Oh, Oh nein. Nicht schon wieder! Severus schaute beklommen auf sein nasses Bettuch. Kein Wunder aber auch, wenn man in jedem verdammten Traum durch dunkle Gänge rennt und den kleinen grauen Mann schreien hört. "Das muss aufhören, Floppy." flüsterte er verzweifelt. Glücklicherweise ist vor ihm nie jemand wach. Er hob verzweifelt den Zauberstab und murmelte: "prope sudum!". Es hat Vorteile, wenn man zaubern kann, ohne Zweifel.

"Oh Floppy." flüsterte er. "Wie kriegen wir das wohl wieder hin?" .

Die Lösung lag auf der Hand, oder besser gesagt im Zaubertrankbuch. Leider gab es keinen Trank, der alle Eigenschaften vereinte, die Severus gebrauchen könnte. Widerstrebend nahm er sein Notizbuch und die Schreibfeder und machte mal wieder eine Liste.

Schlafmittel, Beruhigungsmittel und naja, etwas gegen Bettnässen. Großmutter meinte, es gibt gegen alles einen Zaubertrank. Außer vielleicht gegen schlechtes Wetter, da brauchte man einen soliden Wetterzauber. Er schrieb alle Zutaten heraus, die für ihn in Frage kamen. Strich durch, kratzte sich am Kopf, strich wieder. Schließlich hatte er eine Liste, die ihm gefiehl und deren Zutaten er sich ohne weitere besorgen konnte. Fehlte nur noch der Zugang zum Labor...

Lucius steckte zwar bis zum Hals im Lernstress, aber er hatte einen Laborschlüssel, weil er ein paar Experimente für die UTZ-Prüfung machen sollte. Gut. Das wäre dann geklärt. Die Kürbiskerne bekäme er sicher vom Wildhüter. Der ist zwar nicht gut auf Slytherins zu sprechen, der Teufel weiß warum, aber fragen kostet erstmal nichts. Severus schaute auf die Uhr. Noch eine Stunde bis zum Wecken und ein und eine halbe bis zum Frühstück. Warum nicht gleich mal zu Mr. Hagrid gehen? Verboten ist das Gelände vor dem Frühstück nicht...

Er schlich ins Bad und schlüpfte anschließend in seine Schulkleidung. Floppy versteckte er sorgfältig in seinem Koffer, der mit allerlei Sprüchen gegen Überraschungen gesichert ist. Der beste davon ist der 'Fingerzwicker', den er selber entwickelt hat. Der Spruch war ursprünglich für Hausarbeiten gedacht, wo etwas festgehalten werden muss. Beim Nadeleinfädeln oder so. Severus hat ihn nur ein wenig fester gemacht und ihm beigebracht, auf unliebsame Händchen zu reagieren.

Er schlich vorsichtig aus dem Schlafraum, durch den Gemeinschaftsraum hinaus in den Korridor. Vorsichtig bewegte er sich in Richtung Ausgang. Glücklicherweise ist der Hausvorstand von Slytherin ein Langschläfer, den man vor acht Uhr morgens nicht zu fürchten braucht. Wenige Minuten später stand Severus im Hof und machte sich auf den Weg zu Mr. Hagrids Hütte.

Der Schnee war seit dem schicksalshaften Neujahrstag zu grauem Klump zusammengetaut und der Nebel hing in dicken Bänken über dem See. Aus der Hütte quoll weißer Rauch und ein großer pelziger Hund schnüffelte am Eingang herum. Severus hatte eine gewisse Scheu vor Hunden, er war als Knirps mal von einem gebissen worden. Aber er ließ sich seine Angst nicht anmerken und rief vor der Hütte: "Mr. Hagrid? Sind sie da?". Kurz darauf erschien der Halbriese im Türbogen. "Hallo. Wer besucht mich hier?" fragte er und seine Augen funkelten freundlich.

"Mein Name ist Severus Snape, ich bin Erstklässler, Sir." antwortete Severus. Hagrid kam näher. "Komisch, ich könnte schwören, ich kenne sie alle." antwortete Hagrid. "Aber dich habe ich noch nie gesehen." Severus zuckte mit den Schultern. "Kann schon sein." murmelte er. "Und was willst du bei mir?" fragte Hagrid, "Schickt dich ein Professor oder Poppy?" Severus schüttelte stumm den Kopf, plötzlich fand er seine Idee gar nicht mehr gut. Was, wenn der Halbriese ihn verpfiff und zu Madame Pomfrey schickte? Nicht auszudenken! Schließlich gab er sich einen Ruck.

"Mr. Hagrid, ich bin auf der Suche nach ein paar Zaubertrankzutaten, Sir." erklärte er tapfer. "Ich möchte einen neuen Trank ausprobieren und da..."

Hagrid war erstaunt. "Du Krümel?" vergewisserte er sich, ob er auch richtig verstanden hatte. "Ich wachse noch." erwiderte Severus defensiv. "Ja - sicher." tröstete Hagrid. "Mich wundert nur, dass sie euch schon experimentieren lassen." Severus sagte darauf nichts. "Es darf aber nix Gefährliches sein!" drohte Hagrid. Severus nickte heftig. "Ich brauche etwas Kürbiskraut, Kürbiskerne und eine Fenchelknolle. Johanniskraut kriege ich im Gewächshaus und die anderen Sachen aus dem Labor." beeilte er sich, seine Liste herunterzurasseln. "Ich habe auch was als Bezahlung." fügte er hinzu. Er holte eine Tüte seiner Fruchtgummis aus der Tasche. Es war zwar die letzte, aber der Zweck heiligt die Mittel. Hagrid staunte. "Das ist ja interessant." murmelte er und nahm eine Kostprobe. "Gut." freute er sich, "Das ist ein guter Tausch, ich hol' dein Zeug. Lauf' nicht weg." Er verschwand in seinem Garten und Severus hörte kurz darauf, wie er in einem Schuppen rumorte.

Er hatte mehr Zeit gebraucht, als erwartet und so musste er den Weg zum Schloss rennen. Als er sich außer Atem neben Rosier an den Frühstückstisch fallen lies, war er fast zu erschöpft zum essen. "Wo hast du gesteckt? Ich habe mir Sorgen gemacht." flüsterte Evan. "Dachte schon, die Gryffindors hätten dich umgebracht." Severus hustete empört. "Nein. Ich hatte geschäftlich draußen zu tun." erklärte er und schaute gewohnheitsmäßig zum Gryffindortisch hinüber. Was er dort sah, ließ seine Laune nicht eben ansteigen. Offenbar hatte dieser Black tatsächlich eine Gang. Nun ja, eine Gang aus vier verschiedenen Don Quixotes offenbar. Da war einmal James Potter, der Sitzringträger von Frank, der blasse kränkliche Lupin, ein dicklicher Kurzer mit sandfarbenen Haaren, dessen Namen er nicht wusste und Sirius Black selber, ein stämmiges Raubein ohne nenneswerte Manieren. "Ich glaube nicht, dass da Gefahr droht." meinte Evan, "Schließlich sind wir auch zu viert. Ich habe mir überlegt, wir sollten auch eine Gang gründen. Wilkes, Avery und Bellatrix wollen mitmachen, was meinst du?" Mädchen? In einer Gang? Nun denn. Bellatrix war ja, bei Licht besehen, kein richtiges Mädchen, im Sinne von Haarschleifchen und Püppchen. Sie konnte ganz schön zuhauen, und wenn nötig, auch hexen, dass Sternchen kommen. "Ist gut." antwortete Snape, "Ich bin dabei. Schließlich wollen wir doch denen nicht die Oberhand lassen!".

Oberhand - die Überlegenheit, Vorsprung.

Nein, das kam ganz und gar nicht in Frage. Severus kritzelte schnell einen Zettel für Lucius und bat ihn um etwas Laborzeit. Lucius nickte über den Tisch hinweg und signalisierte 'kein Problem!'. Severus atmete auf und trollte sich zum Unterricht.

Die ersten beiden Stunden Geschichte der Magie bei Professor Binns verliefen ereignislos, wenn man davon absah, dass Snape zweimal von einem Papierkügelchen getroffen wurde. Nachdem er diesen Lapsus durch einen Schutzschildhex behoben hatte, konnte er ungestört seinen Gedanken nachhängen.

Die Erwachsenen hatten die nächtlichen Vorfälle im Malfoy Haus nicht erwähnt. Sie waren am anderen Morgen wie immer distanziert-freundlich gewesen. Die Kinder waren nach dem Frühstück durch den Kamin nach Hogwarts geschickt worden. Severus allerding hatte einige seltsame Dinge registriert. Madame Malfoy schien übernervös und ihr Mann hatte große Kratzer an der linken Hand. Mr. Black und Mr. Lestrange, der Vater von Rabastan und Rodolphos, hatten sich gelangweilt unterhalten, dabei fiel mehrmals das Wort 'Fuchsjagd' mit einem seltsamen Unterton. Madame Black ging dann hin und machte 'pst!' und wies mit einer Kopfbewegung auf die Kinder.

Das hatte ihm zu denken gegeben und er war zu dem Schluss gekommen, dass mit 'Fuchsjagd' eventuell etwas anderes gemeint sein könnte.

Endlich war der Unterricht zu Ende und er hängte sich an Lucius, um in das Labor zu kommen. "Was willst du denn brauen?" fragte dieser misstrauisch. "Etwas gegen Zahnschmerzen." antwortete Severus schuldbewusst und machte sich ans Werk. Er prüfte zunächst nochmals seine Aufzeichnungen auf Plausibilität und dann fing er an zu raspeln, zu schneiden und zu crashen. Lucius ließ ihn schnell in Ruhe, vor allem, als der Trank anfing wie toter Frosch zu riechen. Schließlich änderte er seine Farbe, gerade als Severus einen leichten Schlafzauber einflocht. Nun musste er nur noch funktionieren. Snape schrieb das Rezept ins Reine und verschwand aus dem Labor. "Hey!" rief Lucius noch hinterher, "Ich dachte, du hilfst mir noch beim..." Bumm, da war die Tür schon zu. Malfoy schüttelte den Kopf. Der Kleine war seit ein paar Tagen völlig durch den Wind. Wahrscheinlich kindliche Aufgeregtheit, weil er bald Geburtstag hat, schloss er messerscharf.