Wow, ich bin froh, dass der letzte One-Shot so gut angekommen ist :-). „Unverändert" war der dritte Text, in dem ich versucht habe, eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen. „Den Krieg vergessen" war der erste; der „Mann im Spiegel" war der vierte. Und obwohl ich nur im letzten hinbekommen habe, was ich eigentlich wollte, fand ich die anderen auch nicht so schlecht. „Die Geister der Kollegen" war der zweite Versuch. Entschuldigt also, wenn sich bekannte Informationen und Motive wiederholen.

Es ist auch der letzte MAI-One-Shot, den ich fertig geschrieben habe. Ich denke, es wird der letzte in diesem „Thread" sein. Noch einmal danke für all euer Feedback für MAI und die dazu gehörenden Texte!

Papierkram von „Die Geister der Kollegen"

Zusammenfassung: Wenn Amelia die Longbottoms besucht, hat sie Zeit, nachzudenken: Über die Auroren, die Vergangenheit und darüber, dass man nie bekommt, was man will. Keine echte Geschichte, mehr ein Freewrite.
Rating: PG
Charaktere: Amelia Bones, die Longbottoms


Die Geister der Kollegen

Dank einer merkwürdigen Fügung des Schicksals hatte keiner der Auroren, die den Longbottoms nahe standen, überlebt, um ihr trauriges Ende zu bezeugen: Die Fletchers fielen schon früh. Ace McKinnon, Franks Schüler, starb im eigenen Heim durch den Todesfluch. Jepedina Potter wurde ein Heldentod gewährt, ein seltenes Schicksal. Und Dorcas Meadows fiel als eine der letzten, als kein anderer da war, um Unschuldige zu beschützen. Natürlich war Alastor Moody noch irgendwo da draußen - sie sagten allerdings, er verliere langsam selbst den Verstand. Daher fühlte Amelia Bones sich verpflichtet, ab und an vorbeizusehen. Aber sie tat es wirklich mehr für sich selbst.

Natürlich erkannten sie sie nicht mehr. Frank Longbottom, der jetzt unter seinen schlohweißen Haaren leicht gebeugt ging, beäugte sie jedes Mal eine Weile misstrauisch, bis er die Anwesenheit der Fremden akzeptierte. Und Alice, die jetzt so große, kindliche Augen hatte, wartete immer eine kleine Ewigkeit wie auf ein geheimes Kommando ihres Ehemanns, bevor sie anfing, ihr das Papier ihres letzten Kaugummis aufzudrängen.

Die ehemalige Aurorin kam ab und zu, wenn ein besonders ereignisloser Tag im Ministerium sie in einen frühen Feierabend trieb. Es gab heute viele dieser ereignislosen Tage. Für die Auroren hatte der Frieden zeitversetzt eingesetzt, denn zuerst musste aufgeräumt werden, Todesser mussten gefasst, Akten geschlossen und Nachwuchs ausgebildet werden. Aber schließlich war er gekommen. Heute bestand die Aufgabe eines Auroren in der einer Leibwache, manchmal der eines Vampirjägers und ganz selten in einer Ermittlung über die Dunklen Künste. Amelia versuchte, ein besonderes Auge auf die Auroren zu haben, aber wirklich, mit sogar im Büro für Muggelartefakte gab es mehr zu tun.

Amelia saß an solchen Tagen auf einem Stuhl an Franks Bett, beobachtete, und manchmal erzählte sie ihnen von der Welt draußen, auch wenn sie wusste, dass sie sie nicht verstehen würden. Heute kniete Alice am Boden und bearbeitete mit ihren zitternden Fingern sehr hartnäckig eine Teppichfluse; und Frank spielte mit einer Feder, die er sonst wo gefunden hatte. Heute erzählte Amelia nicht. Sie war nach einem langen Tag des Nichtstuns gekommen, und sie war völlig bereit, ihn auch im Nichtstun ausklingen zu lassen.

Es war merkwürdig, sinnierte sie wie jedes Mal, wie die Überlebenden ihre eigene Bürde trugen. Es war merkwürdig, wie man sein Leben der Aufgabe widmen konnte, für etwas zu kämpfen, und am Ende nicht so recht entscheiden konnte, ob man es mochte.

Es war nicht so, als ob Amelia ihr Leben nicht gefiel. Und sie konnte sicher hervorragend ohne Nachtschichten, Stress und ständige Sorge um ihr Leben zurechtkommen.

Aber der Krieg hatte sie so sehr verändert, selbst sie. Amelia sah es in den Augen der jungen Rekruten, wenn sie die Abschlussrede sprach, die sie ansahen wie ein Relikt aus einer anderen Zeit, das Geschichten aus einer anderen Zeit erzählte. Sie fühlte sich zu jung für eine Kriegsveteranin... Und doch hatte sie sich einst an den Krieg gewöhnt. Sie war es gewohnt, Kollegen und Freunde sterben zu sehen... war es gewohnt, auf Spaziergängen nach Anzeichen für einen Angriff zu suchen... war es gewohnt, nachts ein Geräusch zu hören und automatisch die Schilde zu überprüfen, den Zauberstab schon in der Hand. Es hatte Jahre gedauert, die Routinen und Ängste abzuschütteln, und weitere Jahre, um sich davon zu überzeugen, dass nicht allein schon der Gedanke daran wahnwitzig und unvorsichtig war.

Amelia hatte gedacht, dass es dasselbe sein würde, nach dem Krieg, nur ohne die Angst. Dass da noch immer Kollegen sein würden, die ihren Rücken deckten und denen sie vertrauen konnte. Dass jemand übrig sein würde, mit dem man Quidditch diskutieren, und Probleme besprechen, und in verzweifelten Momenten lachen konnte. Aber das Quidditch war mit Meadowes gestorben, die Diskussionen mit Dearborn, das Lachen mit den Prewetts begraben. Die Zentrale war ein Grab, gefüllt mit den Schatten echter Soldaten.

Und dann das Vertrauen, die Ehre... all das, wofür sie kämpften. Amelia sah es als bittere Ironie, dass ein Verrat den Krieg beendet hatte. Und den Geist der Zentrale hatten als letzte die Longbottoms aufrechterhalten, wie Amelia es nie gekonnt hätte. Die Longbottoms, die jetzt mit Teppichfusseln spielten und bei jedem Geräusch herumfuhren. Deren einzige Erinnerung an ihr Leben als Auroren zu instinktivem Zusammenzucken geschrumpft war, wenn ein Fremder sie berührte. Amelia fand es manchmal bitter amüsant, dass ausgerechnet der Auroreninstinkt überlebt hatte. Das Rekrutentraining hatte Nachdruck besetzen, damals im Krieg. Bei den Longbottoms, und bei ihr auch.

Die meisten der alten Kämpfer waren nur wegen dem Krieg zu Auroren geworden und nach Moodys Kündigung ebenfalls verschwunden. Podmore sei nach Bali ausgewandert, erzählte man Amelia, obwohl sie gehört hatte, dass er irgendwann wiederkam, wenn auch nicht als Auror. Altair Pepples ging und unterrichtete Verteidigung in Hogwarts, bis ihm selbst das überdrüssig wurde und er sonst wohin verschwand. Artemis Clearwater hatte sich nach Magische Sportarten versetzen lassen... Nur Kingsley Shacklebolt war geblieben - oder so kam es Amelia vor -, und neben ihm Lydia Corday, und sie sagten, es sei aus reinem Entsetzen darüber, was aus der Welt werden sollte, wenn sie nichts beschützte als ein paar Frischlinge.

Dieser Tage kam Amelia auf eine Minute in die Zentrale, und wenn es besonders still war (und in den Siebzigern wäre es nie still gewesen!), wurde die Abwesenheit des Vertrauten so nachdrücklich, dass sie es fast wieder vor sich sah: Längst verstorbene Kollegen diskutierten drüben beim Ablagefach einen Fall, und Moody stürmte außer sich auf sie zu, und Jepedina lachte, wenn jeder andere die Nerven verlor, und irgendwo kursierte ein Witz...

Und dann verschwand das Bild, und Amelia sah nichts als einen Haufen ahnungsloser und selbstzufriedener Zauberer, die gelangweilte Berichte diktierten und einen Todesser nicht erkennen würden, wenn er direkt vor ihnen stand. Das kam sogar vor: Lucius Malfoy schlich oft genug durch die Gänge.

An solchen Tagen kam Amelia Bones nach St. Mungo und sah Frank zu, wie er Klötzchen stapelte, und Alice, wie sie in einem Anfall von spontaner Magie - selbst ungelenkt mächtig genug, um zu töten! - die Krankenschwester aufschreckte. Dann saß sie da und erzählte ihnen von draußen, und führte für ein paar Stunden lang ein seltsames Halbleben, denn Alice und Frank gehörten in die Vergangenheit, so sehr, hatten es nie in die Gegenwart geschafft.

Und irgendwann verabschiedete sie sich, von den Geistern der Kollegen, und kehrte in die richtige Welt zurück - in eine Welt, in der die Überlebenden sich manchmal genauso unvollständig fühlten wie es die Longbottoms waren.


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