Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stellte ich als erstes fest, dass das Verschwindekabinett komplett ummoduliert worden war.

Statt der Grasflächen, die zwischen den Felsen verliefen, war dort nun roter Sand und es war unerträglich heiß. Ein Blick hinter mich: statt des Baumes war dort nun ein kleiner Krater.

Eine Kraterlandschaft?

Ich richtete mich steif auf. Mein Rücken tat richtig weh, weil ich scheinbar die halbe Nacht auf Sand gepennt habe, ohne es zu merken.

Es war aber nicht nur ne Kraterlandschaft, wie ich mit einem Blick in den Krater feststellte, sondern eine Vulkanlandschaft.

Super. Ich wusste schon, worauf das hinauslief: irgendeiner der Minivulkane würde ausbrechen und ich würde reinzufällig grad in der Nähe rumstehen und dann um mein Leben rennen müssen.

Ich drehte mich genervt um, um Tom von dieser Erkenntnis zu berichten, als ich merkte, dass ich alleine war.

„Tom?"

Ey, das fand ich jetzt wirklich nicht lustig…

„Tom? Wo bist du? Sag schon, das ist nicht komisch!"

Leicht besorgt betrachtete ich die Umgebung näher… als mein Blick auf seltsames Gekrakel auf dem Boden viel.

Ich ging in die Knie.

Es war eine lange Nachricht, die man mit einem Stock in den sandigen Boden geritzt hatte.

Ein Blick genügte und ich wusste, dass sie von Tom war.

Was ich da las, ließ mir Tränen in die Augen steigen.


Hey Tonks,

Ich bin gegangen, weil ich es für besser halte, wenn wir von jetzt an getrennte Wege gehen.

Ich will jetzt nicht tun, als wäre ich poetisch oder tragisch, aber ich denke, dass es einfach nicht sein soll.

Das Gespräch gestern hat mir die Augen geöffnet, was passieren könnte, wenn wir jemals wieder aus dem Kabinett kommen würden. Ich bin nun mal nicht Tom, sondern Voldemort, immer noch und werde es immer sein. Ich war es nicht mehr, seit ich dir das Leben gerettet habe, aber ich weiß, dass ich es wieder sein werde, sobald wir wieder zu Hause sind.

Ich kann und will nun mal nicht einfach von heute auf morgen aufgeben, was ich mein ganzes Leben lang mühsam zu Stande gebracht habe.

Und ich habe Angst um dich. Ich könnte nicht gegen dich kämpfen, wenn du mir noch mehr ans Herz wachsen würdest, als du es ohnehin schon bist.

Könntest du es? Wir beide verfolgen unterschiedliche Ziele und wir beide müssten unsere Interessen vertreten und keiner von uns würde es zulassen, sich dem anderen zu beugen.

Des Weiteren könnte ich nie wieder in die normale Gesellschaft zurück, schließlich bin ich doch recht gefürchtet.

Auf Askaban habe ich schon gar keine Lust.

Ich hoffe, du verstehst mich. Bitte suche nicht nach mir.

Ich denke, es ist das Beste für uns beide und für die, die uns vertrauen.

Ein Teil von mir ist sich nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung ist, die ich getroffen habe, aber deine letzte Frage gestern hat mir zu denken gegeben, und ich will nicht darüber nachdenken.

Als ich diesen Brief geschrieben habe, ist mir noch etwas klar geworden, das ich eigentlich durch meinen Weggang verhindern wollte.

Ich liebe dich.

Tom


Der Stock lag noch auf dem Boden neben der Nachricht.

Ich konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten und war nur noch am flennen.

Der Brief war mir doch sehr nahe gegangen, was schon alleine daran lag, das mir vorher nie ein Mann gesagt hatte, dass er mich lieben würde.

Ich mein, irgendwie was das nach dem Kuss ja fast klar gewesen.

Irgendwie.

Aber es dann noch mal zu sehen, richtig vor Augen zu haben, war doch was anderes.

Und am schlimmsten war, dass Tom es nicht wollte und dass er weggelaufen war, weil ich einfach meine Klappe nicht hatte halten können.

Ich hätte mich ohrfeigen können, aber ich war noch zu sehr mit heulen beschäftigt.

Ich betrachtete noch einmal den Boden.

Leichte Fußabdrücke zeichneten sich auf dem roten Sand ab und verliefen sich in der Ferne, bis ein felsiger Steinboden die Spur unterbrach.

Immerhin wusste ich, in welche Richtung er gelaufen war.

Bitte suche nicht nach mir.

Er konnte doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich ihn nicht suchte, wo er mir gerade seine Liebe gestanden hatte.

Und dann würde ich ihm gehörig den Kopf waschen (im Sinne von „Meinung sagen", ihr wisst schon), damit er nie wieder so was macht.

Mein Entschluss stand fest.

Ich erhob mich und rannte in die Richtung, in die die Fußspuren zeigten.


War es wirklich eine gute Idee gewesen, ihn zu suchen?

Längst gab es keine Spuren mehr, denen ich hätte folgen können und innerlich verfluchte ich jeden noch so kleinen Kiesel auf dieser Welt.

Und heiß war's auch.

Ich war am schwitzen wie ein Schwein und konnte nur mühsam einen Fuß vor den anderen setzten.

Um das ganze perfekt zu machen, fing mein Magen an zu grummeln. Ich muss seit meinem Aufenthalt hier schon ne menge überflüssige Pfunde verloren haben, aber richtig glücklich war ich darüber nicht.

Wie lange war ich eigentlich inzwischen hier?

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren.

Und ich vermisste meine Freunde, meine Familie. Und meine Badewanne. Und mein Bett. Und sogar der Wecker, der nie klingelte wenn er es sollte und ich mich deswegen ständig verspätete.

Ich beschloss eine Pause zu machen, weil meine Füße von der vielen Rennerei auf Sand oder Steinboden ziemlich schmerzten und mein Rücken hatte sich auch noch nicht wieder beruhigt.

Während ich so rumsaß, ließ ich meine Gedanken ein wenig schweifen.

So viel war passiert.

Tom und ich waren zusammen durch einen Unfall in dieses Verschwindekabinett katapultiert worden, ohne Zauberstab, ohne Möglichkeit anderweitig zaubern zu können und vor allen Dingen: wir hatten uns gehasst, hatten keine Chance ausgelassen, den anderen zu ärgern und mit Sticheleien auf die Palme zu bringen.

Und dann hatte sich das alles langsam geändert.

Es hatte damit begonnen, dass er sich äußerlich verändert hatte.

Erst die Sommersprossen, dann die Haare und schließlich die Augen.

Ich hatte mich seit dem ersten Blick aus seinen braunen Augen, den er mir schenkte, ziemlich in ihn verknallt, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte.

Aber vorher hatte er mir das Leben gerettet.

Das war völlig überraschend für mich gekommen – ich meine, er hatte sein Leben für mich aufs Spiel gesetzt und fast verloren.

Und dann hatte ich mich um ihn kümmern müssen, um sein Leben kämpfen müssen. Ich hab vielleicht verpennt es euch zu erzählen, aber es war öfters sehr knapp gewesen, nicht nur, als er diesen schlimmen Fieberkrampf gehabt hatte…

Er hatte sich so verändert. Naja, dazu muss man sagen, war er je wirklich anders? Vielleicht war er ja natürlicher zu seinen engsten Vertrauten und er erschien mir jetzt nur so anders, weil ich ihn nur als Feind kannte?

Aber diesen Gedanken verwarf ich wieder.

Ich erinnerte mich lieber an die schöneren Momente, z.B. den ersten…

Meine Güte, ich erinnerte mich selbst grade an meine Mutter, die von den „wilden alten Zeiten" schwärmte. Und das hab ich immer wie die Pest gehasst.

Jetzt weiß ich, wie sie sich gefühlt haben musste.

Ich vermisste Tom schon richtig, dabei war es noch gar nicht lange her und er hatte mir ein wenig aus seiner Vergangenheit erzählt…


Da ließ mich ein bedrohliches Fauchen zusammenzucken.

Ich fuhr herum.

Ich kann euch nicht sagen was es war, aber es sah hungrig aus und hatte sehr lange Zähne.

So was wie ne Raubkatze vielleicht, also ein Fall für…

Weglaufen, schoss es durch meinen Kopf.

Mit einem Satz war ich auf den Beinen. Und rannte so schnell mich meine Beine trugen über die felsige Landschaft.


Jetzt konnte mir eigentlich nur noch ein Wunder helfen, das normalerweise in solchen Situationen eintritt, weil die Autorin dieser Geschichte so furchtbar einfallsreich ist.

Aber natürlich machte sie aus purer Boshaftigkeit nichts, im Gegenteil: ich stolperte über einen Riss im Fels und knallte mit voller Wucht auf den Boden, schlug mir meine Knie und meine Ellenbogen auf und wurde von der Kraft des Aufpralls fast ohnmächtig.

Das Tierwesen war mit einem Satz neben mir und setzte schon zum nächsten an, als ein leises Grummeln hinter mir ertönte.

Das Tier kreischte ängstlich auf und rannte davon.

Ich saß halbherzig triumphierend auf dem Boden. Also doch wieder davongekommen…

Etwas landete dumpf neben mir und erlosch zischend.

Ein kurzer Blick neben mich und ich rannte wieder um mein Leben.

Ich hab ja geahnt, dass einer dieser Krater noch mal ausbrechen wird…


Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was so ne Lavapampe für eine Geschwindigkeit erreichen kann.

Ich hatte schon nach ein paar Minuten Seitenstechen und bekam wegen der Hitze, die nach dem Ausbruch des Minikraters rasend anstieg, kaum noch Luft.

Ich war mir sicher, das irgendwann die Lava erstarren würde, fragte sich nur wann…

Auf jeden Fall kriegte ich erst mal eine Wolke Ruß auf den Kopf und hustete wie verrückt.

Halb fallend, halb rennend lief ich einen Hang hinab und kam wieder auf weichen Sandboden.

Ich bekam nicht viel von meiner Umgebung mit und schon gar nicht, wohin ich eigentlich lief, und so traf es sich, das ich in voller Fahrt in einen kleinen gurgelnden Teich oder See oder Riesenpfütze rannte, mich überschlug und mit dem Kopf gegen den Grund krachte.

Ich schluckte massig Wasser, strampelte, schlug um mich, kam aber nicht frei.

Panisch kreischte ich auf, Hitze, Wasser, alles auf einmal; die Umgebung begann sich um mich zu drehen und in blinder Angst versuchte ich mit einem Sprung aus dem Teich zu hechten, aber in dem Moment wurde dieser von den Lavamassen umschlossen.

Vor Angst färbten sich meine Haare blau (eine lästige Angewohnheit von ihnen… wenn ich mich schäme werden sie rot, wenn mir wirklich kalt ist so eisbläulich… es is wirklich peinlich, wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt…) und ich saß wie festgefroren in dem Tümpel und rasselte im Stillen eine Reihe von Gebeten runter…

Glucksend und blubbernd wurde das Zeugs träger, festigte sich langsam…

Gott sei Dank, ich war gerettet…

Aber…

Das Wasser zischte laut auf, als das heiße Zeugs mit dem Wasser in Berührung kam.

Heißheißheiß!

Mit einem Schrei riss ich meinen Körper aus dem Wasser und versuchte meine Füße aus dem schlammigen Untergrund zu ziehen.

Das Zeug kam immer näher, schloss sich ringförmig um mich, auf meiner Haut erschienen erste Brandblasen.

Ich war nur noch am kreischen, kriegte meine Füße nicht frei und letztendlich gab ich es auf, konnte einfach nicht mehr: kraftlos sackte ich zusammen, Wassermassen umschlossen mich, zogen mich runter in unendliche Dunkelheit, tiefer, tiefer…