2.Dezember- Hogsmeade

5.Erste Begegnung

An diesem Samstagmorgen war er, selbst für seine Verhältnisse, außergewöhnlich früh aufgewacht. Noch bevor die Sonne aufgegangen war, hatte er sich angezogen und dachte nun über sein Vorhaben nach. Was erwartete ihn beim Treffen mit diesem Dunklen Lord? Er hatte im Laufe der Zeit einige Gerüchte über ihn aufgeschnappt:

Er musste der brillanteste Schüler gewesen sein, der jemals seinen Abschluss in Hogwarts gemacht hatte. Beim Durchforsten der Schulchroniken war Snape auf einen gewissen Tom Riddle gestoßen. Seine Leistungen waren legendär, denn er war immer Jahrgangsbester, Vertrauensschüler, schließlich Schulsprecher und obendrein Kapitän der Slytherin- Quiddichmannschaft gewesen (die mit ihm als Jäger sechs Jahre hintereinander den Hauspokal gewonnen hatte). Der Kerl war genau das, was Snape immer hatte sein wollen.

Nach seiner Schulzeit war Riddle jedoch einfach von der Bildfläche verschwunden, wahrscheinlich, um Dinge zu sehen, die kein Mensch zuvor gesehen hatte, und zu lernen, was keine Schule oder Universität lehren konnte.

Auf jeden Fall brannte er darauf, ihn endlich kennen zu lernen, denn sein eigene Gier nach Wissen, das für ihn Macht bedeutete, wurde im Unterricht nicht einmal ansatzweise befriedigt.

Vielleicht eröffnete ihm dieser Riddle ganz neue Möglichkeiten...

Auf dem Weg in die Große Halle schnappte er einige Gesprächsfetzen aufgeregt miteinander redender Schülergruppen auf. Ein Viertklässler aus Hufflepuff flüsterte aufgeregt:

„Angeblich haben sie die gesamte Einrichtung im Gryffindor-Gemeinschaftsraum demoliert..."

„Einer hat angeblich zwei Tage am Stück nur gereihert..."

„McGonnagall soll sogar Prügelstrafen verhängt haben...", tönte es aus einer anderen Ecke.

Die Gerüchte wurden immer absurder. So behauptete eine Gruppe von Erstklässlern steif und fest, die halbe Belegschaft des Gryffindor-Turms hänge an den Fußgelenken gefesselt kopfüber in den Kerkern.

Tatsache aber war, dass der gesamte siebte Jahrgang der Gryffindors wegen ungebührlichen Verhaltens unter Arrest stand und nicht mit ins Zaubererdorf gehen durfte, was äußerst praktisch war, weil Potter und seine Bande ihm dann nicht nachspionieren konnten.

Potters kleiner Freundin ist jetzt wahrscheinlich immer noch schlecht",

dachte er gut gelaunt.

Nach einem spartanischen Frühstück stellte er sich mit den anderen am Ausgang auf, um sich abzumelden. Unter Professor McGonnagalls scharfem Blick unterzeichnete er die Liste und machte sich dann auf den kurzen Weg ins Dorf.

Die Landschaft schien nur aus Schattierungen von grau zu bestehen, und obwohl es bereits Dezember war, fühlte die Luft sich unangenehm warm an.

Als er an den „Drei Besen", einer kleinen Kneipe in Hogsmeade, vorbeilief, fing es auch noch an zu nieseln.

Eigentlich sollte es um diese Jahreszeit schneien und kalt sein, dachte er ärgerlich, und stapfte weiter durch das Dorf, das wie leergefegt schien, was bei dem Wetter und dem Fehlen eines ganzen Schülerjahrgangs ja nicht weiter verwunderlich war.

Er hatte sein Ziel erreicht. Er ging durch das alte, rostzerfressene Tor, nicht ohne noch einen Blick auf die Heulende Hütte zu werfen, was unangenehme Erinnerungen bei dem schlaksigen jungen Mann hervorrief. Schaudernd dachte er daran, wie er vor gut einem Jahr beinahe von einem Werwolf zu Hackfleisch verarbeitet worden wäre.

Schluss damit!"

wies er sich selbst in Gedanken zurecht und verbot sich, noch weiter daran zu denken. Es gab schließlich Wichtigeres zu tun.

„Na so was, du hast dich wirklich hergetraut",

ertönte eine tiefe, kühle Stimme hinter ihm. Hastig wirbelte er herum, und blickte in die stechenden grauen Augen Lucius Malfoys. Sein blasses, aristokratisches Gesicht zeigte ein blasiertes Lächeln.

„Du hast mich nicht enttäuscht. Aber das hätte ich auch nicht von dir erwartet, Kleiner."

„Nenn mich nicht immer so. Ich bin kein Kleinkind!",

raunzte Severus.

„Tja, für mich wirst du immer der Kleine bleiben...Weißt du noch, wie ich damals deinen Kopf, den Potter in der Kloschüssel festgezaubert hat, wieder rausgezogen habe, oder als du da im Baum hingst..."

„Es reicht! Wenn du in alten Erinnerungen schwelgen willst, dann ohne mich. Ich hab auch so schon genug zu tun!",

unterbrach er Malfoy unwirsch und machte demonstrativ auf dem Absatz kehrt, (was auf dem matschigen Waldboden ein nicht ganz einfaches Unterfangen war) als wolle er gehen.

„Immer noch so humorlos wie früher", sagte der blonde Mann kopfschüttelnd, "aber wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, hattest du ja in letzter Zeit deinen Spaß..."

Snape sah ihn misstrauisch an.

„Sag mal, wie hast du das schon wieder rausgekriegt? Und wie machst du das mit den Nachrichten?"

„Hauselfen. Wenn du einen von ihnen unter Kontrolle hast, gehört dir Hogwarts",

sagte Malfoy und zeigte sein aalglattes „Ich-kann-alles-weil-ich-Geld-hab" Grinsen.

„Und jetzt komm, wir haben nicht ewig Zeit."

Schweigend machten sie sich auf den Weg tiefer in den Wald. Als sie ungefähr zwei Kilometer hinter sich hatten, und Snape das Ganze zu nerven begann, machten sie an einer kleinen Lichtung halt, wo ein schmutzverkrusteter Muggel-Telefonhörer lag.

Das musste wohl ein Portschlüssel sein. Ihm wurde langsam mulmig zumute, weil er sich nun ganz in die Hände seines Begleiters begab.

Sie legten beide je einen Finger auf den Hörer, dann spürte er, wie er mit einem Ruck vorgezogen wurde und eine wirbelnde, kurze Reise begann.

Es gab einen Aufprall, und sie landeten an ihrem Zielort: Snape unangenehm auf dem Hintern und Malfoy geschickt auf den Beinen.

Es war ein alter Friedhof, wohl weiter im Norden, denn hier lag eine dicke, nasskalte Schicht aus Schnee, der nun seine Hose durchnässte.

Während er sich aufrappelte, apparierten schwarz gekleidete Gestalten mit verhüllten Gesichtern auf dem Platz. Er begann sich zu fragen, ob das hier wirklich die richtige Veranstaltung war, denn die Leute kamen ihm ein wenig abgedreht vor.

„Glaubst du, du bist normal?", vernahm er eine surrende, irgendwie unmenschlich klingende Stimme, und erschrak zum zweiten Mal an diesem Tag fast zu Tode.

Er drehte sich um, und als er sah, wer hinter ihm stand, musste er alle Selbstbeherrschung, zu der er fähig war, aufbringen, um einen Schrei zu unterdrücken.

„Wenn du gewöhnlich wärst wie die meisten Menschen, hättest du den Weg zu mir sicher nicht gefunden", sagte der leibhaftige Lord Voldemort. Sein schlangenhaftes Gesicht mit schmalen, rotglühenden, so unglaublich fremdartigen Augen verzog sich zu etwas, was wohl ein Lächeln sein sollte.

„Willkommen!"

Anm: So, da bin ich wieder mit dem nächsten Kapitel, das hoffentlich euren Erwartungen gerecht wird. Danke übrigens für die netten Reviews, so was erfreut das Schreiberherz!