„Lieber aus ganzem Holz eine Feindschaft, als eine geleimte Freundschaft."
(Friedrich Nietzsche)
Mit dem Fuß pochte Jussac gegen seine eigene Haustür und wartete schnaufend, dass sein Diener endlich öffnen würde. Der Weg von der Brücke bis hier mit dieser ungewöhnlichen Last über seiner Schulter war verflucht anstrengend und mindestens dreimal so lang wie sonst gewesen. Der Leutnant der Musketiere musste dringend seine Essgewohnheiten bei dieser Garküche ändern, so ein Gewicht würde Jussac nicht noch einmal durch die friedlich schlafende Stadt schleppen. Es musste am Gewicht liegen. Der Gardist weigerte sich daran zu glauben, dass er allmählich selbst in die Jahre kam.
Endlich waren Schritte hinter der Tür zu hören und sie klangen zum Glück tatsächlich nach denen Antoines, Jussacs Diener. Der Leutnant wollte vermeiden, auf seine - in manchen Situationen recht hysterisch reagierende - Wirtin zu treffen. Das hier war so eine Situation. Aber es war tatsächlich Antoine, der einen Spalt öffnete und zunächst hinauslugte, wer sich auf der Straße befinden mochte.
„Na los!" herrschte Jussac ihn ungeduldig an. Für eine längere Standpauke fehlte ihm gerade die Luft, aber seine Worte genügten auch so, um den Diener hastig die Tür bis hinten öffnen und seinen Herrn eintreten zu lassen. Mit vor Überraschung und Verwirrung großen Augen blickte Antoine dem Leutnant nach.
„Tür zu!" Jussac stapfte aus dem Flur in die Wohnstube hinüber. Der Diener warf den Eingang zu und beeilte sich dann rasch seinem Herrn zu folgen.
„Decke", machte der Leutnant eine Kopfbewegung zum Kanapee an der Wand hin und Antoine verstand. Eilig griff er nach einer Wolldecke, die in einem Sessel vor dem Kamin lag und breitete sie auf dem Kanapee aus.
Jussac ließ seine Last nicht ganz vorsichtig, aber auch nicht völlig rücksichtslos darauf sinken. Über zu wenig Zärtlichkeit würde sich der Gascogner schon nicht beschweren, wenn er diese Nacht überstand. Wieder stöhnte der Musketier leise, ohne aufzuwachen. Jussac rieb sich den Nacken und sah zu Antoine auf. Der Diener starrte sehr erschrocken zurück.
„Herr, seid Ihr verletzt?"
„Hm?" blickte der Leutnant an sich herunter und sah einen großen, dunkelrot gewachsenen Flecken auf seinem Wams. „Himmelherrgottsakra!"
Jussac musterte alarmiert seinen unfreiwilligen Gast auf dem Kanapee etwas genauer. D'Artagnan war noch immer sehr blass, ein dünner, kalter Schweißfilm glänzte auf seinem Gesicht. Der Uniformüberwurf verdeckte gerade nicht den linken, verletzten Arm und der Leutnant der Gardisten musste sich nicht länger wundern, woher das Blut an seinem Wams stammte. Der Hemdsärmel des Musketiers war ebenfalls verfärbt und dieser Fleck vergrößerte sich langsam aber stetig.
„Antoine, lauf zu in die Rue Bouleau und hol mir sofort den dort wohnenden Arzt her. Du weißt, welchen ich meine! Mit mir ist alles in Ordnung, geh schon, geh!"
„Ja, Herr", hastete der Diener am Sofa vorbei in Richtung Flur, als Jussac ihm nachrief: „Über die Brücke und nimm den Degen mit, der dort irgendwo an der linken Seite liegen muss!"
„Verstanden, Herr!" Hinter Antoine fiel die Tür ins Schloss. Jussac wusste, dass er sich auf seinen Diener verlassen konnte und er so schnell wie möglich wieder hier sein würde. Aber war das auch schnell genug?
Der Leutnant der Musketiere zitterte unmerklich und der Fleck auf dem Hemdsärmel war mittlerweile auf eine bedenkliche Größe angewachsen. Jussac strich sich unschlüssig übers Kinn. Vielleicht konnte er schon selbst etwas tun, Verbände hatte er im Haus. Aber im Moment wirkte die Kleidung des Gascogners wie ein Pflaster. Ein Pflaster allerdings, dass schon voll gesogen war...
„Hättet Ihr Euch nicht irgendeine andere Zeit, auf irgendeiner anderen Straße, in irgendeiner anderen Stadt aussuchen können? Musste es unbedingt mein Heimweg sein?"
Jussac wandte sich ab und ging nur kurz aus der Stube, um von nebenan aus seinem Schlafzimmer eine Waschschüssel und aus einem Schrank Handtücher und Verbände zu holen. Auf dem Weg schälte er sich noch aus seinem Wams, das eindeutig ruiniert war. Leicht angewidert warf er es in den Waschzuber. Vielleicht konnte Antoine noch ein Wunder vollbringen, aber das war eher unwahrscheinlich.
Die Arme beladen mit den Dingen, die er brauchen würde, kehrte Jussac zurück und stellte alles neben dem Kanapee bereit. Normalerweise schlief hier Antoine, manchmal auch die Wirtin, wenn das Nebenzimmer einen Schritt zu weit entfernt schien. Darum hatte der Diener auch immer eine Ausweichmöglichkeit in der Küche zur Verfügung. Jussac war sich allerdings sicher, während er die Schüssel mit Wasser füllte, dass Antoine diese Möglichkeit heute nicht Anspruch würde nehmen müssen. Der Leutnant wollte auf keinen Fall d'Artagnan länger als nötig beherbergen und sich dann wieder um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
Etwas unschlüssig stand Jussac nun vor dem Kanapee. Er wusste zwar, dass er schnell etwas unternehmen musste, um die Blutung aufzuhalten. Allerdings wusste er nicht recht, wie er überhaupt an die Ursache dafür heran kommen sollte. Mindestens drei Kleidungsschichten hielten ihn davon ab, die Wunde auszuwaschen und zu verbinden. Das hinderte den Gascogner seinerseits aber offensichtlich nicht daran, jetzt auch noch die Wolldecke mit seinem blutigen Hemdsärmel zu ruinieren.
„Sagt, warum musste es unbedingt diese Brücke sein, Monsieur? Es gibt noch genügend andere, größere, schönere, bestimmt näher an Eurer Wohnung gelegene – aber warum musste es meine Brücke sein?"
D'Artagnan antwortete nicht, nicht einmal mit seinem typisch arroganten Grinsen und vielleicht wäre Jussac in jeder anderen Situation hämisch erfreut darüber gewesen, dass es dem Leutnant der Musketiere wenigstens einmal die Sprache verschlagen hatte. Aber unter diesen Umständen kniete Jussac nur bei dem Kanapee nieder und löste die Haken aus den Ösen am Verschluss des Uniformüberwurfs des Musketiers. Dabei stellte er am Rande seiner Aufmerksamkeit und vielleicht ein wenig erstaunt fest, dass ein- und derselbe Schneider auch für die Uniformen der Gardisten zuständig sein musste, denn außer in der Farbe unterschied sich der Rock der Musketiere kaum von dem der Kardinalisten.
Der Gascogner beantwortete es mit einem schmerzerfüllten Stöhnen, als Jussac - nur um wenig Vorsicht bemüht, eher auf Eile bedacht – d'Artagnan vom Uniformüberwurf befreite und den Rock dann achtlos zu Boden warf. „Ich nehme an, Ihr wollt nicht unbedingt Euer Leben gegen die Ehrrettung eines Symbols eintauschen. Also beklagt Euch nicht weiter."
Jussac holte seinen eigenen Dolch hervor und erledigte den Rest auf rigorosere Weise, indem er zunächst den Stoff des Wamses, dann den des Hemdes durchschnitt und die Schulter des Musketiers freilegte. Der Leutnant der Gardisten verzog das Gesicht, als er einen ersten Blick auf die Wunde warf. Sie schien tief zu sein und jetzt, wo das „Pflaster" fehlte, lief auch das Blut ungehindert über Arm und Brust des Gascogners.
Rasch tauchte Jussac ein Handtuch in die Waschschüssel und begann, die Wunde zu säubern. Fast schien es eine vergebliche Arbeit zu sein, denn sobald der Leutnant das Blut soweit weggewischt hatte, dass er die Stelle sehen konnte wo der Degen ins Fleisch gedrungen war, quoll neues Blut daraus hervor. Der Gardist war sehr dankbar darum, dass d'Artagnan in eine gnädige Ohnmacht gefallen war, denn jede Berührung der Schulter musste furchtbar schmerzen. Jussac hatte schon viele Verletzungen gesehen, auch viele tödliche. Diese hier stufte er als durchaus bedenklich ein.
Mittlerweile regte sich der Musketier gar nicht mehr, er gab keinen Laut von sich und seine Gesicht war nicht mehr aschfahl, sondern grau. Er fieberte, aber zitterte nicht länger und Jussac fürchtete, dass d'Artagnan bereits zuviel Blut verloren hatte.
„Oh, nein! Das werdet Ihr nicht tun, mir einfach so unter den Händen wegzusterben." Presste Jussac einen Verbandswickel fest auf die Wunde und hob den Leutnant leicht an. "Dafür habe ich Euch nicht hier hergeschleppt und mich dem Spott meiner Kompanie ausgeliefert, wenn sie erfährt, dass ich ausgerechnet Euch gerettet habe."
Mit einer Hand hielt der Gardist d'Artagnan aufrecht gestützt, mit der anderen griff er nach einer weiteren Bandage und begann dann die mühselige Prozedur, einen halbwegs straff sitzenden Verband anzulegen. Als das geschafft war, ließ Jussac den Musketier wieder zurücksinken.
„Ärgerlich genug, dass Ihr jetzt in meiner Schuld steht, aber stellt Euch nur einmal vor, was geschieht, wenn Ihr nicht mehr aufwacht! Tréville wird mich vor ein Kriegsgericht zerren, weil Antoine gerade fort ist und so kein Zeuge dafür sein kann, dass ich nicht vielleicht ein wenig nachgeholfen habe, mit meinen Bemühungen um Euch."
Einige Augenblicke ließ Jussac den Verband nicht aus den Augen. Als er sich aber nicht sofort rot zu verfärben schien, nickte der Gardist zufrieden. „Das wird hoffentlich genügen, bis der Arzt hier eintrifft und was Ihr dann macht, sei mir herzlich gleichgültig. Aber solange werdet Ihr wohl noch mit dem Sterben warten können."
Mit einem sauberen Handtuch trocknete Jussac dem Leutnant der Musketiere den Schweiß vom Gesicht und legte ihm anschließend eine Hand auf die Stirn, um sich darüber zu versichern, wie besorgniserregend hoch das Fieber sein mochte. Er konnte nichts weiter tun, nur warten.
Ein ungeduldiges Klopfen an der Tür ließ Jussac schließlich aufstehen. Antoine war endlich mit dem Arzt zurückgekehrt, wie der Leutnant der Gardisten erleichtert feststellte, als er die Tür öffnete.
„Monsieur", grüßte der Wundarzt mit einem Kopfnicken und trat ein. Er sah unter seinem lichten Haarkranz nicht sonderlich gut gelaunt aus, mitten in der Nacht aus einem Bett geholt worden zu sein und ließ dies Jussac auch deutlich spüren. „Ich hoffe, Ihr habt einen guten Grund nach mir zu rufen, Monsieur le lieutenant. Normalerweise versorge ich nicht die Gardisten des Kardinals."
„Danke, dass Ihr meiner Bitte so rasch gefolgt seid." Jussac beachtete nicht den finsteren Blick, mit dem er gemustert wurde und sah zu seinem Diener herüber. Antoine schien etwas außer Atem, er musste schnell gelaufen sein. Unter seinem Arm klemmte der Degen. Der Gardist nickte Antoine zu, die Waffe in die Küche zu bringen und auch selbst dort zu bleiben. Wenn die Hilfe des Diener benötigt wurde, würde Jussac schon nach ihm verlangen.
Antoine verschwand und Jussac wandte sich wieder dem Wundarzt zu. Mit einer einladenden Geste wies er in Richtung der Stube. „Ja, als Leibarzt Monsieur de Trévilles kommen nur die Musketiere in den Genuss Eurer Kunst. Also werde ich schon den Richtigen gerufen haben, Monsieur Caillaux."
Der Arzt zog die Stirn in tiefe Falten, was bei seinem Gesicht besonders beeindruckend aussah, denn mit dem Alter waren immer mehr Falten hinzugekommen, sodass sich jetzt nicht nur die Stirn runzelte, sondern auch die Wangen und das Kinn. Monsieur Caillaux war eine Respektsperson und dieser Adlernase wagte niemand ernsthaft zu widersprechen. Wahrscheinlich war er deshalb der Leibarzt des Hauptmanns der Musketiere, welcher grundsätzlich nicht auf gut gemeinten, medizinischen Rat hörte und immer das Gegenteil von dem tat, was das Beste gewesen wäre. Aber einem Caillaux widersprach auch Tréville nicht, zumindest nicht sehr lange und sehr erfolgreich. Vor der dunkelledrigen Umhängetasche, die der Arzt immer bei sich trug und die nur geöffnet wurde, war ein Patient anders gar nicht zur Einsicht zu bewegen, fürchtete sich vielleicht sogar der sonst so unerschrockene Hauptmann.
„Wen habt Ihr folglich auf dem Gewissen, Monsieur?" fragte der Wundarzt nun, während er dem Leutnant in die Wohnstube folgte.
„Noch niemanden. Und ich wäre Euch sehr verbunden, bliebe es dabei." Jussac trat zur Seite und gab damit den Blick auf das Kanapee frei. Erneut gerieten die ausdruckstarken Falten Caillaux' in Bewegung und zeigten dieses Mal eine überraschte Miene. Nur überrascht, von Schrecken darüber, in was für einem Zustand der Arzt d'Artagnan hier in der Wohnung des Leutnants der Kardinalsgardisten antraf, war keine Spur zu sehen. Aber Caillaux zögerte auch nicht und trat sofort an die Liegestatt des Gascogners, um seine Behandlung zu beginnen.
Jussac wollte schon den Raum verlassen, um den Arzt in Ruhe seiner Arbeit nachgehen zu lassen und um von Antoine die Tatwaffe entgegenzunehmen, als Caillaux ihn zurückhielt. „Was ist geschehen?"
„Ein Degenstoß in die Schulter. Nahe des Gelenkes, recht tief, blutet stark."
„Habt Ihr den Verband angelegt?"
„Ja."
„Hm, hm. Stramm, erfüllt seinen Zweck. Wo habt Ihr gelernt, auf diese Weise einen Druckverband anzulegen, wie es ein Arzt nicht besser machen könnte?"
Jussac wehrte die Frage mit einer Handbewegung ab. „Bei verschiedenen Gelegenheiten."
„Wahrscheinlich habt Ihr Monsieur d'Artagnan damit das Leben gerettet. Zumindest kurzzeitig die Blutung gestillt. Aber das wird nicht genügen."
Caillaux schien seine Diagnose beendet zu haben und krempelte sich nun die Ärmel hoch. Seine Tasche stand bereit neben dem Kanapee. Er öffnete sie und holte eine große Schere daraus hervor. „So leid es mir tut, aber ich werde Eure Bemühungen wieder zunichte machen müssen."
„Macht was Ihr wollt, nur sorgt dafür, dass keine Leiche mein Haus verlässt."
„Ja, das wäre sicher... unangenehm", gab der Arzt zurück und zerschnitt den Verband. Etwas wie Besorgnis schien sich in seine ansonsten sehr gefasste Miene zu stehlen, während er die Wunde freilegte und genauer betrachtete. Ohne den Blick abzuwenden, griff er erneut in seine Tasche und holte etwas daraus hervor, das Jussac gar nicht erkennen wollte. „Wie ist das geschehen?" Caillaux machte irgendetwas mit dem furchteinfößenden Instrument und Jussac sah weiterhin stur geradeaus auf den Kamin.
„Monsieur d'Artagnan hatte wohl einen unglücklichen Zusammenstoß mit ein paar rauflustigen Kerlen. Nun, ich kenne nicht die genauen Vorgänge, aber ich konnte den Leutnant nicht einfach auf der Straße verbluten lassen. Also brachte ich ihn her und ließ Euch holen."
„Ah, dann wird der Degen, den Euer Diener mit sich herumtrug, wohl demjenigen gehören, welcher d'Artagnan diese Wunde beigebracht hat."
„Wollt Ihr mir etwas unterstellen?" fragte Jussac gereizt.
„Nicht doch. Es wäre schon recht merkwürdig, wenn Ihr den Leutnant der Musketiere erst niederstecht und dann rettet. Nein, ich muss nur wissen, was ich morgen Monsieur de Tréville berichten kann. Ich nehme an, das ist ein Grund, warum ich hier bin." Der Arzt schien mit seiner Behandlung soweit fertig zu sein und packte seine Hilfsmittel zurück in die Tasche. Jussac bemerkte, dass ein neuer Verband um d'Artagnans Schulter und Oberkörper gewickelt war, dem seinen zuvor nicht unähnlich.
„Richtet dem Hauptmann aus, was ich Euch gesagt habe. Es waren betrunkene Raufbolde. Mehr wird auch d'Artagnan nicht dazu sagen."
„Ich verstehe", nickte Caillaux und wandte sich nun zum ersten Mal von seinem Patienten Jussac zu. Er maß ihn mit einem scharfen Blick. „Die Wunde ist tief, der Leutnant hat viel Blut verloren und fiebert. Die Klinge traf ihn nahe am Gelenk und hat ein Blutgefäß durchtrennt. Ich habe getan, was ich konnte."
„Wird er es schaffen?"
„Ja, ich denke, ja." Die Prognose klang nicht sehr ermutigend und Jussac wusste, was eine Verletzung nahe am Gelenk und eine durchtrennte Arterie bedeuten mochten. „Wird er... seinen Arm behalten?"
„Ich habe getan, was ich konnte."
„Das sagtet Ihr bereits."
„Und ich kann nichts anderes sagen. Ich bin Arzt, kein Wundervollbringer. Aber einen Priester hinzuzuholen, erscheint mir glücklicherweise doch etwas übereilt."
Jussac seufzte leise. Mit Caillaux sollte man nicht diskutieren, lernte der Leutnant gerade. „Nun, dann wird Monsieur d'Artagnan also immerhin den nächsten Tag erleben."
„Und den Tag darauf, und den Tag darauf auch. Ihr werdet sobald keine Ruhe vor ihm haben."
Meinte Jussac das nur, oder huschte die Andeutung eines Schmunzelns über das Gesicht des Arztes? „Ich ahne, dass Ihr mir noch etwas mitteilen wollt, bevor ich endlich meinen wohlverdienten Schlaf bekomme." erwiderte er darum vorsichtig.
„Nun, der Zustand des Leutnants lässt es nicht ratsam erscheinen, ihn weite Wege zu transportieren. Damit meine ich eine Strecke weiter als bis zum Ende der Straße. Ihr werdet ihn wohl in dieser Nacht als Gast aufnehmen müssen, Monsieur."
Diese Nachricht war alles andere als erfreulich. „Muss? Gibt es keine Möglichkeit? Ich glaube kaum, dass ich am Besten dafür geeignet bin, den Rest der Nacht über d'Artagnan zu wachen. Jemand anderes sollte-"
„Ah, und wen schlagt Ihr da vor, Monsieur?"
„Irgendein Musketier wird sich schon finden lassen. Oder wie wäre es mit Euch?"
„Ich? Ich, Monsieur? Oh nein, ich werde jetzt wieder nach Hause gehen, unter meine Bettdecke kriechen und meinen wohlverdienten Schlaf bekommen. Genauso, wie irgendein Musketier, den ich auf keinen Fall wecken werde. Ihr könnt natürlich gerne Euer Glück versuchen. Bestimmt wird der Leutnant der Gardisten mit offenen Armen empfangen - Sofern Ihr glaubhaft erklären könnt, dass ein paar Raufbolde Monsieur d'Artagnan so zugerichtet haben. Ich würde mich nicht darauf verlassen, Ihr wisst ja, wie die Musketiere so sind und besonders ihre Offiziere..."
„Allerdings", brummte Jussac äußerst missvergnügt. Ihm blieb wohl keine andere Wahl.
„Gut". Caillaux erhob sich von seinem Platz neben dem Kanapee und griff nach seiner Tasche. „Ich habe dem Leutnant ein fiebersenkendes und ein Schlafmittel verabreicht. Ihr solltet also eine ruhige Nacht vor Euch haben."
„Vielen Dank." knurrte Jussac halblaut. Er wollte diesen Arzt einfach nur noch aus seiner Wohnung haben, damit er irgendwem anders das Leben schwer machen konnte. Caillaux ließ sich auch bereitwillig zum Ausgang eskortieren. Als er wieder in die frische Nachtluft getreten war, wandte er sich noch einmal zum Leutnant um. „Morgen wird jemand kommen, und d'Artagnan holen."
„Oh, seit Ihr da gewesen seid und d'Artagnan versorgt habt, bin ich mit Morgen einverstanden. Wer auch immer ihn dann abholt, er darf meinetwegen auch einen schwarzen Umhang und ein Erntegerät tragen." Jussac schloss die Tür, bevor der Wundarzt noch etwas erwidern konnte.
