Hi Leute!
Ich wollte mich erst einmal entschuldigen, dass die Fortsetzung so lange gedauert hat, aber ich hatte eine Schreib/Tippblockade! Aber dafür haben wir hier ein extra längeres Kapitel.
Disclaimer: Natürlich gehören keine der von Tolkien erfundenen Figuren mir. Ich benutze sie lediglich, um meiner Fantasie freien lauf zu lassen! fiesgrins
Na dann! Los geht's:
Mein Segen, mein FluchKapitel 3: Die Schlacht und das verletzte Ohr
„Legolas!", rief Gimli. „Zwei hab' ich schon!"
„Ich bin bei siebzehn!" Ich schoss zwei Pfeile. „Neunzehn!"
Gimlis verdutzter Gesichtsausdruck war grandios. Dann aber zogen sich seine Augenbrauen verärgert in die Nasenwurzel und ließen tiefe Falten auf seiner Stirn zurück. Er brummelte wieder etwas, das im Kampfgeschehen unterging und für mich kaum hörbar war, um danach sofort wieder Uruk-Hai zu schlachten.
Ich wandte mich ebenfalls wieder zur kämpfenden Menge hin. Zunächst benutzte ich nur meinen Bogen, doch mein Vorrat an Pfeilen würde während der Schlacht beträchtlich sinken. Ich würde keine Zeit haben die schon verschossenen Pfeile aus den Leibern der Toten zu ziehen, musste im Nahkampf sparsamer mit ihnen umgehen. Also schnitt ich hier und da einem Uruk die Kehle mit meinem Messer durch.
Immer mehr von ihnen zogen Leitern an unseren Mauern auf und stiegen mordend hinüber in die Festung. Théoden gab nervös Befehle, ebenso Aragorn, der hinter mir mit lautem Gebrüll sein Schwert schwang, womit er einem Uruk-Hai den Kopf von den Schultern schlug. Vom Herrn Zwerg war nichts mehr zu sehen. Mir blieb auch kaum Zeit über seinen Verbleib nachzudenken, denn in gerade diesem Moment wurde ich von drei Uruks gleichzeitig angegriffen. Als einer von ihnen ausholte, um mich zu köpfen, duckte ich mich, rollte zwischen seinen breitgestellten Beinen hindurch und rammte ihm eines meiner Messer in den Nacken, nachdem ich wieder aufgestanden war. Der zweite kam auf mich zugestampft, doch ich griff so schnell ich konnte nach einem Pfeil, nahm den Bogen in die Hand, in der ich immer noch mein Messer hielt und schoss dem Ork ins rechte Auge. Genau wie sein Vorgänger, fiel auch er zu Boden. Der dritte aber griff mich von hinten an. Ich konnte nur knapp ausweichen, doch er hinterließ trotzdem einen blutigen Schnitt an meiner linken Wange. Einen gut gezielt Schuss später stürzte er tot den Wall hinunter.
Die Schlacht schien bereits Stunden anzudauern, aber die Menge, die Helms Klamm bedrohte, schien einfach nicht kleiner zu werden. Ich ermüdete langsam. Soeben war ich auf den Rücken gefallen, als ein verwundeter Elb mich anrempelte, und er schmerzte noch immer. Meine Arme erlahmten ein wenig, doch ich kämpfte weiter und tötete jeden Uruk, der mir in die Quere kam. Sie ist in den Höhlen! Ich muss sie beschützen! Absurd! Aber diese zwei Sätze waren der einzige Antrieb, den ich hatte.
Hinter mir hörte ich Aragorn plötzlich rufen: „Bring ihn zu Fall, Legolas! Töte ihn!"
Ich sah hinunter und erblickte einen Uruk-Hai, der mit einer grell brennenden Fackel auf uns zurannte. Ich schoss. Der Pfeil traf ihn direkt zwischen Schulter und Brust. Ich schoss ein zweites Mal. Der Uruk stürzte getroffen zu Boden. Zufriedenheit breitet sich in mir aus, doch diese war nur von kurzer Dauer, denn die Kreatur war direkt in die Kanalisation gestürzt, wo andere seiner Art zuvor riesige, mit einem Pulver gefüllte Eisenkugeln hineingetragen hatten. Knapp neben mir zerbarst die Mauer in tausende Stücke. Menschen sowie Elben wurden durch die Luft geschleudert.
„ARAGORN!", brüllte eine tiefe Stimme hinter mir und mein dazugehöriger Zwergenfreund hüpfte in das Loch, das nun die Mauer zierte.
Ich wollte schon hinterherlaufen und nachsehen, ob er heil gelandet war, doch ein Uruk versuchte mir in diesem Augenblick mit seinem Schwert die Hüfte zu öffnen, verfehlte mich aber. Nach einem kurzen Schnitt in der Kehle, hatte ich auch ihn getötet. Danach lief ich doch hinüber, um nachzuschauen ob Gimli den Aufprall unbeschadet überlebt hatte. Zu meinem Entsetzen sah ich den Zwerg im Wasser liegen. Ein Uruk-Hai beugte sich über ihn und wollte zum Schlag ausholen, aber in diesem Moment griff ich nach einem auf dem Boden liegenden Orkschild, warf ihn die Treppe hinunter, sprang darauf und erschoss den Ork mit einem meiner Pfeile. Dann hüpfte ich wieder von dem Schild hinunter, der einem anderen Uruk in die Brust raste.
Der Zwerg lag noch immer im Wasser. Ich packte ihn am Arm und zog ihn an die Luft. Er prustete laut.
„Dieses Wasser schmeckt fürchterlich!", japste er.
„Warum trinkst du es auch?", rief ich zurück, wobei ich den Zwerg weg von der kämpfenden Masse zerrte.
Ohne Vorwarnung erschallte von der Burg aus Théodens Stimme, doch ich konnte nicht ausmachen, was sie sagte. Zum Glück wiederholte Aragorn es auf Elbisch.
„Nan barad!", schrie er.
Ich wollte schon zurück zur Burg rennen, aber ich blieb, denn ich hatte ein schlechtes Gefühl, also ließ ich den Zwerg los und lief zurück zur Mauer, auf der Haldir, der die Befehle Aragorns wiederholte, immer noch kämpfte. Das Schwert eines Uruks schleifte den Arm meines Elbenfreundes, als dieser die Kreatur niederschlug. Die Konzentration des lórischen Hauptmannes ließ nach. Er achtete nicht mehr darauf, was in seiner Umgebung geschah. Stattdessen schaute er schockiert auf seinen blutenden Arm und bemerkte nicht, wie ein Uruk sich ihm näherte.
Ich würde zu spät kommen, ich würde ihn nicht retten. In meiner Angst um Haldir machte ich einen großen Sprung und riss den Ork zu Boden. Dessen Axt verfehlte Haldir um Haaresbreite, doch dafür traf sie mich in einem zweiten Hieb. Im Gegenzug stach ich ihm mein Messer direkt ins Herz.
Ich hatte Glück, denn der Uruk hatte „nur" mein rechtes Ohr gestreift, welches nun schlaff und blutend an meinem Kopf herabhing (Ich frage mich heute noch, wie er es schaffte, es in diesem Winkel zu treffen.). Es schmerzte barbarisch, denn die Ohren eines Elben waren mitunter die empfindlichsten Organgene, die wir besaßen.
Haldir und ich rannten zurück zur Burg. Gimli und Aragorn waren verschwunden, zumindest konnte ich sie in dem Gemenge nicht ausmachen, also stiegen wir hinauf um das Treiben zu überblicken und uns zu schützen. Einige Uruk-Hai hatten sich bereits zu uns vorgekämpft und schlugen die Männer, die ihnen in die Quere kamen rücksichtslos zu Boden.
Der lórische Hauptmann hatte sich ein Stück seines Umhangs abgerissen, um es um seinen blutigen Arm zu wickeln, den er sich mit einer Grimasse im Gesicht an die Seite hielt. Ich kümmerte mich nicht um mein Ohr, obwohl der rote Saft aus meinen Adern stetig hinabtroff und meine Tunika benetzte. Vielleicht hätte ich mir selbst auch ein Stück meines Umhangs auf die Wunde legen sollen, aber ich tat es nicht.
Von hier oben konnte ich sehen, wie ein paar Männer – unter ihnen auch Théoden – versuchten das Haupttor vor dem Rammbock der Uruk-Hai zu schützen. Gimli und Aragorn schlichen sich leise in einen kleinen, abgelegenen Gang. Ich wusste wohin er führte, denn als ich vor Jahren hier gewesen war, hatte ich ihn oft benutzt, um die kleine Holztür zu öffnen und mich dahinter vor Éowyn, Éomer und Théodred zu verstecken. Meine beiden Freunde aber drückten sich am Ende des Ganges zur Tür hinaus und schmiegten sich an den kalten Fels. Während ich so viele Orks wie möglich tötete, konnte ich ein sehr interessantes Gespräch verfolgen – wozu haben wir Elben sonst so feine Ohren, wenn nicht zum Lauschen und zur Spionage.
„Das ist weit", flüsterte Aragorn.
„Wirf mich!", forderte Gimli.
„Was?"
„So weit kann ich nicht springen, du musst mich werfen! Ah, uh, eh, sag's nicht dem Elben!"
Ich musste schmunzeln, doch das war ein Fehler. Ein Uruk hätte mich beinahe getroffen. Haldir erwiderte es mit einem gezielten Pfeilschuss. Ich nickte dankend.
Die Rohirrim versuchten das Tor zu blockieren, das immer noch von den Orks angegriffen wurde. Sie schlugen immer fester mit dem Rammbock zu; das Tor würde dem wohl nicht mehr lange standhalten. Ich wollte schon hinunterlaufen und mich ihm entgegenstemmen, wie es die anderen Männer taten, aber in diesem Moment klemmte sich ein riesiger Widerhaken der Uruks in die Mauern der Burg, an denen immer mehr Leitern heraufgezogen wurden, die mit zahlreichen stinkenden Kreaturen bestückt waren. Ich zog einen Pfeil, zielte und traf das Seil der mittleren Leiter, die daraufhin unter lautem Orkgeschrei niederging und mehrere von ihnen zerquetschte. Dann griff ich nach einem Seil, dass in der Nähe auf dem Boden lag.
Gimli und Aragorn kamen vor dem Tor langsam in Bedrängnis und die Rohirrim hatten die große Eichentür fest verriegelt. Es war unmöglich sie jetzt noch durch das Tor zu holen, geschweige denn durch den Geheimgang wieder in die Burg zu klettern. Also warf ich das eine Ende des Seiles hinunter zu meinen beiden Freunden. Haldir und ich versuchten sie hochzuziehen, wobei wir tatkräftige Unterstützung von zwei Männern bekamen. Der Zwerg und der Mensch waren schwer. Ich bezweifelte stark, dass es an Aragorn lag, auch wenn er ein ganzes Stück größer, als Gimli, war. Als die beiden wieder sicher in der Burg standen, klopfte ich dem Zwerg schelmisch schmunzelnd auf die Schulter.
„Nächstes mal kletterst du die Wand ohne Hilfe hoch, Dickerchen", sagte ich zu ihm und meinte einen rötlichen Schimmer unter seinem krausen Bart entdecken zu können.
„Bohnenstange", brummelte er.
Ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen, zog ich wieder meine Pfeile und schoss die nächst nahen Uruks zu Tode. Am Tor rumorte es immer noch. Die Uruk-Hai hörten nicht auf ihren Rammbock dagegenzustoßen, bis sie es schließlich eingeschlagen hatten.
„Sie sind durchgebrochen!", erhallte Théodens Stimme.
Plötzlich stürmten alle Rohirrim und Elben ins Innere der Burg hinein, um sich zu verschanzen, um den Uruks noch letzten Widerstand zu leisten. Noch während ich hineinlief, erschoss ich ein paar Orks.
Wir sammelten uns in einem großen Saal, wo wir die Tür von innen versuchten zu versperren. Einige hatten es nicht mehr rechtzeitig in die scheinbare Sicherheit geschafft und klopften voller Angst an das Tor, um hineingelassen zu werden. Unter den verängstigten Stimmen konnte ich auch die eines Jungen wahrnehmen, dessen Beine ihn nicht schnell genug hergetragen hatten. Erinnerungen kamen in mir auf, Erinnerungen daran, wie alles begonnen hatte, wie ich zum ersten Mal auf Théoden traf, wie ich seine Nichte kennenlernte. Das arme Kind vor der Tür tat mir schrecklich Leid, doch als ich gerade zur Tür zurücklaufen und die Männer überreden wollte es hineinzulassen, ging sein verzweifeltes Schreien in ein furchtbar gurgelndes Geräusch über. Zu spät! Der Junge hatte nicht das Glück geteilt, dass ich damals gehabt hatte. Ein kalten Schauer lief mir über den Rücken. Warum musste ein so junges Leben auf so grausame Weise ausgelöscht werden?
„Steh nicht so dumm rum, Herr Elb!", rief Gimli und holte mich aus meiner Trance.
Wir mussten jetzt alles daran setzen, zu verhindern, dass die Uruk-Hai auch die letzte Kammer durchbrachen. Wir mussten die Frauen und Kinder beschützen, die noch in den Höhlen waren. Ich musste Éowyn beschützen...
Ich rannte hinüber zu den Tischen und griff nach einer massiven Bank, um sie gegen die Tür zu stemmen. Alles, was an Möbeln noch übrig war, wurde als Barriere verwendet. Mit lautem Pochen knallte der Rammbock der Uruks an die Eichentür, doch noch hielt sie stand. Noch! Mein Gefühl sagte mir, dass sie dem Druck wohl bald nachgeben würde.
Durch die hohen Fenster leuchteten plötzlich die ersten Lichtstrahlen auf meine Haut und blendeten für einen kurzen Moment meine Augen.
Ein neuer Tag kann neue Hoffnung bringen!
Hatte Gandalf nicht gemeint, er würde kommen? Ein Zauberer brach bekanntlich selten sein Wort. Ich schickte meine Gebete zu den Valarn und bat, um einen glimpflichen Ausgang der Schlacht.
Das Klopfen an der Tür wurde immer lauter, doch die Blockade blieb standhaft. Théoden kam zu mir herüber und legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Lass dir dein Pferd bringen, Junge", sagte er. „Wir reiten hinaus."
Ich wusste nicht warum, aber ich musste lächeln. Obwohl... alles war besser, als sich verkriechend erstochen zu werden. Sollte ich jetzt noch sterben, würde ich es als gestandener Elb und in Ehre. Ich wollte nicht zusammengedrängt in einer Ecke getötet werden. Kein Waldelb wollte das.
Ein Rohirrim brachte unsere Pferde und ich saß auf. Ich zog eines der alten Schwerter, welches ich vor ein paar Minuten an meinen Gürtel gebunden hatte, aus seiner Scheide, während die Männer sich sammelten. Das Horn der Burg erscholl über uns, ähnlich dem Gebrüll eines mächtigen Bären und Théoden untermalte es mit einem lauten Schrei.
„Auf Eorlingas!"
Die Uruk-Hai durchbrachen das Tor, aber wir preschten voran und metzelten sie nieder. Ich versuchte jeden Ork, der mir in die Quere kam, zu köpfen oder ihm mein Schwert in die Brust zu rammen, was mir auch größtenteils gelang. Wir arbeiteten uns voran bis hinaus ans Tor und ins Freie. Es waren nicht mehr sehr viele Uruks übrig; langsam wuchs die Zuversicht in mir. Hatten wir nicht schon die ganze Nacht gekämpft? Hatten wir uns nicht bis zum jetzigen Zeitpunkt am Leben gehalten? Diese letzten Uruk-Hai würden wir vielleicht noch besiegen.
Plötzlich erschallte in hallendes Wiehern, das sich seinen Weg klangvoll zu uns ins Tal bahnte. Gandalf! Er war tatsächlich noch gekommen und hinter ihm erschien Éomer, der seine Truppe heranrief. Jetzt konnten wir unmöglich noch geschlagen werden.
„Für den König!"
Mit diesem Satz und lautem Gebrüll stiegen die Reiter hinab vor die Burg. Die Uruk-Hai drehten sich entgeistert zu ihnen, streckten ihnen ihre Speere entgegen, doch jeder Widerstand war zwecklos. Wir töteten jeden Uruk, der noch glaubte es mit uns aufnehmen zu können. Der Rest versuchte zu fliehen, wurde aber von Éomers Männern verfolgt und niedergeschlagen. Die Schlacht hatte endlich ihr Ende gefunden.
Jauchzend und vor Freude singend stiegen die Rohirrim von ihren Pferden. Jeder, der auch nur in der Nähe war, wurde lachend in die Arme genommen. Es war vorbei!
Die Schlacht hatte viele Opfer gefordert, sowohl auf menschlicher als auch auf elbischer Seite. Als wir wieder in die Burg kamen, lagen zu unseren Füßen zahlreiche Leichen und ich fand sogar den Jungen, dessen Schrei ich noch vernommen hatte. Bedrückt lehnte ich mich zu dem leblosen Körper nieder, um ihm mit meiner Hand die offen gebliebenen Augen zu schließen. Das hätte nicht sein dürfen!
„Kanntest du ihn?", fragte Aragorn, der neben mir erschienen war.
Ich schüttelte den Kopf und stand auf, atmete tief ein.
„Dieser Krieg fordert zu viele unschuldige Opfer", meinte ich traurig. „Er starb vor seiner Zeit."
„Aber er starb mutig", erwiderte Aragorn.
„Mutig!", äffte ich ihn fassungslos nach. „Das war ein Kind! Es hätte eigentlich gar nicht hier sein dürfen. Zu viel junges Blut wird vergossen."
Ich drehte mich angewidert weg. Wie konnte er von dem Tod eines Kindes reden, als wäre ein Soldat gestorben? Ohne ein weiteres Wort lief ich die Treppe hinunter und stellte mich zu Théoden. Gimli war bereits bei ihm.
„Ha, ha! Wir haben es geschafft! Niemand kann uns schlagen, Herr Elb!", rief er fröhlich, aber mir war alle Freude vergangen.
„Geht zu den Frauen hinunter", lächelte Théoden Gamling entgegen. „Holt sie aus den Höhlen, sie sollen an unserer Siegesfreude teilhaben." Dann drehte er sich zu mir und legte mir wieder seine Hand auf die Schulter. „Ich habe dich während der Schlacht beobachtet. Deine Kampfkünste hatte ich recht anders in Erinnerung."
„Ich hatte seit unserem letzten Wiedersehen auch genug Zeit zu üben", antwortete ich mit dem Anflug eines Lächelns.
„Warst du so schlecht?", grinste Haldir, der nun auch zu uns getreten war.
„Was erwartest du von einem Kind?", lachte ich.
Théoden und Haldir stimmten mit ein und noch während wir lachten, fanden die ersten Frauen ihren Weg ins Licht des Tages zurück. Unter ihnen war auch Éowyn, die geradewegs auf Aragorn zulief, der mir – wie ich nicht bemerkt hatte – gefolgt war. Sie blickte ihn auf eine Art an, die mir einen schmerzhaften Stich ins Herz setzte und als ob sie diesen noch weiter verstärken wollte, umarmte sie ihn auch noch. Ein unbeschreibliches Gefühl kochte in mir auf, doch noch bevor ich ihm gewähren konnte völlig Besitz von mir zu ergreifen, war Éowyn auch bereits zu mir herübergerannt und hatte mir ihre Arme um den Hals geworfen, aber sie zuckte erschrocken zurück. Auf dem Schnitt an meiner Wange hatte sich schon dicker Schorf gebildet, doch aus meinem Ohr floss immer noch ein wenig rote Flüssigkeit, die nun an Éowyns Gesicht und ihrem Kleid klebte. In gerade diesem Augenblick wurde mir für einen kleinen Moment schrecklich schwindelig.
Die Nacht hatte sich bereits über die Burg gelegt und ich saß in der kleinen Kammer, die man mir zugeteilt hatte. Ein leuchtendes Feuerchen prasselte in dem kleinen Kamin, die Wände wurden in ein rötliches Licht getaucht, alles schien friedlich, doch in mir tobte ein Sturm. Ich hatte mich auf dem schmalen Bett niedergelassen und starrte auf meinen nackten Arm, der auf meinem Bein ruhte. In der anderen Hand hielt ich einen Dolch.
Ich musste schon mehr als eine Stunde so dagesessen haben, denn ich dachte darüber nach, ob ich es tun sollte, ob es besser wäre mit der Tatsache, dass Éowyn Aragorn liebte zu leben und eines Tages an gebrochenem Herzen zu Grunde zu gehen oder ob ich meinem Leben selbst ein Ende setzten sollte. Schon mindestens zehnmal hatte ich mich für einen schnellen Tod, dann wieder dagegen entschieden, schließlich aber wieder dafür.
Tu es!
Gerade hatte ich den Dolch wieder angesetzt, als es an der Tür klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten, betrat der Störenfried das Zimmer und schloss die Tür.
Warum habe ich sie nicht verriegelt?
Éowyn starrte entsetzt auf den Dolch, der kurz davor war sich in meine Pulsader zu bohren.
„Was tust du da?", rief sie entsetzt, ließ alles fallen, was sie in ihren Armen getragen hatte und lief zu mir herüber.
„Oh! Mir war langweilig und ich spielte nur ein wenig mit diesem Ding hier herum", log ich verwirrt. „Was machst du hier. Müsstest du nicht bei deinem Bruder sein?"
„Ich bin gekommen, um deine Wunden zu versorgen", sagte Éowyn, nahm mir den Dolch aus der Hand und meine Hände in ihre.
„Sie sind versorgt", lächelte ich, um sie zu besänftigen, denn sie schien sich Sorgen um mich zu machen.
„Aber sieh doch!", protestierte sie. „Deine Wange ist geschwollen und dein Ohr blutet immer noch. Ich muss es nähen."
„Nein!", rief ich. „Es ist in Ordnung, so wie es ist. Mach dir keine Mühe."
„Mühe?", schrie Éowyn mich an. „Legolas, du blutest mir noch aus!" Mir wurde schwindelig und ich legte eine Hand an meine Stirn. „Siehst du? Sei nicht so stur!"
Trotzig fädelte sie einen Faden durch die Öse der aus einer Fischgräte bestehenden Nadel. Ihre linke Hand drückte meinen Kopf an ihre Schulter, die rechte setzte zum ersten Stich in mein Ohr an. Noch nie in meinem Leben hatte ich einen solchen Schmerz gefühlt, nicht einmal, als die Spinnen in Düsterwald mir beinahe beide Arme ausgerissen hatten. Ich zitterte, wie ein verängstigtes Kind und meine Augen begannen zu tränen. Ich seufzte vor Schmerz, ich verfluchte die Valar. Warum nur? Warum brachten sie mich dazu, vor ihr zu weinen? Warum musste ich vor ihr Schwäche zeigen?
„Schhh!"
Éowyn strich mir beruhigend über den Kopf, während sie die Nadel immer wieder in meine Haut führte und sie wieder herauszog. Endlich verknotete sie den Faden. Mir liefen immer noch die Tränen über das Gesicht, die nur vermuten ließen, welchen Schmerz ich soeben gefühlt hatte, welcher Schmerz immer noch nachklang.
Éowyn wischte mir sanft über die Wange, woraufhin sich eine feine Gänsehaut über mein Gesicht und meine Schultern – ja sogar bis zum meinen Armen – zog. Ihr entging es diesmal nicht. Sie zuckte erschrocken zurück. Ich stand ruckartig auf und ging mit vor dem Bauch verschränken Armen zum Fenster hinüber.
„Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst", flüsterte ich.
Stille. Wir beide sagten kein Wort. Schließlich durchbrach Éowyn das Schweigen: „Das glaube ich auch..."
Sie verließ den Raum so schnell sie konnte und ich fasste mir an die Stirn. Was für ein verrücktes Spiel trieben die Valar mit mir?
Fortsetzung folgt...
Nan barad! In die Burg!
all: Ich hoffe, dieses Kapitel war nicht zu langweilig für euch, weil größtenteils die Schlacht beschrieben wurde, die nicht aus meinem Kopf stammt. Im nächsten Kapitel gibt es wieder fast nur meine Dichtung. Versprochen! Hinterlasst doch bitte ein nettes Kommi bei mir! . Danke!
Vielleicht sehen wir uns ja dann im nächsten Kapitel.
Soph
