Kapitel 3 – Silent Gate

Kommandozentrale der Forschungsstation Earthgate – 20.46 Uhr, 21. September 2370, Ross 128, Knossos-Portal

„Commander Markés, alle Systeme melden Status Grün. Flusswerte nominal, Energieversorgung klar. Sir, ich glaube, wir können Geschichte schreiben."

Commander Markés stand am größten Fenster des gesamten Kommandozentrums und blickte nach draußen. Vor langer Zeit hat die GTVA den Kontakt zur Erde verloren, im ersten shivanischen Krieg musste der Sprungknoten dem shivanischen Superzerstörer Lucifer geopfert werden um ihn zu zerstören. Seit dem sind über 50 Jahre vergangen. Nun hat die GTVA dank der Knossos-Portal-Technologie „der Alten" (eine längst ausgestorbene, technologisch sehr weit fortgeschrittenen Rasse) endlich die Möglichkeit, den Kontakt zur Erde wieder her zu stellen. Und das war dabei, in den nächsten Minuten hier zu passieren!

Der gigantische, von Menschenhand erschaffe Nachbau des Knossosportals war fertig. Alle Systeme waren stabil und einsatzbereit. Und Markés gab das Startsignal.

„Wow, wirklich beeindruckend, Mitch."

„Sag ich doch. Und diese Babies sind wirklich für alles gut. Die Putzen sogar die Gänge, wenn ich will." Er war mit Claire das erste mal hier in der Drohnenhalle.

„Wieviele gibt es hier?" Sie blickte in die ca. 6 Meter hohe Halle, der exakt 70 Meter lang und 35 Meter breit war. In dieser Sektion in der unteren Mitte des Schiffes waren ursprünglich Crewquartiere gewesen. Es wurden einfach die Wände und Decken entfernt und der nun entstandene Hohlraum verstärkt. Nun standen hier meterhohe Regale über die ganze Länge der Halle. In diesen Regalen hingen genau 350 Reparaturdrohnen sicher verankert. Diese kugelförmigen Drohnen hatten in ihren runden Konstruktionen alle möglichen Werkzeuge verstaut, flogen selbstständig dank Gravitationspads und Steuerdüsen und waren mit ihrem Durchmesser von 90 Zentimetern klein genug, um in die Wartungsröhren der Defiant zu kommen. Und natürlich waren sie Weltraumtauglich, falls mal jemand eine Schramme an das Schiff machen sollte.

„350 Stück insgesamt. Diese Dinger können alles reparieren. Und falls sie das passende Werkzeug mal nicht dabei haben, kann ich es nachrüsten. Denn, ", er zeigte mit der Hand auf eine andere Tür, die aus der Halle führte, „wir haben in dem Werkzeugraum da drüben genug Instrumente. Die ersparen uns wirklich ne Menge arbeit, das sag ich dir."

Susan ging ein paar Schritte nach vorne um einen genaueren Blick auf eine der Drohnen zu werfen und sie genauer zu inspizieren.

„Interessante Teile. Wie ist Steven da nur wieder rangekommen…"

„Er sagte mir, dass diese Teile von Nankam entwickelt wurden und bereits serienreif sind. Sie wären früher oder später sowieso an die GTVA geliefert worden. Also konnten wir auch schon ein paar abstauben." Susan ging immer näher an die erste Drohne der unteren Reihe heran, da reifte in Mitch eine gemeine Idee…er ging an die Vorderseite des Regals, an der ein Display montiert war. Geräuschlos tippte er ein paar mal darauf herum, während Susan immer noch total vertieft war.

„Hier unten kommen dann wohl die Arme heraus, da muss das Werkzeugdepot drin sein und hier…WAAAAHHHHH!" Sie schreckte zurück und fiel glatt nach hinten um. Die Drohne fuhr plötzlich ihre zwei Arme aus und fuchtelte wild damit herum, was wirklich sehr…skurril aussah. Naja, und was Mitch machte, dürfte klar sein, er bekam sich vor Lachen kaum noch ein.

„Boah du Mistkerl!" sagte sie jetzt auch lachend und stand auf. „Wehe du machst das noch mal!" Gerade als Mitch sich wieder halbwegs gefangen hatte und Susan sich beruhigte, kam ein Ruf von der Brücke.

„Mitch, Susan, kommt ihr bitte auf die Brücke zurück? Wir machen gleich den letzten Sprung, dann sind wir laut deren Commander endlich angekommen. Bin ja mal gespannt, was uns dort erwartet."

„In Ordnung, Sao, wir kommen." Die beiden machten sich auf den Weg zur Brücke, um ihre Posten wieder zu besetzen. Wenn sie dort ankommen würden, würde nur noch die Bezahlung über die Bühne gehen müssen, dann wäre der erste Einsatz geschafft.

Brücke der GTCv Defiant – 21.55 Uhr, 21. September 2370, Delta Serpentis-System

„Austritt jetzt." Min gab gerade diese Meldung heraus, als sich die Tür öffnete und Mitch und Susan die Brücke betraten. Einen kurzen Ruck später war der Frachterkonvoi und die Defiant sicher gesprungen und wieder im Normalraum angekommen.

„Die Frachter setzen Kurs auf eine Station, laut unserer Datenbank ist das eine Forschungsstation. Sonst ist über diese Einrichtung nur wenig bekannt, nur das sie Triton Dynamics gehört. Keine Ahnung, was die da Forschen."

„Danke Min, bleib dran. Na, ihr zwei? Wie wars im der Halle?" fragte Steven die beiden Ankömmlinge.

„Ziemlich…erschreckend…" sagte Susan und schaute merkwürdig grinsend zu Mitch, der wieder anfing zu lachen. Steven schaute die beiden verwundert an, Susan antwortete „Das erklär ich dir später…wie siehts hier aus? Wir sind fast da, habe ich mitbekommen?" Sie ging zu ihrer Station und nahm Platz, Mitch folgte und ging zu seiner Station.

„Jep, sind wir. Müssen jetzt nur noch schnell das mit unserer Bezahlung regeln. Susan, öffne einen Kanal zu ihrem Flagschiff." Steven drehte sich nach vorne und setzte sich in eine akkurate Sitzposition. Einen kleinen Zuck auf dem Schirm später sah er den kommandierenden Offizier das GTM Galys, Commander Hallon, vor sich.

„Ahh, Captain Nankam, freut mich, sie zu sehen, was kann ich für sie tun?"

„Commander, wie gehen die Reparaturen voran?"

„Das Loch, was die Leviathan in unsere Hülle geschossen hat war groß, aber wir haben es mittlerweile provisorisch versiegelt. In ein paar Minuten sind wir ja bei der Station, dort können die Reparaturen dann professionell durchgeführt werden. Lassen sie mich an dieser noch einmal meinen Dank aussprechen. Jede andere Eskorte wäre wohl von der Leviathan und ihren Jägern über den Haufen geschossen worden. Auch wenn wir ein Schiff verloren haben, so wären wir ohne sie jetzt vermutlich alle tot. Das Leben meiner Crew und der der anderen Schiffe haben wir ihnen zu verdanken, Captain."

„Nicht der Rede wert, das war ja schließlich UNSER Job." Er betonte das unser besonders stark und blickte kurz zu seinen Freunden. „Aber ihr Auftraggeber hatte mir doch versichert, und sicher auch ihnen, das keiner von diesem Transport weiß, eben wegen der geheimnisvollen Fracht."

„Tja, das hatte ich eigentlich auch gedacht. Ich weiß selber nicht mal, was wir hier transportieren, wir wurden genauso angeheuert wie sie. Naja, wir werden das abliefern, unsere Reparaturen durchziehen und dann sehen wir weiter." Ein leichtes Grinsen formte sich im Gesicht des Commanders. „Nunja, kommen wir zu dem für sie angenehmen Teil. Wir wurden angewiesen, ihnen bei unserer Ankunft einen Betrag zu überweisen. Wenn sie bitte ihr Konto überprüfen würden…"

Steven drehte sich mit seinem frei drehbaren Stuhl zur großen Konsole hinter ihm um, Sao stand dort und blickte mit großen Augen auf die Anzeige, dann zu Steven und nickte.

„Alles angekommen, vielen Dank."

„Sehr gut, nachdem das jetzt erledigt ist, wünschen wir…" Der Commander blickte plötzlich merkwürdig zur Seite, er schien mit jemandem zu sprechen. Steven schaute etwas merkwürdig. Plötzlich fing es auf der Brücke bei Susans Sensorenstation auch an zu piepen.

„Was ist los?" fragte er. „Ich empfange hier merkwürdige Strahlungswerte von der Station, tief aus dem Inneren. Tachyonenstrahlung und noch etwas, was unsere Scanner nicht einordnen können…"

„Ach, sie empfangen das auch, Defiant?" unterbrach sie der Commander.

„Ja." antwortete Susan, „Habe aber keine Ahnung, woher diese Strahlung kommt."

„Wir versuchen mal, die Station zu erreichen, einen Moment…was zum?" Der Gesichtsausdruck des Commanders ließ auf nichts gutes Schließen.

„Was ist hier los? Susan!"

„Warnung! Unbekannte Subraumverzerrung nähert sich. Ich empfehle dringend Ausweichmanöver!"

„Uh oh…" Abflug. Stille.

Brücke der GTCv Defiant – 22.11 Uhr, 21. September 2370, Position unbekannt

Ihm war sehr warm, ungemütlich warm, er schwitzte. Irgendwie war seine Lage auf dem Boden der Brücke sehr unbequem, seine Augenlieder hoben sich ebenfalls nur mit unzureichender Geschwindigkeit. Doch trotzdem drang langsam das erste Licht in seinen Augen ein, während er langsam versuchte, aufzustehen.

„Uuhh…" stöhnte er. „Was zum Teufel war das…" Sein Blick wanderte langsam über die Brücke. An einer Stelle trat Gas aus einer Leitung in der Wand aus, Funken stoben aus einigen Konsolen, die Deckenbeleuchtung flackerte nervös.

„Sao!" schrie er plötzlich, als er sie in der hinteren linken Ecke der Brücke liegen sah. Ein kleiner Strom aus dunkelrotem Blut lief ihre Stirn herunter, tropfte glucksend auf den kalten Fussboden. Entgegen der Schmerzen, die ihm sein eigener, angeschlagener Körper machte, stürzte er sofort zu ihr. Er schrie sie an, sie solle doch aufwachen, doch sie reagierte nicht. Hektisch und total aufgelöst griff er ihren Arm, um den Puls zu fühlen.

Er war noch da.

Doch trotzdem wusste er sich nicht zu helfen. „Weg da, ich kümmere mich um sie!" Eine Hand griff auf seine Schulter und schubste ihn sachte weg. Es war Claire. Sie muss gerade aus dem Fahrstuhl gekommen sein und brachte auch gleich einen medizinischen Notfallkoffer mit. „Kümmer du dich um die anderen!" Er nickte stumm.

Als er dann auf Mitch zuging, bewegte sich dieser von selber, er sah nicht verletzt aus. Langsam kamen alle wieder zu sich. Ein Schrei tönte.

Min's linker Arm war in einer sehr unschönen Lage, Elle und Speiche des Unterarms waren gebrochen, was er verständlicherweise alle sofort lautstark wissen ließ.

„Schafft ihn auf die Krankenstation, ich komme gleich nach!" brüllte Claire erregt. Sie hätte sich nicht träumen lassen, dass sie ihr gelerntes Wissen so schnell hätte einsetzen müssen.

Mitchum und Jonathan stützten der vor Schmerzen schreienden Minao und schaffte ihn in den Turbolift. Susan nahm an ihrer etwas verwüsteten Station platz und überprüfte das Schiff, während Steven gebannt auf den flackernden Schirm blickte. Zwei Schiffe des Frachterkonvois gingen vor seinen Augen in Flammen auf, die anderen schienen schwer beschädigt zu sein. „Steven…" hörte er es leise aus dem Hintergrund murmeln. Als Steven sich wendete, blickte Sao ihn mit ihren wunderschönen Augen lächelnd an. „Sie war nur bewusstlos, mehr nicht."

Sie fielen sich beide überglücklich in die Arme und vergaßen für einen kurzen, ganz kurzen Moment, was passiert war. „Danke Claire." Steven blickte Claire glücklich an, sie wusste, dass er ihr sehr dankbar war. „Ich kümmere mich jetzt um Min." Sie verschwand im Lift.

„So, kann mir jetzt mal jemand erklären, was hier los ist?" Steven schaute dabei fragend zu Susan, die immer noch auf ihre Anzeigen starrte.

„Wo fange ich an…also ich habe keine Ahnung, wo wir sind und was uns hier her gebracht hat. Auf jeden Fall sind wir nicht mehr da wo wir waren…" Sie machte eine Pause. „Ich weiß, keine sehr wissenschaftliche Erklärung, aber besser geht es momentan nicht."

„Und was ist da draußen los?" Sao zeigte mit dem Finger kurz auf den Schirm. „Zwei der 5 Konvoischiffe sind explodiert, die anderen drei schwer beschädigt. Und die Station ist ebenfalls hier."

„Was? Die Station, an der der Konvoi andocken sollte? Das ist unmöglich!"

Susan drückte ein paar Knöpfe und blickte dann auf den Schirm. Er zeigte tatsächlich die Station. Beschädigt, aber intakt.

„Finde raus, wo wir sind, rede von mir aus mit den anderen Schiffen, aber ich will eine Erklärung!" Steven war recht aufgebracht, wie die anderen auch. „Geht klar, ich bin dran."

„Was ist eigentlich mit Sally los, warum hören wir von ihr nichts?" Sao lief an die Konsole hinter dem Stuhl des Captains und tippte darauf herum, Steven stellte sich hinter sie. Die Anzeigen blinkten, Systemberichte tauchten auf. „Ihr primärer Systemrouter ist ausgefallen, der Sekundäre nicht angesprungen…sie ist praktisch in ihrem Speicherbereich gefangen, kann nicht nach draußen kommunizieren, da ihre Signale nicht an die Schiffssysteme weitergeleitet werden." Mitch betrat wieder die Brücke. „Min geht's ganz gut, Jon bleibt noch etwas bei ihm. Was war hier los?"

„Wenn wir das wüssten…" antwortete Steven. „Wir haben keine Ahnung wo wir sind, wie wir hier hergekommen sind, und warum diese Riesenstation mit hier ist. Susan kümmert sich drum. Check du die Schiffssysteme durch und leite Reparaturen ein. Sally hat Priorität, ihre Systemrouter sind ausgefallen."

„Klingt nach einer Menge Arbeit, ich kümmer mich drum."

„Ich helf dir." sagte Sao und lief ihm hinterher. Steven ging an Mitchs Station, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Als er saß, schoss es ihm wie ein Blitz durch den Kopf. „Brücke an Hangar, Sam, hörst du mich, antworte!...Sam!"

„Mist, so ein gottverdammter Mist! So eine Scheie! Verdammt noch mal!" hörten ihn Steven und Susan fluchen. „Sam, was ist los, sag was!" Keine Antwort. Er blickte kurz zu Susan und sprintete dann zum Lift, begab sich zum Hangar hinunter. Als die Lifttüren sich öffneten, blickte er in den Hangar hinein. Einen der Perseus-Jäger hatte es aus der eigentlich sicheren Verankerung gerissen, die ihn festhalten sollte, er lag halb auf dem Rücken an der Wand der Halle.

„Sam!"

Besprechungssaal der Raumstation Quasar IV – 13.37 Uhr, 22. September 2370, Position unbekannt

Mehrere der führenden Wissenschaftler der Station sowie des Frachterkonvois hatten sich auf Einladung von Prof. Dr. Marius Kalln in diesem kreisrunden Konferenzraum versammelt. Er hatte sich die letzten Stunden mit seinem Team damit beschäftigt, die aktuelle Position des Verbandes festzustellen, da die Station die beste Ausrüstung dafür hatte, auch wenn Einiges davon durch den Sprung beschädigt wurde.

Es waren bereits sieben Minuten vergangen, sieben Minuten, in denen Dr. Marius Kalln schon hätte hier sein müssen. 13.30 Uhr war vereinbart. Und Susan wurde immer nervöser.

Sie war als Wissenschaftsoffizier der Defiant ebenfalls eingeladen worden, kam sich aber unter diesen ganzen Leuten hier trotzdem etwas komisch vor.

Auch wenn Sam dabei war.

„Du hast uns allen gestern einen gehörigen Schrecken eingejagt, weißt du das?" Sie schaute Sam direkt an, blickte auf das hautfarbene Gel-Pflaster auf seiner Stirn. Er lehnte sich in seinem Stuhl links neben ihr zurück und schaute an die Decke. „Es war halt etwas schlechtes Timing, das Steven gerade in dem Moment kam, als ich mir den Zentralrechner des umgekippten Perseus angekuckt hab." Er musste etwas lachen. „Sah für ihn wohl so aus, als ob ich der Käse auf dem Sandwich gewesen wäre."

„Hey, darüber macht man keine Witze."

„Ach komm, etwas Humor kann in unserer Situation wohl nicht Schaden, oder?" Sie rollte leicht schmunzelnd mit den Augen. Er sah wirklich alles immer Positiv. Eigentlich keine schlechte Eigenschaft, nur manchmal etwas nervig. Sie schaute durch den Raum, die anderen Leute diskutierten wild. Sie konnte einiges verstehen, anderes nicht. Dann ging die Tür auf.

„Entschuldigen sie die Verspätung, meine Damen und Herren, wir mussten unsere Ergebnisse zweimal nachrechnen, was recht zeitaufwendig ist." Dr. Kalln lief auf den letzten freien Platz zu, setzte sich aber nicht hin. Er stützte sich mit beiden Armen auf dem Tisch ab, ließ den Kopf hängen, er schnaufte. Sam und Susan schauten sich mir fragenden Blicken kurz an. „Wir haben ein Problem." Er zückte eine kleine Disk und steckte sie in eine Öffnung an seinem Platz. Einen Knopfdruck später verdunkelte sich der Raum und der Holoprojektor sprang an.

„Wie nur unschwer zu erkennen sein dürfte, ist das was sie sehen eine Sternenkarte." Zwei Sachen waren hervorgehoben: Die Sonne in der Milchstraße und ein Punkt im Andromeda-Nebel. Das schwache Licht der Projektion ließ das Gesicht des Professors in merkwürdigen Schattenspielen scheinen. Sein Blick und seine Stimmlage ließen nichts Gutes verheißen.

„Und das ist unser Problem."

Eine rote Linie tauchte auf und verband beide Punkte miteinander. Darüber erschien eine Zahl.

2,216 Millionen Lichtjahre.

Sie blinkte rot.

Keiner sagte etwas, es war still. Nur das Summen des Projektors war noch zu vernehmen.

„Soll…soll das etwas heißen, wir befinden uns am Rand des Andromeda-Nebels?" sagte eine zierlich klingende Frauenstimme leicht zitternd. „Das ist doch nicht ihr ernst!" Immer noch Stille. Susans Hände krallten sich in die Armlehnen. Sam zuckte nicht.

„Glauben sie mir, ich konnte es nach den ersten Berechnungen genauso wenig glauben wie sie jetzt. Wir haben es nachgeprüft, immer und immer wieder. Ein Fehler ist ausgeschlossen."

„Aber wie soll das möglich sein? Kein Antrieb der Welt kann uns so weit transportieren!" sagte Prof. Dr. Sara Wellner. „Um es kurz zu sagen, wir wissen es nicht. Wir hatten noch keine Zeit, uns mit den Daten näher zu befassen. Aber natürlich ist dies unser nächstes Ziel. Diese Sache stellt uns alle vor völlig neue Herausforderungen. Auch wenn sie es mir vielleicht nicht ansehen, ich bin genauso fertig wie sie alle hier." Er blickte in die Gesichter aller Anwesenden, die Enttäuschung, den Ärger, die Wut und die Ratlosigkeit stand allen offensichtlich ins Gesicht geschrieben.

„Aber unsere Lage könnte schlimmer sein. Wir haben eine Station voll mit Ressourcen, die uns alle für mindestens 1 Jahr versorgen kann, wir haben 3 Transportfrachter und eine bestens ausgerüstete Korvette, die uns verteidigen könnte. Die Sensoren sind frei, keinerlei Schiffe in der nahen Umgebung. Einen unbekannten Sprungknoten haben wir ebenfalls schon entdeckt. Wenn sie mich fragen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder nach Hause kommen." Ein etwas angestrengt aussehendes Schmunzeln huschte über seine Lippen. So gut wie jeder bemerkte, dass es aufgesetzt war. Er drehte sich zu einem Offizier, der Susan und Sam unbekannt war. Beiden schoss momentan vieles durch den Kopf. Familie, Freunde, ihre Heimat…aber sie verdrängten es und besonnen sich auf ihre Professionalität. Und die Worte von Dr. Kalln.

„Commodore Malokowich, es liegt nun an ihnen und ihrem Führungsstab alles Weitere zu organisieren. Sie sind die höchste Militärperson von uns allen, demzufolge haben sie das Kommando."

Der Commodore holte tief Luft. „Die Lage ist…schwierig, dass wissen wir alle. Aber konzentrieren wir uns auf unsere Aufgabe. Ich werde mich mit meinem Stab zusammensetzen und einen Plan ausarbeiten, was als nächstes zu tun ist. Bis dahin haben sie alle den Befehl, ihre Schiffe wieder auf Vordermann zu bringen, denn wir können jedes Einzelne gebrauchen. Wir kontaktieren sie, wenn es etwas Neues gibt." Er pausierte kurz, stand dabei auf. Ein Hühne von man, definitiv russischer Abstammung, man hörte es an der Sprache und dem Namen und sah es am Körperbau und dem kantigen Gesicht. „Kopf hoch, wir schaffen das. Wegtreten." Ein zuversichtlicher Blick war das letzte, was Sam und Susan von ihm sahen, er verschwand mit einigen anderen hohen Tieren aus dem Raum, die meisten Wissenschaftler begannen sofort heftige Diskussionen. Sam drehte seinen Stuhl leicht zu Susan und fragte „Was denkst du?". Sein Blick war neutral.

„Ich weiß nicht so Recht. Das war ne ganz schöne Ladung auf einmal. 2,2 Millionen Lichtjahre. Unfassbar. Meine Familie…" Ihre Stimme wurde zittriger. „…meine Freunde…"

„Die wirst du alle wieder sehen." fiel ihr Sam ins Wort. „Jaja, ich weiß, positiv denken." Sie schmunzelte etwas. Einer der Assistenten des Doktors hatte eine Ladung Datenpads mit herein gebracht, sie lagen beim Platz des Doktors. Sam stand auf, schnappte sich eines davon und stellte sich hinter Susans Stuhl. „Na komm, fliegen wir zurück, wir müssen es den anderen sagen." Sie nickte bedacht und stand ebenfalls auf. „Gehen wir." Doch dann kam mal wieder einer dieser Momente, die man am Liebsten nie erleben möchte, eine dieser Überraschungen, die alles andere als gewollt sind. Roter Alarm.

„Huh? Was ist denn jetzt wieder los?" Der Raum wurde dunkler, rotes Licht flutete die Decke und füllte den Raum mit einer etwas bedrückenden Atmosphäre. Jetzt ging es schnell.

Beide verspürten ein merkwürdiges Zucken ihrer Implantate hinten am Hals. Eine andere Farbe mischte sich plötzlich in das Rot des Raumes, es war Weiß. Beide schauten schnell zum Fenster, welches den ganzen Raum an einer Wand durchzog. Sie sahen einen sich öffnenden Sprungknoten, wo eigentlich keiner hätte sein dürfen, nämlich nur wenige Kilometer vor der Station. Wieder das Zucken im Nacken.

„Susan, Sam, hier ist Sally, ich funktioniere wieder, aber jetzt habe ich keine Zeit für Erklärungen, Minao möchte euch sprechen. Ich stelle ihn durch." Die Beiden stellten auch keine Fragen, sondern lauschten sofort Minaos Worten.

„Leute, schwingt eure Hintern sofort hierher zurück, da kommt was Großes durch den Knoten, ich weiß aber noch nicht was! Ihr müsst auf eure Posten!" plapperte Min sehr hektisch und laut.

„Min? Du bist wieder fit, wie…"

„Claire hat meinen Arm in ein Gel-Pack gelegt, Susan, aber das kann ich euch dann erzählen, beeilt euch, mir gefällt das nicht, die Anzeigen der Energiewerte werden immer höher!"

Das weiße Licht begann zu flackern. Beide starrten wie gebannt nach draußen, ebenso alle Anderen im Raum. Dann sahen sie es. Es war eigentlich unmöglich, doch es war so. Alle hatten gehofft, es nie wieder zu sehen. Nun wurde diese Hoffnung zu Nichte gemacht.

Sathanas.