und weil heute die Sonne scheint und der Server gnädig ist, gleich noch ein Kapitel

Tonks

In den heißen, schmalen Straßen der Kleinstadt stand die Luft – schwül und schwitzend vermochte es auch der Wind nicht sie zu kühlen. Er drückte den weißen Kaftan eng an ihren Körper und trug den Lärm vom Souk am Rande der Stadt zu ihr. Sie ging durch die vor Hitze flimmernden Straßen aus einem Gemisch von Staub Stein und Sand.

Ihr Körper bebte vor Anstrengung und Konzentration, aber auch vor Neugier und Angst, je näher sie dem Souk, und somit dem nahen Wald, kam. Als sie den Markt erreicht hatte, zog sie das Tuch, das ihr Gesicht verbarg noch enger zusammen, um nicht aufzufallen, und so das bunte, laute Treiben nicht zu stören; die dicken Weiber, in weiche, schmutzige Tücher gehüllt, deren Geschrei sich unentwegt mit dem Geschnatter der Hühner und Gänse duellierte, das Gebrüll der Männer beim täglichen Kartenspiel, und das Lachen der spielenden Kinder, die sich völlig unbeeindruckt von all dem zwischen gefüllten Obstkörben und stinkenden Fleischbrocken, Gewürzballen und frischen Kräutern bewegten.

Bereits wenige Meter außerhalb des Souk erfasste sie ein Windstoß, der den Gestank von ihr fort trieb und sie nach Luft schnappen ließ; aber all dies war herrlich nach dem Weg durch den Markt, der mit schweren, schwarzen Stoffen überdacht war.

Sie ging die schmale, steinige Straße aus der Stadt hinaus. Sie begann leicht zu steigen und der Wald kam rasch näher. Ihr dampfender Körper und der Wind, der den weißen Kaftan an sie drückte, ließ den dünnen Stoff feucht an ihr kleben bleiben.

Bald stand sie unter den Felsen, die verbargen, was das noch leise und ferne Grollen sie ahnen ließ. Die Ungewissheit ließ sie erschaudern, sie hatte keine Ahnung was sie erwartete. Den Zauberstab griffbereit in einem Holster, erklomm sie den Fels, der gekrönt von einem Plateau, freigab, was schon lange zu ahnen war: ein in ohrenbetäubenden Getöse über mehrere Felsstufen stürzender Wasserfall, der im hinteren Teil der Ebene ein etwas ruhigeres Becken gehöhlt hatte. Dort standen dichte, strahlend grüne Bäume und Büsche – sie waren das Ziel ihres beschwerlichen Weges. Der Wasserfall tauchte das gesamte Plateau in einen sanften, silbrig glänzenden Sprühregen.

Zögerlich ging sie auf die Baumgruppe zu, streifte sich das mittlerweile triefend nasse Tuch vom Kopf. Als hätte er sie kommen gespürt öffnete Harry, der an einen der hintersten Bäume gelehnt auf sie gewartet hatte, seine Augen. In dem Moment, wo sich ihre Blicke trafen sprang er auf. Tonks lief auf ihn zu, stoppte aber kurz vor ihm.

Er konnte all die Ängste und Zweifel in ihren Augen lesen.

„Es tut mir leid wenn ich dir angst gemacht habe." Seine Stimme krächzte vor Nervosität. „Ich war mir schon sicher du würdest nicht mehr kommen."

„Ich ginge überall hin, wenn ich wüsste, dass du dort auf mich wartest." Ihre Stimme, die ohnehin nur ein Flüstern war brach nun endgültig. Harry ging den letzten Schritt auf sie zu. Er strich eine nasse schwarze Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Sie schloss schnell und flach atmend ihre Augen, als diese Worte an ihr Ohr drangen. „Ich liebe dich!" Sie wusste nicht mehr ob es ein Traum war oder Realität. Das Dröhnen des Wasserfalls trug sie davon in einem Rausch ihrer Gefühle, in dem keiner der beiden mehr Herr der Lage war.

Die Sonne versank hinter den Gipfeln des Atlas als die beiden gemütlich aneinander gekuschelt wieder in der Wirklichkeit zurück waren. Harrys Aura duellierte sich mit dem Sonnenuntergang um den sattesten Goldton. Er zog aus seiner Tasche eine schwarze Schachtel „Ich hab' ein Geschenk für dich. Ich hoffe es gefällt dir."

Sie öffnete den Deckel. Zwei Silberbänder lagen darin. Sie hatten die Form eines Blütenstängels, und an beiden Enden war eine kleine Lilie als Abschluss.

„Die sind wunderschön, aber wie trägt man sie?"

Lächelnd nahm Harry eines heraus und legte es um ihren rechten Oberarm. Ein blauer Schimmer verband die Enden miteinander.

Das Zweite Band schloss sich um Harrys linken Oberarm, sodass sich die Blüten berührten, wenn sie neben einander lagen.

Als die Nacht endgültig hereinbrach, apperierten sie zurück nach Hogsmead, wo sie es sich vor Tonks Kamin gemütlich gemacht hatten. Harry erzählte ihr von dem Trank und dem Ritual, das Hermine entdeckt hatte und von seinen Plänen ihre Eltern und Navilles Eltern wieder zurück zu bringen.

Eng aneinander gekuschelt redeten sie über seine Pläne und wie er sie verwirklichen könnte, als Albus Kopf im Kamin erschien.

„Hallo, Harry, wir suchen dich schon seit gestern."

Seufzend erhob sich Harry. „Ich bin gleich bei dir."

Da fiel ihm sein Urgroßvater ins Wort: „Nein, Nein, bleib ruhig noch wenn du möchtest, aber komm morgen vor dem Unterricht zu mir. Bis bald !" damit war der Kopf wieder aus dem Kamin verschwunden.

Immer wieder schaffte es der alte Schulleiter ihn zu überraschen. Das Verhältnis der beiden hatte sich seit dem unseligen Tag in der Mysteriumsabteilung sehr verändert und Harry war wirklich froh, dass sein letzter magischer Verwandter so verständnisvoll war und ihm so sehr vertraute. Lächelnd schliefen die beiden ein.

Es war stock dunkel draußen. Das Zimmer wurde von dem flackernden Feuer im Kamin nur spärlich erhellt. Unheimliches Gelächter hatte Harry geweckt. Er befreite sich vorsichtig aus Tonks Umarmung und mit seinem Zauberstab bewaffnet schlich er den Stimmen entgegen.

Er schlich zu einem der Fenster und blickte in die Nacht hinaus. Er wollte seinen Augen nicht trauen, aber vor dem Haus standen Schulter an Schulter Todesser. Egal auf welcher Seite des Hauses er war, der Blick durch die Fenster zeigte immer das gleiche Bild.

Harry überlegte fieberhaft. Die einfachste Lösung wäre natürlich apparieren, also überprüfte er die magischen Felder die über dem Haus lagen. Zu seinem Entsetzten musste Harry feststellen, dass weder apparieren, noch ein Entkommen mittels Portschlüssel möglich war. Er ging zu Tonks um sie zu wecken, vielleicht wusste sie ja ein Ausweg.

„Tonks, wach auf." Er rüttelte sanft an ihrer Schulter.

Verschlafen murmelte sie „Harry, was ist los, stimmt etwas nicht?"

„Todesser stehen um das Haus, Tonks." Mit einem Schlag war sie hellwach.

„Hast du schon nachgesehen ob ein Anti-Appariefeld aufgebaut wurde?"

Harry nickte. „Und Portschlüssel funktionieren auch nicht."

„Der Kamin, Harry wir müssen mit Flohpulver nach Hogwarts."

Harry ging auf die Feuerstelle zu, um einen Blick nach oben zu werfen. Nur dank seiner geschärften Sinne sah er den grünen Blitz rechtzeitig um nicht getroffen zu werden.

„SCHEISSE ! Harry, geht's dir gut ?"

Er rappelte sich auf. Er hatte sich einfach nur aus der Schusslinie gehechtet. „Ja, mir ist nichts passiert. Aber verflucht, was machen wir jetzt."

„Nun herein kommen, können sie nicht. Albus hat mir mit den Schutzzaubern geholfen, es ist für Todesser unmöglich das Haus zu betreten. Aber hier bleiben können wir auch nicht, oder ?"

„Wenn sie nicht rauskommen zünden wir das Haus an."

Harry gefror das Blut in den Adern. „Potter ist da drin!" Diese kalte rasselnde Stimme kannte er nur zu gut.

Eine weiter Stimme drang leise an sein Ohr. Sie schnarrte „Bella, er will ihn lebend, schon vergessen?"

„Und du hast wohl vergessen, dass ich die Aktion hier leite. Wenn ich sage wir brennen das Haus nieder, dann machen wir das auch."

„Harry, was machen wir jetzt, wir können doch schlecht zu zweit gegen fünfzig Todesser kämpfen." Er nahm die zitternde Tonks in den Arm. „Hast du Besen da?" Sie schüttelte den Kopf. Harry schluckte geräuschvoll „Tonks, ich hoffe, dass du mir vertraust, aber die einzige Möglichkeit hier lebend raus zu kommen ist, dass ich mich verwandle, aber kein Wort egal zu wem, auch nicht zu Albus. OK ?"

Sie nickte erschrocken. „Harry ich würde die blind mein Leben anvertrauen, also ... welche Verwandlung, Harry ?"

Doch er reagierte nicht auf ihre Frage, sondern fragte : „Kannst du einen Desillusionierungszauber auf ein richtig großes Tier sprechen?"

Sie nickte nervös, ihre Augen huschten zwischen den Todessern vor dem Fenster ihres Wohnzimmers und Harry hin und her. Harry zog sie über die Stiege hinauf ins Dachgeschoss.

„So. Ich werde mich jetzt verwandeln und du kletterst auf meinen Rücken, sprichst einen Desillusionierungszauber über uns beide und hältst dich gut an mir fest. Egal was passiert, du hältst dich einfach fest, alles andere mache ich."

Tonks war verwirrt, sie hatte Harry schon in so vielen Situationen erlebt, traurig, zerbrechlich, fröhlich, aggressiv, ... aber noch niemals hatte sie ihn so konzentriert und kalt erlebt. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, aber sie nickte nur stumm, wohl wissend, dass sie auf keine ihrer Fragen eine Antwort bekommen würde.

Harry konzentrierte sich noch einmal kurz auf die Verwandlung, wie er es schon so oft getan hatte. Das hier war sozusagen seine Feuerprobe. Er hatte viel gelernt und trainiert. Nun kam es darauf an, dass er in einer gefährlichen Situation richtig und schnell agierte. Aber darüber zu grübeln hatte er jetzt wirklich keine Zeit.

Die Balken im Erdgeschoss begannen zu knistern und die erste Hitzewelle stieg zu ihnen unter das Dach herauf. Leise drang Gekicher zu ihnen „Potty Baby, willst du nicht raus kommen und deinen nutzlosen Paten rächen." Schallendes Gelächter folgte.

Im nächsten Augenblick stand ein großer goldener Greif vor Tonks, die mit einem Schrei nach hinten stolperte. Ein lautes Grollen entkam dem Rachen des riesigen Tieres. Tonks rappelte sich auf.

„Du hättest mich aber auch vorwarnen können." Sagte sie zu Harry, der von der für ihn ungewöhnlichen Verwandlung rein gar nichts mitbekam. Die eben gehörten Worte hallten in seinem Kopf wieder. So wie damals im Ministerium, dieses hämische ‚Potty-Baby, du kannst das nicht, du schaffst es nicht, ... du musst Schmerz zufügen wollen, keine Gerechtigkeit ... Schmerz ... Schmerz ... Schmerz'

Tonks kletterte ein Stoßgebet zum Himmel schickend auf den Rücken des Tieres und sprach den Zauber.

Harry riss mit einem Fluch aus seinen Augen ein riesiges Loch in das Dach des Hauses. Er dachte nicht mehr wirklich nach, was er tat war das simple umsetzen von Gelerntem in die Praxis. Wie durch einen Schleier nahm er die Schreie der Todesser wahr, die versuchten den herabstürzenden Trümmern zu entkommen. Unablässig hallten die Worte in seinem Kopf wider: ‚Schmerz ...' Ja er wusste was Schmerzen waren, da konnte ihm keiner das Wasser reichen. Während dessen suchten seine Augen die Menge nach der einen bestimmten Todesserin ab. Als Greif fiel ihm das nicht all zu schwer. Er flog einen Kreis um direkt über ihr zu sein. Durch den Desillusionierungszauber konnte ihn keiner sehen als er eine Salve von 12 schwarzen Pfeilen abfeuerte, die Bellatrix Lestrange Kopf und Brust zerfetzten.

Ein Schrei ging durch die Menge, jemand stürzte sich auf die am Boden liegende Bella. Harry sah nur den silbrigen Schein, der die Hand dieser Person immer noch umgab. Ohne lang darüber nachzudenken schoss eine zweite Salve aus seinen Augen, die Peter Pattigrew das gleiche Ende bescherte wie wenige Augenblicke zuvor Bella.

Harry landete am Nordturm, wo Tonks den Desillusionierungszauber wieder auf hob. In dem Moment als Harry sich zurück verwandelte, sank er in sich zusammen. Tonks versuchte ihn anzusprechen, doch er reagierte nicht. Sein Kopf war wie leergefegt. Kein einziger Gedanke konnte sich festsetzen. Aus verschleierten Augen starrte er ins Nichts.

Als Tonks bemerkte, dass sie machtlos war, sank sie weinend neben ihm nieder. Zu grausam war das Bild der beiden zerfetzten Körper. Verzweifelt versuchte sie die Bilder in ihrem Kopf durch andere zu ersetzen, doch es gelang ihr nicht. Ihr Magen drehte sich im Kreis und sie übergab sich auf den kalten Steinboden. Die Tatsache das diese grausamen Morde auf Harrys Konto gingen, konnte sie nicht verstehen. Ihr Harry hatte es getan. Der Auslöser war ihr klar. Bellas hämisches Gekrächze hatte ihn wie eine Maschine handeln lassen. All die Trauer und der Schmerz um Sirius, den er gerade erst gefunden hatte und der ihm wieder genommen wurde bevor sie sich noch richtig hatten kennen lernen können. Und als sich die Möglichkeit bot, hat er Wurmschwanz gleich mit erledigt, hat sozusagen die offenen Rechnungen beglichen. Aber welchen Preis musste er selbst jetzt bezahlen ...

Erinnerungen flackerten auf, an das Gespräch in Dumbledores Büro, als sie ihm erklärt hatte, dass Kriege nun mal nicht ohne Opfer zu beenden waren, wie sehr er unter dem Druck gelitten hatte in seinem Leben jemanden umbringen zu müssen und nun ... nun hatte er all seine Skrupel über Bord geworfen und sich von seinem Hass auf Bella und Peter verleiten lassen. Wie würde er damit umgehen, wie konnte ihm das überhaupt passieren?

Tonks war verzweifelt. Sie saß an die Schlossmauer gelehnt, hatte Harry in eine feste Umarmung gezogen und weinte; weinte um seine Unschuld, die für immer verloren war.

Im Morgengrauen war das Schloss in heller Aufruhr. Gerüchte breiteten sich wie Lauffeuer aus, allerdings steckte in den meisten nicht das geringste Fünkchen Wahrheit. Selbst Dumbledore lief in seinem Büro im Kreis. Harry war nicht auffindbar, genauso wie Tonks. Die Einwohner von Hogsmead hatten Alarm geschlagen und seither wartete er auf irgend ein Lebenszeichen der beiden. Auch Severus war nicht im Schloss. Er hatte sich zwar gestern noch bei ihm abgemeldet, doch war er von dem Treffen mit den Todessern nicht zurück gekehrt.

Minerva McGonagall und Alastor Moody brüteten über magischen Karten, um die beiden zu finden.

„Lasst es gut sein, ihr beiden, niemand kann Harry auf diese Art und Weise aufspüren. Nur wenn er seinen Zauberstab benützt ist er sichtbar."

„Aber Albus, wie kann das sein? Niemand kann das."

„Ich habe selbst keine Ahnung wie er das macht, aber es ist so. Der Junge kann mehr als jeder einzelne von uns vermutet."

Mit gewaltigem Schwung wurde in dem Moment die Türe aufgestoßen. Ein total verknitterter Remus Lupin stürmte auf den Schulleiter zu. „Wo sind sie!" keuchte er.

„Ich weiß es nicht." Eine Träne bahnte sich langsam einen Weg durch das zerfurchte Gesicht, um schließlich im weißen langen Bart zu versickern.

„Habt ihr's schon mit der Karte der Rumtreiber versucht?" fragte Remus. Hoffnung keimte in ihm auf.

„Nein, bis jetzt nicht."

Und so machten sich Dumbledore, McGonnagall, Moody und Lupin auf den Weg zum Gryffindore Turm. Dort wurden sie natürlich sofort von Ron und Hermine bestürmt. Sie gingen mit den Erwachsenen hoch in den Schlafsaal der Jungen, wo sie nach der Karte zu suchen begannen.

„Wir müssen irgendwie in den Koffer hinein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie da drinnen ist." Ron deutete auf den Koffer, der neben Harrys Bett stand.

Eine halbe Stunde lang bearbeiteten die Erwachsenen den Koffer mit allen möglichen Flüchen und Zaubern, doch sie scheiterten kläglich.

McGonagall seufzte resignierend. „Einfach unglaublich. Wie hat er das nun wieder gemacht?"

Niemand konnte ihr darauf eine Antwort geben. Ron war mittlerweile ziemlich wütend geworden und fluchte : „Gib' endlich die gottverdammte Karte her!" ein kräftiger Tritt gegen den Koffer genügte und der Deckel sprang auf, die Karte in Rons Gesicht und der Deckel schnappte wieder zu.

Remus hatte das Stück Pergament längst in der Hand und murmelte

„Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin!"

Feine Linien überzogen Pergament.

„Tonks ist am Nordturm" Remus zitterte, kein Laut war über seine Lippen gekommen, als sie die Worte formten. Er räusperte sich und versuchte es wieder und diesmal mit mehr Erfolg. Er brüllte es fast, so dass Hermine zusammen zuckte.

Gemeinsam rannten sie die Gänge entlang, erklommen eine Stiege nach der anderen, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten.

Harry und Tonks hatten sich in der ganzen Zeit keinen Millimeter bewegt. Nur Tonks Tränen waren versiegt und hatten blutunterlaufene, in tiefen Höhlen sitzende Augen zurück gelassen. Ihr langes, schwarzes Haar war zerzaust und verklebt, von Tränen und Schweiß. Mit keiner Faser ihres Körpers hatte sie auf die Ankunft ihrer Freunde reagiert, so wie Harry.

Alle waren erschrocken stehen geblieben. Das Bild das sich ihnen bot trieb ihnen allen Angsttränen in die Augen. Das Erbrochene hatte sich über den Boden verteilt und war eingetrocknet. Hermine war wieder in Rons Armen zusammengebrochen.

Der einzige, der sich noch unter Kontrolle hatte war Moody. Er ging auf die beiden zu und rüttelte an ihren Schultern.

„Potter, Tonks! Was ist hier los!"

Ganz langsam hob Tonks ihren Kopf. Sie flüsterte Worte, die keiner der Anwesenden verstehen konnte. „Was ist mit Potter." Moody brüllte sie beinahe an, doch sie schüttelte nur langsam den Kopf und sackte wieder in sich zusammen.

Nun war auch Dumbledore aus seiner Starre erwacht „Wie bringen sie in den Krankenflügel."

Die Stunden vergingen quälend langsam. Ron, Hermine, Lupin und Dumbledore waren im Krankenflügel geblieben, obwohl keiner der beiden auch nur ein einziges Lebenszeichen von sich gab. Mit einem lauten Knall flog die Tür zum Krankenflügel auf und herein stürmte Kingsley Shakelbolt. Auf einer Trage vor ihm lag eine verkrümmte, in eine schwarze Robe gehüllte Person.

„Albus, kommst du bitte, ich muss mit dir reden."

Er stand auf. Die Krankenschwester war durch den Krach alarmiert aus ihrem Büro gekommen und nahm den Neuzugang sofort unter die Lupe. Sie keuchte auf.

„Mein Gott! Severus!"

Alle waren aufgesprungen.

„Was ist mit ihm?" fragte Remus, der nun doch von Tonks Seite gewichen war.

„Das kann ich euch sagen wenn ich ihn untersucht habe." Und damit scheuchte sie alle von dem Bett weg, in das Kingsley ihn gelegt hatte und stellte Paravents auf, um ihren Patienten vor den Blicken der anderen zu schützen.

„Wir beide gehen am besten in dein Büro, dort können wir ungestört reden."

Als sie sich an den Schreibtisch des Schulleiters gesetzt hatten, zog der Auror einen schwarzen Pfeil aus seiner Tasche und legte ihn auf den Tisch.

„Lestrange und Wurmschwanz sind tot." Albus warf ihm einen nicht definierbaren Blick zu. „Sie wurden durch diese Pfeile zerfetzt. Es war ein grauenhafter Anblick. Aber das Material aus dem sie gemacht wurden kann ich nicht bestimmen. Das heißt, ich habe als Kind viele Märchen erzählt bekommen, in denen ein so harter schwarzer Stein vorkommt, aber ... aber das ist unmöglich."

Dumbledore zückte seinen Zauberstab und führte einige komplizierte Analysezauber durch. Der andere beobachtete ihn mit Argusaugen dabei.

„Ich weiß auch nicht. Es klingt zu unwahrscheinlich, unmöglich, dass es wirklich Obsidian ist. Aber du hast recht, in den Geschichten von Zwergen und Elfen kommt es gelegentlich vor. Nun erzähl was du gesehen hast."

Der Auror holte einmal tief Luft und begann zu erzählen. „Als wir, vom Ministerium und die anderen vom Orden dort angekommen sind war das Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt. Spuren der Todesser haben wir überall rund um das Haus gefunden, es müssen mindestens 30 gewesen sein, wenn nicht mehr. Wir vermuten, dass Voldemort selbst auch dort war, aber wir sind uns nicht sicher. Einerseits haben wir eine so dunkle Signatur dort gefunden, die nur er selbst und Bellatrix Lestrange haben, aber da wir Bella von diesen Pfeilen total zerfetzt vor dem Haus gefunden haben, gehen wir davon aus, dass er zumindest durch ihren Tod alarmiert dort aufgetaucht ist. Was aber eigenartig war, es hat keine wirklichen Spuren eines Kampfes gegeben. Bellas und Peters Leichen sind noch dort gelegen, aber sonst keine Verletzten, keine Spuren von Verwüstung oder Blut. Nichts, außer dem abgebrannten Haus und zwei Leichen. Ich wird' daraus nicht schlau, denn wer würde denn Peter und Bella töten, und die anderen laufen lassen?"

„Danke für deinen Bericht, ich halte dich auf dem Laufenden."

Kingsley machte sich wieder auf den Weg ins Ministerium und Dumbledore ging wieder in den Krankenflügel. Er hoffte inständig, dass Madame Pomfrey Severus wieder auf die Beine bringen würde, doch eigentlich bezweifelte er das stark. Wenn Voldemort selbst dort war, standen seine Chancen schlecht. Er vermutete, dass die Tarnung seines Spions aufgeflogen war.

Als er an seinem Ziel angekommen war, bat ihn die Krankenschwester sofort in ihr Büro, wo sie ihm Mitteilte, dass auch Snape die gleichen Symptome zeigte, wie Frank und Alice Longbottom.

Nun war es am Schulleiter die anderen einzuweihen, was er auch tat.

Hermine war außer sich. „Professor Dumbledore, Harry und ich haben etwas gefunden, womit wie sie alle wieder zurück bringen können."

Ein trauriges Lächeln umspielte die Lippen des Schulleiters: „Hermine, das ist unmöglich. Niemand kann das."

„Doch, ich kann es ihnen zeigen." Sie bat Ron das Buch zu holen, was dieser auch ohne zu murren tat.

Fieberhaft suchte sie nach dem Ritual, und mit einem triumphierenden Schrei, zeigte sie es den anderen.

„Hermine," der Schulleiter seufzte „das hier kann niemand lesen, diese Runen sind so alt, dass es uns nicht mehr möglich ist, sie zu rekonstruieren."

„Aber Harry kann es. Er hat es schon getan, aber wie alles andere, hat er auch diese Unterlagen getarnt, dass wir sie nicht lesen können, sondern nur er selbst."

Albus wurde nun etwas lauter. „Die Longbottoms, deine Eltern und jetzt auch Professor Snape sind verloren. Wir können sie nicht zurück bringen, bitte akzeptier das."

Plötzlich saß Harry senkrecht in seinem Bett. Aus grau verschleierten Augen sah er seinen Urgroßvater an. Langsam zog er das Medallion, das er zu Weihnachten bekommen hatte hervor, öffnete den Deckel und verstaute die Erinnerungen an die letzte Nacht sorgfältig darin.

„Sie hat recht, Albus. Ich kann es zumindest versuchen." Seine Stimme war erschreckend laut, was Tonks aus ihrem Dämmerschlaf weckte.

Als sie sah, wie Harry aufstand, schrie sie fast: „Du gehst aber nicht alleine!"

„Ich kann niemanden mitnehmen. Und ich werde gehen."

„Harry, bitte geh nicht. BITTE!" sie wimmerte. Hatte panische Angst um ihn, nach allem was gestern geschehen war, doch die Tür war hinter ihm bereits wieder ins Schloss gefallen.

Harry fühlte sich schrecklich, schwach und ausgelaugt. Erst mal musste er seine Kraftreserven wieder auffüllen. Dazu wollte er einfach Professor Spouts Pflanzen verwenden. Also schlich er in eines der Gewächshäuser, eine einfachere Lösung, als die von Anog gelernte Möglichkeit sich von Pflanzen Kraft geben zu lassen, viel ihm für sein jetziges Problem nicht ein.

Er setzte sich auf den Boden des verwaisten Gewächshauses und konzentrierte sich darauf die Auren zu sehen. Er war überrascht wie groß das magische Feld der Alraunen war, sie würden sich gut dazu eignen. Es ging erstaunlich schnell, als hätten sie auf ihn gewartet strömte Kraft in ihn. Er brauchte sie nur ganz leicht berühren. Es war als wollten die Alraunen hier nichts anderes als ihm helfen, und das taten sie auch.

Eine halbe Stunde später verließ er vor kraft strotzend das Gewächshaus. Jason hatte ihm geraten sich noch mal zu verwandeln, um die Lösung für das Problem mit den Zaubertrankzutaten zu finden. Der Nordturm war tagsüber, mit all den Schülern am Gelände nicht der richtige Ort, auch der Raum der Wünsche sagte ihm nicht zu, er konnte nicht ausschließen, dass Hermine oder Ron, oder auch Remus ihn dort suchen und finden würden. Blieb die einzige Möglichkeit der verbotene Wald. Er musste bloß Acht geben, dass er nicht den Zentauren oder Aragog über den Weg lief. Allerdings, wenn er einmal die Verwandlung durchgeführt hatte, drohte ihm dort wohl keine Gefahr mehr.

Er schlich sich an Hagrids Hütte vorbei, bis ihn die dichten Bäume umgaben. Endlich fand er eine kleine Lichtung, die genau groß genug war, für seine Zwecke.

Er sah sich noch ein letztes mal um. Als sich nichts in seinem Umfeld zu bewegen schien schloß er die Augen. In dem Moment als er sich verwandelte, zischte ein Pfeil auf ihn zu und streifte seine Schläfe. Ein ihm unbekannter Zentaur stürmte auf ihn zu, und viel vor ihm auf den Boden.

Er stammelte: „Verzeiht, Herr! Ich sah' an Ihrer statt einen Menschling hier stehen. Ich wollte sie nicht verletzten."

„Es ist ja nichts Schlimmes passiert. Also steh wieder auf."

Harry hatte auch diesmal wieder nicht bemerkt, dass er sich nicht mehr in den schwarzen Greif verwandelt hatte, sondern in einen Goldenen, wie Jason einer war.

„Ihr seid zu gütig, Herr! Darf ich sie in das Lager der Zentauren einladen, als Entschuldigung. Es währe uns allen eine Ehre einen königlichen, goldenen Greifen in unserem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Meine Freunde würden es mir nie verzeihen, wenn ich sie nicht mit bringe. Ein goldener Greif in unserem Wald! Einfach unglaublich ... seit Jahrzehnten hatten wir einen von ihnen nicht mehr zu Gesicht bekommen."

Verwirrt blickte Harry an sich hinunter. Das goldene Fell an seinen Tatzen schimmerte in den Strahlen der Sonne, die sich einen Weg durch das dichte Blätterdach gebahnt hatten. Als endlich der Groschen gefallen war, stieß er einen Freudenschrei aus, der durch den Wald hallte.

„Tut mir sehr leid, dass ich deine Einladung ausschlagen muss, aber ich habe noch einiges zu erledigen. Ach , und sag deinen Freunden, dass ich hier jederzeit auch in meiner Menschengestalt auftauchen kann. Ich bitte euch, keinen Menschen anzugreifen, nicht nur weil ich selbst einer bin, sondern weil fast alle, die aus dem Schloss kommen meine Freunde sind."

„Wir werden keinem ihrer Freunde etwas zu leide tun, seid gewiss."

„Und ich möchte euch auch bitten, wieder mit Hagrid Frieden zu schließen. Ich weiß zwar nicht was vorgefallen ist, aber ich bin mir sicher, dass sich die Differenzen aus dem Weg räumen lassen, wenn man miteinander eine Lösung finden will. Und nun bitte ich dich diese Nachricht deinem Volk zu überbringen, auf Wiedersehen."

Nun, da Harry wieder alleine war, transformierte er einen kleinen Ast, der am Boden gelegen hatte, in eine Phiole. Ein roter Strahl schoss auf seine Pfote zu. Als er ihn traf zuckte er leicht zusammen, wobei er beinahe die Phiole umgestoßen hätte. Einige Tropfen des goldenen Bluts fielen in das Gefäß, bevor er mit einem kleinen Zauber die Wunde wieder heilen ließ.

Er schnitt noch ein Haar aus seinem Schwanz, bevor er sich zurück verwandelte, und ins Schloss zurück lief.

Er lief in den Krankenflügel, wo noch immer alle um Tonks und Snape standen, und nicht wussten, was hier abging.

„Hallo!"

Aus überraschten Gesichtern starrten ihn Hermine, Ron, Remus und Tonks an.

Harry nahm Tonks kurz in den Arm und flüsterte ihr einige beruhigende Worte zu, stand aber schnell wieder auf und wand sich an Hermine. „Hermine, kommst du, ich hab' die Zutaten, nach denen wir gesucht habe. Also fangen wir am besten gleich damit an."

Hermine allerdings wusste nicht ob sie heulen oder lachen sollte und fiel ihrem besten Freund um den Hals. „Harry du bist der Beste."

Ron quittierte die Szene mit einem bösen Blick, was keinen verwunderte, außer Tonks. Harry und Hermine verließen um gehend den Krankensaal, und Tonks nahm sich Ron zur Brust. Sie hatte ja gesehen wie bescheuert er sich manchmal benahm, und Harry hatte ihr auch erzählt wie er reagierte, wenn er und Hermine sich nahe waren.

„Wo wollen wir den Trank brauen? Wieder in Myrthes Klo?"

„Nein, wir nehmen Snapes Labor, ich glaube nicht dass er damit ein Problem hat. Und wenn schon, jetzt kann er uns nicht daran hindern."

Sie hatten aber einige Probleme in Snapes Reich einzudringen und als Harry die Zauber die über dem Eingang lagen analysierte, keuchte er entsetzt auf. Der Zauber mit dem die Tür verschlossen war, war Greifenmagie.

Es dauerte einige Zeit, bis sie alle Zutaten vorbereitet hatten und Harry musste zugeben, dass er ohne Hermine kläglich gescheitert wäre, bei dem Versuch den Trank zu brauen.

Sie arbeiteten still vor sich hin, als Hermine ihn ansah. „Sagst du mir wo du das Blut bekommen hast?"

Harry schüttelte nur den Kopf und Hermine versank wieder in ihrer Arbeit.

Als der Trank nur noch einige Minuten köcheln musste redete Hermine weiter.

„Weißt du, ich hab' eigentlich schon aufgegeben verstehen zu wollen was du tust, mit wem du's tust, oder auch warum. Ich bin zwar hinter einige deiner Geheimnisse gekommen, aber nichts hat mich weiter gebracht, in meinem Bemühen dich zu verstehen. Ich wollte dir nur sagen, dass wenn du ein Problem hast über das du mit mir reden möchtest, oder kannst, dann bin ich für dich da."

Traurig lächelnd umarmte Harry das Mädchen „Danke, Hermine, aber ..."

„Nein, ich weiß schon dass du mir nichts erzählst, was mit Voldemort zu tun hat, aber was ist mit Tonks?"

Harry schloss kurz seine Augen „Ich liebe sie und ich hab' ihr gesagt, dass ich den Rest meines Lebens mit ihr verbringen möchte. Wolltest du das wissen?" er lächelte das Mädchen an. „So, jetzt ist aber der Trank fertig. Und es ist schon mitten in der Nacht, wir füllen ihn ab, und gehen dann ins Bett. OK"

Wiedereinmal war Hermine schockiert, Harry so reden zu hören. Nicht nur weil ihr seine Beziehung zu Tonks missfiel sondern auch weil ersich nicht anhörte wie ein 16jähriger.

Harry schlief bis lang in den nächsten Morgen hinein. Das Geschehene hatte ihn sehr mitgenommen, auch wenn er seine Erinnerungen vorerst in seinem Medallion aufbewahrte, so spukte das Wissen Menschen ermordet zu haben, doch immer wieder durch seinen Kopf. Als er kurz vor 10:00 erwachte, machte er sich fertig für den Tag. Es würde wahrscheinlich einer der längsten und anstrengendsten werden, die er je erlebt hatte. Er konnte auch nicht wissen, ob bei seinem Unterfangen irgendwelche Gefahren lauerten, aber er hatte sich schon einen Plan zurecht gelegt, wie er dieses neue Menschenrettungsding durchziehen konnte. Es war ein perfekter Plan, das musste er sich selbst zugestehen. Vom Gelingen der Aktion hing vieles ab. Seine Freunde vertrauten so sehr auf seine Fähigkeiten. Vor allem Hermine durfte er nicht enttäuschen, denn auch wenn er selbst von sich verlangte mit solchen Schicksalsschlägen fertig zu werden, so wollte er das selbe nicht von seinen Freunden verlangen. Und wenn es auch nur die geringste Chance gab zu helfen, so würde er das ohne mit der Wimper zu zucken auch tun, ohne an die Gefahr zu denken, in die er sich begab.

Auf seinem Weg zum Krankenflügel, in dem seine Freundin immer noch lag, kam ihm ein freudestrahlender Hagrid entgegen.

„Harry, stell dir vor, die Zentauren reden wieder mit mir. Muß schnell zu Dumbledore, ..." und schon war er auch an ihm vorbei gerauscht.

Es freute Harry sehr, dass die Zentauren eingelenkt hatten, es würde einiges für heute leichter machen.

Im Krankenflügel küsste er die noch schlafende Tonks und hinterließ eine Nachricht auf dem Nachttischkästchen, in der er erklärte, dass er gedenke sein Vorhaben heute umzusetzten.

Danach bat er seinen Großvater, die Grangers und die Longbottoms von St.Mungos hierher zu bringen. Der Schulleiter konnte nur noch den Kopf schütteln, über den unnachgiebigen, befehlenden Ton, den sein Urenkel sogar ihm gegenüber angeschlagen hatte. Aber auf irgend eine Weise imponierte ihm dessen unerschrockenes Auftreten und so kam er seinem Wunsch schnellst möglich nach.

In der Zwischenzeit war Harry unterwegs in den Wald, wo er sich verwandelte, und als goldener Greif auf die Suche nach den Zentauren ging. Er wollte sie Bitten, den Bereich um die peitschende Weide, den er für das Ritual auserkoren hatte, zu sichern. Sie würden seiner Bitte ihn auf absolut keinen Fall zu stören ohne Widerreden nachkommen, wovon er weder bei den Auroren des Ministeriums, noch bei den Mitgliedern des Phönix Ordens überzeugt war. Diesmal war es Bane, den er als erstes traf. Auf seine Bitte hin, sammelte er alle seine Freunde zusammen und sie alle versprachen, dem goldenen Greifen, Harry Potter mit ihrem Leben zu beschützen, und ihn nicht zu unterbrechen, sowie alle anderen davon abzuhalten ihn zu stören, auch Dumbledore.

Nun musste er noch die peitschende Weide besuchen. Um sich zu versichern, dass sie bereit war ihm einen Teil ihre Magie bei Bedarf zur Verfügung zu stellen.

So stand er vor der Weide, Erinnerungen spukten durch seinen Kopf, die ihm im Nachhinein sogar ein Lächeln entlockten. Es war ein unglaubliches Erlebnis für ihn gewesen, als er mit Ron im Auto seines Vaters hier her geflogen war. Sie hatten den Baum damals stark beschädigt, was ihm leid tat, doch war es ja damals nicht wirklich seine Schuld gewesen. Im Grunde war immer der Gleiche Schuld an allem, Voldemort. Harry konzentrierte sich wieder auf die Magie, die ihn umgab. Er wusste ja bereits, dass vor ihm die Magischste Pflanze weit und breit stand. Er näherte sich dem Baum vollkommen angstfrei. Von Anog hatte er gelernt, dass diese Bäume ihre Bestimmung hatten und sich selbst und das was sie beschützen sollten nur verteidigten. So kam es, dass der Baum nur sachte seine Äste hin und her wogen ließ, als Harry sich ihm näherte. Das war alles, was er wissen wollte. Es war bereits Zeit um zum Mittagessen zu gehen.

Harry war etwas erstaunt, dass er überhaupt noch zu einem so profanen Gefühl wie Hunger fähig war. Bei Essen, erklärte er Hermine was für sie wichtig war, unter anderem auch, dass Harry vorhatte ihre Eltern als letztes zurück zu holen. Beginnen würde er mit Snape. Ron sah ihn entsetzt an.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein Harry!" brüllte er ihn an, und nahm Hermine in den Arm.

„Ron, könntest du bitte aufhören hier herum zu brüllen?" sagte Harry etwas unterkühlt.

„Aber warum Harry? Warum" wisperte Hermine mit Tränen in den Augen.

Harry erklärte ihr in sanftem Ton, dass er Snape deshalb ausgewählt hatte, weil er ein Zauberer war, also seine Seele viel leichte zu erreichen war, als die Seele von Muggeln, und weil er ihn kannte. Für die Longbottoms war er ein Fremder und er wusste nicht wie Seelen darauf reagierten also war Snape die logischste Variante, auch wenn er ihn nie gemocht hatte. Aber das war kein wirklicher Grund es nicht zu tun.

Ron sah ihn immer noch verständnislos an, sagte aber nichts mehr, da sein Einfluss auf Harry mittlerweile gegen Null ging. Aber er begleitete Hermine und Harry nach dem Mittagessen auf ihrem Weg in den Krankenflügel. Harry hatte den Eindruck noch nie so viele Leute hier gesehen zu haben. Dumbledore hatte das Ehepaar Granger und Nevills Eltern hier her gebracht. Während Hermine Eltern reglos in Betten lagen, saß Alice Longbottom zitternd auf ihrem Bett. Ihr Mann hatte eine kleine Schachtel mit Bonbons in der Hand die er unablässig auf und zuschnappen ließ. Im hintesten Bett lag Snape. Sein Gesicht war starr und weiß wie Marmor. In der Mitte des Raumes, etwas von den Betten entfernt standen Dumbledore, Lupin und Tonks, die einen wütend tobenden Neville zuberuhigen versuchten, allerdings mit sehr wenig Erfolg.

Als Harry ihm die Hand auf die Schulter legen wollte schlug er diese zornig beiseite. Er funkelte ihn böse an: „Was denkst du dir eigentlich dabei. Entscheidest über die Köpfe anderer hinweg. Du weckst Hoffnungen in mir, die, wenn man darüber nur ein klein wenig nachdenkt, nur enttäuscht werden können. Hast du darüber schon mal nachgedacht, aber nein, der große Harry Potter ha es ja nicht nötig über andere nachzudenken."

„Neville, jetzt halt mal die Klappe. Es tut mir leid, dass ich dich nicht in die Entdeckungen von Hermine und mir eingeweiht habe. Es tut mir wirklich leid, aber ich war so sehr mit Hermines Problem beschäftigt, dass ich auf deines total vergessen habe. Komm mit ich erklär dir, was ich vorhabe und warum ich ganz sicher bin, dass es klappen wird. Neville, vertrau mir bitte."

„Es ist keine Frage des Vertrauens, Harry, es ist reiner Selbstschutz. Ich könnte es nicht ertragen, sie noch einmal zu verlieren."

Alle Augen waren auf die beiden Jungen gerichtet. Niemand hatte bisher Neville so konsequent seine Meinung vertreten sehen. Bisher war er meist zu schwach gewesen, um sich gegen Harry und seine Freunde durchzusetzen, doch diesmal ging es um seine Eltern. Um sie zu beschützen würde er, so schien es, alles tun.

Harry wandte sich an die anderen, und bat sie kurz hinaus zu gehen. Er musste dringend mit Neville reden.

Eine halbe Stunde später, sah er aus dem Fenster des Krankenflügels, wie die Zentauren aus dem Wald kamen und auf die peitschende Weide zu gingen.

„Neville, es ist soweit. Ich gehe jetzt mit Snape und den Grangers hinaus. Wenn du möchtest, dass ich auch deinen Eltern zu helfen versuche, dann komm mit. Aber es ist deine Entscheidung."

Er stand auf, nahm seine Tasche in der sich schon die Flaschen mit dem Zaubertrank und fünf Tonschalen befanden. Mit dem Zauberstab in der Hand dirigierte er die drei Erwachsenen aus dem Krankenflügel, durch das große Tor der Schule hinaus auf die Wiese. Er drehte sich nicht um. Wenn Neville kommen wollte, würde er es tun.

Harry versuchte sich auf sein Vorhaben zu konzentrieren und ignorierte die kleine Prozession, die hinter ihm herlief.

Die anderen stellten mit Entsätzen fest, wo Harry da hinging, vor allem Remus gefror das Blut in den Adern, als er nahe der peitschenden Weide stehen blieb und die wartenden Zentauren begrüßte.

bis bals heimess