A/N:
Sarah die rasende Storyleserin hat sich der nächsten drei Kapitel wieder als Betaleserin angenommen, und mich auf einige verwirrende Details hingewiesen... was würde ich ohne Dich machen!
Abgesehen davon freu ich mich natürlich ganz besonders über Reviews aller Art, also wenn ihr ein Kapitel fertiggelesen habt, ist es ja bis zum blauen Knopf auch nicht mehr weit, kurz ein zwei Zeilen an die liebe Autorin geschrieben, und zack, auf zum nächsten Kapitel!


Papa ist ganz mager geworden. Als wir ihn am ersten Ferientag, vier Tage vor Heiligabend, zum ersten Mal besuchten, hätte ich beinahe hörbar eingeatmet, so erschrocken bin ich. Ich konnte Mama auch ansehen, wie schockiert sie ist, sie war ganz blaß und hat Papa fest umarmt.

Wir haben versucht, ihn zum Essen zu bringen, doch er nimmt nur ganz kleine Mengen zu sich. Seine Stimme ist fast nicht mehr vorhanden, er krächzt wie ein Rabe, und er hat tiefe Augenringe. Sein Haar ist stumpf, seine Augen glanzlos. Mama und ich hatten ihn schon eine ganze Weile nicht gesehen. Die Dementoren lassen uns normalerweise nicht rein, doch ich habe Dumbledore angefleht, ein gutes Wort für uns einzulegen beim Ministerium, und uns wenigstens über Weihnachten zu ihm zu lassen.

Wir verbringen meistens fast den ganzen Tag mit ihm. Die Dementoren haben sogar die Anweisung bekommen, von seiner Einzelzelle weit weg zu bleiben, damit wir nicht alle in Depressionen verfallen. Nach einigen Stunden ist er meistens sogar richtig aufgeblüht, und lächelte über meine Witze. Ich habe ihm meine Anekdoten über die vier Gründer vorgelesen, und er hat geschmunzelt. Er meinte, das Schlammblut habe nicht unrecht damit, dass ich die Geschichten veröffentlichen sollte. Ich kanns ja mal mit dem Quibbler versuchen...

Heute, am dritten Tag unserer Besuche, hat er, als wir gehen mussten, Tränen in den Augen gehabt. Ich konnte spüren, wie unangenehm es ihm ist, dass wir ihn so sehen, doch er klammerte sich plötzlich an Mama, vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge und schluchzte. Ich hab mich zu meinen Eltern gestellt und meine Arme um beide gelegt, obwohl ich mir ein bisschen komisch vorkam. Körperlich hat mich Papa noch nie so wirklich an sich rankommen lassen. Wir reden viel, aber Umarmungen holen wir uns beide immer nur bei Mama.

Papas abgemagerter Körper wurde richtig durchgeschüttelt von Schluchzern, als er versuchte, uns zu erklären, warum er weinte, und manchmal schien es, dass er vor lauter Weinen keine Luft mehr bekam.

"Es ist nur... es ist so schön, wenn ihr hier seid... warm und freundlich, aber es... es wird noch v-v-viel schlimmer, als bevor ihr mich besuchen kamt - wenn ihr we-weggeht... weil dann weiß ich wieder g-g-genau, wie schön es auf der Welt ist, und... was ich verloren h-h-habe... und sobald ihr weg seid, zweifle ich... daran... dass ihr überh-h-haupt da wart, und ich weiß auch n-n-nicht mehr, wie lange, und... und dann denk ich, ihr habt nur k-k-kurz einen Anstandsbesuch gemacht und seid gleich... w-w-wieder geflüchtet, w-w-weil ich euch eigentlich... gar nichts bedeute."

Mama sah mich alarmiert an, drückte ihn noch fester an sich, streichelte liebevoll sein fettiges Haar und sprach beruhigend auf ihn ein:

"Lucius, das sind die Dementoren, die machen das mit dir! Hör nicht auf sie, kämpf dagegen an! Wir lieben dich, wir könnten dich niemals vergessen! Wir vermissen dich sehr! Dein Sohn schreibt dir fast jeden Tag Briefe, er würde den Potterknaben am liebsten umbringen, weil er dich hierher gebracht hat! Sieh dich in deiner Zelle um, die bunten Bilder, die dir Draco mitgebracht hat, der Trank, von dem du einen Schluck nehmen kannst, wenn es dir ganz schlecht geht... du hast gestern gesagt, dass du meinst, er helfe tatsächlich ein bisschen..."

Hier nickte Papa, doch er weinte bitterlich weiter.

"Papa", sagte ich, "schau dir den Weihnachtsbaum an, den die Mama mitgebracht hat, schau die bunten Kerzen und Kugeln, schau die Schokolade an, die du essen kannst, damit du dich besser fühlst! Die Papier- und Strohengel, die wir für dich gemacht haben... alles für dich! Wenn du das siehst, hast du den Beweis, dass wir dich sehr gern haben, und dann brauchst du nicht auf Hirngespinste zu hören, die dir von diesen Wesen suggeriert werden!"

Es war furchtbar! Ich habe meinen Vater noch nie so gesehen, er war immer gefasst, hatte seine Gefühle immer unter Kontrolle. Die Dementoren sind schrecklich, man sollte sie ausrotten! Die Muggeln schaffen es ja auch, Gefängnisse ohne Dementoren zu haben, die funktionieren. Dort leiden die Menschen bestimmt nicht so, wie mein Vater in Askaben!

ooOoo

Heute (Heiligabend) haben wir Papa mit einer eingeschmuggelten Badewanne überrascht. Sabrina hat mir geholfen. Als sie mitbekommen hat, dass ich meinen Vater in diesen Ferien jeden Tag besuchen darf, und ich ihr sagte, dass Mama und ich ihm gerne eine Badewanne mitbringen würden, hat sie irgendwoher eine besorgt, die man in ziemlich kleine Teile zerlegen kann. Die hat sie mir gegeben. Wir können sie zwar leider nicht dort lassen, denn es ist nicht erlaubt, aber wenigstens konnte er sich einmal wieder richtig waschen, wenn auch nur mit kaltem Wasser. Mama hat ihm die Haare ganz kurz geschnitten, und mir heimlich Zeichen gemacht, dass ich sie einsammeln und aufheben soll. Ich wette, sie wird sie zu Hause waschen und neben sich ins Bett legen.

Wir haben ihm auch wieder frische Kleidung gebracht, und viele Decken, eine Strohmatratze, ein Daunenkissen und eine Daunendecke. Hoffentlich nimmt es ihm keiner weg, so wie die letzten Decken und warmen Sachen, die Mama ihm geschickt hatte, als er krank war!

Er hat gefragt, ob er schon arg gestunken hatte. Mama und ich mussten beide verschämt grinsen. Papa schwindelt man nicht so leicht an, und jeden Tag habe ich mindestens eine halbe Stunde gebraucht, um mich an den strengen Geruch zu gewöhnen, der überall in Askaban vorherrscht. In den Zellen gibt es keine ordentlichen Toiletten, sondern nur Löcher im Boden, und kein Klopapier (Mama und ich haben Papa natürlich gleich am ersten Tag welches mitgebracht). Außerdem haben die Gefangenen keine Möglichkeit, sich zu waschen.

Irgendwann kam das Gespräch auf den missratenen Bengel, der verantwortlich für die Lage meines Vaters ist. Papa wurde sehr schweigsam, dann murmelte er abwesend:

"Fünf Monate... fünf Monate..."

Als ich ihn darauf ansprach, was er meinte, erklärte er mir, dass er seit ungefähr fünf Monaten hier sei, und wir sähen ja, wie schlecht es ihm ginge. Doch dann sagte er, viele der Menschen hier seien schon viel länger hier, und die meisten stürben innerhalb von zwei Jahren. Nur wenige überlebten länger, und die meisten seien geistig schon lange nicht mehr normal.

"Sirius Black... er war zwölf Jahre hier drinnen. In dieser Zelle. Unschuldig."

Überrascht drehten Mama und ich die Köpfe, Papa nickte.

"Ja, überall an den Wänden sind Kratzspuren, Wörter, Striche, die die Tage abzählen. Es muss schrecklich gewesen sein!" Er erschauderte.

Komisch, ich habe das Gefühl, dass mein Vater Mitleid mit diesem Black hat!

Mama hatte eine Sondergenehmigung erhalten, und durfte noch länger bleiben, aber ich musste raus aus dem Gefängnis und nach Hogwarts zurück. Vor dem Gefängnis erwartete mich Dumbledore persönlich mit einem Portkey, wie auch die Tage zuvor.

Ich habe meinen Eltern nicht gesagt, von wem ich die Badewanne hatte. Sonst würden sie sofort wissen, dass ich auf mehr oder weniger freundschaftlichem Fuß mit einem Schlammblut stehe. Freundschaftlich genug jedenfalls, um einen Gefallen von ihr anzunehmen. Aber wenn es um meinen Vater geht, kann ich einfach nicht nein sagen, auch wenn ich mir vorgenommen hatte, mich von ihr fernzuhalten.

Ich schreibe Papa mittlerweile einen Brief pro Tag, obwohl ich ihn die letzte Woche jeden Tag gesehen habe.

ooOoo

Papa zweifelt an den Grundlagen!

Mama hat mir per Eileule geschrieben, dass sie gestern, nachdem ich gegangen war, noch eine lange Diskussion mit ihm hatte, und er sagte, er sei sich mittlerweile nicht mehr sicher, wozu das alles. Damit meint er, wozu stolz sein auf unseren erwürdigen, alteingesessenen Malfoyclan!

Er möchte heute auch mit mir darüber reden. Mama ist der Meinung, dass sich das wieder geben wird, sobald er mal aus dem Gefängnis rauskommt, und obwohl sie so viel Angst vor Ihm hat, will sie Ihn kontaktieren und bitten, dass er Papa befreit. Doch das will Papa nicht.

Ich habe mich heute fast drei Stunden lang mit ihm allein unterhalten. Mama hat uns extra allein gelassen, damit wir in Ruhe reden können. Papa scheint wirklich einer Sinneswandlung unterlaufen zu sein. Ich kann das nicht verstehen. Er sagt, dass es nichts damit zu tun hat, dass sein Geist von den Wächtern geschwächt ist, sondern damit, dass er jetzt versteht, dass wir alle nur Menschen sind und alle gleich leiden, ob wir jetzt reinblütig, halblütig oder schlammblütig sind. Er gab mir zu verstehen, dass sich diese seine Meinung auch nicht ändern würde, wenn er herauskäme aus dem Gefängnis, und bat mich, nach Familientradition erstens zu ihm zu halten in allem was er tue, und zweitens dieses Geheimnis vor Ihm zu verstecken.

Natürlich halten wir Malfoys zusammen. Wir sahen in Ihm sowieso immer nur das Mittel zum Zweck. Doch Papa hat wohl entschieden, dass der Zweck nicht nur die Mittel nicht heiligt, sondern auch noch selbst nicht heilig ist. Sprich, ich soll Dumbledore bitten, zu ihm ins Gefängnis zu kommen.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass es ein Plan ist, Papa aus Askaban rauszuholen und als Spion von Ihm bei Dumbledore einzuschleusen. Doch untereinander lügen die Malfoys nicht, also hätte er uns das genau so gesagt, wenn es so wäre.

Für mich ist eine Welt zusammengestürzt! Alles, woran ich geglaubt habe, seitdem ich das Licht der Welt erblickt habe, soll auf einmal nicht gut sein? Nur weil mein Vater das so beschließt? Mama ist auch total hin und weg. Sie kann nicht glauben, dass er wirklich so denkt, doch sie weiß genausogut wie ich, dass es wahr ist. Sie hat mir einen Brief geschickt, der schon auf meinem Bett wartete, als ich heimkam. Sie hat schon einen Entschluss gefasst:

Sie wird zu Papa halten. Natürlich, etwas anderes hätte ich von ihr auch nicht erwartet. Sie sagt, Liebe ist stärker als alles andere. Als alles andere.

Und was ist mit meiner Liebe?

Ich war bereit, sie aufzugeben, ich war bereit, nicht daran zu denken, nicht darüber zu sprechen, nicht mal darüber zu schreiben! Und jetzt? Jetzt komme ich mir vor, als hätte ich nie geliebt. Sonst wäre ich doch genauso schnell über meinen Schatten gesprungen, wie Mama.