rief.
Er schien nicht sonderlich begeistert darüber, das ich ihn Tom genannt hatte, aber er eilte sofort und ohne zu Zögern zur Hilfe.
„Hau ab!"
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, als Voldemort das Viech ablenkte, eilte ich um den Felsen herum und ließ mich schwer atmend vor Aufregung dahinter nieder.
Doch was ich nun hörte war noch schlimmer, als es mit eigenen Augen zu sehen.
Schreie, Brüllen und hastige Schritte durch den Schnee vereinten sich zu einer haarsträubenden Mischung.
Dann grölte das Monstrum besonders laut, ich hörte ein ersticktes Aufkeuchen und etwas durch den Schnee wirbeln.
Schwere Schritte entfernten sich rasch.
Und dann Stille.
Schwere betäubende Stille.
„Voldemort?", sagte ich leise.
Keine Antwort.
Mist, was war da los…?
Ich schritt vorsichtig wieder um den Fels herum und mein Herz blieb mir vor Entsetzten fast stehen.
Kapitel 3 – Der Wanderer
Ich sah ihn nur auf der Seite liegen, aber ich bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte, denn er rührte sich nicht.
Zitternd stahl ich mich näher heran.
Dann entdeckte ich das Blut, das den Schnee benetzte, ihn dunkelrot färbte und sich in rasender Geschwindigkeit ausbreitete.
„Voldemort?"
Ich hatte um ehrlich zu sein mit keiner Antwort gerechnet und bekam sie auch nicht.
Ich beugte mich ein wenig vor…
Er sah fast aus wie ein gefallener Engel (poetisch beschrieben), wie er leicht zusammengekrümmt im Schnee lag; seine schwarzen Haare lagen kreuz und quer neben ihm und er hatte seine Augen geschlossen.
Sogar eine richtige Nase hatte er inzwischen, nun blass und mit Sommersprossen gesprenkelt. Ich ging um ihn herum um seine Wunde näher zu begutachten.
Sie war viel tiefer als ich angenommen hatte.
Unwillkürlich stiegen mir Tränen in die Augen.
Er starb.
Jede Faser in meinem Körper versuchte mir klarzumachen, dass es sinnlos war, sich hier weiter aufzuhalten und zu riskieren, dass dieses Vieh von eben zurückkam.
Die Tränen liefen an meinen Wangen hinunter und tropften auf den Boden.
Ich konnte ihn doch da nicht einfach liegen und sterben lassen!
Dumbledore hatte mir mal erklärt, das Voldemort unsterblich war, nahezu um genau zu sein, aber war er das auch ohne Zauberstab? Ohne das er seine Zauberkraft benutzen konnte?
Ein kurzer Griff nach seinem Handgelenk bestätigte meine Vermutung; der Puls war viel zu schwach.
Er würde sterben, wenn ich nichts tat.
Aber würde er es nicht auch tun, wenn ich ihm half? Die Wunde, ein gezielter Klauenschlag in den Bauch, war sehr tief und blutete stark.
Ich fasste endlich einen Entschluss.
Je länger ich wartete, desto mehr verschlimmerte sich sein Zustand.
Und auch wenn er Lord Voldemort sein mochte, der mächtigste und schlimmste lebende Zauberer, auch wenn wir uns gestritten hatten und ich ihn eigentlich nie wieder sehen wollte, gerettet bleibt gerettet.
Ich hievte mir einen Arm über die Schulter und zog seinen leblosen Körper hoch.
Erstaunt stellte ich fest, dass der Gute federleicht war und es deswegen kaum Probleme gab, ihn mitzuschleifen, obwohl der Schnee ein wenig hinderlich war.
Ich schaffte es, ihn bis zu der Höhle, in der ich übernachtet hatte, zu schleppen und ihn dort abzulegen.
Aber was nun? Seine Wunde blutete stark und natürlich erschienen hier keine nützlichen Dinge wie Verband und Pflaster aus dem Nichts…
Kurz entschlossen zog ich meinen Umhang aus, hob seinen leblosen Körper leicht an und wickelte meinen Umhang um seine Wunde.
Dann machte ich rasch ein Feuer.
Das ich fast am erfrieren war, muss ich wohl kaum erwähnen…
Mitten in der Nacht verschlimmerte sich sein Zustand.
Geweckt von einem schwachen Wimmern schlug ich die Augen auf und machte mich rasch an der ersterbenden Glut unseres Lagerfeuers zu schaffen, damit ich in der Dunkelheit, die in der Höhle herrschte, was erkennen konnte.
Das Feuer flammte wieder auf und die Höhle wurde in orangenes Licht getaucht.
Der Anblick war wirklich nicht schön: das Blut war weitgehend durch den provisorischen Umhang-Verband gesickert und Voldemort war leichenblass und schwitzte heftig; offenbar wurde er von starken Fieberkrämpfen geschüttelt.
Ich hielt meine Hand an seine Stirn und Entsetzten machte sich in meinem Körper breit: ich hatte lange genug eine Ausbildung zum Auroren machen dürfen, um zu wissen, das sein Zustand mittlerweile mehr als kritisch war. Und das er schleunigst medizinische Hilfe brauchte!
In Gedanken ratterte ich alle Zaubertränke runter, die mir so einfielen und schließlich fand ich was ich brauchte: einen Trank der Fiebern linderte und Wunden heilte.
Die Zutaten waren sogar erschwinglich in der freien Natur, es war natürlich nur fraglich, ob's die auch in DIESER Natur gab, im Verschwindekabinett.
Voldemort stöhnte leise und qualvoll und drehte unruhig seinen Kopf von der einen zur anderen Seite.
Scheiße, es wurde wirklich allerhöchste Eisenbahn!
Mein Blick wanderte von Voldemort zum Höhlenausgang.
Der Vollmond hing groß und fett am Himmel und tauchte mit seinem Licht die Umgebung in silbernes Licht.
Und es hatte wieder zu schneien begonnen, sogar recht heftig, man sah kaum was.
Unschlüssig sah ich zurück zu Voldemort.
Seine Wangen waren dunkelrot gefärbt und Schweiß stand auf seiner Stirn.
Ich linste wieder nach draußen.
Ich würde erfrieren, ohne meinen Umhang…
Zurück zu Voldemort… Da entdeckte ich seinen Schal.
Er hatte ihn die ganze Zeit schon umgehabt, jetzt mal abgesehen von unserer Tropensafari, aber ich hatte ihn nicht weiter beachtet.
Es würde nicht warm genug sein, aber ich musste es versuchen.
