Ein Hauself nahm ihn vor dem Kamin im Hause Malfoy in Empfang und führte ihn erstmal in Lucius' neues Appartement. Das bewohnte er neuerdings und hatte dort auch ein Gästezimmer, das allerdings schon von Bellatrix und Narcissa bevölkert wurde.

"Schön, dass du endlich da bist." krähte Lucius hoheitsvoll, er schien schon etwas Met genossen zu haben, "Stell' dir vor, der dunkle Lord persönlich erscheint heute abend." Severus hatte dies eigentlich erwartet. Er überreichte Lucius den Comic und Narcissa und Bellatrix den restlichen Fruchtgummi. Die jungen Damen fielen ganz undamenhaft darüber her. "Welchen Kamin hast du genommen?" fragte Lucius beiläufig. "Im Direktorzimmer." antwortete Severus genauso lässig. "Hat er dich ausgefragt?" bohrte Lucius weiter. "Er hat es versucht. Aber es ist nicht viel dabei herausgekommen." meinte Severus zurückhaltend. Wieso sollte das eine Rolle spielen?

Er wurde in Lucius altem Kinderzimmer einquartiert. Nicht das er glaubte, dass Lucius jemals ein Kind gewesen war, das erschien ihm nicht plausibel.

Plausibel - glaubhaft, einleuchtend. Dennoch trug der Raum noch deutliche Spuren eines kindlichen Lucius Malfoy. Über dem Schreibtisch hin ein großes Poster einer Quidditch-Mannschaft aus der Normandie, daneben waren einige Ansichtskarten von exotischen Orten an die Wand gepinnt. Das Bücherbord trug keine Überraschungen, die üblichen Zauberergeschichten und sogar zwei Muggelbücher, 'Robin Hood' und 'Die drei Musketiere'. In einer Vitrine an der Wand war ein fast zwei Meter großes Modellschiff ausgestellt. Sollte Lucius Malfoy Muggelsegler zusammenleimen? Diese Frage würde Severus niemals laut stellen, aber es amüsierte ihn ohne Ende.

Das Zimmer war schlicht gehalten, aber es kam ihm wie ein kleines Paradies vor, wenn er an seine winzige Dachkammer zu Hause dachte.

"Fühl' dich wie zu Hause." hatte Lucius gesagt, nachdem er ihn seinen Eltern und einigen Onkeln und Tanten vorgestellt hatte. Manche kannten tatsächlich seinen Namen und murmelten etwas von 'ach so' als er sich vorstellte. Lord Voldemort selbst war noch nicht anwesend, er würde erst spät nachts kommen. Dafür waren aber die Eltern von Bellatrix und Narcissa da und die von Sirius Black, gemeinsam mit einem jüngeren Bruder namens Regulus.

Der unterschied sich deutlich von seinem ärgerlichen Bruder und Severus unterhielt sich mit ihm und ließ sich über Hogwarts ausfragen, das er im nächsten Jahr auch besuchen würde. "Ich hoffe, ich komme nach Slytherin." seufzte Regulus, "Nicht wie dieser Versager. Die Familie war vielleicht empört, als er in Gryffindor sortiert wurde. Der hat wahrscheinlich einen Defekt." erklärte er. Severus war nur zu gern bereit, Regulus da zuzustimmen. Sirius Black hatte während der Feiertage immer wieder seinen Weg gekreuzt und Streit gesucht. Und er hatte gedroht, wenn erst seine 'Gang' wieder da wäre, würde er schon sehen... Severus glaubte nicht, dass eine Gang existierte, Samuel Lawrence hatte auch immer mit seinem großen Bruder gedroht, der gar nicht existierte. Trotzdem würde es von Nutzen sein, wenn man sich schon mal mit dem kleineren Bruder anfreundete.

Das Essen verlief in einer höflichen, kühlen Atmosphäre. Severus schaute auf Narcissa und imitierte ihre Tischmanieren. Bellatrix und Regulus versuchten leise zu sein und die Erwachsenen sprachen über Politik. "Es ist eine Schande," sagte Lord Malfoy, "dass immer mehr Muggel in unsere Welt geschleust werden. Es ist gerade so, als ob jemand ein Interesse hat, uns zu unterwandern. Der Vorschlag vom magischen Rat, muggelgeborenen Zauberern einen Eid abzunehmen, der sie von der Muggelwelt trennt, wurde ja abgeschmettert. Ich verstehe das nicht. Schließlich wissen dann immer mehr von uns und das führt letztendlich zu Diskrepanzen."

Diskrepanzen - Unstimmigkeiten, Zwietracht. merkte sich Snape. Er folgte der Unterhaltung nur mit einem Ohr, hörte erst besser hin als er die Worte 'Lord Voldemort' und 'Muggel' in einem Satz hörte. "Er wird sich darum kümmern, das hat er uns versprochen." erklärte Madame Black kategorisch. "Es ist schon schlimm genug, dass unsere Kinder auf Komfort verzichten müssen, damit die ganzen Muggelprojekte in Hogwarts Platz haben." Severus hätte beinahe gekichert. Soweit er wusste, gab es die Privatzimmer in Gryffindor schon seit Jahren nicht mehr. Und der liebe Sohn von Madame Black war ein Gryffindor. Sie kam auch gleich darauf zu sprechen. "Ich kann euch gar nicht oft genug sagen, wie enttäuscht wir waren, als Sirius in dieses Muggelhaus gesteckt wurde. Ich persönlich glaube ja, dass da jemand dran gedreht hat. Eventuell hat der Hut ein Muggelkind aus Versehen nach Slytherin geschickt. Ich kann mir da alles vorstellen, seit Professor Dippet nicht mehr ist." Sie seufzte und tupfte ihre Augen mit einem umhäkelten Taschentuch ab. "Wir haben gegen die Einordnung protestiert, aber ihr wisst ja, wie dieser Muggelliebhaber reagiert. Wir müssen nun mit diesem Makel leben." schluchzte sie.

Lord Malfoy winkte ab. "Wenn er erst mal seinen UTZ hat und einen ordentlichen Beruf, fragt keiner mehr danach. Ihr müsst nur ein wenig seinen Umgang kontrollieren. Lucius, hast du eine Auge auf den jungen Mr. Black?" fragte er über den Tisch hinweg. Lucius, der gerade unter dem Tisch mit Narcissa Händchen hielt, schreckte hoch. "Er ist oft mit diesem James Potter zusammen. Und die Sache mit Frank Longbottom hat ihn auch sehr aufgeregt." er grinste. "War auch eine tolle Nummer." Damit wandte sich die allgemeine Aufmerksamkeit Severus zu. "Es war eine sehr witzige Kombination von Sprüchen." bemerkte Lord Malfoy, "Lucius hat mir gleich davon geschrieben. Machst du das öfter?". Severus wurde rot und antwortete "Ja, das ist ein Hobby von mir. Ich untersuche Alltagszaubereien auf ihre Tauglichkeit für Duelle. Manchmal hat man unglaubliche Effekte, wenn man sie nur anders kombiniert." Lucius Malfoy grinste stolz, als habe er Snape persönlich erfunden. "Der dunkle Lord hält sehr viel von dir, Severus." sagte Madame Black. "Er spricht oft über dich. Was würde ich darum geben, wenn mein Sohn..." sie verstummte und schaute auf die Tischdecke.

Regulus legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm. "Mach' dir nichts draus, Mama" sagte er, "Du hast ja noch mich!". "Glücklicherweise." dröhnte Lord Malfoy. "Was halten Sie davon, Madame, wenn sie ihren Regulus heute nacht mit hier lassen. Er könnte Severus Gesellschaft leisten und davon sicherlich - profitieren. Wir könnten ihn auch gleich dem dunklen Lord vorstellen." Der letzte Satz wurde geradezu geflüstert. Madames Gesicht hellte sich umgehend auf. "Oh ja!" sagte sie. "Das wäre einfach wunderbar!". Die Erwachsenen zogen sich zurück und auch die Jugendlichen verschwanden. Somit blieben die 'Kinder' Severus und Regulus sich selbst überlassen. Sie redeten ein bisschen über verschiedene Sprüche und lustige Erlebnisse mit denselben und beschlossen schließlich, sich den Garten anzusehen. Der Garten von Lord Malfoy war mehr oder weniger ein wilder Park mit seltsamen Skulpturen und Pavillions, geheimnisvollen Hecken und einem riesigen Irrgarten. Sie bestaunten die Skulpturen, die oftmals recht eindeutige Szenen darstellten, Zentauren mit Jungfrauen auf dem Rücken, Leda mit dem Schwan, aber auch kriegerische Trolle, die Kobolde vor sich hertrieben. Eine Wand war mit einem Fresco bemalt, dass Szenen aus dem Krieg mit Grindelwald zeigte. Einige Walpurgisritter trugen eindeutig Züge der Malfoys.

"Wow." staunte Severus. "Ob sie uns wohl vom Krieg erzählen, wenn wir sie darum bitten?". "Ach hör auf." seufzte Regulus, "Mein Großvater hat uns schon immer damit malträtiert. Obwohl, einige Sachen sind echt abenteuerlich. Das Treffen auf dem Donnersberg zum Beispiel, wie sie die Boten überprüfen, ob sie auch echt sind. Die hatten echt Eier aus Stahl, die Burschen." Über diese Formulierung musste Severus zwar lachen, aber er war auch fasziniert. "Wie war das genau?" bohrte er weiter.

"Der Bote bekam einen Becher, in dem Gift war und musste ihn austrinken. Wenn er zögerte, wurde er gleich umgebracht. Es war natürlich kein richtiges Gift drin, glaube ich. Dann bekam er eine Pistole, die hielt er sich an den Kopf und drückte ab. Es war aber keine Kugel drin. Je nachdem, wie er sich dabei verhielt wurde ihm vertraut oder nicht. Das Leben hing an einem seidenen Faden damals." erklärte Regulus ernsthaft. "Pippifax!" antwortete Severus und bereute seine Wortwahl sofort. "Die Boten wussten das doch sicher. Und wenn einer sich einschleichen wollte, dann wusste er es erst recht." Diese Zauberer hatten offenbar gewisse Defizite.

Defizit - Nachteile, Fehler, Fehlbetrag

'Die Möglichkeit Magie auszuführen, macht sie etwas sorglos.' dachte Severus und beschloss, dies in sein Journal zu schreiben, um es sich ein für allemal zu merken.