Hallo!
So diesmal war ich doch etwas schneller, als letztes Mal! An dieser Stelle gibt's nur noch zu sagen, dass ich mir Recht herzlich bei meinem Beta Dragile bedanke und das ihr viel Spaß mit dem Kapitel haben sollt! .
Disclaimer: Natürlich gehören keine der Figuren mir, sondern alle dem Tolkien.
Mein Segen, mein Fluch
Kapitel 5: Im Lager
Ich stand auf und lief unruhig hin und her. Aus der Halle konnte ich noch immer lautes Gegröle vernehmen, das davon zeugte, dass die Feier immer noch andauerte und noch einige Zeit andauern würde. In Düsterwald hätte man eine siegreiche Schlacht auf keinen Fall auf solche Weise gefeiert. Dort saß man ruhig beieinander und trauerte zwei Tage um die Verstorbenen, dann aber begann ein Fest, auf welchem viel Musik gespielt, und getanzt wurde und bei dem Wein in Maßen zur Verkostung kam. Es kam natürlich auch vor, dass ein Elb sich übernahm, jedoch war dies eher eine Seltenheit. Doch mehr als der Lärm aus dem Inneren der Halle störte mich dieses seltsame Gefühl in der Brust, dieses Herzklopfen, dass immer dann einsetzte, wenn mir Gefahr drohte. Ein Instinkt, den alle Angehörigen meines Volkes besaßen. Irgendetwas stimmte hier nicht; ich konnte es spüren.
Ich hatte das Gefühl irgendetwas würde diesen Ort unbefugt beobachten, belauschen... spionieren. Mein Herz schlug immer schneller und ich spürte, wie mir das Blut heiß ins Gesicht schoss.
Das Auge nähert sich...
Dieser Satz war das erste, was mir durch den Kopf ging.
Aber wie...?
Der Palantír, den Gandalf Saruman entwendet hat, sagte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf.
Ich lief zurück in die Halle. Die Feier war vorbei; ich hatte mich anscheinend lange meinen Vorahnungen hingegeben, so lang, dass ich nicht bemerkt hatte, dass die Leute sich schon zur Ruhe gelegt hatten. Ich ging zurück zu dem Schlafsaal, den man uns zugewiesen hatte. Mein Herz schlug immer stärker, also war ich auf dem richtigen Weg. Ich öffnete die Tür und trat ein. Aragorn hatte bereits vor mir bemerkt, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Er beugte sich zu dem auf dem Boden liegenden, schreienden Pippin nieder, der eine feurige Kugel in seinen Händen hielt.
Der Palantír...
Aragorn nahm so schnell er nur konnte ein Leinentuch und warf es über das brennende Ding, um sie dem Hobbit gleich aus der Hand zu schlagen. Gandalf nahm den Palantír erschrocken wieder in Gewahrsam. Merry stand wie gelähmt an einer Säule und hatte seinen verängstigten Blick auf seinen erstarrten Vetter gerichtet, dem sich der Zauberer nun widmete. Er weckte den bewegungslosen Hobbit mit einem Zauber und begann ihn mit Fragen zu löchern. Pippin antwortete nur leise und verwirrt und brauchte danach frische Luft. Ich erklärte mich bereit ihm eine Weile Gesellschaft zu leisten.
Der junge Hobbit war sehr ruhig, hatte seine Beine an den Oberkörper gezogen und das Gesicht auf die Knie gelegt. Unwillkürlich wurde ich wieder an meine eigene Kindheit erinnert, denn Pippin sah beinahe so aus, wie ein kleiner Legolas, der sich an einem schönen Nachmittag in seinem Zimmer eingeschlossen hatte, sich auf seinem Bett zusammenrollte und weinte, weil er von zu Haus und den anderen Elben getrennt war. Ein Legolas, der das Mädchen und die zwei Jungen sehr liebgewonnen hatte, aber dem das Heimweh quälte. Ein Legolas, der die Sprache der Menschen noch kaum verstehen konnte...
Rasch kehrte ich wieder aus meinen Gedanken zurück, als ich bemerkte, dass Pippin aufschaute.
„Geht es dir besser, Herr Hobbit?", fragte ich.
Pippin nickte leicht, aber er war immer noch ungewöhnlich blass. Er zog seine Beine noch enger an seinen Körper.
„Ich war wohl wieder zu neugierig...", murmelte er.
„Das kann gefährlich sein", antwortete ich knapp und seufzte. Das Gespräch wollte wohl nicht so recht in Gang gehen. Also harrten der Hobbit und ich eine Weile hier aus. Später nickte ich ein, aber Pippin bemerkte es nicht, denn wenn wir Elben schlafen, tun wir dies mit geöffneten Augen. Nun, ich schlief bis zum Morgen. Manche mögen sich vielleicht wundern, wie ich es vermochte die gesamte Nacht aufrecht sitzen zu bleiben, aber uns Elben war es angeboren sich überall und zu jeder Tageszeit, wann immer wir es wollten, schlafen zu legen.
Als die Sonne nun vollends am Himmel stand und ganz Edoras wieder hellwach war, verfolgten wir ein Gespräch Aragorns, Gandalfs und Théodens. Unser Waldläufer versuchte den König dazu zu überreden Gondor zu warnen und ihnen Truppen zur Verfügung zu stellen, doch Théoden wollte nicht auf ihn hören, denn er war sehr nachtragend. Dass Gondor mit ihnen im Zwist stand, berührte ihn sehr; das konnte ich spüren. Am Ende der Diskussion entschied Gandalf jedoch, dass er selbst gen Osten reiten sollte. Er wollte Pippin mit sich nehmen.
Im Geheimen erzählte er uns, dass er den Truchsess Gondors, Denethor, überreden wollte die Leuchtfeuer zu entzünden, damit Théoden es sich ein zweites Mal überlegen und doch nach Gondor reiten würde. Aragorn sollte „einen anderen Weg" nehmen. Dieses „andere Weg" gefiel mir nicht. Ich wusste, was er meinte. Einen geheimen Weg unter dem Berg, bewohnt von Untoten. Der bloße Gedanke daran, diesen Pfad nehmen zu müssen, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Moria war schlimm genug für mich gewesen. Ich hasste Höhlen und Mienen.
Théoden ließ mich am Abend, nachdem Gandalf fortgeritten war, zu sich rufen. Seit ich meinen Fuß wieder ins Lande Rohan gesetzt hatte, waren wir nicht dazu gekommen viel miteinander zu sprechen und ich hoffte insgeheim, dass es heute ein ausgiebiges Gespräch zwischen uns geben würde. Ich sollte nicht enttäuscht werden.
Als ich das Gemach des König betrat, wurde ich mit einem herzlichen Lächeln empfangen, was mich ein wenig wunderte. Nach all den Jahren – man hatte mich im Alter von zwölf wieder zurück nach Düsterwald gebracht – war ich eigentlich ein völlig fremder Elb für ihn geworden. Er hingegen war so geblieben, wie ich ihn kennengelernt hatte. Deshalb fiel es mir wenig schwer ihm wieder zu vertrauen, wie ich es in meiner Kindheit getan hatte, nachdem ich mich an die Menschen gewöhnt hatte.
Théoden reichte mir einen goldenen Kelch, der mit rotem Wein gefüllt war und goss sich selbst etwas ein.
„Du bist ein prächtiger Mann geworden, Legolas", meinte er. „Ich kann behaupten, dass ich stolz auf dich bin, Neffe."
Ich musste lächeln. Obwohl ich nie leiblich seiner Familien angehört hatte, behandelte man mich, wie einen seiner Abkömmlinge. Früher hatte ich ihn sogar Onkel nennen dürfen, doch ich wagte es vorerst nicht dieses Wort in seiner Gegenwart auszusprechen.
„Mein Bruder ist anderer Meinung", erwiderte ich.
„Warum?", fragte Théoden.
„Ich habe acht Jahre meines Lebens hier in Rohan verbracht", antwortete ich. „Er will mich deswegen nicht als Teil der Familie anerkennen. Seiner Meinung nach habe ich zu menschliche Charakterzüge. Er behauptete einmal sogar, ich wäre es nicht würdig unter Elben zu leben, aber versteht mich nicht falsch. Er ist ein guter Elb und ich achte ihn sehr."
„Jemanden, der dich als Schade betrachtet?", wunderte sich Théoden.
„Von Zeit zu Zeit neigt man dazu Dinge zu sprechen, die man nicht wirklich so meint, wie man sie gesagt hat. Auch wir Elben unterliegen diesem Fehler", meinte ich.
Er lachte.
„Und du gehst davon aus, dass es deinem Bruder genauso geht?"
„Das vermag ich nicht zu sagen, aber wir sind Brüder und Elben hassen ihre Familienangehörigen nicht wegen solch banalen Gründen. Acht Jahre sind wenig für uns. Die Familie ist wichtig, genauso wie das Wohl derer, die ihr angehören."
„Ich erwarte natürlich nichts anderes von einem elbischen Haus und auch in meiner Familie ist es nicht anders, wie du weißt", antwortete Théoden. „Aber was du über deinen Bruder erzählst, wundert mich sehr."
Ich nickte nur, denn keinem wäre es anders ergangen, als ihm. Ich selbst hatte mich gewundert mit was für einer Art mein eigener Bruder mich behandelte, als ich zurückkehrte, denn ich hatte ihn anders in Erinnerung. Deshalb konnte ich ihn zunächst nicht besonders leiden, doch dann geschah etwas, dass meine Meinung von ihm schlagartig änderte. Aber dieses Erlebnis will ich an dieser Stelle nicht weiter ausweiten, denn ich würde sonst zu sehr von unserer eigentlichen Geschichte abschweifen. Mir brannte eine Frage auf der Zunge, die ich unbedingt gestellt haben wollte: „Warum wollt ihr keine Männer nach Gondor schicken?"
„Gondor hat uns auch keine Hilfe geschickt, als wir in Nöten waren", sagte Théoden und schaute mich verwundert und missmutig zugleich an. „Warum sollte ich ihnen nun beistehen?"
„Wollt ihr den Fehler Denethors wiederholen?", warf ich ein. „Wenn ihr Gondor jetzt nicht helft, werdet ihr es sicherlich bereuen. Die Armee Minas Tiriths ist stark, doch nicht stark genug, um auf sich allein gestellt auf Mordors Bedrohung zu antworten und wenn Sauron erst Gondor besiegt hat, werden die Rohirrim nicht mehr sicher sein. Das wird kein Volk Mittelerdes, wenn Gondor unterworfen wurde."
Théoden wurde nachdenklich. Auch wenn dies sehr hinterlistig war: Insgeheim versuchte ich Gandalf den Weg zu ebnen, damit alles den Gang ging, den es gehen musste, um die letzte Bedrohung, die wir Elben noch in Mittelerde abzuwenden gedachten, wirklich überwunden werden würde.
„Ich werde darüber nachdenken", entschied sich Théoden schließlich. „Was du sagst entspricht der Wahrheit, doch... doch der Schmerz sitzt tief. Wenn ich daran denke, dass Théodreds Tod hätte verhindert werden können..."
An dieser Stelle versagte ihm die Stimme und ich legte ihm zum Trost meine Hand auf die Schulter. Auch mich überkam Trauer.
„Wir alle vermissen ihn", sagte ich. „Doch lasst seinen Tod nicht umsonst gewesen sein. Das ist das Einzige, dessen ich mich anmaße, euch zu raten."
Théoden lächelte und nickte verständnisvoll. Ich dagegen hatte das Gefühl reichlich Gutes zu Gandalfs Plan beigetragen zu haben. Ich war zufrieden mit mir selbst.
Ich sollte mich nicht zu früh gefreut haben, denn schon vier Tage nach Gandalfs Ritt nach Minas Tirith brannten die Leuchtfeuer auf. Aragorn setzte uns aufgeregt darüber in Kenntnis. Zu meinem Erstaunen dachte Théoden nicht lange über seine Antwort nach und ließ seine Männer aufbruchsbereit machen.
„Woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel?", wunderte sich Aragorn.
„Auf diese Frage kann ich dir leider auch keine Antwort geben", lächelte ich vergnügt und vernahm nur nebenbei das misstrauische Brummeln des Zwerges, der neben mir auf einer Bank seine Axt polierte.
Wir waren schon bald aufgebrochen und ritten fort von Edoras. Unser Lager sollte nahe der Straße zum Dimholt aufgeschlagen werden, am Fuße des Berges. Mir graute es schon bei der alleinigen Vorstellung daran. Man erzählte sich unheimliche Geschichten über diesen Ort. Ich hatte von der Legende gehört, von den Verfluchten, die im Berg lebten. Geister...
Ich wollte nicht länger daran denken. Elben und Geister, dies passte nicht zusammen. Der Zwerg hinter mir war nicht so unruhig, wie ich es war. Er unterhielt sich freudig mit Éowyn, die neben und ritt, über sein Lieblingsthema: Zwergenfrauen. Ich wusste nicht zum wievielten Male er ihr nun erzählte, dass man Zwergenfrauen äußerlich nicht von ihren Männern unterscheiden konnte. Ich seufzte. Es würde noch eine Weile dauern bis wir an unserem Lagerplatz angelangen würden.
Das Lager war riesengroß. Überall tummelten sich aufgeregte Rohirrim, die Zelte aufschlugen oder Eintopf kochten und aßen. Théoden erkundigte sich, wie viele Männer gekommen waren, aber er war nicht begeistert, denn es waren weit weniger gekommen, als er sich erhofft hatte. Tatsächlich schienen sie nicht genug zu sein, um Mordors Streitkräften entgegenzutreten, doch es hatte keinen Sinn sich darüber zu ägern. Sie würden in den Tod reiten, wenn sie in die Schlacht gingen und es würde Tod über sie kommen, wenn sie nicht kamen. Niemand hier hatte noch etwas zu verlieren. Mandos Hallen warteten auf jeden – zumindest auf jeden Elben.
Das Lager, in dem der König residierte und die Zelte der höherpositionierten Rohirrim samt den Ruhestätten Éowyns, Aragorns, Gimlis und mir lagen erhöht, aufgestellt hoch oben auf dem Berg. Meine zwei Gefährten und ich teilten uns ein Zelt. Der Zwerg, der müde von dem Ritt war, legte sich sofort auf sein Lager und schlief schnarchend ein. Aragorn lächelte mich belustigt an.
„Ab und zu schnarchst du auch", erwiderte ich, ebenfalls mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
„Aber nicht so schlimm, wie Freund Zwerg", antwortete der Waldläufer.
„Nein, so schlimm ist es wahrlich nicht", sagte ich. „Nur ein bisschen und nur manchmal."
Jäh lachte Aragorn auf.
„Lass uns ans Feuer gehen, ehe ich mich auch niederlege, um zu schlafen", meinte er und führte mich zu Éomer und Gamling, die essend an den warmen Flammen saßen.
Auch wir nahmen unser Abendmahl zu uns, denn es war bereits dunkel geworden und die Sterne standen am Himmel. Ich würde diese Nacht nicht schlafen, wie meine Freunde, sondern etwas tun, was ich schon seit einiger Zeit vorhatte zu tun, doch ich musste warten. Der richtige Moment dazu war noch nicht gekommen.
Als er seinen Eintopf aufgegessen hatte, stand Aragorn schließlich auf, um sich zur Ruhe zu legen. Ich selbst blieb bei Éomer und Gamling sitzen. Bald schon war aus dem Zelt hinter uns ein leises Lachen zu vernehmen. Dann stürmte ein aufgeregter Merry hinaus ins Freie, gefolgt von Éowyn.
„Du solltest ihm nicht so viel Hoffnung machen", meinte Éomer.
„Warum sagst du so etwas?", fragte Éowyn. „Warum sollte er nicht kämpfen für die, die er liebt?"
„Ich zweifle nicht an seinem Willen, sondern an der Reichweite seines Armes."
Die beiden Männer brachen in tosendes Gelächter aus und Éowyn verschwand beleidigt wieder ins Zelt. Ich seufzte. Menschen konnten so gemein zueinander sein, selbst, wenn sie sich mochten und liebten. Ich sagte nichts zu dem Thema. Vielleicht hätte ich es tun sollen, aber ich wusste, dass Éowyn selbst gern in die Schlacht ziehen würde und mich jetzt mit ihr zu streiten, weil ich der Meinung war, dass sie nicht auf das Schlachtfeld gehörte (wovon sie wusste, denn ich hatte ihr gesagt, dass ich mir Sorgen um sie machte) hätte sie nur auf dumme Gedanken gebracht.
Bald gingen Éomer und Gamling selbst zu Bett und ließen mich allein mit einigen anderen Männern am Feuer zurück. Ich wartete eine Weile, machte mich dann selbst auf den Weg, doch statt mein eigenes Zelt zu betreten, bog ich an ihm ab und verschwand im Dunkeln. Den Elbenmantel brauchte ich nicht einmal, um mich vor den Männern zu verbergen. In meiner Heimat waren wir Meister im plötzlichen Verschwinden und verschwinden musste ich, wenn ich meinen Plan durchführen wollte.
Leise schlich ich mich um die Zelte bis ich an einem stehen blieb, das ich gesucht hatte. Ich lauschte ein wenig, bis ich sichergehen konnte, dass die Person, die das Zelt besaß, schon schlief. Vorsichtig schlich ich mich hinein.
Éowyn lag friedlich auf ihren warmen Fellen. Ihre Haare waren ihr tief ins Gesicht gefallen, die Decke halb von ihrem Körper gerutscht.
Behutsam, um kein Geräusch zu machen, ging ich zu ihr hinüber und kniete mich nieder, sodass sie mit dem Rücken zu mir lag. Sanft strich ich ihr das Haar zur Seite und lächelte.
„Erinnerst du dich?", hauchte ich. „Das Schmuckstück, dass Aragorn trug. Es faszinierte dich." Ich besah ihr hübsches Gesicht. „Ich schenke dir ein solches Schmuckstück."
Mit diesem Satz griff ich nach der Kette, die um meinen Hals hing. Wie alle Elben besaß auch ich einen Anhänger, ähnlich dem Abendstern Arwens, der unsere Unsterblichkeit wahrte. Ich wollte schon nach dem Verschluss langen, da wurde es heller und jemand betrat das Zelt. Als ich mich an das Licht gewöhnt hatte, dass die Fackeln von draußen hineinwarfen, musste ich feststellten, dass es Théoden war.
Er starrte überrascht und erschrocken zugleich auf mich hinunter und ich nahm die Kette vollends von meinem Nacken und legte sie Éowyn um den Hals. Théoden und seine Kinder wussten, was es bedeutete, wenn ein Elb dies tat. Ich hatte es ihnen erklärt. Doch ich wollte Éowyn noch einen Kuss auf die Stirn geben, aber wegen Théoden ließ ich es lieber bleiben.
Ich wagte es nicht ihm in die Augen zu sehen, ging so schnell ich konnte an ihm vorbei ins Freie, ohne ein Wort zu sagen, ohne ein Wort zu hören. Jetzt wollte ich an nichts mehr denken.
Auf meinem Rückweg entdeckte ich erstaunt, dass Elrond uns bis hierher gefolgt war. Er überprüfte allerdings schon den Sattel seines Pferdes, denn er wollte so schnell wie möglich heimwärts nach Bruchtal reiten. Bevor er sein Pferd bestieg, erzählte er mir den Grund, weshalb er gekommen war und dass er Aragorn das Schwert Andúril, geschmiedet aus den Bruchstücken Narsils, gebracht hatte.
„Lass ihn nicht allein ziehen, Legolas. Du musst ihm folgen", sagte er zu mir.
„Gewiss, Onkel."
Er lächelte kurz, doch dann verzog sich sein Gesicht zu einer besorgten Mine.
„Gib auf dich acht, Neffe."
„Gewiss, Onkel."
Er nickte mir zu und ritt davon.
Was hast du gesehen?
Diese Frage sprach ich nie in seiner Gegenwart aus, denn ich wusste, wie sehr er sie hasste. Die Gabe der Voraussicht war ein schreckliches Geschenk der Valar.
Aragorn hatte tatsächlich vorgehabt ohne uns zu gehen und auch wenn ich mich vor dem Berg fürchtete, ich hatte meinem Onkel versprochen ihm zu folgen. Nun saß ich auf meinem Pferd, hinter mir Gimli, und ritt durch die verwirrten Rohirrim hindurch. Zwischen ihnen stand die zierliche Gestalt Éowyns, aber diesmal galt ihr Blick nicht Aragorn, sondern mir allein. Unsere Augen trafen sich ein allerletztes Mal, als sie die Hand fragend auf meine Kette legte. Ich lächelte, doch es kam nur ein gequältes Muskelzucken dabei heraus. Schließlich drehte ich mich weg und bemerkte, wie rot ich im Gesicht wurde. Ich wollte sie nicht mehr sehen. Ob der Zwerg bemerkt hatte, was in mir vorging, wusste ich nicht. Mir fiel es schwer meine Gedanken zu ordnen, denn neue Erinnerungen keimten in mir auf:
Ich war älter, es musste in meinem neunten Sommer gewesen sein. Ich hatte mich noch immer nicht wirklich an mein neues Zuhause gewöhnen können und vermisste den Wald. Es gab Tage, an welchen ich mich in meinem Zimmer verbarg, es nicht verlassen wollte. An solchen Tagen leistete mir Éowyn Gesellschaft.
So kam es, dass sie die erste war, die erfuhr, was es mit meiner Kette auf sich hatte.
„Sie ist schön", meinte Éowyn und deute auf das silberne Kunstwerk, das um meinen Hals hing.
„Ja", antwortete ich.
„Darf ich es mir heute ausleihen?", wollte sie wissen.
„Das geht nicht!", sagte ich.
„Warum nicht?", schnaubte Éowyn empört.
„Weil ich es nicht abnehmen und jemandem geben darf!"
„Und warum das nicht?"
Ich seufzte und erwiderte: „Wenn es kaputt geht, muss ich sterben und wenn ich es dir gebe, dann zählt es als Geschenk und ich verliere meine Unsterblichkeit und muss dich heiraten."
Das kleine Mädchen überlegte eine Weile und errötete.
„Dann gibst du sie mir, wenn wir groß sind?", fragte sie.
„Aber ja!", antwortet ich lächelnd, obwohl ich mir in meiner Naivität nicht bewusst war, was ich da überhaupt gesagt hatte. Obwohl ich mir nicht im Klaren war, dass diese Versprechen eines Tages sogar wahr werden würde.
Fortsetzung folgt...
So, das war es nun, das 5. Kapitel. Ich hoffe ihr bleibt mir noch im nächsten treu!
Melethil: Ja, ich habe das Pairing auch noch nicht oft entdeckt und hoffe, ich konnte dich damit erfreuen. Danke auch für das Kompliment und den Tipp. Ich dachte ich hätte es schon freigeschalten...
Soph
