Huhu! Sorry, dass es sooooooooooooooooooooo lange gedauert hat, ich musste so ein bescheuertes Referat machen, dass mich unheimlich Zeit gekostet hat(Tod allen Erdkundelehrern! Krieg den Referaten!), und dann war ich noch ne Woche auf Klassenfahrt. Und die Kapitel kann ich nur am Wochenende online stellen, weil ich unter Woche im Internat bin, und die Textdateien von dort lassen sich nicht hochladen. Gelobe Besserung!
Telepmauriel: Daaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanke -sich das wie Honig schmecken lässt- -Schon lange kein so tolles Lob mehr gekriegt hat-
Lyra: habe nie behauptet, dass das alles leicht zu verstehen is, bin ich viel zu gestört für. Vielleicht, wenn du die erste Story Leben lernen liest? -mit dem Zaunpfahl winkt- ;-)
Haselmaus: schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib schreib
Kapitel 20Nager dans
les eaux troubles
Des lendemains
Attendre ici la fin
Flotter
dans l'air trop lourd
Du presque rien
A qui tendre la main
(Desenchantée – Kate Ryan)
„Hör mir zu, Emilia, bitte. Ich möchte dir helfen. Aber wenn du wirklich willst, dass dir geholfen wird, muss du auch etwas mitarbeiten. Es ist noch nicht Weihnachten oder dein Geburtstag, heute gibt es nichts geschenkt." Er unterbricht sich um kurz über seinen Scherz zu lachen. „Du hast hier die großartige Chance, dein Leben in den Griff zu bekommen und deine Probleme zu lösen, und du hast sogar Hilfe dabei. Wir wollen dir hier helfen, damit du lernst, dir selbst zu helfen. Es ist sehr wichtig, dass du das verstehst: du sollst dir SELBST helfen. Wir sind nur Unterstützer, Anleiter dafür. Eines Tages wirst du aus dieser Einrichtung entlassen werden, denn du weißt ja selbst, dass du hier nicht für immer wirst bleiben können. Du magst vielleicht denken, dass du das alleine niemals schaffen wirst, in dieser Welt zu leben. Dass zuviel passiert ist, was du nicht rückgängig machen kannst oder vielleicht aus einer Uneinsichtigkeit heraus nicht willst, dass du nicht in der Lage sein wirst, deine Fehler wieder gut zu machen. Dich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. -Aber das ist alles möglich..."
Ich klinke mich aus, habe ihm schon seit geraumer Zeit nur teilweise zugehört. Hat schon ihre Vorteile, diese Schizophrenie...
Dieser Hornochse, er hat doch nicht die geringste Ahnung, wovon er überhaupt redet. Wie und woher will er wissen, wie es mir geht? ER war noch nicht in einer anderen Dimension gefangen und musste alleine zurecht finden. Ihm hat man nicht seinen besten Freund weggenommen und stattdessen eine Entzugstherapie verordnet. Er ist nicht mal eben durch den Wald geirrt, zusammengeklappt, hat dann drei Wochen geschlafen und dann monate- beziehungsweise jahrelang wieder gar nicht. Er wurde nicht von seinem zukünftigen Ehemann vollgereiert. Und vor allem musste er nicht diesen beschissenen Ringkrieg überleben!
Aber so verbittert es klingt, wirklich wütend bin ich nicht. Ich verachte ihn, er ist dumm und primitiv und weiß es nicht besser. Sein Problem. Und doch. Es gibt Dinge, mit denen er recht hat, wie er sie sagt, wenn auch in anderem Zusammenhang. Ja, ich weiß, dass ich hier nicht ewig bleiben werde, auch wenn es durchaus nicht so ist, als wenn ich nicht könnte. Das wäre durchaus möglich, ich müsste nur die Darstellung meiner geistigen Gesundheit etwas ändern. Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erwähnt habe, aber ich bin wirklich eine sehr gute Schauspielerin. Auch, wenn ich das selber sage.
Womit er allerdings Recht hat ist die Tatsache, dass es Dinge gibt, die ich nicht rückgängig machen kann(wie zum Beispiel die Tatsache, dass ich reanimiert wurde...). Oder dass ich mich nicht mehr in de Gesellschaft werde eingliedern können (war ich je Teil davon?)...
Aber wer sagt denn, dass ich überhaupt Lust dazu habe? Er hat wirklich recht, ich muss mir selber helfen. Hier kann das eh keiner. Zum Glück hab ich es irgendwie voll drauf, in einer Umwelt zu überleben, die sich komplett gegen mich verschworen hat. Ich hatte auch die letzten 50 Jahre oder so relativ gute Übung. Ich kann das. Ich bin hier? Egal. Wer sagt, dass ich hier bleiben muss?
Ich nicke zu dem, was er gerade sagt(„...auch diese Selbstverletzungen schaden dir- bedenke, Gott hat mit jedem von uns etwas vor. Er hat auch dir deinen Körper nur geliehen, du darfst ihn nicht verunstalten...") und spiele die Interessierte. Im Geiste gehe ich meine Optionen durch(bedauerlicherweise sind es nicht viele). Aber dennoch gibt es Möglichkeiten, die gibt es immer.
Zunächst einmal sollte ich beginnen, etwas anorektisch zu werden, das würde erstens meiner Figur helfen und zweitens meine Toleranzgrenze für Rauschmittel – also auch tödliche – herabsenken. Dann bräuchte ich keine 10 Päckchen mehr. Dann würden vielleicht 5 schon reichen, weil ich ja eh so entkräftet bin. Oder ich verhungere- dann brauch ich mir nicht die Mühe machen, den Schrank aufzubrechen.
Und ich sollte beginnen, mich den Therapeuten gegenüber kooperativer zu verhalten. Sie sind sehr leicht zufrieden zustellen - alles, was sie im Grunde wollen, ist das man höflich nickt und sagt dass es einem besser geht – nicht sagen gut, das wirkt verdächtig, aber BESSER(dann fühlen sie sich geschmeichelt, bilden sich was auf ihre Therapiekünste ein und sind viel leichter zu manipulieren)- ja, und man sollte natürlich auch gelegentlich weinen, Gefühle zeigen, damit sie denken, dass man an seinen Problemen wirklich arbeitet. Gut ist es auch, wenn man ein wenig herumdruckst(vorzugsweise mehrere Therapiestunden lang), und dann mit den "Großen Problemen" herausrückt, die einen "wirklich sehr belasten, ja, mich vielleicht sogar zudem gemacht haben, was ich heute bin" und/oder einen "wirklich sehr geprägt" haben.
Therapeuten mögen es auch gerne, wenn man ihnen Begebenheiten aus der eigenen Kindheit
erzählt, daran können sie "tiefenpsychologische Analysen" durchführen. Also wenn dir zum Beispiel früher mal jemand deinen Lolli weggenommen hat, oder du umgezogen bist als du grade sabbern, brabbeln und krabbeln konntest und noch gar nichts kapiert hast und du dich an diese Zeit sowieso nicht erinnern kannst und du aber deine Krabbelgruppe wechseln musstest, dann freut das die Therapeuten, weil sie daran ganz herrlich "stark ausgeprägte Verlustängste durch frühkindliche, schwereingreifende, emotional verletzende Erfahrungen" diagnostizieren können.
Therapeuten lieben Diagnosen. Diese sprechen sie dann lang und breit mit ihren Kollegen(vorzugsweise Chef- und/oder Oberarzt) durch und stimmen ihre Therapien darauf ab, was im Prinzip nichts anderes heißt, dass sie dich nie wieder nach Verlustängsten fragen werden, weil sie diese ja bereits diagnostiziert haben.
Therapeuten lieben auch Tests und Fragebögen. Darin sollte man nur ehrlich antworten, wenn man sicher ist, dass die Therapeuten einem aus der Auswertung davon(ein weiteres Hobby) keins reinwürgen. Wenn zum Beispiel in einem "indirekten Thomas-Fragebogen" bei dem man antworten soll, "was einem zuallererst in den Sinn kommt", etwas steht wie "ein kleiner Junge ist manchmal traurig. Warum wohl?" oder "der kleine Junge ist häufig wütend. Warum wohl?" oder "Der kleine Junge fühlt sich manchmal ganz allein gelassen. Warum wohl?" hat es nur selten Vorteile, ehrlich zu antworten, es sei denn, man versteht und akzeptiert die Gründe der Therapie, dann will man ja geholfen bekommen.
Aber in einem Fall wie meinem(der, ohne arrogant klingen zu wollen, wohl doch relativ einzigartig ist), machen ehrliche Angaben keinen Sinn, wenn ich hier je wieder heraus kommen will. Ich meine, als Antwort auf die Frage, warum der kleine Junge manchmal traurig ist, eignet sich wohl die kaum die Antwort "weil er in Wirklichkeit eine Sie ist und ihren Ehemann vermisst, der übrigens ein Elb ist und in einer anderen Dimension auf sie wartet", genauso wenig, wie die Tatsache, dass er wütend sein könnte, weil seine Lieblingsdroge und bester Freund Rod Wine eine Seestädter Weinsorte ist, die in dieser Dimension bedauerlicherweise nicht zu bekommen ist.
Eine weitere Option für mich wäre, lieb und brav zu sein, mich also nicht nur bei den Therapeuten kooperativ, sondern auch auf der Station lieb, freundlich und hilfsbereit zeigen, sprich: Maike helfen, ihre Handgelenke regelmäßig neu zu verbinden und Salbe drauf zu schmieren, Yuls, der Neuen, die Integration in die Station zu erleichtern(wird nicht einfach sein, wenn sie immer schreiend wegrennt, weil ihre höchsteigene Privathalluzination Kurt Cobain sich wieder mal von hinten an sie rangeschlichen und ihr "ICH bin die Mutti, nicht du!" ins Ohr geschrieen hat), ferner müsste ich versuchen, den (aus gegebenen Gründen allgemein gemiedenen) Nymphomanen Julien etwas mehr in die Gemeinschaft einzugliedern, mit Denise zusammen ihre Liederbücher durchsingen(als Musikfreak ist sie ohne Musik aufgeschmissen, und CDs sind doch verboten, seit sie eine zerbrochen hat, um sich zu ritzen), ich sollte Lukas bei seinen Deutschlektionen helfen(er ist leicht schizophren, er glaubt, er befinde sich im alten Rom und müsse lateinisch sprechen, Deutsch kann er gar nicht mehr), und natürlich: nett zu Linda sein... Ähm, man kann es auch übertreiben.
Jedenfalls, ein solches Verhalten würde meine Freiheiten ausweiten, weil die Wärterinnen mir mehr vertrauen würden, ich bekäme Ausgang, könnte Alkohol und Drogen kaufen...
Äh, ja.
Während ich alle diese Optionen gründlich durchgegangen bin, redet der Hornochse unaufhörlich weiter. Seine aktuellen Auslassungen über mein häufig extrem uneinsichtiges Verhalten und meinen Zwang, ständig im Mittelpunkt stehen zu wollen, rauschen an mir vorbei. Während ein kleiner Teil von mir, die altbekannte Emilia1/4, die ich allerdings auf 1/10 reduziert habe, weil sie sonst zuviel Blödsinn anstellt, höflich nickt und Dinge wie "natürlich", "verstehe ich", "ja" und "Amen" sagt, konzentriert sich der Rest von mir auf anderes. Auf Wichtiges. Auf Legolas.
Was er jetzt wohl macht? Ich hab nicht die geringste Ahnung. Oder doch, vielleicht ein bisschen. Irgendwas zieht in mir nämlich ganz fürchterlich, und da ich doch irgendwie während meines Aufenthaltes dort etliche elbische Eigenschaften angenommen habe, hat Liebeskummer relativ ziemlich starke Auswirkungen auf mich. Ich vermute, dass es bei Legolas ganz ähnlich sein wird, sprich: ER IST VERRÜCKT VOR SORGE! ER DREHT DURCH ER WIRD ALLEN IN VALINOR DIE HÖLLE HEISS MACHEN UM MICH ZU FINDEN UND WENN IHM NIEMAND WEITERHELFEN KANN WIRD ER WOMÖGLICH AMOK LAUFEN ER WIRD GALADRIEL DEN HALS UMDREHEN ER WIRD GIMLI MASSAKRIEREN ER WIRD MANWE UND SÄMTLICHE VALAR IN DEN WAHNSINN TREIBEN ER WIRD GANDALF AN DESSEN BART HINTER SICH HERZIEHEN BIS DER MICH WIEDERFINDET ODER NOCH SCHLIMMER IHM SEINEN LETZTEN REST PFEIFENKRAUT WEGNEHMEN ER WIRD ELROND MIT SEINEN EIGENEN ROBEN ERWÜRGEN UND IHN ZWINGEN MICH WIEDERZUBRINGEN ER-
"Emilia, ich habe leider keine Zeit mehr."
(Oh...schade!)
"Ich habe dir alles genau erklärt, unserer weiteres Vorgehen aus Station. Ich würde mich dir gerne länger und ausführlicher widmen; leider bist du jedoch nicht meine einzige Patientin. Aber wir werden uns ja noch öfter sehen, vermute ich..." Er unterbricht sich kurz um über seinen Scherz zu lachen." Wie auch immer, du solltest jetzt wieder auf die Station zurück gehen. du bist zwar etwas zu früh, aber dann gehst du eben noch etwas länger in die Gruppe... und sag Patrick Bescheid, er ist schon wieder viel zu spät dran...!"
Ja. das ist natürlich alles Patricks Schuld, der Hornochse hat ja auch nicht 50 Minuten überzogen, ach was! Aber das ist schließlich Patricks Schuld. Und Schuldgefühle tun ihm gut, davon hat er viel zu wenig. Aber man muss ihm das nachsehen- ich meine, wenn Kleptomanen Schuldgefühle hätten, dann würden sie ja auch noch Depressionen kriegen... Aber das ist egal, denn schließlich ist das alles Patricks Schuld.
---
Wieder auf der Station, muss ich mich erst mal neu orientieren. Es haben sich ein paar Dinge verändert, während ich in der Neurologie war. Dass Yuls gekommen ist, wusste ich, aber dabei ist es nicht geblieben. Es hat ordentlich Zuwachs gegeben, das sind die Notfälle, die nicht warten können, bis sie nach Warteliste dran sind. Auch Sebastian ist neu, auch wenn ich bei ihm den Grund der Einlieferung nicht ganz verstehe. Er sagt, weil sein Vater ihn so oft im Stich gelassen hat. Ja, und zum abnehmen. Es würde mich belasten, glaube ich, wenn ich zum Abnehmen in die Klapse müsste. Andererseits ist es ja auch eine Essstörung, wenn man zuviel frustfuttert. Ach, egal, nicht mein Problem.
Ich sitze auf meinem Bett und blättere in meinen Büchern, vergleiche die mir zur Verfügung stehenden Berichte über Mittelerde und Valinor mit der Realität. Ja, mir ist langweilig.
Als ich mich gerade dazu durchgerungen habe, meinen Weinführer herauszuholen, um mich über die Fertigung von Rotweinen weiter kundig zu machen- wenn es hier keinen Rod gibt, mach ich mir halt selber welchen-, als die Tür auf geht und- na toll- Linda herein kommt. Sie sieht fertig aus, als wenn sie geweint hätte. Sie sieht mich nicht, aber dafür führt sie Selbstgespräche.
"Wie konnte sie mir das nur antun? Wie nur, wie? Sag es mir, Schatz, ich verstehe es nicht!"
Schatz? Ist sie jetzt auf dem Gollumtrip? Ich dachte, sie stünde auf Elijah, sie sind "doch füreinander BESTIMMT..." Immerhin, sie hat einem Typen, der Elijah nur ein winziges bisschen ähnlich sieht, die Handgelenke gebrochen, weil er komischerweise was dagegen hatte, sich von ihr in einer dunklen Ecke festketten zu lassen. Haben sie ihn eigentlich inzwischen aus der Orthopädie entlassen? Oder steht er immer noch unter Schock? Ich weiß es gar nicht...
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass Linda mich hasst, weil ich ihr das Leben gerettet habe. Ok, inzwischen kann ich es ein bisschen nachvollziehen, bloß bei uns ist der Unterschied, dass es wirklich Liebe ist. Dass wir VERHEIRATET sind. Und dass es real ist. Ich kann nichts dafür, dass Linda Wahnvorstellungen hat...
"Wirklich, das ist typisch! Sie macht mir alles nach! Elijah, du musst was tun! Sie wird mich vernichten, uns beide vernichten! Sie hasst mich! Elijah, Liebling, ich weiß, wenn du mit ihr redest, wird das alles anders..."
Sie hat mich immer noch nicht entdeckt, obwohl sie wild im Zimmer auf und ab läuft. Es liegt daran, dass sie doch nicht mit sich selbst spricht, sondern mit dem kleinen Elijah-Bildchen in ihrer Hand. Eigentlich hat sie die verboten bekommen, deswegen ist in der Klinik auch alles von Herr der Ringe verboten, das Sillmarillion, die Verschollenen Geschichten etc. sind aber zum Glück erlaubt(es kommt ja auch kein Frodo drin vor), und das ist gut so, sonst würde ich komplett durchdrehen. Die ganzen Verbote helfen aber trotzdem nichts, Linda hat einfach zu viele Bilder. Die Wärterinnen haben schon einen ganzen Hefter voll nur mit Elijah-Sachen, sie wollen sie nicht wegwerfen, sie versteigern sie lieber an Fans bei ebay, "Zum Wohle der Einrichtung". Sprich, eine neue Kaffeemaschine für die Wärterinnen... und noch eine neuere Kaffeemaschine... und eine noch viel neuerere Kaffeemaschine für die Wärterinnen...
Wirklich, die Insassen können echt dankbar sein, dass die Wärterinnen nicht egoistisch sind oder so. Dass sie sich so für uns aufopfern. Und nie auf den Gedanken kämen, erst an sich zu denken, und dann an die armen Irren. Die haben nämlich oberste Priorität!
Gleich nach den Kaffeemaschinen.
Linda läuft immer noch relativ sinnloses Zeug vor sich hin brabbelnd hin und her, doch wenn man sich erst mal reingehört hat und das ständige "Elijah", "Elijah, mein Schatz", "Elijah, my Darling", "Elijah, wirklich, Darling, ich liebe dich", "dieses Miststück" und "DAS MACHT SIE MIT ABSICHT!" heraushört bzw. -zensiert, ist man mit etwas Konzentration sogar in der Lage, sie zu verstehen. Hier der Grund ihres Ärgernisses(gekürzt und zensiert versteht sich, wir wollen hier ja niemanden nerven...):
"Also, echt. Wie konnte sie nur, -PIEP-, du hast es doch sicher auch gemerkt, -PIEP-, -PIEP-, ist dir das nicht aufgefallen -PIEP-? Ich meine, ich weiß, dass ich toll bin, dass ich die Leute fasziniere, fast so sehr wie du, -PIEP-. Aber ist das ein Grund, den Leuten ALLES nachzumachen? Erst mal ihre Story, -PIEP-! So voll nachgemacht... man merkt, dass sie Aufmerksamkeit will, sonst würde sie wohl kaum so tun, als wäre sie mit diesem -na, wie heißt er- Egobras zusammen. Oder Legoland? Egal, nicht wahr, -PIEP-?. Jedenfalls, ich finde, wenn man Aufmerksamkeit haben will, sollte man niemanden nachmachen, -PIEP-...
-PIEP- übrigens -PIEP- , na, jedenfalls, -PIEP-, ich weiß, dass -PIEP-! Weißt du, -PIEP-, ich meine, wie kann man nur so unauffällig sein? Einfach den Tablettenschrank aufbrechen. Und dann alles fressen, unauffällig die Packungen um sich rumverstreut, dass man auch JA gefunden wird -PIEP-. Dass man auch ja reanidingsda wird...
Ach, -PIEP-, ich verstehe das nicht. Wenn sie mich so toll findet, warum sagt sie es mir nicht einfach, -PIEP-? Und warum akzeptiert sie nicht einfach den Unterschied zwischen erfunden und echt -PIEP-? Ich verstehe es nicht... -PIEP-...-PIEP-...-PIEP-... ja, -PIEP-, ich BIN sauer! Über soviel Doofheit! Weil sie mich fertig macht, aber -PIEP-! Ach -PIEP-...-PIEP-, wirklich...-PIEP- -PIEP- -PIEP- -PIEP-..."
Irgendwann wird sie ruhiger, nämlich, als sie beginnt, heiser zu werden. Erschöpft lässt sie sich irgendwann auf ihr Bett fallen. "Oh, -PIEP-..."
Ich beschließe, mich erst mal nicht zu rühren. ich glaube, dass sie immer noch gefährlich ist, auch wenn sie so müde ist. Mit Linda is nicht zu spaßen!
Ich schließe stattdessen die Augen, versenke mich in mich selbst und forsche nach meinem inneren Kern, nach Legol- AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUU! Ist Liebeskummer bei Elben IMMER so schmerzhaft? Wenn ja, hab ich mir definitiv den falschen Mann ausgesucht... und die falsche Dimension...
Typisch.
Ich versenke mich tiefer. Ab einem gewissen Punkt spürt man den Schmerz kaum noch. Man gewöhnt sich quasi daran. Weil es schlimmer nicht mehr werden kann. Schmerzgrenzen sind was wundervolles...
Es ist dunkel um mich herum, eine undurchdringliche, tiefe Dunkelheit, fast, dass man die Schwärze mit Händen greifen kann. Verwundert strecke ich die Hände aus, oder glaube zumindest, dass ich das tue. In dieser Dunkelheit, in der man nichts sieht und auch nichts hört, ist man sich auch nicht sicher, ob man etwas fühlt oder nicht. Wenn ich nichts greife, nichts berühre, wie will ich wissen, ob ich meine Hände überhaupt bewegt habe?
Ich greife ins Nichts. Seltsam, diese Schwerelosigkeit. Ich verstehe es nicht. Wo bin ich? Ich bin nicht ohnmächtig, das weiß ich, und ich habe auch kein goldenes Licht mit silbernen Funken drin gesehen, also kann ich auch davon ausgehen, dass ich in keinem Dimensionsloch gelandet bin. Abgesehen davon sind die sowieso golden innen drin.
Aber wo bin ich dann?
Ich fange gerade an, etwas Angst zu bekommen, als es ganz allmählich heller wird, nicht viel, das Schwarz verändert sich nur ganz langsam von greifbar und beängstigend über undurchdringlich bis zu tiefster Nacht. Und plötzlich schwebe ich auch nicht mehr, ich merke, dass es nicht weiter abwärts geht. Ich scheine auf festem Boden zu stehen, wenngleich ich ihn nicht spüren kann.
Ich gehe probeweise ein paar Schritte. Der Boden scheint zu federn, wobei ich auch das nicht mit Sicherheit sagen kann. Alles wirkt wie in Watte verpackt, ich kann nichts mit Bestimmtheit sagen. Ich kann nicht einmal sagen, über was ich laufe, ob es Sand ist, eine Wiese, Steine, ein gefrorener See oder heißglühende Lava. Wobei ich letztere wohl doch ausschließen kann, denn die würde ja leuchten und ich bin immer noch in Dunkelheit gehüllt. Ich kann zwar den Himmel vom Boden unterscheiden, und das meilenweit. Doch auch nicht mehr als das. Entweder ich bin in einer Steppe oder Wüste gelandet. Oder – nein, ich bin in einer Wüste gelandet.
Ich „laufe" ein noch ein paar Schritte, zumindest glaube ich es. Seltsam, diese Gefühllosigkeit. Es ist schwer mit so etwas umzugehen, ob es jetzt physische oder psychische Leere ist. Da machen sich die letzten 50 Jahre bezahlt, da habe ich ganz schon Übung gekriegt in solchen Dingen. Man soll's nicht glauben, aber auch Depressionen, Gefühlsleere und Einsamkeit machen sich irgendwann bezahlt, zumal, wenn man gelernt hat, damit umzugehen.
---
Ich laufe immer weiter, Stunden, so kommt es mir vor. Meine Gedanken schweifen ab, immer weiter weg. Immer um ein Thema herum, doch sie streifen es nie, machen einen vorsichtigen Bogen drum herum, wagen sich kühn um Haaresbreite heran. Doch berühren es nie.
Ich will nicht wissen, wo ich bin. Ich will nicht darüber nachdenken. Ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist, und das kann alles bedeuten. Ich will nicht schon wieder in eine neue Dimension. Ich will nicht, dass alles wieder von vorne anfängt. Lieber bleibe ich in meiner Welt, als dass ich mich schon wieder ein halbes Jahrhundert oder noch länger alleine durch eine Welt schlagen muss, die mich nicht kennt und mich nicht mag. Ich habe mich einmal mit einer fremden Welt auseinander gesetzt, ein Leben gelebt, mit all seinen Widrigkeiten. Ich kann das kein zweites Mal tun. Ich WILL das kein zweites Mal tun. Ich will nicht wissen, wo ich bin. Ich will nicht darüber nachdenken. Ich will nicht, dass alles wieder von vorne anfängt...
Aber ich denke ja auch nicht darüber nach. Ich analysiere diese seltsame Schwerelosigkeit, diese seltsame Umgebung. Ich weiß nicht, wo ich bin, aber darüber muss ich auch nicht nachdenken.
Ich habe das Gefühl, dass ganz hinten, am Horizont, Berge sind, viele Berge, hohe Berge, undurchdringlich, wie es aussieht. Irgendwie scheint mich heute alles einsperren zu wollen...
Und vorne, ganz weit weg, scheint die Ebene auszulaufen, Ich vermeine, Hügel zu erkennen, und –Lichter?
Nein.
Keine Lichter.
Denn Lichter Lichtquelle Feuer (oder noch schlimmer: Strom) Zivilisation KEINE Lichter.
So einfach ist das.
---
Ich habe jegliches (Zeit-)Gefühl verloren. Laufe ich schon 20 Stunden, oder doch erst 20 Minuten? Laufe ich überhaupt. Ich vermag es nicht zu sagen. Langsam geht mir diese Leere auf den Geist.
Ist es eigentlich immer noch so dunkel? Oder laufe ich einfach mit geschlossenen Augen? Ich öffne probeweise bewusst die Augen(sie waren doch zu), kann aber keinen nennenswerten Unterschied feststellen. Kann ich sie auch wieder zu machen.
So geht es weiter, ich weiß nicht wie lang. Laufe ich? Taumele ich? Bewege ich mich überhaupt? Torkele ich immer noch durch diese gottverdammte Einöde, wie es so schön heißt?
Ich weiß es nicht. Ich werde auch nie dazukommen, diesen wirklich weltbewegenden Gedanken weiterzuspinnen, weil ich exakt in diesem Moment gegen irgendwas laufe. Holz, so wie es sich anfühlt und anhört. Ich öffne die Augen.
Und würde sie am liebsten wieder schließen. Licht! Helligkeit! Gleißendes Licht! SCHMERZEN!
Aber an die bin ich ja inzwischen gewöhnt.
Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt haben, haben sich meine schlimmsten Alpträume bewahrheitet. Zivilisation. Menschen. LEBEN. Igitt.
Und auch noch irgendwas keltenmäßig Esoterik Gothic angehauchtes mit langen Flatterburgfräuleinkleidchen, mit Flügelärmeln und allem Drum und Dran, wie es aussieht. Und auch noch so viele! Alle inklusive spitze Ohren-
Moment. Sollte ich wirklich und tatsächlich einmal, ein einziges Mal in meinem Leben Glück haben? Ich kann es nicht fassen.
Ich schaue mich um, vergewissere mich. Tatsächlich. Es ist wahr! Ich bin tatsächlich da, wo ich allermeisten hinwollte. Mittelerde. Elben!
Jetzt ist alles nur noch halb so wild. Die Dimension stimmt. Da ist der richtige Kontinent nur noch ein Kinderspiel. Ich kann es kaum fassen...
Da kommen mir auch schon die ersten Zweifel. Bin ich überhaupt in der richtigen Zeit? Ich meine Elben haben wirklich nicht unbeachtliche Lebensspannen, aber das nützt mir bei einer Verfehlung von, na, sagen wir 10 000 Jahren herzlich wenig.
Was ist, wenn Legolas noch gar nicht geboren ist?
Oder noch schlimmer, schon tot?
Oder wenn ich zwar in der richtigen Zeit bin, aber zu richtig, so dass ich quasi doppelt da bin?
Denn ich weiß, ich werde Legolas mit niemandem teilen. Auch nicht mit mir selber.
Ich werde panisch. Ich laufe schneller, schaue wie gehetzt um mich. Erkenne ich irgendetwas wieder? Kann ich irgendwas rekonstruieren? Veränderungen? Was war schon so, was kenne ich anders, WO BIN ICH ÜBERHAUPT?
Mit der Zeit werde ich ruhiger. Ich bin ziemlich sicher, dass ich in Valinor bin, also: richtiger Kontinent, richtige Stadt.
Es scheint auch die richtige Zeit zu sein, obwohl ich das auf keinen Fall sicher sagen kann. Es sieht alles so aus, wie ich in Erinnerung habe, aber das hat bei elbischen Maßstäben nichts zu sagen. Und ich habe IMMER noch niemanden gesehen, den ich kenne.
Ich laufe weiter, bis ich auf einmal etwas höre, dass mich stutzen lässt. Ich bin inzwischen längst in Wohngebieten, und ich höre eine Stimme, die mir bekannt vor kommt, die ein Lied singt, dass ich auch irgendwoher kenne, und zwar mehr als gut. Ein Sauflied. Ein ZWERGISCHES Sauflied.
Gimli!
Ich laufe um die Ecke, und da sitzt er, wie er leibt und lebt. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen!
Ich eile auf ihn zu, will ihn gerade überraschen, und vor allem: ihn fragen, wo Legolas ist, als er betrunken vom Stuhl kippt. Na toll.
Egal, nicht entmutigen lassen. Ich laufe weiter, aber nun in das Grundstück hinein, in der festen Annahme, dass, wenn Gimli hier ist, Legolas nicht weit sein kann. Dieses Haus kommt mir allerdings nicht bekannt vor, hier war ich noch nie. Aber von der Art, wie es gebaut und eingerichtet ist, kann ich mir gut vorstellen, dass es Legolas´ Haus ist. Er hatte noch nie Sinn für Geschmack. Mischt immer alles zusammen. Alle erinnert zwar an Düsterwald, aber irgendwie auf einander abgestimmt? Denkste.
Einfach alles mit Erinnerungsstücken vollgestopft.
Ich gehe weiter, laufe eine Galerie entlang, die im ersten Stock einmal rund ums ganze Haus gezogen scheint. Er ist ganz nah, ich weiß es, ich kann es fühlen. Glaube ich. Mit dem Fühlen ist das so eine Sache...
Ich gehe um die nächste Ecke und stehe schon halb in einem Zimmer, dass sich zu einer Terrasse, die mit dem Säulengang selbstverständlich verbunden ist, öffnet.
Mein Herz macht einen Sprung. Ich stehe schon halb in SEINEM Zimmer.
Und da sitzt er, ein Buch in der Hand, die Ainulindale, MEINE Ainulindale. Seltsam.. die mag er doch sonst gar nicht.
Aber er liest eh nicht, er starrt nur ins Leere.
Als ich eintrete, hebt er den Kopf. Und sieht mich an.
Ich lächele. Ich bin überglücklich.
„Hallo, Legolas."
Er runzelt die Stirn.
„Wer bist du?"
------------------------
